Auswahl: Übersetzer

130 Richter, Karl (?1795-1863)

"Sonette", in: W. Shakspeare's sämmtliche Werke in Einem Bande . Im Verein mit Mehreren übersetzt und herausgegeben von Julius Körner (Schneeberg: Carl Schumann und Wien: Gerold'sche Buchhandlung, 1836), S. 909-925.

Online verfügbar. )

Vollständige Ausgabe: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154.

Der Band enthält auch: Der leidenschaftliche Pilger und Der Liebenden Klage .

Vorrede (S. VII-VIII)

Kaum hatte der Verleger dieses Werks die von ihm selbst gefaßte Idee, Shakspeare's Werke neu übersetzt in einem Bande erscheinen zu lassen, mit einer Probe dieser neuen Uebersetzung öffentlich angekündigt, als auch das Zeitgemäße dieser Absicht und das Glückliche dieses Gedankens in der erwünschtesten Theilnahme des Publikums sich zeigte. So erfreulich nun von der einen Seite diese Theilnahme war, so größer steigerte sie auf der andern die Verpflichtungen der Uebersetzer. Jeder Sachverständige kennt die Schwierigkeiten einer solchen Arbeit; die mehr- und vielsilbigen Wörter der deutschen Sprache in Vergleich mit den vielen ein- und zweisilbigen der englischen bringen bei Versen mit bestimmter Silbenzahl oft den sinnenden Nachbildner in Verzweiflung; Shakspeare's Kürze und Fülle, Kraft und Zartheit, Ernst und Muthwille stellen ihm fürwahr keine leichte Aufgabe; die vorzüglichen Arbeiten, die wir in diesem Bezug schon besitzen, erhöhen die Anforderung. Dies fühlten die Bearbeiter, und wollten nach Möglichkeit und Kraft dem freundlichen, vertrauenden Entgegenkommen des Publikums entsprechen; deshalb verfuhren sie in der festen Ueberzeugung, die geehrten Subskribenten würden eher eine Verzögerung, wobei nur Verleger und Arbeiter verlieren konnten, verzeihen, als ein leichtfertiges Uebereilen, dessen Nachtheile die künftigen Besitzer der gelieferten Arbeit zunächst berührten. Aber, könnte man vielleicht einwenden, da der unsterbliche Britte einzeln und im Ganzen bereits in den gelungensten Uebersetzungen unter uns heimisch geworden ist, wozu überhaupt ein nochmahliges Verdeutschen? Warum das in neuer Gestalt geben, was ein von Schlegel und Tieck bereits mit dem Gepräge ihrer Meisterschaft in die deutsche Literatur eingeführt haben? – Bei aller Hochachtung vor diesen Meistern, die Niemand tiefer fühlen kann, als Schreiber dieses, dürfte doch die Ansicht als unbestreitbar gelten, daß jede Uebersetzung dieses Gewaltigen immer nur eine größere oder entferntere Annäherung an die Urschrift bleibt und bleiben wird; daß bei der Vielgestaltigkeit des in Ernst und Scherz, im Erschütternden und Ergötzlichen, im Derben und Zarten gleich großen, originellen und reichen Dichters dem einen Uebersetzer Dies, dem andern Jenes besser gelingt, weil es seiner Eigenthümlichkeit mehr oder weniger zusagt, und daß besonders die häufig vorkommenden, dem damahligen Zeitgeschmack angehörigen Wortspiele jedem neuen Uebersetzer zum erneuten Versuch einer glücklichen Nachbildung auffordern. Es kommt dazu, daß, aus Rücksicht auf gegenwärtigen Zeitgeschmack, und vielleicht aus jener Schaamhaftigkeit, deren zweideutigen Werth Schleiermacher in seinen "Vertrauten Briefen über die Lucinde" für jeden Unbefangnen so klar ins Licht gestellt hat, diese beiden Meister häufig Stellen weglassen, mildern, verwischen, und so von der Urschrift Etwas nehmen oder verändern; während, da wir ja keine Ausgabe in usum Delphini zu liefern hatten, bei der hier erscheinenden Uebersetzung derselbe Grundsatz leitete, den der große Dichter selbst für Schauspieler in Bezug auf das darzustellende Zeitalter aussprach, nämlich ihn ganz in "seiner Form und seinem Gepräge zu zeigen." Mit einem Worte, dieser einzig dastehende Riesengeist nimmt willig, wie die Gottheit der Indier, mehrfache Inkarnationen an; keine jedoch vermag des Gottes ganze Herrlichkeit und Fülle in sich aufzunehmen und wiederzustrahlen, erscheine sie nur möglichst würdig und schön nach Innen und Außen! Und leider dürfen wir letzteres durchaus nicht von allen bisherigen Gestalten rühmen, in denen dieser Gott über Deutschlands Auen geschritten ist. Das Bestreben des durch geschmackvollen Druck bekannten Verlegers war, "in der schönen Form die schöne Seele" hervortreten zu lassen; Vorbild waren Schiller's Werke in einem Bande, wie sie die Cotta'sche Buchhandlung mit allgemeinem Beifall geliefert hat. Außerdem hat unsre Ausgabe noch den Vorzug, daß sie des Dichters ganze Werke, also auch seine episch-lyrischen und lyrischen enthält, und zwar mit streng beibehaltener Form des Originals, wie sie noch nicht in Deutschland erschienen sind; Sachkundige werden das Schwierige und Gelungene dieser Arbeit zu würdigen verstehn.
Die Bearbeiter hielten ferner an dem Grundsatze fest, daß der Uebersetzer eben Uebersetzer, aber nicht Ausleger sein müsse. Shakspeare hat Dunkelheiten. Manche rühren aus dem verdorbnen Texte her, und sind nun nicht mehr zu haben, will man nicht der Kühnheit der Vermuthungen und der Willkühr der Abänderungen freies Spiel gestatten, wo es dann bald nach Bahrdt'scher Weise lauten würde: "so spräch' ich, wenn ich Shakspeare wär'." Noch andre aus seiner Zeit; Anschauungsweisen, Beziehungen, Gebräuche, Sitten, Bilder, Ausdrücke und einzelne Wörter sind uns unverständlich ohne beigegebene Erklärung, und selbst die Erklärung weiß oft nicht klar zu machen. Noch andre sind die natürliche Folge von des Dichters Originalität, hohem Schwung, eigenthümlicher Kombination, genialem Muthwillen. Da es nun im ursprünglichen Plane dieser neuen Bearbeitung lag, Shakspeare allein, ohne den Ballast der Erklärungen erscheinen zu lassen, so konnten diese Schwierigkeiten nur in so fern beseitigt, diese Dunkelheiten nur in so weit aufgehellt werden, als es eben Ausdruck und Sprachweise zuließ. Ueberhaupt kann der unvergleichliche Britte nicht gelesen werden, wie wir einen Kotzebue oder H. Clauren lesen; wer in seine Nähe tritt, fühlt sich von etwas Höherem berührt, ein ehrfurchtgebietender Geist steht vor ihm, und fordert Achtung, Besonnenheit, und gleichsam ein Sich-zusammen-Nehmen. Und so darf bei Uebertragung dieser und ähnlicher Geisteswerke auch nicht das Leichtfließende, für die bequeme Zunge des Schauspielers zurecht Gemachte die Hauptaufgabe sein, und auch hierin, wie in so vielem Andern, ist das im Literaturblatt zum Morgenblatt zu wiederholten Mahlen diesfalls ausgesprochene Urtheil W. Menzel's vollkommen richtig. Das Lyrische, dessen Charakter einmahl das Zarte ist, bewahre denselben auch in seiner äußern Erscheinung; aber Dichterwerke, in denen das Gediegene, das Erhabene, das Gewichtvolle des Gedankens das Vorherrschende ist, erlauben eher gewisse Härten, als ein Verwischen des Gedankens und ein Hinweglassen wesentlicher Bezeichnungen; eine Schönheit, die durch Schwächung und gebrochne Kraft nur hervorgebracht wird, ist zu theuer erkauft. Mögen diese unbestreitbare Wahrheit billige und verständige Beurtheiler nicht übersehen.
Zur Theilnahme an Uebertragung der dramatischen Werke wurden die als Uebersetzer dem deutschen Publikum rühmlichst bekannten Gelehrten Hr. Dr. Bärmann in Hamburg und Hr. Dr. Döring in Jena eingeladen; drei Stücke3 sind durch Uebereinkunft mit der Verlagshandlung der Herren Gebr. Schumann aus der früher bei denselben erschienenen Taschenausgabe herübergenommen worden, nachdem Schreiber dieses die absichtlich dort weggelaßnen Stellen hinzugethan. Die episch-lyrischen und lyrischen Gedichte übernahm Hr. Karl Richter in Leipzig, dessen gelungne schwierige Arbeit seinen ausgezeichneten Beruf als Uebersetzer bekundet. Eleganz und Korrektheit des Drucks war ein vorzügliches Augenmerk bei dieser Ausgabe. Unbedeutendes, das in letzterer Hinsicht übersehen ward, wird Jeder, der das Schwierige eines fehlerfreien Drucks, trotz aller Sorgfalt der Korrektur, kennt, entschuldigen. Besonders leicht ist bei eignen Arbeiten ein Uebersehen, da man, noch zu vertraut mit der Sache, das noch im Gedächtnis Frischlebend'ge oft statt des gedruckten Wortes lies't, und so bittet der Herausgeber Folgendes freundlich zu verbessern:
p. 482 1. Kolonne, Zeile 20 v. u. statt erstzerfreßnen,
lies rostzerfreßnen.
p. 479 1. Kol., Zeile 44 v. ob. statt Schacht Furcht,
lies Schacht der Furcht.
p. 635 1. K., Z. 20 v. ob. statt Sturm und Wind,
lies Strom und Wind.
p. 838 2. K., Z. 34 v. u. statt Denn, lies Wenn.
Andre Kleinigkeiten deuten von selbst an, wie sie in das Richtige umzusetzen sind. –
Und so geh, liebes Buch, und gewinn dir Freunde. Gieb Zeugnis von gewissenhaftem Fleiß und begeisterter Liebe, dir zugewandt von denen, die dich aussenden. Wohl wird Feindseligkeit dir entgegentreten: denn du suchst Genossenschaft, wo früher Gekommne gern allein gelten möchten; man wird, auch wo man dich freundlich begrüßt, doch Manches an dir tadeln: nun, du bist ein Menschenkind, und weißt, daß du nicht vollkommen bist. Ehre jedes billige Urtheil, nimm wohlgemeinte Belehrung dankbar an, – aber bei hämischer Schmähung schweig still!
Schneeberg, im September 1835.
Julius Körner.

Nachdrucke:

Poesiealbum 200. Shakespeare. (Berlin: Verlag Neues Leben, 1984). 48 S.

Sonett 47

Zur Anthologie vgl. 990

Ulrich Erckenbrecht, Shakespeare Sechsundsechzig. Variationen über ein Sonett (Shakespeares Sonett Nr. 66 in 88 deutschen Translationen). Gesammelt, ediert und kommentiert von Ulrich Erckenbrecht (Göttingen: Muri Verlag, 1996), S. 177. (=1110)

Sonett 66

Jürgen Gutsch, 'lesen, wie krass schön du bist konkret'. William Shakespeare. Sonett 18 vermittelt durch deutsche Übersetzer. Hg und eingeleitet von Jürgen Gutsch mit einem Geleitwort des Bibliographen Eymar Fertig (Dozwil: Edition SIGNAThUR, 2003), S. 41. (=2085)

Sonett 18

Literatur:

Dirk Delabastita, "Shakespeare's Sonnets in Translation. A T.T:-Oriented Approach", Second Hand. Papers on the Theory and Historical Study of Literary Translation, ed. by Theo Hermanns. (Antwerp: ALW, 1985), S. 106-127.

Siehe auch:

L110, L177, L230, L275, R20, R35, R39, R55, R175


Fußnoten

3 König Lear, Timon von Athen, und die Irrungen.