Text

Virginia
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(Virginia.)

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Die Scene ein Zimmer in dem Hause des Claudius.

Claudius. Rufus.

Claud.Claudius

Wardst du es gewahr, Rufus? Als wir jetzt bey dem Hause des Virginius vorbey gingen, mit welcher Verachtung er uns anblickte?

Ruf.Rufus

Alter und wahnwitzige Träume von Rom und Ehre, haben ihm das schwärmerische Gehirn verrückt.

Cl.Claudius

Sahst du, mit welcher ungestümmen Eilfertigkeit, mit was für finstern Blicken er heraus ging?

Ruf.Rufus

Und was mochte die Ursache seyn?

Cl.Claudius

Eben ist ein Befehl angelangt, der ihn ins Lager zurück ruft; weil man sich alle Stunden einer Schlacht versieht. Ein glücklicher Umstand, der dem Anschlage unsers Decemvirs auf seine schöne Tochter zu statten kommen wird!

Ruf.Rufus

Diese rasche Verfolgung eines versprochnen Mädchens, fürchte ich, wird einen unglücklichen Ausgang haben. — Sollte Appius Gewalt brauchen! — — Ich zittre bey diesem Gedanken. Virginius ist durchgängig verehrt; sein silbernes Haar, sein Ruhm, seine rauhe Beredsamkeit würde ganz Rom empören! — Wir müßen darauf denken, den Appius von einem so verzweifelten Unternehmen abzubringen.

Cl.Claudius

Vergebens! Unmöglich! — — Seine stürmische Leidenschaft spottet aller Vorstellungen. — Nichts mehr hiervon! Denn ich sage dir, uns steht weiter keine Wahl frey, als die Wahl der besten Mittel, sie durch Liebkosungen in seine Arme zu bringen.

Cl.Claudius

Durch Liebkosungen, in seine Arme? Claudius! — Du weißt, sie ist versprochen; mit dem jungen Icilius versprochen; und wie zärtlich liebt sie ihn, dieses Schooßkind des Volks, dem er als Tribun so muthige Dienste geleistet.



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