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Virginia
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III. Auszug aus dem Trauerspiele Virginia des Don Augustino de Montiano y Luyando.

Die Schriften der Spanier sind diejenigen, welche unter allen ausländischen Schrif ten am wenigsten unter uns bekannt werden. Kaum daß man einige ihrer jetztleben den Gelehrten in Deutschland dem Namen nach kennt, deren nähere Bekanntschaft uns einen ganz andern Begrif von der Spanischen Litte ratur machen würde, als man gemeiniglich da von zu haben pflegt. Jch schmeichle mir, daß schon die gegenwärtige Nachricht ihn um ein großes erhöhen wird, und daß meine Leser er freut seyn werden, den größten tragischen Dich ter kennen zu lernen, den jezt Spanien aufwei sen und ihn seinen Nachbarn entgegen stellen kann. Es ist dieses Don Augustino de Montiano y Luyando , von dessen Lebens umständen ich, ohne weitre Vorrede, einige Nachricht ertheilen will, ehe ich von einem der vorzüglichsten seiner Werke einen umständlichen Auszug vorlege.
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Don Augustino de Montiano y Luyando ist den ersten März im Jahre 1697 gebohren, und also jezt in einem Alter von 57 Jahren. Sein Vater und seine Mutter stammten aus adlichen Familien in Biscaya, und zwar aus den allervornehmsten dieser Provinz. Sei ne Erziehung war seiner Geburth gemäß. Nach dem er die Humaniora wohl studiret, und die gewöhnlichen Wissenschaften eines jungen Men schen von Stande begriffen hatte, that er sich als ein geschickter Weltweiser und Rechtsgelehr ter vor. Er versteht übrigens die französische und italiänische Sprache, und hat auch einige Kenntniß von der englischen. Er fand, schon in seiner zartesten Jugend, einen besondern Ge schmak an der Dichtkunst und den schönen Wis senschaften, so, daß er bereits in seinem zwey und zwanzigsten Jahre, nehmlich im Jahre 1719, eine Oper zu Madrid, ohne seinem Namen, un ter dem Titel die Leyer des Orpheus , (la Lira de Orfeo) in 8vo drucken ließ, welche zu verschiednen Zeiten zu Palma oder Ma jorca, der Hauptstadt dieser Jnsel, gesungen ward. Jm Jahr 1724 gab er in eben dersel ben Stadt eine prosaische und poetische Beschrei bung der bey der Krönung Ludewigs des I. angestellten Feyerlichkeiten, in Quart heraus. Fünf Jahr hernach entwandte man ihm ein klei nes Werk in Versen über die Entführung der Dina, der Tochter des Jacobs, da er es eben
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noch ausbesserte, und stellte es in eben dem 1729. Jahre zu Madrid in Quart ans Licht. Dieses Gedicht ist nachher weit vollkommner in Bar cellona in Octav, doch ohne Jahrzahl und ohne Erlaubniß, ans Licht getreten. Es führet den Titel: El robo de Dina. Die Verdienste des Don Augustino be wegten den König Philipp den Vten ihn im Jah re 1732. zum Secretär bey den Conferenzen der spanischen und englischen Commissare zu ernen nen. Jm Jahre 1738. ward er in der Kanzeley der allgemeinen Staatsangelegenheiten gebraucht. Das Jahr darauf trat er in die Königl. spani sche Akademie; und als einer von den Stifter und ältesten Mitgliedern der Königl. Gesellschaft der Geschichte, ward er von der erstern in eben dem Jahre, als sie unter Königl. Schutz ge nommen ward, zu ihren Director ernennt, wel che Stelle ihm 1745. auf Zeitlebens aufgetragen ward. Jm Jahre 1746 beehrte ihn Se. Ma jestät mit der Stelle eines Secretärs bey der Begnadigungs= und Gerichtskammer und dem Staate von Castilien. Auch war er im Jahre 1742. in die Gesellschaften der schönen Wissen schaften zu Barcellona und Sevilien aufgenom men werden. Ausser den angeführten Werken gab er auch im Jahr 1739. zu Madrid eine Vergleichung der Aufführung des Königs von Spanien mit der Aufführung des Königs von England, in
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Quart heraus: (El cotejo de la conducta de S. M. con la del Rey Britannico) desgleichen in eben diesem Jahre eine Rede an die Kö nigl. Akademie der Geschichte; und im Jahre 1740 eine Rede an den König Phi lipp den V. im Namen gedachter Akademie, über eine Anmerkung die dieser Monarch gemacht hatte. Beyde Reden sind in Octav gedrukt, und befinden sich in dem ersten und zweyten Thei le der Schriften dieser Akademie. Ferner hat man von ihm eine Rede im Namen der Spanischen Akademie an den König, bey Gelegenheit der Vermählung der Jnfantin Donna Maria Antoinetta Ferdinanda mit dem Herzoge von Savoyen, in Quart; und eine Lobschrift auf den Doctor Don Blasio Antonio Nassarra y Ferriz , die er auf Verlangen der Spanischen Akademie machte, und 1751. zu Madrid in Octav drucken ließ. Doch das vornehmste von seinen Werken sind unstreitig zwey Tragödien, deren eine 1750. und die andre gegen das Ende des Jahres 1753. ge druckt ward. Die eine führet den Titel Vir ginia, und die andre Athaulpho. Beyden ist eine Abhandlung von den spanischen Tragödien vorgesetzt, in welchen er beson ders gegen den Herrn du Perron de Castera beweiset, daß es seiner Nation ganz und gar nicht an regelmäßigenTrauerspielen fehle. Wir
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werden ein andermal dieser Abhandlung mit meh rern gedenken, oder sie vielmehr ganz mittheilen; vorjetzo aber wollen wir uns an das erste der ge dachten Trauerspiele machen, und dem Leser das Urtheil überlassen, was für einen Rang unter den tragischen Dichtern er dem Verfasser einräu men will. Vor allen Dingen muß ich noch eine kleine Erklärung vorweg schicken. Jch habe nicht so glücklich seyn können das Spanische Original der Virginia zu bekommen, und bin also ge nöthiget gewesen mich der Französifchen<Französischen>Ueber setzung des Herrn Hermilly zu bedienen, die in diesem Jahre in zwey kleinen Octavbänden in Paris an das Licht getreten ist. Der eine Band enthält die erste der angeführten Abhand lungen über die Spanischen Tragödien, und der andre eine abgekürzte Uebersetzung der Virgi nia; beyden ist ein historisches Register der in der Abhandlung erwähnten Verfasser zur Helfte beygefügt, welches eine Arbeit des Herrn Her milly ist. Eben diesem habe ich auch die an geführten Lebensumstände des Spanischen Dich ters zu danken, die ihm dieser selbst überschrie ben hat. Er hat die Virginia deswegen lieber in einen Auszug bringen, als ganz und gar über setzen wollen, weil die Franzosen keine prosaische Trauerspiele lesen mögen. Jch kann keine ähnliche Ursache für mich geltend machen, son dern muß mich lediglich mit der Nothwendigkeit
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entschuldigen, meinen Lesern eine so angenehme Neuigkeit entweder gar nicht, oder durch die Vermittelung des französischen Uebersetzers mit zutheilen. Es ist kein Zweifel, daß dieses nicht noch immer besser seyn sollte, als jenes. Die Geschichte der Virginia ist aus dem Livius und andern zu bekannt, als daß ich mich hier mit Erzehlung ihrer wahren Umstände aufhalten dürfte. Man sehe, wie sich der Dich ter dieselben zu Nutze gemacht hat.

Virginia.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

[] Virginia und Publicia eröfnen die Scene. Sie wollen sich nach dem Foro begeben, um der Feyerung des Festes der Göttin Pales mit bey zuwohnen. Weil es aber noch allzu früh ist, so will Virginia wieder zurück gehen, aus Furcht, sie möchte den Decemvir Appius an treffen. Jm hereintreten spricht sie: Ja, Publicia, ich gebe es zu. Die Römerinnen, welche an der freudigen Verehrung unserer al ten Göttin Pales Theil nehmen sollen, werden mich ungesäumt abhohlen, so wie sie mir es ver sprochen haben; allein mein Herz werden sie wegen der Furcht, in der es stehet, nicht beru higen noch die traurigen Bilder auslöschen kön
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nen, die in demselben eingeprägt sind und es betrüben. Weil wir uns in der Stunde geir ret haben, und zu früh hergekommen sind; ich aber wegen des Gewühls und der Menge Men schen, die auf dem Platze auf und nieder gehen, leicht wieder zurück kehren kann, ohne daß man es merkt, so widersetze dich meinem Wil len nicht länger. Laß mich diesen Ort fliehen, wo der unverschähmte Decemvir Appius sein Tribunal hat, und sich so oft befindet.
[] Jhre Sorgfalt den Appius zu vermeiden scheinet der Publicia sehr löblich; gleichwohl aber besteht diese darauf, sie dazubehalten, und stellt ihr vor, daß sie, wenn sie wider die Gewohn heit dem Feste nicht beywohne, selbst zu dem Verdachte dessen, was sie vermeiden wollte, Ge legenheit geben und sich in die Umstände setzen würde, daß man ihr ein Verbrechen daraus mache. Die Gefahr, setzt sie hinzu, ist übrigens nicht so groß, als du dir einbildest. Wenn die Antwort, die ich in deinem Namen dem Ap pius wegen seiner Forderung, wegen seiner An erbiethungen und seiner Drohungen gegeben habe, ihm seinen Jrrthum auch nicht gänzlich benommen hat, so wird sie doch wenigstens seinen Eifer erkältet haben. Eine Liebe, wel che nur den Eigensinn zum Grunde und nur die Sinne zum Sporen hat, ist niemals von langer Dauer.
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[] Ob nun schon Virginia zugesteht, daß ihre Ehre einige Gefahr laufen könne, und daß sie sorgfältig alles vermeiden müsse, was ihr irgend nachtheilig seyn dürfte; so überredet sie sich doch, daß es weit gefährlicher sey, dem Rathe der Publicia zu folgen. Nicht zwar, als ob sie sich fürchte, sich von dem Appius endlich erweichen zu lassen; nein, ihr Herz ist einzig und allein mit dem, was sie dem Jcilius, dem sie von ihrem Vater zur Ehe versprochen werden<worden>, schuldig ist, erfüllet und gänzlich unfähig, irgend einen andern Eindruck anzunehmen. Sie befürchtet nur, ihr Widerstand möchte die blinde Liebe des Appius noch mehr erhitzen, und ihr noch empfindlichere Verfolgungen von Seiten dieses Decemvirs zu ziehen. Sein Stolz, spricht sie, seine unver schähmte Kühnheit, seine natürliche Treulosig keit lassen mich es glauben. [] Publicia lobt die Ergebung der Virginia in den Willen ihres Vaters, ihre Ueberlegung, ihre Tugend, und ihre Klugheit. Sie erkennt sie an diesen Zügen für eine würdige Tochter des Virginius und der Numitoria, und sich selbst schätzt sie glücklich, ihr so zärtlicheEm pfindungen beygebracht zu haben. Gleichwohl will sie sie noch immer da behalten, und sagt: „lege alle Furcht bey Seite. Appius muß nothwendig gegen den Stand, gegen das An sehen und gegen die Thaten deines Vaters Ach tung haben. Sey zugleich überzeugt, daß ihn
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wichtigere und für ihn schmeichelhaftere Gegen stände von seinen Verfolgungen abziehen wer den. Es ist auch nicht möglich, daß er sich ohne Schauer alle dem überlassen sollte, was ihm etwa seine sträfliche Leidenschaft eingeben könnte. [] Doch weit gefehlt, daß sich Virginia durch diese Gründe sollte verblenden lassen; sie besteht vielmehr darauf, daß sie alles von einem so nie derträchtigen Manne befürchten müsse.Wie sehr betriegst du dich, antwortet sie der Pub licia, wenn du glaubst, daß ein Mann, der nicht den geringsten Schein der Tugend auch nicht bey der kleinsten seiner Handlungen bey behält, fähig sey, des Bösen überdrüßig zu werden. Hast du nicht gesehen, daß sich die ser Appius, wider die Erwartung des Se nats, selbst zum Decemvir ernennte? Hast du nicht gesehn, daß er der Gesetze spottete, unter dem Vorwande sie zu erweitern? Hast du ihn nicht die Consuls und Tribune unterdrücken sehen, welche die Stütze und der Schutz des Adels und des Volks waren? Hast du nicht ge sehen, bis zu welchem Grade er seine Tyran ney und Grausamkeit gegen sein eigen Vater land getrieben? Wie kannst du dir denn also einbilden, daß er von seiner Ausschweifung wie der zu sich selbst kommen werde, wenn ihn nichts dazu zwingt? Gesetzt auch, daß er mich nicht als ein ungerechter Liebhaber verfolgen sollte,
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so wird er mich doch immer als die Geliebte des Jcilius zu beleidigen suchen? Er hat die sen Römer bey der heftigen Streitigkeit wegen des Tribunats zum Gegner gehabt, und sein Groll wird die ganze Last seiner Wuth auf mich fallen lassen, weil ich für die Freyheit und für den bin, welcher sie vertheidiget. [] Da endlich Publicia der Stärke dieser Grün de nachgeben muß, so thut sie den Ausspruch, daß bey gegenwärtigen Umständen die Gegen wart des Virginius, unumgänglich nöthig sey, „welcher sich auf dem Algido einzig und allein beschäftiget, seine Tapferkeit zu üben, und der kleinen Entfernung von Rom ungeachtet, von dem Schimpfe, den man ihm drohet, nichts weis. [] Virginia giebt ihr hierauf zu verstehen, daß dieses für sie eine neue Ursache zur Unruhe sey. Wenn ich erwäge, sagt sie, wie eyfersüchtig mein Vater auf seine Ehre ist; mit was für Hitze er alle Gefahren verachtet, um den Ruhm, den er sich in Rom durch seine Tapferkeit er worben hat, zu erhalten; wie ausserordentlich argwöhnisch und zugleich unbeweglich er ist; und kurz, daß ich mit wenigen alles sage, wenn ich erwäge, daß er mein Vater ist, welcher mich auferzogen hat und mit der äußersten Zärtlichkeit liebt: so stellen sich tausend ver wirrte Gedanken auf einmal meiner Einbil dungskraft dar. Wozu würde er in der That
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nicht fähig seyn, wenn der Decemvir mich zu verfolgen fortführe, und er auf eine nicht allzu genaue Art oder durch einen fremden Kanal da von Nachricht bekäme?
[] Bey Erblickung dieser Gefahr scheint Publi cia selbst vor Furcht ausser sich zu seyn; und da mit ihre junge Gebietherin zu dem, was sich et wa gefährliches ereignen könnte, durch ihr Still schweigen nichts beytrage, so ist sie der Meinung, daß sie ihren Vetter Numitor und den Jci lius von allem unterrichten solle. Wenn du, fügt sie hinzu, dieser ihrem Rathe folgest, so darfst du nicht fürchten, dich zu verirren. Er laube mir, sie sogleich aufzusuchen. Andacht und Liebe werden sie, ohne Zweifel, schon bey de auf diesen Platz gebracht haben. [] Durch diesen Vorschlag fühlt sich Virginia ein wenig beruhiget; sie ergreift ihn mit Eifer und Entzücken und läßt die Publicia mit dem Befehle von sich, nur dem Numtor etwas zu entdecken, dem Jcilius aber, wenn sie ihn an treffen würde, bloß zu sagen, daß er zu ihr kommen solle. Wenn wir alle beysammen sind, spricht sie, so werden wir seine Heftigkeit leichter mäßi gen können, indem er dasjenige erfährt, was ich ihm mit Recht nicht länger verbergen kann, und was er endlich wissen muß.
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Zweyter Auftritt.

[] Nachdem Publicia weg ist, beklaget Vir ginia ihr Schicksal, welches sie ihrem Vater lande zu einem traurigen Schauspiele mache, oh ne daß sie sich gleichwohl das geringste in ihrer Liebe für den Jcilius, in ihren Gedanken und Handlungen vorzuwerfen habe. Was ihren Verdruß noch mehr vermehret, ist dieses, daß sie vorher sieht, ihre Aufopferung werde dem Vaterlande, welches von einem Wüthriche be herrscht werde, nicht einmal etwas nützen; der tödtliche Schlag werde sie nicht allein treffen, son dern ihr geliebter Jcilius werde die ganze Last desselben mit ihr zu theilen haben. Sie fühlt sich stark genug, den Tod zu erleiden, und aller der Wuth ihres Verfolgers mit Standhaftigkeit zu widerstehen. Selbst der Verlust ihres Lebens würde ihr angenehm seyn, wenn alles Uebel in dem Staate mit demselben aufhörte; wenn ihre Besiegung der Republik zum Vortheil gereichte, dessen Ruhm man allen andern vorziehen müsse. Aber wird dieses geschehen? Werden ihr Vater, ihr Geliebter deswegen glüklicher seyn? Dieses ist es, dessen sich zu schmeicheln ihr die Betrübniß nicht erlaubt; dieses ist es, was ihrem Kummer aufs höchste bringt. Jn dieser traurigen Stel lung ruft sie aus: Warum gabst du mir, gros ser Jupiter, eine römischeSeele, zu einer Zeit, da man nichts als Unrecht verübt, wenn sie
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nicht die Beschimpfung zu rächen dienen soll, die man der Stadt erweiset, welche dein Thron ist, und welche du auf eine so besondre Art schützest? War es nur deswegen, um auch an mir kund zu machen, daß in dem großen Rom nichts kleines ist? Hast du in meiner Person nur zeigen wollen, daß, wie die Glieder des Rö mischen Senats alle Monarchen an Würde und Glanz überträffen, also auch das Herz einer Plebejin dem erhabensten Herze in der gan zen Welt gar wohl gleich kommen könne? Vielleicht! doch, gerechter Himmel, nicht mei ne heroischen Gesinnungen machen mich un glücklich. Das, was man an mir als Schön heit erhebet, und ich als ein vergängliches Ge schenke betrachte, ist die wahre Quelle meiner Noth. Dieses nur ist die eigentliche Ursache meines Verdrusses. Das, was ich am we nigsten schätze, ist das, was den Appius am meisten erhitzt; und das worauf ich alle meine Sorge, alle meine Aufmerksamkeit wende, ist das, was von den Göttern verlassen zu seyn scheinet. Wessen kann ich mich noch getrösten, da ich der Hülfe der Götter und der Men schen beraubt bin?

Dritter Auftritt.

[] Mittlerweile kömmt Jcilius herzu, welcher die Virginia nicht zu Hause gefunden hatte, und also auf den Markt geeilt war, sie da zu su
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chen. Er ist erfreut, sie anzutreffen, und sagt ihr gleich Anfangs alles, was die verbindlichste und zärtlichsteLiebe nur eingeben kann. Vir ginia antwortet ihm nichts; Jcilius, welcher über ihr Stillschweigen, und noch mehr darüber erstaunt, daß er sie in Thränen zerfliessen, und das Gesicht von ihm abwenden sieht, kömmt zu erst auf den Verdacht, ob dieses nicht die Wir kung der Unbeständigkeit sey? Doch er läßt die sen Gedanken gar bald fahren, und fragt sie, wer der Verwegne sey, der sich unterstehe, ihr Verdruß zu verursachen, und dadurch die erste Schönheit Rom zu verdunkeln? Kann es wohl, ruft er aus, eine so ungerechte Seele geben, welche für eine so vollkommene Person nicht Achtung haben sollte? Kann wohl jemand seyn, der sein Leben so geringe schätzet, daß er meine Wuth aufbringt, ohne sie zu fürchten? Bin ich es nicht, der sich, unter dem Schutze des Volks, zu einem Schrecken der Tyrannen Roms zu machen gewußt hat? Bin ich es nicht, welcher Tribun eben dieses Volks gewesen ist? Habe ich nicht noch Hofnung, es wieder zu werden? Wenn du einige Ursache hast, dich zu bekla gen, glaubst du nicht, daß ich vermögend sey, dich zu rächen? Bekümmre mich also nicht länger. Eile, mir den Grund deines Verdrus ses zu entdecken, oder fürchte, daß ein längers Zögern mein Tod sey!
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[] Virginia antwortet hierauf bloß durch eine Betheurung ihrer Liebe, welche fähig ist, ihn we gen der Aufrichtigkeit ihrer Gesinnungen zu be ruhigen. Sie sagt ihm, daß er allein ihr Herz besitze, daß es ihm nie ein andrer rauben solle, und daß es ihr unanständig seyn würde, einer neuen Leidenschaft nachzuhangen. Sie gesteht es zu, daß, ehe ihr Vater ihre Liebe gebilliget ha be, ihr ein jeder Gegenstand habe gleichgültig seyn können. Aber jezt, setzt sie hinzu, verbin den Pflicht und Vergnügen unsre Herzen auf ewig. [] Ein so schmeichelhaftes Bekenntniß erfüllet den Jcilius mit Freude, und macht daß ihn sein erster Verdacht reuet. Gleichwohl aber ist dieses für ihn noch nicht genung. Er will durch aus die Ursache des Kummers seiner geliebten Virginia wissen, damit er ihn wenigstens mit ihr theilen könne. Er dringt aufs neue in sie, ihm denselben zu entdecken; doch Virginia sucht sich zu entschuldigen, und wendet vor, die Ursache sey so groß, daß sie keine Worte finde, sie auszudrücken, besonders, wenn sie überlege, daß sie ihm, ihrem Jcilius, die Erzehlung davon machen solle. Fordre also, schließt sie, nicht von mir, dir etwas zu sagen, das ich nicht weis, wie ich dir es sagen soll. [] Diese abschlägliche Antwort bringt den Jci lius auf den Verdacht, daß es etwas sehr wich tiges seyn müsse, und daß vielleicht seine eigne
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Ehre daran Theil nehme. Umsonst sucht Vir ginia ihn wegen des letztern Puncts zu beruhi gen; umsonst versichert sie ihn, daß wenn seine oder ihre Ehre wäre beleidiget worden, sie den Schimpf, sollte es auch mit ihrem Blute seyn, schon würde gerächet haben: Jcilius ist darum nichts ruhiger. Aber, sagt er, wenn es weder die Liebe, noch die Ehre betrift, was ist denn sonst auf der Welt, was dich betrüben, und dir Thränen auspressen könne? Was kann dich bewegen, mich als einen Fremden zu betrach ten? Ach, Virginia, entweder du kennst die Ursache deines Verdrusses nicht, oder du hin tergehest meine Geduld! [] Die gewöhnliche Aufrichtigkeit der Virginia wird durch diesen Vorwurf beleidiget. Sie weis, daß sie unfähig ist, irgend eine Wahrheit zu ver bergen, und läßt also den Jcilius von der Ge walt urtheilen, die sie sich besonders mit ihm an thun müsse. Jhr Herz kennet keine Verstellung. Aber fügt sie hinzu, es giebt Fälle, welche eine klu ge Behutsamkeit erfordern, damit man sich nicht, aus Mangel der Ueberlegung, allem, was Lei denschaft und Zorn eingeben können, blindlings überlasse. Vielleicht würden ich und du dieser Gefahr ausgesetzt seyn. [] So viel Zurückhaltung macht den Jcilius ungeduldig, welcher nichts mehr hören will, wenn es nicht eine Erläuterung auf seine Frage sey. Virginia fürchtet sich ihn allzusehr zu erbie
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tern, und macht sich eben gefaßt, sie ihm zu ge ben, als Publicia mit dem Numitor dazu kömmt.

Vierter Auftritt.

[] Numitor erstaunt, den Jcilius zornig, und die Virginia in Bewegung zu finden, und fragt, was sie beyde mit einander haben. Was giebt es denn? Wie? Jhr seyd beyde stumm? Jcilius überläßt es der Virginia die Ursache ihrer Verwirrung zu erzehlen; die Römerin nimmt also das Wort, und spricht: Jcilius sahe einige Thränen aus meinen Augen fliessen, und ich konnte keinen Ausdruck finden, ihm die Ursache davon zu sagen. Mußte er sich des wegen wohl erzürnen? Urtheile selbst, Nu mitor, und weil dir Publicia doch schon et was wird gesagt haben, so bringe ihn doch, ich bitte dich, meinentwegen aus seinem Jrr thume. [] Numitor billiget die kluge Zurückhaltung seiner Muhme, und weil Jcilius in ihn dringt, ihm den Handel zu entdecken, so giebt er gleich Anfangs dem jungen Römer zu verstehen, daß es besser für ihn seyn würde, wenn er in seiner Unwissenheit bliebe, als wenn man ihn daraus zöge und er seine natürliche Hitze weder zurück zu halten, noch sich einer so nöthige als klugen Ver stellung zu bedienen wüßte. Er kömmt hierauf sogleich zur Sache selbst, und fügt hinzu: Ap=
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pius, der Tyrann Appius, begehret der Schönheit, die du, Jcilius, verehrest. Er hat sich deswegen der Publicia entdeckt, wel che ihm mit aller Verachtung, und mit allem Abscheu, den er verdient, und den seine sträf lichen Absichten werth waren, geantwortet hat. Sie ist ihm wirklich so hart begegnet, daß ich ihn weder für so blind, noch für so verwegen halte, einen neuen Versuch zu wagen. Jch bin viel mehr gewiß, daß er nach dieser Abfertigung, weder Güte noch Drohungen mehr anwenden wird.
[] Auf diese Erzehlung kann sich Jcilius nicht enthalten, das Stillschweigen der Virginia zu billigen.Wie wohl hast du gethan, ruft er aus, indem er sich gegen sie wendet, daß du mir eine solche Beschimpfung verschwiegen hast! Wie klüglich hast du gehandelt! Heiligsten Göt ter! Wo ist das Herz, das sie erdulden könn te? Welcher Mensch ist so niederträchtig, daß er sich hierbey halten könne? Kann es eine so nichtswürdige und unempfindliche Seele geben, welche hier nicht nach Blut und Rache dürste? Was hat man noch zu verlieren, wenn Ehr geitz, Grausamkeit und Gierde, uns Güter, Eh re, Freyheit und Vergnügen geraubet haben? Den Feind hinrichten und sterben, das ist das beste, was unser Unglück vergönnet. Lebe wohl, Virginia, lebe wohl! Jch eile mich für mein Vaterland, für meine Liebe, für meine Wuth,
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für meine Eyfersucht, aufzuopfern. Großer Jupiter, nimm das Opfer, das ich dir bringen will, geneigt an! Nimm Theil an der Hand lung, auf die ich sinne. Wann ich dich belei dige, so laß mich umkommen; wann ich dir diene, so verleihe mir Sieg
[] Jndem er diese lezten Worte sagt, will er fort gehen; doch er wird von dem Numitor zu rückgehalten, welcher ihm, seine Hitze zu mäßi gen, verschiedne seiner Urtheilskraft würdige Vor stellungen macht. Die Gefahr, in welche Vir ginia gestürzt würde, wenn ihm sein Anschlag mißlänge, ist ein Grund, welchen der Alte am meisten treibet. Virginia steht ihm bey, und beschwöret ihren Liebhaber, sie nicht zu verlassen. Ohne ihm würde sie das Leben verachten, aber seitdem sie es ihm ganz geweiht habe, sey es für sie ein kostbarer Schatz, auf dessen Erhaltung sie bedacht seyn müsse. Wenn ich deinen Schutz habe, sagt sie, und dennoch in Gefahr bin, wie würde es nicht mit mir werden, wenn ich dich nicht mehr hätte? Habe doch also Mit leiden mit mir. Halte deinen Arm zurück. Du wirst ihn mit größerm Ruhme brauchen, wenn du wartest, bis er keinen zweifelhaften Stoß thun darf. [] Solche kluge und vernünftige Gründe machen bey dem Jcilius Eindruck, und bringen ihn wieder zu sich selbst. Doch weil er allzu aufge bracht ist, als daß er einigen Entschluß fassen
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könnte, so bittet er die Virginia und den Nu mitor, ihm die Aufführung, die er beobachten solle, vorzuschreiben. Dieser giebt ihm daher verschiedne heilsame Anschläge, nehmlich, seine erste Bewegung zu unterdrücken, sich durch sie zu keinen Ausschweifungen bringen zu lassen, sei nen Schmerz zu verbergen, damit er dem kühnen Appius keinen Verdacht erwecke, sondern ihn überraschen könne, wenn er am sichersten zu seyn glaube, und am wenigsten auf seiner Hut stehe. Die Virginia aber ermahnt er, an den Feyer lichkeiten des Fests der Pales Theil zu nehmen. Er verspricht ihr, für ihre Sicherheit zu wachen, dem Virginius von allen Nachricht zu geben, und ihn zu nöthigen, sogleich nach Rom zu kom men. Weil er so nahe ist, fährt er fort, so be ruhige dich nur unterdessen. Fürchte unter der Aufsicht des Jcilius nichts. Die Gegenwart eines Ehegatten ist immer von großem Ge wichte. [] Valerius und Horatius sind noch zwey Stützen, welche Jcilius seiner verfolgten Freun din geben will. Diese zwey Rathsherren, wel che seit langer Zeit mit ihm verbunden, und hef tige Feinde des Decemvirats sind, erwarten ihn eben, sich wegen der gemeinen Noth mit ihm zu berathschlagen; des Jcilius Begierde also, sich zu rächen, wird gewiß für ihn ein neuer Be wegungsgrund seyn, ihre Anschläge, so bald als möglich ausbrechen zu lassen. Die Umstände
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scheinen ihm übrigens vortheilhaft. Der tapfre Siccius ist, nach der Aussage der ganzen Ar mee, durch die allerschimpflichste Verrätherey umgekommen. Man ist deswegen in Rom in der äussersten Bewegung. Jcilius schmeichelt sich, das Volk werde vielleicht seinen Groll aus brechen lassen, und das schimpfliche Joch, das man ihm auflege, abzuschütteln suchen. Alle die se Betrachtungen scheinen ihm für Virginien eben so viel Gründe, sich zu beruhigen, zu seyn; und nachdem er sie ihr also alle vorgelegt, setzt er hin zu: Geh nur Virginia, und sey ohne Sor gen. So große und so entschloßne Seelen sind fürchterlich genug, wenn sie die Wuth belebet. [] Gleichwohl beruhigen alle diese schöne Hof nungen Virginien nicht völlig. Doch ohne ihre Furcht zu verrathen, begnügt sie sich, für den Jcilius und sich, um den Schutz der Göt ter zu flehen, und sie zu bitten, daß Appius umkommen, Rom seine Freyheit wieder erlan gen, und sie selbst ihre Pflicht erfüllen möge. Jcilius und Numitor begeben sich hierauf weg; dieser aber, welcher ein eben so eifriger Pa triot, als guter Vetter ist, giebt jenem bey dem Weggehen noch zu überlegen, daß er so viel als nichts würde gethan haben, wenn aus dem küh nen Anschlage, den er etwa im Sinne habe, der Republik einiger Schaden erwüchse, oder wenn er nicht mit seiner eignen Rache die Rache des Vaterlandes verknüpfe.
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Fünfter Auftritt.

[] Virginia und Publicia bleiben also allein, und diese thut ihr möglichstes, ihrer Gebietherin zu beweisen, daß sie nichts zu fürchten habe, weil sie sich schmeicheln könne, daß Rom selbst ihre Vertheidigung auf sich nehmen werde; doch Virginia behauptet, daß sie deswegen nichts ruhiger zu seyn Ursache habe. So lange sie ihr Vaterland unterdrückt sehe, so lange ihre Ehre und ihr Geliebter in Gefahr sey, könne sie nicht anders, als in Furcht und Betrübniß leben. Un terdessen zweifle sie weder an der Macht der Göt ter, noch an ihrer Liebe zur Gerechtigkeit; es sey ihr aber auch nicht unbekannt, daß nach vereh rungswürdigen Rathschlüssen, deren Weisheit man nicht ergründen könne, es oft geschehe, daß die Tugend unterliege, und das Laster ungestraft bleibe. Und dieses sey es, weswegen sie zittere.

Sechster Auftritt.

[] Jndem Virginia noch redet, kommen ver schiedne Römerinnen, welche sie zu dem Feste der Pales abhohlen wollen, und nach einigen ver bindlichen und bescheidenen Reden von beyden Theilen, gehen sie alle unter Begleitung der Pub licia ab.
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Zweyter Aufzug.

Erster Auftritt.

[] Appius tritt allein auf, und beklagt sich, daß er bey Virginien, welche er anbethe, ein Herz finde, das sich seiner Neigung widersetze. Ohne dieses würde sein Glück vollkommen seyn. Er sieht sich als Herrn von Rom, wo alles nach seinem Willen gehet; er sieht sich von den andern neun Decemvirs, welche ihren Namen und ih re Würde bloß ihm zu danken haben, weil er durch sein Ansehen die Comitialerwehlungen abgeschaft, verehret und befolgt; er siehet die Kriegsheere in seiner Gewalt, die nichts ohne sei nen Befehl thun dürfen: was fehlet also noch seiner Größe? Auf den höchsten Gipfel der Eh re erhaben, und mit der höchsten Gewalt verse hen, konnte er wohl vermuthen, daß ihm etwas widerstehen werde? Gleichwohl unterstehet sich ein Weibsbild seine Anerbiethungen auszuschla gen, über seine Drohungen zu lachen, ihn selbst zu verachten, und auf diese Art den Lauf seines Glücks zu unterbrechen. Da er sich eben schmei chelt, Rom zu seinen Füßen zu sehen, will sich das Herz einer Plebejin ihm nicht unterwerfen, und ein Plebejus ist Ursache daran. Welche Erniedrigung! Alles was er unternimmt, hat den guten oder schlechten Ausgang, den er sich vorsetzt, und nur die Liebe muß ihm ihre Widerwärtig keiten entgegen stellen. Es war für den Jci=
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lius nicht genug die Stimmen des Raths gegen ihn im Gleichgewichte gehalten zu haben; er mußte auch hier sein Nebenbuhler seyn, und ihm mit größerm Glücke den vornehmsten Gegenstand seiner Begierden entreißen. Was kann die Wuth eines hochmüthigen Liebhabers mehr auf bringen? Aus Höflichkeit gegen eine Plebejin soll Appius seinen Zorn, und das grausame Feuer, das ihn verzehret, auslöschen? Nein, ruft er aus, das ist nicht möglich. Meine Lei denschaft ist zu starck, mein Schmerz zu heftig, als daß ich die Schönheit, die ich anbethe in eines andern Armen sollte sehen können. Aber, gerechter Himmel, wenn die Maaßregeln, die ich genommen habe, nicht anschlagen; wenn ich nicht darauf bestehen kann, ohne daß man mei nen Ehrgeiz als eine Tyranney verflucht, wenn meine großen Anschläge zu nichte werden, ehe alles zu meinem Vortheile eingerichtet ist, und wenn ein gegenseitiger Nutzen = = =

Zweyter Auftritt.

[] Hier wird er durch die Ankunft des Clau dius seines Lieblings unterbrochen, welcher seine heftige Bewegung bemerkt, und ihm den Rath giebt, sich zu mäßigen, so wohl um seine Gesund heit zu schonen, von welcher er versichert, daß sie dem ganzen Volke kostbar sey, als auch um an einem Tage, an welchem er öffentlich erscheinen sol le, und eine Menge von Leuten die Augen auf
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ihn heften würden, keinen Verdacht zu er wecken. [] So klug dieser Rath ist, so bedarf doch Ap pius desselben ganz und gar nicht. Er ist in der Kunst, sich zu verstellen, vollkommen unter richtet, er hat seine Minen in seiner Gewalt, er weis seine Gedanken zu verbergen; er weis seine Handlungen und seine Worte zu verstecken, nur das weis er nicht, wie er sein Herz gegen die Rei ze der Virginia schützen soll. Dieses Geheim niß möchte er gerne erfinden, und dieses verlangt er von seinem Lieblinge zu wissen. [] Claudius erkennt die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit desselben, wenn die Liebe ausseror dentlich stark ist. Das einzige Mittel, welches ihm einfällt und seiner würdig ist, bestehet darin ne, daß er ihm räth, seine Leidenschaft zu sätti gen, wenn er sie nicht erstücken könne. [] Ob nun gleich den Appius seine eigne Ge müthsart, diesen Schluß zu ergreifen, geneigt macht, so glaubt er doch, daß er noch vorsichtig gehen müsse. Weil er selbst die Gesetze gegeben habe, so scheint es ihm allzuverwegen zu seyn, wenn er sie so bald, ohne einem anständigen und scheinbaren Vorwande, selbst übertreten wollte; doch Claudius, welcher noch ein größer Böse wicht ist als er, denkt ganz anders. Es gehört gemeinen Seelen, sagt er, sich den Regeln der Tugend zu unterwerfen. Große Leute und Hel den sind über alles erhaben, und scheuen sich für
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nichts, wenn ihnen das Laster gefällt. Als Rö mer muß zwar Appius seine Handlungen im Zaume halte; aber als Decemvir, als Herr des Volks, der Patricier und der Kriegsheere, kann Appius seine eigensinnigsten Begierden zu Gesetzen machen. Gnade und Mäßigung hö ren, wie er sagt, auf, Tugenden zu seyn, wenn es auf die Befestigung einer neuen Herrschaft ankömmt.
[] Diese Reden schmeicheln dem Stolze und der Eitelkeit des Appius ungemein; gleichwohl aber hält er für gut, ehe er die Larve ganz und gar ablege, mit aller Klugheit und ohne Anstand die besten Maaßregeln zu ergreifen, die ihn zu seinem Zwecke führen und alle Hindernisse aus dem We ge räumen können. Claudius überläßt die sen Punct der Klugheit des Decemvirs, und ver sichert ihn bloß, daß er allen seinen Befehlen, als einer der ihm weit mehr, als irgend ein an der ergeben sey, blindlings folgen will. Ap pius zweifelt daran nicht. Er hat schon so viel Beweise von seiner Treue, von seinem Eiser, von seinen Gaben, daß er ihn ganz besonders hoch schätzet; weil er aber jezt die Rathsherren Va lerius und Horatius, zwey von seinen hart näckigsten Feinden, und die größten Anhänger des Volks, auf sich zukommen sieht, so läßt er ihn von sich, und verschiebt es bis auf eine an dre Zeit, sich umständlicher mit ihm zu berath schlagen.
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Dritter Auftritt.

[] Die zwey Rathsherren, welche schlau und ge schmeidig sind, und sich vortreflich zu verstellen wissen, reden ihn an. Valerius führt das Wort, und versichert ihn gleich Anfangs, daß sie in der besten Absicht, voller guten Vertrauens zu ihm kämen, ohne sich an den Ort, wo er jezt sey, noch an die Streitigkeiten zu kehren, welche sie mit einander im Senate gehabt hät ten, weil sie befürchten müßten, ihre Trennung möchte dem Vaterlande, besonders bey so drin genden Gefahren, schädlich seyn. Er setzt vor aus, daß Appius ein Römisches Herz und ei ne aufrichtige Liebe für Rom habe, und stellt ihm hierauf vor, daß das Volk den Tod des Sic cius erfahren habe, und ihn durchgängig dem Decemvir und General Cornelius zuschreibe, daß es diese That grausam und tyrannisch schel te, daß es neue Beleidigungen von dieser Art fürchte, seufze und sich beklage; daß auch der Adel nicht weniger beunruhiget und aufgebracht sey, und daß es die äußerste Nothwendigkeit erfor dre, sie insgesammt zufrieden zu stellen, ehe sie einerley Geist des Verdachts und der Wuth ver einige, und alle Hülfsmittel vergeblich mache. [] Horatius ersucht den Appius auf diese Vorstellung wohl Acht zu haben, und den trau rigen Folgen eines allgemeinen Mißvergnügens durch eine schleunige Gerechtigkeit zuvorzukom=
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men, und sich ihres Beystandes, wenn er das Laster bestrafen wolle, zu versprechen, ja, wenn ihm dieser nicht genug sey, des Beystandes des Volks, der Ritterschaft und des Senats. Da alle Wünsche, sagt er, nur auf die gemeine Ruhe abzielen, so wird ein jeder, so bald es darauf ankömmt, sie zu rächen, mit Vergnü gen dazu bereit seyn; und gleichwohl wirst du allein die Ehre der Erleichterung, nach welcher wir seufzen, genießen. [] Weit gefehlt, daß Appius gegen die Reden der zwey Rathsglieder Achtung haben sollte; er er staunt vielmehr, wie er sie mit so vieler Geduld habe anhören können. Er behauptet, daß das, was sie ihn jezt gesagt hätten, eine schändliche Verleumdung sey; und erklärt sich, daß er es ganz wohl wisse, daß nicht sowohl der Tod des Siccius als die Begierde, die Decemvirs un ter sich uneins zu machen und ihre Gewalt zu schwächen, ihr Geschrey veranlasse. Aber wißt, sagt er zu ihnen, daß ich, noch ehe euer falscher Eifer den Endzweck, auf welchen euch eure Kühnheit und Untreue zielen lassen, wird er langt haben, das Volk durch Strenge zu bän digen, den Adel durch exemplarische Strafen zu bessern, und beyde durch Furcht zurück zuhalten wissen werde, weil es doch unmöglich ist, ihnen Liebe einzuflösse und die Gelindigkeit zu nichts taugt.
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[] Gleichwohl weis es die ganze Welt, auf was für Weise Siccius ist umgebracht worden. Heftigkeit und Grausamkeit werden die Gemü ther nur noch mehr aufbringen. Das Volk ist schon in der Wuth. Die Truppen stehen in der Nähe des Berges Vellejus, und man muß fürch ten, daß sie das Andenken des Siccius aufmun tern werde, zu zeigen, was die angeerbte Liebe zur Freyheit vermögend sey. Dieses ist es, was Valerius dem Decemvir noch vorstellet, und Horatius, welcher diese klugen Vorstellungen unterstützt, giebt sich alle Mühe, ihm begreiflich zu machen, daß diese Dinge wohl noch weiter gehen könnten; daß er selbst, wenn es das Volk erführe, wie wenig er nach den allgemeinen Trang salen frage, und deswegen einen Aufstand mach te, gar leicht das Opfer seines unversöhnlichen Zornes werden, und die Gefahr für ihn allein weit größer, als für alle seine Anhänger ausfal len könnte. Doch nichts vermag den hochmü thigen Appius zu bewegen. Er glaubt viel mehr es sey gut, wenn er nie aufhöre, sich fest und hart zu zeigen, und drohet dem ersten den besten vom Tarpejo herabstürzen zu lassen, wel cher sich unterstehen würde, das Volk in Bewe gung zu setzen. Denn, sagt er, die kluge Auf führung des Magistrats stören, ist kein gerin ger Verbrechen, als die Freyheit Roms durch eine schändliche Unterdrückung mißhandeln. Mit diesen Worten geht er ab.
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Vierter Auftritt.

[] Des Appius Vermuthung, als ob Vale rius und Horatius seine Gewalt zertheilen und ihn hernach den Gesetzen ihres Eigensinnes unterwerfen wollten, ist für diese zwey Raths glieder eine Art von Genugthuung. Aus seinem Abscheu vor allem Zwange, aus seinem heftigen Charakter schliessen sie, daß er fähig seyn werde, sich noch größerer Verbrechen schuldig zu machen, von einer verwegnen Unternehmung auf die an dre zu fallen, und dadurch die Zahl seiner Geg ner zu vermehren, und sie in Stand zu setzen, das Vaterland aus seiner Unterdrückung zu ret ten, und zugleich dem Jcilius und der Virgi nia nützlich zu seyn. Sie reden es mit einan der ab, die erste Gelegenheit zum öffentlichen Ausbruche zu ergreifen. Beyde haben ihre An verwandten und Freunde auf dem Markte ver streuet, welche bereit sind, sich auf das geringste Zeichen thätig zu erweisen. Es kommt nur dar auf an, ein Wort auszumachen, an welchem sie sich alle erkennen, sich vereinigen und gemein schaftlich beystehen können. Dieses ist es, was sie thun müssen. Die Unterstützung des Jcilius scheinen sie noch nöthig zu haben, weil dieser eine große Menge Anhänger hat; sie machen sich al so gefaßt, ihn aufzusuchen, als sie ihn eben mit einem Eifer herbey kommen sehen, welcher seine Absichten und die Stärke seiner Liebe genugsam
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anzeigt. Valerius schlägt sogleich vor, ihm mit wenig Worten das, was zwischen ihnen und dem Appius vorgefallen, zu erzehlen, und ihn dadurch zu ihrem Vertrauten zu machen.

Fünfter Auftritt.

[] Die Neugierde ist es, welche den Jcilius herzuführet. Er hatte den Decemvir die bey den Rathsglieder zornig verlassen sehen, er ist also begierig zu erfahren, wie er ihre friedsamen Reden, und ihre klugen Rathschläge aufgenom men habe. Valerius läßt ihn nicht lange warten. Er sagt ihm sogleich; daß Appius nur seinem Ehrgeize folge, daß er seinen Zorn nir gends verberge, daß er sie kaum gewürdiget ha be, ihre Vorstellungen anzuhören, und daß ihn alles in Grimm und Wuth bringe. Er be hauptet, sezt Valerius hinzu, daß Siccius nicht vorsetzlich sey ermordet worden; daß der Unwille des Volks erdichtet und unser Ei fer eine Treulosigkeit sey. Kurz, nach seinem ausgelaßnen Betragen zu urtheilen, scheint er kein Gesetz, als seinen Eigensinn zu erkennen, und Leben und Ehre sind bey ihm in Gefahr. [] Hier unterbricht ihn Horatius, und wendet das Gespräch auf eine geschickte Art auf das, was für Virginien zu fürchten sey, und fragt, wer sie schützen werde? Auf diese Frage antwor tet der eben so unerschrokne als verliebte Jcilius hitzig: mein Degen! Jch werde ihn brauchen
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so bald ich sehe, daß mir keine andre Hülfe übrig bleibt. Jn einer so dringenden Noth werden meine Anhänger thun, was ich ihnen befehlen werde. Wer wird aus dem Volke mir diese Schöne nicht vertheidigen helfen, wenn ihr beyde selbst, aus Mitleid gegen sie, euch ihrer annehmt?
[] Valerius verspricht es ihm in beyder Na men; allein er glaubt, daß man keine Zeit zu verlieren habe. Es sey von der äußersten Wich tigkeit, die Wuth eines Ungeheuers, als Ap pius, so bald als möglich zu hemmen, und dem tödtlichen Gifte, welches er aushauche, ein Ende zu machen. Man müsse daher die erste Gele genheit, die sich darbieten werde, nicht aus den Händen lassen. Jcilius denkt in diesem Stücke wie Valerius, und versichert ihn, daß, so bald es darauf ankommen werde, mit einer rächenden Hand seinen Degen mit dem Blute des Tyran nen zu benetzen, und die abscheuliche Brunst zu zerfleischen, in welcher so viel barbarische An schläge verschlossen lägen, er nicht einen Augen blick anstehen wolle. [] So viel Entschlossenheit ist gleichwohl nicht nach dem Geschmacke des Horatius. Es scheint ihm, der Muth müsse mit mehr Ueberle gung angewendet werden. Alles, was er von dem Jcilius verlangt, ist dieses, daß er seine Leu te berede, sich den Verschwornen zuzugesellen, und daß er die Virginia dahin vermöge, daß sie
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bloß ihren Namen hergebe, damit man überall, wo es die Nothwendigkeit erfordern werde, zusammen kommen könne. Jcilius giebt sein Wort dar auf, und weil die Umstände der Zeit ihrem An schlage, in Betrachtung der Menge Volks, wel che das Fest der Pales auf dem Markte versam melt, vortheilhaft sind, so begeben sich die Raths glieder weg, um alles zur Ausführung fertig zu halten.

Sechster Auftritt.

[] So bald sie weg sind, spricht Jcilius Ha! erlauchte Patricier, welche Ehre habt ihr euch nicht ehedem erworben, als die Maaßregeln, die ihr zu Stürzung eines tyrannischen Königs nahmt, so glücklich von Statten gingen! Möch te doch Rom, eure Mutter, euch, so wie euren berühmten Vorfahren, den Tod oder die Ver bannung dieses neuen Tarquins, bald zu danken haben. Möchte doch das Volk, welches edel müthig nach der ihm geraubten Freyheit seuf zet, aus einer so harten Knechtschaft gerissen werden! Lasset uns, durch die gerechten Bewe gungsgründe, die uns vereinigen, selbst das Werkzeug dazu seyn! Und du Virginia, du, mein höchstes Gut, und Gebietherin dieses ent brannten Herzens, welches nur dich bey allem, nach dem es strebt, zur Absicht hat; erfülle die ses Herz dergestalt, daß es sich nichts vorsetze, und nach keiner andern Ehre geize, als deinet
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wegen unbesorgt seyn zu können. Sollte man mir auch vorwerfen, daß ich von allen Römern, die dieses großen Namens wirklich werth wä ren, der erste sey, welcher der Liebe den Vorzug gegeben habe, der dem Vaterlande gehöre! Dennoch soll alles, was in mir ist, nur durch meinen Verdruß belebt werden. Meine wüthende Eifersucht will sich nicht länger in meiner Seele verschließen lassen, und schon ei le ich, alle meine Anhänger aufzubringen. O gieb nicht zu, großer Jupiter, daß der grau same Appius, einer so starken Verschwörung entkomme.

Siebender Auftritt.

[] Jn dieser Gemüthsbewegung wird er von dem klugen Numitor überrascht, welcher es ihm verweiset, daß er sich nicht besser mäßigen könne. Er stellte ihm vor, daß ihn sein Gesicht und sei ne Handlungen verriethen, welches dem Fort gange seiner Anschläge sehr nachtheilig seyn könn te. Er ermahnt ihn folglich, sich den zwey Rathsgliedern gleich zu stellen, welche viel zu klug und viel zu verschlagen wären, als daß sie ihr Vorhaben merken ließen; sie zwängen sich vielmehr in Gegenwart des Tyrannens, und verbärgten dem Jcilius selbst den ganzen Um fang ihrer Absichten, indem sie bloß mit ihm von der Ursache seines Verdrusses offenherzig sprächen.
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[] Diese vernünftigen Rathschläge gehen An fangs dem Jcilius sehr schwer ein, weil der De cemvir gegen alle Klagen und Erinnerungen sich zu verhärten geschienen, und er also keine Hof nung hat, Virginien ausser Gefahr zu wissen. Er glaubt so gar, es sey keine andre Hülfe übrig, als daß sie bey dem geringsten Vergehen des treulosen Appius alle zu den Waffen grieffen, um die Freyheit zu vertheidigen, und die allge meine Sicherheit für Kränkungen zu schützen. Doch da er endlich die tiefere Einsicht des klugen Numitors zu erkennen genöthiget wird, so giebt er nach. Er verspricht, so lange es für Virginien nicht gefährlich sey, dem Beyspiele der zwey edeln Senatoren zu folgen, und ihnen zur Reifung ihres Entschlusses alle Zeit zu las sen, damit sie bey ihren Unternehmungen eines glücklichen Ausganges könnten versichert seyn, aus welchem seine Liebe den größten Vortheil ziehen werde. Dem Proteus gleich, spricht er, will ich alle Gestalten, nach dem es nöthig seyn wird, anzunehmen wissen. Als ein andrer Janus mit zwey Gesichtern, will ich mir die vergangnen Fehler zu Nutze machen, um mich in Zukunft desto vorsichtiger aufzuführen. [] Numitor erfreut sich über diesen Vorsatz und berichtet ihm, daß er dem Virginius von allem habe Nachricht geben lassen, daß er ihn alle Augenblicke erwarte, und daß er selbst ent schlossen sey, den Verschwornen durch seine An
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hänger beyzustehen, welche weder an Menge noch an Tapferkeit den Anhängern irgend einer Par they nachzusetzen wären. Dieses bestärkt die Hofnung des Jcilius, der sich nunmehr im Stande sieht, den größten Gefahren Troz zu biethen; doch ungeachtet dessen, was er sich von einer so mächtigen Verschwörung versprechen kann, wird sein Herz gleichwohl von einer heim lichen Ahndung beunruhiget, als ob ihn an die sem Tage ein ganz besonders Unglück bevorstehe. Unterdessen verlassen sich beyde in ihren ersten Entschließungen, und machen dem zweyten Auf zuge ein Ende.

Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

[] Appius und Claudius treten mit einander auf, und unterreden sich von dem, was die zwey Senatores dem Decemvir gesagt haben. Dieser lobt den Appius ungemein, daß er sich nicht an sie gekehrt, noch seinem Ansehen, durch An nehmung ihrer Rathschläge etwas vergeben ha be. Unterdessen ist es doch nicht sehr zu ver wundern. Der Decemvir hat Ursache dem Va lerius und Horatius nicht zu trauen; und auch außer seinem Stolze, welcher ihm nicht er laubt, in seiner angemaaßten Herrschaft sich ir gend Grenzen setzen zu lassen, ist seine Liebe zu Virginien so stark, daß er den Tod der gering
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sten Verkürzung seiner Macht vorziehen würde. Alles was sich seiner heftigen Leidenschaft zu wi dersetzen scheinet, dienet bloß sie zu unterhalten, und der Verlust seines Ansehens selbst würde seine Begierden nur mehr reitzen, indem er ihn von dem Gegenstande, nach welchem er seufzet, entfernte. [] Claudius, der ihn in dieser Verfas sung sieht, bezeigt ihm sein Erstaunen über seine Mäßigung. Umsonst sucht Appius sie unter dem Vorwande, daß die Strenge und die Ver achtung der Virginia für ihn eine Art von Bezauberung sey, zu rechtfertigen; sein Liebling giebt sich alle Mühe, ihn zu überreden, daß er im geringsten nicht verzweifeln müße, so lange er mit dieser Römerin noch nicht selbst gesprochen habe. Jst sie nicht ein Weibsbild? fügt er hinzu. Sollten Lobsprüche, Schmeicheleyen, Eitelkeit, Eigennutz, die Ehre dich zu ihren Füssen zu sehen, nicht fähig seyn, den Eigensinn zu verführen, gesetzt auch, daß sie das Herz nicht gewinnen könnten? Sollte bey ihrem Geschlechte alles vergebens seyn? Entschließe dich nur, mit ihr zu sprechen. Dieser Tag ist ohne Zweifel der vortheilhafteste, den du nur dazu aussehen könntest. [] Der Decemvir gesteht zu, daß er alles anwen den müsse, um sein Uebel zu erleichtern, allein er glaubt, daß es sich für ihn nicht schicke, öf fentlich etwas zu versuchen. Seine Leidenschaft
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würde gar bald allen bekannt werden, und wenn ihm sein Unternehmen mißlingen sollte, so wäre er vor der ganzen Welt zum Gelächter gemacht. Ehe er sich einer so großen Beschimpfung aus setzte, wolle er lieber Virginien aus dem Hau se ihres Vaters oder ihres Gemahls zu entführen und sie aus dem Schooße der Glückseligkeit zu reißen trachten. [] Ob nun gleich Claudius der Mann gar nicht ist, der diesen letztern Anschlag mißbilligen sollte, so besteht er doch auf seinem ersten Rath schlage und muntert den Decemvir durch Grün de auf, die seiner Ruchlosigkeit würdig sind. Wenn es, sagt er, darauf ankömmt, dasjeni ge was man begehrt, zu erlangen, so setzt man alles Bedenken und alle Besorgniß bey Seite. Ein Mann, der die Gewalt in seinen Händen hat, kennet weder Furcht noch Ueberlegung. Wenn man sein Glück durch ein Laster erlan gen kann, so ist die Tugend unnütze. Unter laß also ja nicht, dich der gelegenen Zeit eines Festtags zu bedienen. Es ist natürlich, daß sich Virginia, bloß in Begleitung der Pub licia, dabey einfinden wird. Suche sie auf, und wenn du sie findest, so laß es sie aus dei nem eignen Munde hören, wie viel du für sie empfindest. Wenn sie dich anhört, gesetzt auch, daß sie dich mit keiner Gegenliebe belohnt, so muß sie dir doch wenigstens dafür verbunden seyn, und schon dieses wird für dich eine Art
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von Erleichterung seyn, die dir noch bis jezt ge fehlt hat.
[] Endlich entschließt sich Appius, so hart es ihm auch fällt, diesem Rathe zu folgen; und weil er in eben dem Augenblicke Virginien mit der Publicia herbey kommen sieht, so macht er sich ein wenig bey Seite, damit sie, wenn sie ihn erblickten, nicht wieder zurück gehen möchten; Claudius aber geht noch weiter zurück, um ihm völlige Freyheit zu lassen.

Zweyter Auftritt.

[] Virginia ist ihres geliebten Jcilius wegen besorgt. Weil sie fürchtet, daß ihn seine natür liche Hitze allzuweit treiben, und er seine Person der Gefahr allzusehr aussetzen dürfte, so betau ert sie es, daß sie ihm nicht alle ihre Furcht ent deckt habe, um ihn dadurch zurück zu halten. Sie möchte ihm gerne antreffen, um es nach zu thun, und dieses ist es, was sie hierher bringt. Publicia hat ihrer Ungeduld nachgegeben; al lein sie fürchtet ihr Nachgeben könne ihrer jun gen Gebietherin nachtheilig seyn, wenn sie Ap pius etwan antreffen sollte. Sie findet ihre Treue dadurch beleidiget, und erkennt, daß es der bitterste Vorwurf seyn würde, den sie sich selbst machen könnte. Diesem Unglücke vorzu kommen, nöthiget sie Virginien, mit ihr wie der fortzugehen; doch in eben dem Augenblicke entdeckt sie den Decemvir. Voller Bestürzung
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ruft sie sogleich aus:gerechter Himmel! Meine Besorgniß trift ein. Jch sehe den Appius. [] Bey diesem Namen erkaltet das Herz der Virginia, und diese tugendhafte Römerin stellt ihre Aufseherin zwischen sich und den Decemvir, um ihr gleichsam zur Schutzwehr zu dienen. Doch dieses verhindert den Appius nicht, sich ihr zu nähern, und ihr alles zu sagen, was die Liebe nur zärtliches und lebhaftes einflössen kann. Publicia welche beständig ihrer Pflicht auf das genaueste nachzukommen sucht, erinnert den De cemvir an die Antwort, die sie ihm schon im Na men ihrer jungen Gebietherin gegeben habe, und setzt hinzu: Schmeichle dir nicht, daß Vir ginia deinem Verlangen heut geneigter seyn werde. Sie ist kein Weibsbild, welches ge wohnt ist Reden anzuhören, die ihre Tugend beleidigen. Wende dich damit zu andern, die sie anhören wollen, wenn du dich durch ihr Stillschweigen nicht einer neuen noch größern Kränkung aussetzen willst. [] Der Decemvir ist zu verliebt, als daß er sich so plötzlich sollte abschrecken lassen, und beschwört sie, daß sie ihm erlauben wolle, Virginien alle die Stärke seiner Leidenschaft zu erkennen zu ge ben, oder daß ihm wenigstens diese anbethens würdige Schöne mit ihrem eignen Munde die abschlägliche Antwort ertheilen dürfe. Doch die Aufseherin erklärt ihm, daß es umsonst seyn
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würde, wenn sie es auch erlaubte, ja wenn auch Virginia selbst darein willigte. [] Um so wohl die eine als die andre zu gewin nen, zeigt Appius beyden die Vortheile, die sie aus dem Opfer seines Herzens und seines An sehens ziehen könnten. Fragt ihr denn, spricht er zu ihnen, so wenig nach dem Glücke, daß ihr es so verächtlich von euch stosset? Und du Vir ginia, kannst du mit einem gleichgültigen Auge denjenigen zu deinen Füßen sehen, welchem als Herrn von Rom, alles zu Gebothe steht? Schmeichelt es dir so gar wenig, daß er dir nicht einmal des geringsten Zeichens der Erkenntlich keit werth zu seyn scheinet? Jch halte dich für zu klug, als daß du dein Glük so hassen, und den Appius verachten solltest, der dir seine Hoheit anbiethet und aufopfert. [] Unterdessen kömmt er damit nicht weiter. Virginia und Publicia halten es für ihrer unwürdig, sich durch die Reizungen des Eigen nutzes und des Glückes verführen zu lassen. Der Decemvir geräth darüber in Wuth, er kann sich nicht länger halten, und drohet der Virginia, ihr und ihrem Geliebten die Wirkungen seines Zorns und der Macht, die sie verachtet, em pfinden zu lassen. Jch will dich, spricht er, die Güter die du verachtest, höher schätzen lehren. Jch will = = = [] Publicia will ihn hier unterbrechen, doch Virginia legt ihr Stillschweigen auf, und er
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greift das Wort selbst. Wenn es Klugheit und Anständigkeit von ihr forderten, bey verliebten Schmeicheleyen taub zu seyn, so ist es mit Dro hungen ganz anders beschaffen. Es würde eine Niederträchtigkeit seyn, sie ruhig zu ertragen, und ihr edler Stolz erlaubt es ihr nicht. Was kann sie auch mehr beleidigen, als daß man sie zu der geringsten unanständigen Schwachheit für fähig hält? Ob schon ihre Familie geringer als die Familie des Decemvirs ist, so weicht sie ihr doch nicht an Verdiensten. Niemanden ist der Ruhm unbekannt, den sie erhalten hat, und den sie noch jezt, ohne dem geringsten Fleck, be hauptet. Sollte Appius allein keine Kennt niß davon haben? Und weis er denn übrigens nicht, daß Virginia ihr Herz nicht mehr in ihrer Gewalt hat? Weis er denn auch nicht, daß er kein Recht hat, einigen Anspruch darauf zu machen? Warum wagt er es dennoch? Auf was gründet er sich, da er das untadelhafte Band, welches den Jcilius und die Virginia ver bindet, zertrennen will? Jst er es nicht selbst, welcher das Gesetz bekannt gemacht hat, das die Heyrathen zwischen Patriciern und Plebejern verbiethet? Wie kann er die Unverschämtheit haben, sich von demselben auszuschließen? Soll te nicht schon das genug seyn, ihn zurück zu hal ten, wenn ihm die Tugend der Virginia auch nicht bekannt wäre? Darf er sich wohl schmei cheln, diese Tugend zu verführen? Heißt nicht,
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nur so etwas zu denken, sie beleidigen? Daran zu zweifeln, und es zu versuchen, heißt dieses nicht, sich selbst schuldig machen? Was für star ke Gründe können nicht dem Decemvir vorge legt werden, um ihm die Ungerechtigkeit und die Abscheulichkeit seines kühnen Unternehmens zu zeigen! Virginia vergißt keinen einzigen, und nachdem sie sogar dem Decemvir einen ewigen Groll geschworen, sagt sie zum Schlusse: Mäs sige also deine nichtswürdige, blinde und eitle Kühnheit, mit der du nichts suchst, als mich zu beleidigen. Befürchte, daß mich die Göt ter entweder selbst, oder durch die Hand eines Sterblichen, vielleicht rächen werden. = Mit diesen Worten geht sie zugleich mit ihrer Auf seherin, ab.

Dritter Auftritt.

[] Appius will sie zurück halten, er ruft sie, aber es ist umsonst. Bald aber sieht er auf sich selbst zurück, und schähmt sich einer solchen Schwachheit. Er hält es für seiner unwürdig, wie der Pöbel zu lieben und sich den Gesetzen dabey zu unterwerfen. Wenn seine Liebe der gleichen erkennen müßte; so würde er glauben, daß sein Ansehen dadurch eingeschränkt wäre. Er vermeint, daß seine Ehre darauf beruhe, sich überall Gehorsam zu verschaffen. Er faßt hier auf den Entschluß, seine Wuth zu verbergen, ein ruhiges und freudiges Ansehen anzunehmen,
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um seine Absichten desto gewisser zu erreichen, in der That aber Gewalt, List, Betriegerey, und al les anzuwenden, wodurch er über das hartnäcki ge Weigern der Virginia siegen könne. Es empfinde dieses Weibsbild, was derjenige ver mag, welcher Rom beherrscht, und keinen Hö hern erkennt; derjenige, welcher nur deswegen Gesetze gegeben hat, damit er desto freyer leben könne; kurz derjenige, welcher durch seine Standhaftigkeit selbst die Religion wird zu zwingen wissen, sich nach seinem Gutdünken zu bequemen.

Vierter Auftritt.

[] Hier wird er durch die Zurückkunft des Clau dius unterbrochen, welchem er den schlechten Fortgang seines Unternehmens erzehlt. Ob er gleich schon entschlossen ist, sich an nichts ferner zu kehren; ob er gleich bereits einen Anschlag ausgedacht, dem zu Folge er dem Cornelius einen Befehl zugeschickt, den Virginius nicht aus dem Lager zu lassen, sondern auf alle seine Handlungen sorgfältig Acht zu haben; und ob er gleich versichert, daß er die Gegenbemühun gen des Jcilius und des Numitors, welche einzig und allein im Stande wären, sich ihm mit ihren Anhängern zu widersetzen, auf keine Weise fürchte: so gesteht er doch dem Clau dius, daß die List, welche er erdacht habe, so
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sonderbar sey, daß er sie noch vorher überlegen wolle, ehe er sie zur Ausführung brächte. [] Claudius, der würdige Liebling eines solchen Herren, mißbilliget diese Langsamkeit. Bey ge genwärtigen Umständen, scheinet ihm die Eilfer tigkeit unumgänglich nöthig zu seyn, und da er überzeugt ist, daß man keine Zeit zu verlieren habe, so dringt er in den Appius, auf das schleunigste seinen Entschluß zu fassen. Ent schließe dich noch heut, spricht er, entschließe dich noch in diesem Augenblicke. Fange an, meine Treue zu beschäftigen. Bediene dich meiner; befiehl! [] Der Decemvir zweifelt an seinem Eifer nicht, und weil er endlich seiner Meinung nachgiebt, so will er ihm eben sein Vorhaben entdecken, als er durch die Ankunft des Jcilius daran verhin dert wird.

Fünfter Auftritt.

[] Dieser macht sich die Gelegenheit zu Nutze, um ihm seine Aufwartung zu machen, und ihm mit dem verbindlichsten und ehrfurchtsvollsten Bezeigen seine Dienste anzubieten. Allein Ap pius kehrt ihm den Rücken zu, und begiebt sich mit seinem Lieblinge fort, nachdem er hochmüthig zur Antwort gegeben: Wenn ich mir auch selbst nicht genug wäre, so sind doch schon die Schergen, auch alsdann, wenn ich allein zu seyn scheine, so nahe um mich, daß alle Gesellschaft für mich
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unnöthig ist; besonders weil ich bey ihnen, Jcilius, nichts zu fürchten habe, und versichert seyn kann, daß man mir gehorcht.

Sechster Auftritt.

[] Es scheint als ob der Anblick und die hoch müthige Antwort dieses Tyrannen die Wuth des Jcilius aufs neue angeflammt habe. Bey der Verzweiflung, Rom von seiner Höhe herab ge stürzt, den Adel und das Volk unterdrükt, und die Hitze und den Eifer der Römer für die Frey heit fast ganz erkaltet zu sehen, erstaunt er eben so sehr über sich selbst, daß er, der so viele an dre durch seinen Widerstand, sich unter das schimpfliche Joch zu biegen, übertroffen habe, nunmehr selbst so geduldig die schimpflichen Re den dieses verhaßten Ungeheuers anhören könne. Numitor, ruft er aus, indem er sich des Raths dieses klugen Alten erinnert, das also ist die Frucht, die man von der Zurückhaltung seines Zornes hat? Was gewinne ich, wenn mich der Grausame beleidiget, und ich mich nicht den Augenblick räche? Soll ich lieber warten, bis der Eigensinn des Schicksals mir die Ge legenheit versagt, die es mir heute anbiethet? Jch schwöre bey dem allmächtigen Vater der Götter, welcher in unserm alten Latium ver ehret wird, daß, wenn wir jemals die Zeit loszubrechen erlaubet, dieser abscheuliche Bar bar, dieser grausame Feind meiner Ruhe, zu
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seinem Unglücke erfahren soll, daß noch unter den Ruinen des Vaterlandes ein Römisches Herz zu finden sey.

Siebender Auftritt.

[] Jcilius läßt seine Wuth austoben, als eben Virginia, die ihn, in der Absicht ihn selbst an zufeuern, aufsucht, mit der Publicia weinend herzukömmt. So bald sie den Jcilius gewahr werden, räth Publicia ihrer jungen Gebiethe rin ihre Thränen zu hemmen; doch es ist um sonst. Das Herz der Virginia ist allzuem pfindlich verwundet, und von der kühnen Belei digung des Decemvirs allzuschmerzlich durch drungen. Sie muß ihnen, wider ihren Willen freyen Lauf lassen. Jhr Geliebter sieht es, wird darüber unruhig und fragt nach der Ursache. So lange Jcilius lebt, sprich, was kann dich betrüben? Sollte dich sein brennender Eifer, seine Liebe nicht gegen alles beruhigen? Rede doch, und verbirg mir die Ursache deines Ver drusses nicht länger. Du hast jezt ohne Zwei fel eine neue und eine empfindlichere als die ist, die ich schon weis. [] Virginia läßt nicht sehr in sich dringen. Jhre Thränen haben angefangen, ihren Schmerz zu entdecken, und ihr Mund zaudert nicht, das übrige hinzu zu thun. Nachdem sie ihrem Ge liebten zu verstehen gegeben, daß sie den Appius gesehen habe, und nicht länger seinen unver
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schähmten Reden ausgesetzt seyn wolle, so ent deckt sie ihm, ohne allem Umschweif, ihr Verlan gen. Sie ist nicht mehr die zärtliche Liebhabe rin, die für das Leben ihres Liebhabers und ihr eignes zittert, und den Zorn ihres theuren Jci lius zu mäßigen sucht. Sie ist nunmehr ein wüthendes Weibsbild, welches nach nichts als Rache dürstet. Keine Gefahr ist fähig, sie zu erschrecken. Jhr Geliebter, so werth er ihr ist, soll alles wagen. Sie will, daß er nebst ihrem Vater, den sie alle Augenblicke erwarte, nebst dem Numitor und den zwey Rathsgliedern, auf das schleunigste die nöthigen Maaßregeln ergreife, um den Tyrannen zu stürzen, und sein Vaterland indem er sie räche, aus der schimpf lichen Knechtschaft, in welcher es seufze, zu ret ten. Jcilius besonders, setzt sie hinzu, darf sich an nichts weiter kehren. Was haben wir noch zu verlieren, wenn man uns die Freyheit sogar in den Gesetzen und in der Liebe raubet? [] So viel war nicht einmal nöthig, um den Jcilius aufzumuntern, das alleräußerste zu wa gen. Es tauert ihn nur, daß er nicht in dem Augenblicke alle Verschworne versammeln, und mit ihnen eilen kann, seine Hand in das Blut des grausamen Appius zu tauchen. Seitdem er weis, daß seiner geliebten Virginia selbst daran gelegen ist, sind ihm alle Augenblicke kost bar. Er will sich einen jeden derselben sogleich zu Nutze machen, um alles zu einer schleunigen
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Ausführung seines Anschlages zu veranstalten. Unterdessen räth er der Virginia, sich ohne Anstand wieder zu ihren Römerinnen zu bege ben, welche sie bereits zur Feyerung des Festes der Pales suchten; er verspricht ihr zugleich, daß er sie nicht aus dem Gesichte verlieren, sondern auf ihre Sicherheit äußerst bedacht seyn wolle. [] Nach diesen Versicherungen befürchtet Vir ginia weiter nichts. Sie ist an Geist und Herz mit dem Jcilius vereint, und scheuet we der den verhaßten Namen, noch selbst die Gegen wart des Tyrannen. Die zwey Verliebten neh men hierauf auf das zärtlichste von einander Ab schied, versprechen sich eine beyderseitige Liebe, welche selbst der Tod nicht auslöschen soll, und Publicia schließt diese letzte Scene des dritten Aufzuges mit folgenden Worten: Möchten doch die Götter an euch beyden zeigen wollen, daß sie die Tugend beschützen und belohnen, ob sie die selbe gleich manchmal zu verlassen scheinen.

Vierter Aufzug.

Erster Auftritt.

[] Der Anschlag des Appius in Ansehung der Virginia ist dem Claudius kein Geheimniß mehr. Appius selbst hat ihn davon unterrich tet, und ihm die gehörigen Befehle ertheilet. Man kann es aus den Worten schließen, die er im hereintreten zu dem Claudius sagt.
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Dieses, Claudius, dieses ist das letzte Hülfs mittel, welches mir meine unumschränkte Herr schaft anbiethet, um meinen brennenden Be gierden Genüge zu thun. Du, der du die Seele des ganzen Unternehmens seyn mußt, mache dich fertig, alles, was ich dir gesagt ha be, zu vollziehen. [] Claudius entdeckt nunmehr vollends seinen verhaßten Charakter, und zeigt wie viel ähnliches er mit dem Appius habe. Wenn man, spricht er, so glücklich ist, eine Creatur von dir zu seyn, so weis man nichts zu antworten. Der Ge horsam spricht allein. Bis hierher sind weder Laster noch Schwierigkeiten fähig gewesen, mich zurück zu halten. Die Gewohnheit und das Vergnügen dir zu dienen, zerstreuen alle Be denklichkeiten. [] Noch mehr wird er durch die schmeichelhaften Versprechungen aufgemuntert, welche ihm der Decemvir macht. Er will ihm zum Lohne in allen behülflich seyn, wornach seine Begierde nur streben werde, und seine Unterstützung soll ihm in keiner Sache mangeln.

Zweyter Auftritt.

[] Nachdem aber Appius weg ist, so scheint es doch, als ob er beynahe unentschlossen sey, was er eigentlich thun solle. So lange er die Ge fahr nur von weiten gesehen hat, so lange hat ihm seine Verblendung nicht erlaubt, sie in ih
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rer ganzen Größe und nach allen ihren Eigen schaften zu entdecken; jezt aber, da er sie in der Nähe betrachtet, und sich ihr eben aussetzen soll, ist es ganz etwas anders. Jhr Anblick scheint ihn zu erschrecken. Die Ungewißheit des Aus ganges, die traurigen Folgen, welche dieses Un ternehmen haben kann, bewegen ihn einige klu ge Betrachtungen anzustellen; und ob ihn diese Betrachtungen gleich nicht anders Sinnes ma chen, so halten sie ihn doch einige Zeit in Unge wißheit und seine Kühnheit geht fast verlohren. Unterdessen sind sie viel zu schwach, als daß sie einen allzudauerhaften Eindruck auf ein verderb tes Herz machen sollten, und es währt nicht lan ge, so hat er sie gänzlich aus seiner Einbildung verjagt. Das Glück ist viel zu reizend für ihn, als daß er es nicht zu erhalten suchen solle, wenn es ihm auch noch so theuer zu stehen käme. Die allerabscheuligsten Laster sind bey ihm gerechtfer tiget, wenn sie geschickt sind, glücklich zu machen. Was liegt ihm daran, daß die That die er be gehen soll, ihres gleichen nicht habe? Wenn er keine Ehre dabey einlegt, so wird er doch Nutzen daraus ziehen, welches seine Eitelkeit eben so sehr schmeicheln muß. Dieses ist ihm genug, und in diesem Entschlusse begiebt er sich bey Seite, weil er Virginien nebst der Publicia und an dern Römerinnen gewahr wird.
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Dritter Auftritt.

[] Unter dem Vorwande einer kleinen Unbäß lichkeit, die ihr in der ungesunden Luft zugestossen sey, bittet Virginia die Römerinnen, es nicht übel zu nehmen, daß sie sich nach Hause bege ben müsse. Die Römerinnen sind wegen ihre Gesundheit besorgt und wollen sie begleiten, worein Publicia auch williget, als plötzlich der treulo se Claudius erscheint, auf Virginien los ge het, sie bey der Hand ergreift und gebiethrisch spricht. Du mußt mir vorher folgen, weil es erlaubt ist, das Seine wieder zu nehmen, wo man es findet. [] Virginia erstaunt über diese Gewaltsamkeit, und ruft aus: Was soll dieses sagen, mächtige Götter! Aber Claudius antwortet ihr mit Ungestüm. Es will sagen, daß du nicht als diejenige gebohren bist, die du dir zu seyn ein bildest; sondern du bist die Tochter einer Skla vin, die mir zugehört, und jezt will ich mich, da es mir der Zufall erlaubet, meines Rechts bedienen. [] Auf diese Rede nimmt das Erstaunen der Virginia noch mehr zu; und indem sie sich mit Gewalt aus den Händen ihres ungerechten Räubers losreißen will, ruft sie den Beystand der Götter an, welchen die Abscheulichkeit dieser Verleumdung bekannt sey. Publicia die, wie es ihre Pflicht erfordert, bey ihrer Gebiethe
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rin sest hält, ist über eine so gräßliche Beleidi gung nicht weniger betroffen. Sie ist bey der Geburth der Virginia gegenwärtig gewesen, allein ihr Zeugniß kann hier von keinem Ge wichte seyn. Uebrigens fehlt ihr auch die Stär ke, es geltend zu machen. Was kann sie also thun? Nichts, als um Rache zu schreyen, und die andern Römerinnen zu ersuchen, ein gleiches zu thun, weil ihre eigne Freyheit in der Entführung der Virginia angegriffen sey. Dieses ist ihre einzige Hülfe. Eine von ihren Gefehrtinnen erhebt auch sogleich die Stimme und ruft: Rö mer, wann ihr für die Ehre einer Weibsper sonempfindlich seyd, so eilet schleunig herzu, ihr beyzustehen.

Vierter Auftritt.

[] Sie findet auch sogleich einen Vertheidiger an dem Numitor, welchen seine großmüthige Gesinnung den Augenblick herbey bringt. Aber wie erstaunt dieser Römer, als er Virginien in den Händen des Claudius gewahr wird! Was seh ich! ruft er. Virginien beleidiget man! Wie kannst du dich Claudius einer solchen Ausschweifung unterfangen? [] Doch Claudius läßt sich durch diese Frage nicht abschrecken, sondern bestehet auf seinem Vor geben, und antwortet mit Uebermuth: Weil eben dasselbe Gesetz, Numitor, welches mich berechtiget, das Meine zu vertheidigen, mir
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zugleich die Macht giebt, es dem, der sich des sen anmaaßen will, wieder zunehmen.
[] Umsonst wirft ihm Numitor seine Unge rechtigkeit vor; umsonst nimmt er Virginien bey der Hand, um sie ihm zu entreißen, und räth ihm sie fahren zu lassen; umsonst ermuntert Virginia selbst durch Reden und Thränen ih ren Vetter, sie zu befreyen; der Betrieger Clau dius ist unbeweglich. Jn der Gewißheit, daß er den Richter bey dieser Streitigkeit für sich ha ben werde, sagt er zu dem Numitor. Es ist so leicht nicht, sie mir wieder zu nehmen. Und zu Virginien spricht er: Und du, schmei chle dir nur nicht, das geringste durch deine verstellten Thränen zu erlangen. Der, fährt er gegen beyde fort, welcher uns richten muß, wird meine Gründe gewiß hören. [] Unterdessen bestehet Numitor darauf, Vir ginien zu haben, und Claudius, welcher durchaus nicht nachgiebt, spricht: Brauche keine Gewalt bey einer Sache, die durch einen Rechtsspruch muß entschieden werden. Höre nicht auf das unsinnige Geschrey eines Wei bes. Spare deine Mühe, oder = = = = Hier machen sie beyde eine Bewegung, der ei ne um Virginien zu befreyen, und der an dre, um sie zu behalten, bis sie endlich den Ap pius, mit seinen Schergen herbey kommen se hen, da sie denn Claudius fahren läßt.
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Fünfter Auftritt.

[] Appius thut als ob er von nichts wisse, und fragt indem er herzukömmt, mit einer angenom menen frommen Mine, woher das Geschrey, das er gehört habe, entstanden, und welches der Un heilige sey, der die Begehung eines so feyerlichen Tages beunruhige? Sollte man etwa verges sen haben, setzt er hinzu, daß es in Rom einen Beschützer der Freyheit des Volks und seiner Andacht giebt? Gleich, entdeckt mir die Ursa che einer so großen Unordnung, oder mein Zorn wird = = [] Claudius fällt ihm ins Wort, und mit ei ner Mine, die allen Verdacht einiges Verständ nisses unter ihnen vernichtet, bittet er ihn vor al len Dingen, seinen Zorn zu mäßigen. Hier auf entdeckt er ohne Schwierigkeit, daß er selbst der vornehmste Urheber dieses Lerms sey, und bemüht sich, ihm durch folgende Erzehlung die Ursache davon anzugeben. Dieses arme Weibs bild, welches sich einbildet, die Tochter des Virginius und der Numitoria zu seyn, hat zu ihrer Mutter eine elende Sklavin, Namens Servilia gehabt, die ich gekauft habe, und die mir zugehört. Jhre vorgegebene Mutter kaufte sie gleich nach der Geburth, und gab sie für ihre Tochter aus, um durch diese Unterschie bung ihre Unfruchtbarkeit zu verbergen. Jch habe sie hier angetroffen, und da ich gewiß
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weis, daß sie mir zugehört, und glaubte, die Römerinnen würden meinem unleugbaren Rechte nur schwach widerstehen können, so wollte ich mir sie wieder zueignen. Numi tor, der auf das Geschrey herbey kam, setzte sich ohne Grund darwider. Und mittlerweile kamst du dazu, da ich dann sogleich aus Ehr furcht von meinem Unternehmen abstand.
[] Der Decemvir scheinet sich wieder zu besänf tigen, und will von dem Numitor wissen, was er hierauf zu antworten habe. Numitor ver sichert, daß dieses die schändlichste Betriegerey sey, die jemals ein Mensch erfunden habe. Ganz Rom ist für ihn, und Publicia insbe sondre, welche allezeit Numitorien die Vir ginia an ihrer Brust habe säugen sehen. Was kannst du für dich anführen, Nichtswürdiger? sagt er zu dem Claudius. Was kannst du einem so klaren Zeugnisse entgegen setzen? [] Der Betrieger Claudius ist nichts weniger als betroffen. Er verwirft Publicien als ver dächtig; und wenn ihm Numitor nicht den Augenblick Virginien wiedergeben wolle, so erbiethe er sich, sogleich glaubwürdige Zeugen, die aller Partheylichkeit unfähig wären, darzu stellen. [] Doch Appius will dieser Erleuterung aus weichen. Die Angelegenheit ist allzuwichtig, und die Untersuchung würde allzulang seyn. Weder Zeit noch Ort sind dazu bequem. Es sind auf
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dem Markte eine Menge Personen in Bewe gung, und er muß sich durchaus nicht von dem vornehmsten Gegenstande seiner Aufmerksamkeit abziehen lassen. Alle Sorgfalt der Obrigkeit muß dem andächtigen Eyfer des Volks gewidmet seyn. Und dieses ist für dem Decemvir der scheinbare Vorwand, warum er sich jezt die Zeu gen zu hören, weigert. Alles was er thun kann, ist, daß er die Entscheidung dieses Handels auf den Nachmittag verschiebt. Die Hitze des Volks wird ohne Zweifel ein wenig nachgelassen haben, und der Zulauf desselben wird nicht so beträcht lich seyn. Durch diesen Aufschub werden beyde Theile Zeit haben, sich zur Führung ihrer Be weise vorzubereiten. Sie können alsdenn vor dem Tribunale des Decemvirs erscheinen, und daselbst ihre Rechte vortragen und vertheidigen, und bey der höchsten Macht, welche Rom ver ehret, Gerechtigkeit suchen. Unterdessen aber, behauptet Appius, müsse man sich der Vir ginia versichern. Er kann nicht umhin, für denjenigen eingenommen zu seyn, welcher sich seinen Sklaven wieder zueignen will. Das Recht scheint ihm einigermaaßen durch die That selbst gerechtfertiget zu seyn, und er hat auch sonst noch für sich einige geheime Bewegungs gründe, welche ihn so zu denken nöthigen. Was kann er also bey diesen Umständen thun? Er muß vorläufig befehlen, daß diese Unglückliche (das sind seine eigne Worte) in die Hände des
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Claudius, oder einer andern sichern Person, die dieser Römer erwählen würde, geliefert werde. [] Numitor bezeigt dem Decemvir sein Er staunen, daß er ihn wider alle Gerechtigkeit ei nem Betrieger, einem Nichtswürdigen, auf ein blosses Vorgeben, das nicht die geringste Wahr scheinlichkeit habe, den Besitz desjenigen, was er verlangt, zusprechen höre, ohne sich an so viel rechtschafne Personen, welche wider ihn zeugen, zu kehren. Jst es erlaubt, die Ehre eines ange sehenen Bürgers so zu erniedrigen? Will man ihm das Seinige, ohne ihn zu hören, rauben? Soll dieses der Lohn für die ausnehmenden Dienste seyn, die er dem Vaterlande leistet? Wird man ihm nicht erlauben, da er Rom so nahe ist, seine eigene Sache zu vertheidigen? Kann man sich weigern, einen Termin, zu seiner Verhörung anzusetzen? Wird man ihn zu Rom so verächtlich mißhandeln, jezt da er eben das seine dazu beyträgt, die siegenden Adler dem Feinde fürchterlich zu machen? Sollte sich Ap pius zu solchen Ausschweifungen verleiten lassen? Numitor thut, als ob er sich dieses nicht über reden könne, und beschwört daher den Decem vir, sein gesprochnes Urtheil zu wiederrufen. [] Appius gesteht, daß Virginius in Anse hung seiner und seine Vorfahren viel Achtung ver diene; allein dieses sey nicht Grundes genug, den Lauf der Gerechtigkeit aufzuhalten. Je nützlicher
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dieser Römer dem Vaterlande sey, destoweniger schicke es sich, ihn zurück zu rufen. Wäre es wohl gerecht, ihn, der der allgemeinen Mutter diene, für die man alles aufopfern müße, we gen eines zweifelhaften Handels zurück kommen zu lassen, besonders da es so viele Rechtsgelehrte giebt, welche ihn untersuchen, und aufs reine bringen können? Wenn Claudius die Ausfüh rung seines Rechts bis zu Ende des Krieges ver sparen wolle, so sey es der Decemvir ganz wohl zufrieden. Außerdem aber, könne er sich, aller seiner Gewalt ungeachtet, nicht entbrechen, ihm, sobald er es verlange, Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. [] Claudius nimmt sich wohl in Acht, einen solchen Vorschlag anzunehmen. Er setzt sich feyerlich darwieder, daß man den Virginius erwarten wolle. Die Anhänger dieses Geg ners, sagt er, könnten vielleicht vermögend seyn, alsdann mit Gewalt das Urtheil zu verhindern, welches sein ungegründetes Recht nicht aufhal ten kann. [] Dieser abschläglichen Antwort ungeachtet, be harrt Numitor darauf; er stützt sich auf die Feyerlichkeit des Tages, und auf die notorische und empfindliche Beschimpfung, die den Vir ginius in Gegenwart einer solchen Menge Men schen treffen würde, und sucht durch diese Vor stellungen den Claudius zu bewegen. Doch Appius, dem daran gelegen ist, das, was er
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gethan hat, zu behaupten, antwortet, es sey seine eigentlichste Pflicht, die Streitigkeiten, welche unter dem Volke entstehen, beyzulegen; auch die allerheiligste Beschäftigung müsse ihn nicht davon abhalten, und der Schimpf, wenn anders einiger damit verknüpft sey, könne demjenigen nicht zugerechnet werden, der aus Unwis senheit in der Sache nicht eher habe verfahren können. [] Da Numitor sieht, daß alles, was er vor bringt oder einwirft, nichts nützen will, so ver langt er, daß man wenigstens ihm die Virgi nia aufzuheben geben solle, weil er ihr nächster Anverwandter sey, und selbst durch die Gesetze, welche Appius auf die zwölf Tafeln habe gra ben lassen, dazu berechtiget werde. Doch eitle Zuflucht! Appius, der die Gesetze gemacht hat, weis sie auch nach seinem Willen auszulegen. Jhr Wille ist, noch seiner Meinung gar nicht, einem Vetter dasjenige zu vergönnen, was man einem Vater, wenn er es als Vater begehrte, ohne Grausamkeit nicht versagen könnte. Die Umstände sind hier ganz anders. Der Decem vir verlangt also, daß man seinem Befehle ohne Aufschub nachkommen solle, weil er jezt unum gänglich Angelegenheiten des Staats besorgen müße, und also nicht länger überlästige Reden anhören könne, die zu nichts taugten. [] Sein unwürdiger Liebling scheint darüber ver gnügt; Virginia aber, welche bis hieher ein
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finstres Stillschweigen beobachtet hatte, glaubt nunmehr, es brechen zu müssen. Sie will die List dieses schändlichen Urtheils entdecken, und der ganzen Welt offenbaren, warum die Bos heit ein so gräßliches Verfahren wider sie be ginne. Sie ist auf das äusserste gebracht, und hat sich für nichts mehr zu scheuen. Die Men schen hören sie ohne Erbarmung an, sie muß also die Götter zu ihrem Beystande anrufen, ehe Appius sie ohne Vertheidigung finde, und seine schändliche Begierden zu stillen, vermögend sey. So mache ich dann kund, sagt sie zu dem Decemvir mit erhabner Stimme, daß die vie hische und strafbare Leidenschaft die einzige Ur sache ist — — Hier fällt ihr Appius ins Wort und sagt: mach ein Ende, nichtswürdige Sklavin. Und hierauf befiehlt er dem Clau dius die Kühnheit dieses Weibsbildes zurück zu halten, und seinen Schergen, an die Voll streckung seines Befehls Hand anzulegen. [] Der Liebling ergreift Virginien sogleich bey der Hand, und diese unglückliche Römerin, de ren Klagen nichts verhindern kann, bemüht sich, sich mit Gewalt loszureissen, und ruft aufs neue: Römer! Jcilius! [] Hierdurch scheint sie den Zorn des Claudius erregt zu haben, welcher ihr den Mund zuhal ten will, und ihr zu schweigen befiehlt, oder zu fürchten, daß er sie mit Gewalt dazu nöthigen werde.
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[] Diese Härte bringt endlich den Numitor auf; er ermahnt den Claudius die Ehre der Virgima auf solche Art nicht zu beleidigen, sondern er und sein Herr möchten sich so lange mäßigen, bis man sie angehöret habe; doch Virginia läßt ihn nicht weiter reden. Sie ist in ihrer Verwirrung allzu aufgebracht, und glaubt fest, daß sie in ihrem geliebten Jcilius einen hitzigern und standhaftern Vertheidiger finden werde, und fährt daher fort, zu rufen:Komm! fordre deine Gattin wieder! Wo bist du? Warum hörst du mein Geschrey nicht?

Sechster Auftritt.

[] Sie wird in ihrer Erwartung nicht betrogen. Jcilius hört sie, antwortet ihr, erscheint den Augenblick, reißt sie mit Gewalt aus den Hän den des Claudius, und spricht zu diesem Treu losen: Weg, Barbar! Du mußt keine Hand entheiligen, die mir selbst nicht erlaubt ist, zu berühren! Dein scheußliches Unternehmen ist gar bald, von Mund zu Mund, bis zu meinen Ohren gelangt. Das Volk breitet es bereits als das abscheulichste deiner Verbrechen aus, und die Neugierde hält noch diejenigen auf dem Markte zurück, die du hier und da zerstreut siehst. Deine Forderung scheint ihnen so son derbar, daß sie dir sie kaum zu trauen. Sie warten voll Schahm und Wuth, daß man sie ihnen bekräftige. Du allein bist bey deiner
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frechen Unternehmung blind, und bestehst dar auf, eine Person zu mißhandeln, die dir nichts als Ehrerbiethung einflössen sollte. Umsonst, Tollkühner, schmeichelst du dir, sie zu erhalten. Wie hast du dir einbilden können, daß sie dir jemand zusprechen werde, so lange Jcilius noch lebt?
[] Durch diese Frage fühlt sich der Decemvir beleidiget, und ergreift sogleich das Wort, und sagt: Wenn Rom einen obersten Richter er kennt, kann die Gerechtigkeit wohl noch durch die Furcht aufgehalten werden? Dieses zu ver suchen, kömmst du zu spät, Jcilius. Deine Drohungen werden mich nicht bewegen, das jenige zu wiederrufen, was ich einmal gespro chen habe. [] Doch diese hochmüthige Antwort ist auch eben so wenig vermögend, den muthigen Jcilius ab zuschrecken. Er ist ganz anders als Numitor, und erklärt dem Decemvir, daß er sich nicht werde begnügen lassen, sich seinem ungerechten Urtheile durch blosse Worte zu widersetzen. Er hat noch in seinem Arme Stärke genung, die grausame Wuth des Appius und seiner Anhän ger zurück zu halten. So lange er lebet, wird er es zu verwehren wissen, daß ihm Clau dius seine Gattin entreisse, und sie zu einer Beute der viehischen Lust des Decemvirs mache. War es für den grausamen Appius nicht ge nug, daß er die Consuls und Tribune, welche
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eine sichre Zuflucht für den Adel und für das Volk waren, aufhob? Hätte er sich nicht damit sollen begnügen lassen, daß er den Römern die stärkste Stütze ihrer Freyheit geraubet, indem er dem Volke, durch seine Treulosigkeit, die Be rufung auf die allgemeinen Versammlungen benommen? Will er noch durch eine andre ab scheuliche List die Ehre der keuschen Römerinnen kränken, und sie zu seinen Ausschweifungen miß brauchen? Mag er doch mit allem, was er als Reichthum ansieht, den Durst, der ihn verzeh ret, löschen. Mag er ihn doch, wenn dieses nicht genug ist, in dem reinen und edeln Blute der Römer kühlen: nur verehre er wenigstens ihre Gattinnen, und suche sie nicht zu Opfern seiner wüthenden Wollust zu machen. Es schickt sich für römische Seelen nicht, sich bis zur Er duldung einer solchen Entehrung herabzulassen. Als Erben der Keuschheit ihrer Vorfahren, be wahren sie in dieser Tugend das Andenken ihrer ersten Stifter. Appius, wenn er es darauf ankommen läßt, soll erfahren, daß es noch Män ner giebt, welche dem Beyspiele des Brutus zu folgen, fähig sind. Er soll wissen, daß obgleich die Furcht die Bewegungen, die unter den Vol ke entstehen, unterdrückt, er dennoch deswegen nichts mehr gesichert ist. Der, der den Bru tus in der Liebenachahmet, wird es ihm auch an Entschlossenheit und Muthe gleich thun. Wie? Jcilius sollte von der Hand des nichts
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würdigen Unterhändlers der unreinen Lüste des Decemvirs, die anbetenswürdige Schönheit empfangen, die ihm von ihrem Vater selbst ver sprochen ist. Nein, nein. Appius schmei chle sich dessen nur nicht. Er lege diesen Wahn ab, und lasse sich von seiner Leidenschaft nicht verblenden. Die Römer, welche den Jcilius begleiten, und mit einem scharfen Blick alles, was vorgehet, bemerken, werden sein unbilliges Urtheil niemals unterschreiben. Die Soldaten kennen gleichfalls die Tapferkeit und Verdienste des Virginius allzugut, als daß sie bey der gleichen Gelegenheit einem so großen Manne entstehen sollten. Wenn sich aber auch niemand dieser Ungerechtigkeit widersetzen, noch sich der Ehre des Schwiegervaters und des Eidamms annehmen sollte, so sind die zwey Verliebten al lein vermögend genug, die sträflichen Anschläge des Decemvirs fehl schlagen zu lassen. [] Durch die Entschlossenheit, mit welcher Jci lius dieses spricht, wird einer von den Römern aus seinem Gefolge dreuste gemacht, und erklärt öffentlich, daß er bey einem so gerechten Unter nehmen auf den Beystand aller seiner Mitbür ger, so bald er ihn nöthig haben werde, Rech nung machen könne. [] Alle diese Reden werden von dem Appius frech und unverschähmt gescholten; gleichwohl aber machen sie einigen Eindruck bey ihm. Er thut, als ob er sie nicht so wohl für eine Folge
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der Liebe des Jcilius gegen Virginien, son der für eine Wirkung des boshaften Neides die ses Römers hielte, welcher gerne einen Aufstand unter dem Volke anspinnen, und vermittelst des selben das Ansehen des Tribunats, nach dem er strebe, wieder herstellen möchte. Unter dem Vorwande also, daß er mehr Klugheit als Ra che zeigen wolle, um seine Aufführung zu rechtfer tigen und dem Jcilius alle Gelegenheit zu ei nem Aufruhre zu benehmen, ist er es zufrieden, daß Virginia ihre Freyheit so lange wieder er halte, bis der Handel vor seinem Richterstuhle geschlichtet sey. Jch befehle, spricht er, daß diese Unglückliche, deren Namen ich noch nicht einmal weis, frey bleibe, und ich hoffe, daß Claudius, aus Liebe zur Ruhe des Vaterlan des, darein willigen werde. [] Claudius findet keine Ursache sich darwider zu setzen. Die vorgegebene Gerechtigkeit, die er begehrt, ist bloß aufgeschoben. Alles was er verlangt, ist dieses, daß Jcilius Virgi nien nicht ohne Gewehrleistung überkomme. Ein Römer von dem Gefolge des Jcilius er biethet sich, mit allen seinen Gefehrten dafür zu stehen; doch Jcilius, welche ihre Dienste auf eine wichtigere Gelegenheit versparen will, wenn sich dergleichen zeigen sollte, dankt ihnen, und schlägt sich mit den Anverwandten der Virginia selbst als hinlänglich sichere Gewehrleister vor, die Appius in Ansehung ihrer Personen, und
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des Ranges, den sie bekleiden, nicht ausschlagen könne. [] Der Decemvir, welcher genöthiget ist, sich in die Zeit zu schicken, macht auch nicht die ge ringste Schwierigkeit sie anzunehmen, und wendet dieses zur Ursache vor, daß er dadurch sei ne Redlichkeit rechtfertigen, und seine größere Neigung zur Gnade als Strenge, an den Tag legen wolle, ob er gleich, dem Rechte nach, be fugt sey, sie nicht anzunehmen, wenn er nicht wolle, wie er den Numitor davon überzeugt zu haben, sich schmeichle.

Siebender Auftritt.

[] Nachdem sich Appius und sein Liebling hier auf wegbegeben haben, so drückt Virginia ih rem Befreyer alle ihre Dankbarkeit aus. Sie ist ihm ihre Ehre und ihre Freyheit schuldig; zwey Schätze, die sie für kostbarer hält, als ihr Leben. Sie wollte daher fast, daß sie ihn noch nicht zu ihrem Gemahl erwählt hätte, damit sie ihm so große Wohlthaten durch das Geschenk ihres Herzens bezahlen könne. Alles was sie thun kann, ist, ihm auf ewig diese Freyheit, die sie von ihm habe, zu weihen, wenn er sie, als ein Gut, das ihm ohnedem zugehöret, annehmen will. [] Diese Belohnung ist allzuschmeichelhaft, als daß sie Jcilius nicht mit dem größten Eifer annehmen sollte. Je reizender sie ihm aber vor=
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kömmt, desto mehr bedauert er es, daß er nicht alle seine Anhänger bey sich habe, um Virgi nien von aller Unruhe durch die gänzliche Stür zung ihres Feindes befreyen zu können; allein er hat derselben nur eine Handvoll aufraffen kön nen, und auch die zwey Rathsglieder mangeln ihm, weil sie entweder, was ihm begegnet sey, nicht erfahren haben, oder, wie er vermuthet, so schleunig ihm nicht zu Hülfe haben kommen kön nen. Jn Ansehung seiner wenigen Kräfte hat er sich also noch Glück zu wünschen, daß er dem ungerechten Appius nur so viel Furcht eingejagt, daß er nicht nach aller Härte seiner Gewaltsam keit verfahren. [] Virginia giebt dem Jcilius zu verstehen, daß sie, was den Valerius und Horatius anbelange, ganz anders denke; fie<sie> verspart es aber bis auf eine andre Zeit, sich deutlicher zu erkläre, weil jezt keine vortheilhafte Gelegenheit dazu ist, und sie übrigens beyde herzu kommen sieht.

Achter Auftritt.

[] Valerius und Horatius rennen eiligst her bey, und versichern den Jcilius, daß sie, so bald sie das, was vorgegangen sey, erfahren hätten, auf das ungesäumteste zu ihm geeilet wären, sogar, daß sie sich nicht einmal Zeit ge nommen, ihre Leute davon zu unterrichten.
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[] Jcilius antwortet ihnen, daß die Eilfertig keit sehr wichtig hätte seyn können, wenn der kühne Appius auf seiner gräßlichen Treulosig keit bestanden wäre; daß er aber auf ihre Tapfer keit Rechnung mache, im Fall diesen Nachmit tag die ungerechten Forderungen des Claudius, über welche der Decemvir alsdann sprechen wer de, über das Recht siegen sollten. [] Ob ihm nun schon die zwey Rathsglieder ihr Wort geben, daß sie ihm mit allen ihren Leuten beystehen wollen, so scheint doch Virginia, wel che noch immer mißtrauisch ist, ihnen nicht viel Glauben beyzumessen. Sie bemüht sich daher, durch Vorstellungen, wie sie nur immer, ihren Ehrgeiz rege zu machen, fähig seyn können, sich der Wirkungen dieses Versprechens zu versichern, und dringet ihnen eine neue Bekräftigung ab, daß sie sie nicht verlassen wollen. [] Nach so oft wiederhohlten Angelobungen, glaubt Jcilius, daß er nichts mehr zu fürchten habe, und legt alles Mißtrauen bey Seite. Endlich ist Numitor der Meinung, daß man zusehen müsse, ob Virginius, welchen man erwarte, angekommen ist, um mit ihm zu über legen, was nunmehr zu thun sey. Es gehet also ein jeder ab, ausgenommen Valerius und Horatius.
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Neunter Auftritt.

[] Diese zwey sind erfreut, daß sie alle Gemü ther zur Rache geneigt sehen, und die Geschick lichkeit gehabt haben, dem Jcilius ihre wahre Triebfeder zu verbergen. Sie argwohnen zwar, daß Virginius und Numitor viel zu scharf sichtig sind, als daß sie sich hinters Licht sollten führen lassen. Aber was verschlägt es ihnen, wenn einem jeden für sich daran gelegen ist, die Sache zu treiben, und ein jeder seinen besondern Vortheil in der Verschwörung findet. Sie be schliessen also, ehe sie abgehen, daß sie fortfahren wollen, die Hofnung dieser zwey Alten zu unter stützen, ihren Zorn in Gluth zu erhalten, und alles zu einem glücklichern Ausgange vorzuberei ten. Das hiesse nicht siegen, sagt Horatius, wenn Virginia frey und Rom in Knecht schaft bliebe.

Fünfter Aufzug.

Erster Auftritt.

[] Nachdem Virginius aus dem Lager ange langt, begiebt er sich auf den Markt, in Beglei tung des Jcilius, des Numitors, der Vir ginia, der Publicia und eines Trupps von Römern und Römerinnen. Hier nun beklagt er sich gleich Anfangs, seine Ehre den viehischen Lüsten des Appius, und der Betriegerey des Claudius zum Raube ausgesetzt zu sehen. Da
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ihm die GötterNumitorien genommen, so hät ten sie ihm wenigstens Virginien gelassen, um ihm in seinem Alter zum Troste zu dienen; aber nun muß diese unschuldige Schöne die Leidenschaft eines ehrlosenWollüstlings erwecken, und da durch ihrem Vaterlande zu einem Gegenstande des Aergernisses werden. Was für Kränkung ist dieses nicht für ihn! Wenn er nur noch ei nige Hofnung, einige Zuflucht vor sich sähe! Aber so fehlt ihm alles. So viel Eifer Vale rius und Horatius zu haben, sich auch stellen, so glaubt er doch nicht, daß er grosse Rechnung auf sie machen dürfe. Hat man ihm nicht ge sagt, daß sie sich nicht eher gezeigt hätten, als bis Jcilius Virginien schon wieder frey ge macht, und daß sie noch darzu ganz allein ge wesen? Hätten sie eine vorsichtigere Aufführung beobachten können? Virginius kennt ihre Maximen. Sie mögen sagen oder thun, was sie wollen, so weis er doch, daß sein Nutzen das jenige gar nicht ist, was sie zur Absicht haben. Jhre verschlagne Staatsklugheit hat sie die Aus führung hochmüthiger Anschläge, die sie gemacht haben, bis jezt versparen lassen. Diese zu Stande zu bringen, ist das einzige, worauf sie sinnen; sie suchen nichts als die Gemüther zu erbittern, und alsdann sich die Gelegenheit zu Nutze zu machen. Sobald die Sachen so beschaffen seyn werden, daß sie nichts mehr zu fürchten haben, werden sie sich aller Heftigkeit ihrer herrsch
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süchtigen Wuth überlassen. Was wird die Frucht des glücklichen Ausganges ihrer Unter nehmungen seyn? Die Wiederherstellung der Consuls. Sie werden die Namen der Obrigkeit ändern, in der That aber wird die Unterdrückung immer eben dieselbe bleiben. Auf das Volk darf man auch keine Rechnung machen, weil ein Nichts es in Bewegung setzt, und ein Nichts es auch beruhiget. Wenn es einmal aufgebracht ist, so wird es sich der Gefahr mit Ungestüm aussetzen, so lange es sich nehmlich einbildet, daß man ihm nur wenig wiederstehe, oder gar vor ihm fliehe; merkt es aber, daß man sich nicht vor ihm scheuet, so wird es gar bald seiner natürlichen Furchtsamkeit nachgeben. Man muß sich übrigens nicht einbilden, daß Appius noch einmal sein tyrannisches Ansehen brauchen werde, ohne vorhero alle nöthige Maaß regeln genommen zu haben. Die ungerechten Urthelssprüche seiner Leidenschaft vollziehen zu lassen, wird er ohne Zweifel die Truppen zu Hülfe nehmen, deren eine grosse Anzahl in dem Capitolio ist. Er läßt gemeiniglich nichts auf den Zufall ankommen. Er thut alles mit Vor sichtigkeit. Hat man nicht einen Beweis von seiner List an dem Befehle, welchen er an den Cornelius stellte, daß er den Virginius nach Rom zu kommen verhindern solle? Dieser Be fehl kam zu eben der Zeit im Lager an, als Virginius von dem Numitor Bericht er=
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hielt; und es war bereits alles sowohl veranstal tet, daß er schwerlich würde haben durchkommen können, wenn er nicht die allerunbekanntesten Schleifwege genommen hätte. Kurz, alles bringt ihm das größte Mißtrauen gegen den Decemvir bey. Virginius sieht nichts, was seine Verwirrung und seine Unruhe nicht vermehre. Je mehr er nachdenkt, desto bestürz ter wird er. Er fürchtet zwar nicht, daß es ihm an Muthe, allem zu widerstehen, fehlen werde; aber Virginiens Zustand zerreißt ihm das Herz Gesetzt auch, daß die gute Sache siege, so wird es doch gewiß nicht anders, als durch die Ge walt die Waffen geschehen können, und seine ge liebte Tochter wird allzeit Gefahr laufen, ent weder die Ehre oder das Leben zu verlieren. So habt ihr mich, mächtige Götter, ruft er aus, keiner andern Ursache wegen so vielen Ge fahren, in welchen ich mich befunden habe, ent rissen, als um mich heut solchen Widerwärtig keiten Preis zu geben? Habt ihr nur deswegen die Dauer meines hohen Alters verlängert? Habt ihr nur deswegen — — — [] Hier unterbricht Virginia ihren Vater, und will seinen Schmerz zu lindern, versuchen. Sie bemüht sich, ihm die Hofnung einzuflössen, daß das Glücke vielleicht Mitleiden mit ihr haben, oder auch nach seiner eignen Unbeständigkeit, sich für sie erklären werde. Allenfalls aber, versichert sie, lieber das edle Blut, welches in ihren Adern
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rinne, zu vergiessen, als entehren zu lassen. Dieser heldenmüthige Entschluß thut dem Alten Genüge, welcher, so lange seine Tochter darinne beharren werde, kein widriges Schicksal fürch ten zu dürfen versichert. [] Numitor will ihn des Valerius und Horatius wegen beruhigen. Ob er schon selbst in ihre Treue ein Mißtrauen setzt, so behauptet er doch, daß sie bey gegenwärtiger Gelegenheit, ihren Beystand nimmermehr versagen können. Es scheint ihnen zu viel daran gelegen zu seyn, daß Appius über den Widerstand des Virgi nius und des Volkes, auf welchen sie alle ihre Hofnung gründen, nicht siege. [] Jcilius geht noch weiter. Wenn auch alle beyde, Valerius und Horatius ausbleiben sollten, so versichert er doch, daß Virginius Numitor und er, unter dem Beystande der jungen Mannschaft, welche ihn begleite, und deren Tapferkeit schon bekannt sey, über die Ge walt und den Stolz des Decemvirs lachen könn ten. Unterdessen ist er aber noch immer für diese zwey Patricier eigenommen, und ist nicht damit zufrieden, daß man sie durch einen schimpflichen Verdacht beleidige. Sie sind nur noch vor ei nem Augenblicke bey ihm gewesen, und haben ihm die Versicherungen ihrer Treue und ihrer Freundschaft erneuret. Dieses ist, nach seiner Meinung genug, blindlings auf sie und ihre An=
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hänger, welche zahlreich, tapfer und entschlossen sind, zu trauen. [] Auf diese Rede versichert Virginius, daß es gar nicht sein Wille sey, diese zwey Raths glieder zu verschreyen. Sein hohes Alter und seine lange Erfahrung haben ihn gelehrt, daß sie es nicht für schimpflich halten, ihren eignen Nutzen dem zufälligen Vortheile ihrer Freunde vorzuziehen. Er zweifelt auch eben so wenig an der Tapferkeit und Entschlossenheit der Anhänger des Jcilius; er befürchtet nur, daß nicht alle, die sich einlassen möchten, eben dieselbe Tapfer keit zeigen, und daß sie nicht sowohl Vertheidi ger abgeben, als bloß die Zahl vermehren wer den. Wollte sich wohl Jcilius unterfangen, ihm diesen Argwohn zu benehmen? Oder wollte er ihm wohl beweisen, daß dieses weder natürlich, noch glaublich, noch wahrscheinlich wäre? Uebri gens lassen den Virginius sein Alter, seine Gemüthsart, seine väterliche Liebe nichts glück liches voraussehen. Er setzt alle seine Hofnung auf die jungen Römer, welche ihm Jcilius so sehr rühmet. Jhnen kömmt es zu, die Ver theidigung eines unglücklichen und betrübten Al ten über sich zu nehmen. Jhnen kömmt es zu, Virginien, diese traurige Schöne von einem Schicksale zu befreyen, von welchem die Freyheit der keuschen Römerinnen abhängt. Alles, was Virginius von ihnen verlangt, um die Frucht eines so wichtigen Unternehmens nicht zu ver=
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lieren, ist dieses, daß sie alle ihre Thaten nach dem Plane, den er ihnen durch sein Beyspiel zeigen werde, einrichten möchten. Er will auch, daß Jcilius die Klugheit allem vorziehe, und so lange an sich halte, bis er den Dolch in seiner Hand sehen werde. [] Ob nun gleich so viel Mäßigung gar nicht nach dem Geschmackr<Geschmack> des Jcilius ist, so be quemt er sich doch, aus Achtung und Ehrfurcht gegen den alten Virginius, nach dessen Willen. Die Römer folgen seinem Beyspiel, und nach dem Virginius verlangt, daß sie sich durch ei nen Eid anheischig machen sollen, so willigen Jcilius und die übrigen darein. Endlich muß ihm auch Virginia versprechen, ihre Thränen und ihr Geschrey nach seinem Befehle einzu richten.

Zweyter Auftritt.

[] Jn dem Augenblicke kömmt der Decemvir in Begleitung des Claudius, und unter Bedeckung der Schergen und Soldaten dazu, welche sich um den Richterstuhl, auf den er sich setzt, stellen. Er thut gleich Anfangs, als ob er von allen Be mühungen, die man, das Volk aufzubringen, an gewendet habe, hinlänglich unterrichtet sey, und drohet daher alle seine Gewalt und Entschlossen heit anzuwenden, diejenigen zurück zu halten und zu bestrafen, welche kühn genug seyn würden, die öffentliche Ruhe zu stören, und die Gerechtigkeit
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zu verhindern, welche in dem Staate die Grund feste der Freyheit sey. Er wirft hierauf dem Virginius vor, daß er aus dem Lager entlau fen und nach Rom ohne Urlaub, seinem Eide zuwider, gekommen sey. Er setzt voraus, daß er von dem Cornelius Nachricht davon müsse bekommen haben, und will, daß eine weit wich tigere Sache darunter verborgen sey, als der Handel mit Virginien. Damit er unterdessen zeige, wie wenig er sich deswegen beunruhige, so befiehlt er dem Claudius, sogleich seine Forde rung vorzutragen, und dem Virginius, seine Sache zu vertheidigen. [] Claudius gehorcht ohne Anstand; und be hauptet zu Unterstützung seines Vorgebens, daß Numitoria unfruchtbar gewesen sey, und er biethet sich, seine Sklavin Servilia und ver schiedne andre Personen abhören zu lassen, welche an dem Verkaufe und an der Unterschiebung Theil gehabt hätten. [] Virginius hebt damit an, daß er seine Zu rückkunft nach Rom vertheidiget. Auf die Nachricht, sagt er zu dem Decemvir, die man mir von dem, was Virginien zugestossen, er theilte, und von deren Wahrheit ich jezt durch die Gefahr, welcher sie deine Leidenschaft aussetzet, nur allzuwohl überzeugt werde, habe ich das Lager verlassen, um zu ihrem Beystande herzuzueilen. Was die Erlaubniß des Cornelius anbelangt, von welcher du vorgiebst, daß sie unumgänglich
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nothwendig gewesen sey, wenn man mich nicht als einen treulosen Ueberläufer betrachten solle, so glaube ich, daß ich sie deswegen ganz wohl habe entbehren können, weil man noch zweifelt, ob das Ansehen dieser obrigkeitlichen Person rechtmäßig ist. Vorausgesetzt also, daß mich bloß meine Ehre, und nicht das, was du etwa erdenken willst, nach Rom gebracht habe; so laß uns nunmehr zu der Sache selbst kommen, welche dieser Rechtshandel betrift.
[] Er wendet sich hierauf gegen den Claudius und bestreitet dessen Vorgeben bis auf den ersten Grund. Weit gefehlt, fährt er fort, daß Numitoria unfruchtbar gewesen ist; ich ha be vielmehr von ihr eine zahlreiche Nachkom menschaft erhalten, die mir aber, bis auf die schöne Virginia, das genaueste Ebenbild al ler meiner übrigen Kinder, der Tod entrissen hat. Dieses werden verschiedne von denen, die mich jezt hören, bezeugen können. Doch wenn auch niemand etwas davon wüßte, ist es wohl wahrscheinlich, daß sie ihrer Unfruchtbarkeit durch die Tochter einer Sklavin würde haben aushelfen wollen? Sollte sie sich nicht viel eher an eine Freygebohrne gewendet, und von dieser etwa einen Sohn zu erhalten gesucht haben, welcher den Glanz seiner ehrlichen Herkunft nicht verleugnet hätte? Und wenn auch noch dieses einigen Zweifel litte, und die Lügen dieses nichtswürdigen Betriegers noch nicht deutlich
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genug an den Tag legte; kann man wohl glau ben, daß dieser Elende es so lange sollte haben anstehen lassen, ein Gut, das ihm zugehöre, wieder zurück zu fordern? Jst es wohl zu glau ben, daß er so lange werde gewartet haben, bis die ganz besondere und vollkommene Schönheit der Virginia, welche von dem Neide selbst gepriesen wird, ein Gegenstand seiner Unver schämtheit, welche das Eigenthum aller Laster haften ist, geworden wäre? Beweiset diese Auf führung nicht, daß in Ermangelung eines ge gründeten Rechts, die Ursache, die ihm seine böse Gemüthsart dargebothen, falsch und er dichtet sey?
[] Ein jeder andrer, als Appius, würde viel leicht nicht wissen, was er auf so triftige Ver theidigungen antworten solle; ihm aber, der in allen Ränken so geübt ist, fehlt es an Ausflucht gar nicht. Er ist es selbst, der für den Clau dius antworten will. Er ist, seines Gewissens wegen dazu verbunden. Jedermann weis, wie ergeben ihm Claudius sey, und kann sich also leicht einbilden, daß er bey aller vorfallenden Noth seine Zuflucht zu seinem Beschützer werde genommen haben. Er nimmt also daher den Vorwand zu versichern, daß ihm Claudius schon vor vielen Jahren inständigst gebeten ha be, ihn zu dem Eigenthume derjenigen wieder zu verhelfen, welche Virginius für seine Tochter halte. Er betheuert es, daß dieser Römer be=
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ständig wegen seines Rechts bey einerley Grün den geblieben sey, und sich allezeit auf eben diesel ben Zeugen beruffen habe, auf die er sich heut be ruffe. Die öffentlichen Angelegenheiten, setzt er hinzu, und die vorgefallenen Veränderungen der Regierung, sind wegen der vielen Beschäf tigungen, die ich dabey gehabt, die Ursache dieses langen Aufschubes. Nun aber, da Claudius auf seiner Forderung besteht, kann ich mich nicht weigern, ihm Gerechtigkeit wie derfahren zu lassen. [] Wie? ruft Virginius. Jst es möglich, Appius, daß dich deine Blindheit, der offen baren Wahrheit ungeachtet, ein solches Urtheil fällen läßt? Bemerkst du denn nicht, daß sich dieser Betrieger auf Zeugen beruft, und doch keine vorstellt? Willst du das Volk aufs neue zu schreyen bewegen? Willst du seine Ruhe nochmals auf das Spiel setzen? Verdienen die Töchter der Römer, daß du ihnen ohne Unter suchung, mit so vieler Härte und Verachtung begegnest? Nimm dich in Acht, daß ein sol ches Verfahren = = [] Diese Rede beleidiget den Appius zu sehr, als daß er sie nicht unterbrechen sollte. Er steht zornig auf und spricht:Meine Wuth wird aufgebracht, da ich die Vollziehung meines Urtheils durch deine boshaften Ausflüchte so lange verzögern sehe. Du willst ohne Zwei fel die Anhänger des Jcilius dadurch Zeit
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gewinnen lassen, sich zu versammlen; doch meine Wache soll mir bald Gehorsam verschaf fen. Gleich, Schergen und Soldaten, macht, daß dem Eigenthümer seine Sklavin wieder zugestellt werde.
[] Diese setzen sich hierauf sogleich in Bewegung; doch Virginius hält sie zurück, indem er vor stellt, daß die Gewalt gegen ein Weibsbild, wel che nichts als ihre Thränen entgegen stellen kön ne, ganz unnöthig seyn würde. Es scheint ihm übrigens, daß Claudius, ohne etwas zu be fürchten, warten, und Appius einige Vorschlä ge, die er thun wolle, anhören könne, weil sie doch die Macht in Händen hätten. Dieser un glückliche Vater will noch einen neuen Versuch wagen, Virginien zu retten. Es ist ihm nicht möglich die natürlicheZärtlichkeit abzule legen, er will also lieber sein ganzes Vermögen hingeben, wenn man ihm nur diese geliebte Toch ter lassen wolle. Er will nichts als die Waffen behalten, das Eigenthum eines jeden würdigen Bürgers. Seine langen Dienste, seine bekann ten Thaten, seine Lorbeern, seine Wunden, sein hohes Alter, sein durch die Last und Beschwer lichkeiten des Krieges entkräfteter Körper, sind die Gründe die er zur Genehmhaltung dieses Vergleichs anführt. Er beschwört den Decem vir einige Achtung davor zu haben, und nicht zu zugeben, daß ein so schlechtes und unschuldiges
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Mittel die Partheyen zu vereinigen, fruchtlos bleibe. [] Doch Claudius will von keinem Vergleiche hören. Kein Vortheil, sagt er, kann die Be schimpfung wieder gut machen, die man meiner Redlichkeit erwiesen hat. [] Und Appius seines Theils behauptet, daß diese Betrachtung, welche die Ehre zum Grun de habe, ihm den Mund schließe, und die Hän de binde. [] Umsonst bestehet Appius sowohl bey dem ei nen als bey dem andern darauf. Claudius versichert, daß seine eigne Ehre ihn einen so vortheilhaften Vergleich auszuschlagen nöthige; und der Decemvir schützt seine Unpartheylichkeit vor, ihn zu befehlen. Alles, was der verzwei felnde Vater erhalten kann, ist, daß er mit seiner Tochter noch insgeheim reden darf, und zwar unter dem Vorwande, wo möglich, einige Erläuterungen von ihr zu erhalten, die seinen Schmerz etwa lindern könnten. Appius legt ihm aber gleichwohl die Bedingung auf, daß sie Claudius nicht aus dem Gesichte verlieren sol le, worein Virginius auch willigen muß, und es verspricht. Der Vater und die Tochter begeben sich also zusammen weg, und Claudius folgt ihnen.
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Dritter Auftritt.

[] Nachdem sie weg sind, befiehlt der Decemvir allen übrigen sich gleichfalls fortzubegeben, weil, wie er sagt, der Proceß aus sey, und sein Urtheil nicht aufgehoben werden könne. Er droht so gar, sie mit Gewalt dazu zu zwingen; doch der muthige Jcilius, welcher bis jezt ein tiefes Stillschweigen beobachtet hat, antwortet ihm. Deine Befehle, Appius, erschrecken mich nicht. Jn Erwartung andrer, kann ich mich noch nicht von hier begeben. [] Wie? versetzt Appius; so ist mein Zorn nicht vermögend deine Kühnheit im Zaume zu halten. Auf dann, Schergen und Soldaten = =

Vierter Auftritt.

[] Hier wird er durch die Ankunft des Vale rius und Horatius unterbrochen, welche an der Spitze einer Menge Römer herbey eilen. Diese zwey Rathsherren brauchen weiter keine Mäßigung. Sie werfen dem Decemvir öffent lich seine Tyranney und seine Ausschweifungen vor. Sie dringen darauf, daß er Virginien ihrem Vater zurückgeben, oder des Mißvergnü gens so vieler rechtschafnen Leute, die sie zurück verlangen, und die ihn ohne dieses Verbrechen schon verabscheuen, gewärtig seyn solle. Doch Appius beharrt halsstarrig bey seiner Verir rung und antwortet mit zuversichtlicher Mine:
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Ob ich gleich den ungestümen Lerm sehe, auf welchen sich eure Kühnheit stützet, so werden die Drohungen meinen Arm doch nicht abwen den, so lange ihn die Gerechtigkeit selbst lenket.

Fünfter Auftritt.

[] Jn diesem Augenblicke erscheint Virginius wieder, mit einem blutigen Dolche in der Hand, und spricht einige abgebrochne Worte, welche seine Verwirrung, seinen Schmerz und seine Verzweiflung ausdrücken. Alle die ihn sehen sind in der größten Erwartung, und einen jeden schauert, als endlich der unglückliche Greis an hebt: Es ist geschehen, Barbar; es ist ge schehen. Jch habe für meine Ehre nichts mehr zu fürchten. Dieser Dolch hat eben der schö nen Virginia das Leben genommen, welche mit Vergnügen ihre Jugend und ihre Reize aufgeopfert, um ihre Tugend zu retten und sie gegen deine strafharen Begierden in Sicher heit zu setzen. Auch der nichtswürdige Clau dius ist durch mein Schwerd umgekommen. [] Nun aber, liebsten Freunde, = = welche Wuth bemeistert sich meiner! = = Wenn meine grauen Haare einigen Trost von euch hoffen können; wenn das schöne und unschuldige Opfer, welches ich habe schlachten müssen, die unbeweglichsten Herzen rühren kann; wenn die mächtige Liebe des Vaterlandes ihre Rech te zurück heischt; wenn der offenbare Mißbrauch
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der obersten Gewalt, eure alten Gesinnungen wieder erwekt; wenn euch die Knechtschaft schimpflich und entehrend scheinet: so steht mir wider dieses Ungeheuer bey. Halte nicht län ger an dich, tapfrer Jcilius. Und ihr, edle Rathsglieder, verbindet euch mit mir. Ob ihr schon bis jezt, uns zu Hülfe zu kommen, gezaudert habt, so erlaubt euch doch noch die Zeit, an der gemeinen Rache Theil zu nehmen.
[] Die erniedrigte Vernunft verlangt den Tod des Tyrannen. Das Blut einer unglücklichen Römerin verlangt ihn.„ [] Welchen Streich versetzt diese Nachricht dem verliebten Jcilius! Sein Haß, seine Wuth, sein gerechter Zorn gegen den Decemvir kennen weiter keine Grenzen. Er zieht so gleich den Degen, und da die übrigen alle ein gleiches thun, so stürzen sie insgesammt auf den Appius und seine Wache. Die zwey Rathsglieder tre ten auf ihre Seite, und der stolze Appius, welcher viel zu schwach ist, einen so harten An fall auszuhalten, ist genöthiget mit seinen Leuten in das Capitolium zu fliehen.

Sechster Auftritt.

[] Jndem man ihn verfolgt, beklagt Publicia mit den andern Römerinnen das traurige Schik sal der Virginia, und die unglücklichen Um stände, in welchen sie sich selbst befinden. Sie sehen überall nichts als Grauß, Verwirrung und
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Schrecken. Und indem sie so zwischen Furcht und Hofnung schweben, bitten sie die Götter das Leben der tapfern Verschwornen zu erhalten, und ihren Waffen Sieg zu verleihen.

Siebender und lezter Auftritt.

[] Unterdessen verbleiben sie nicht lange in dieser grausamen Ungewißheit. Jcilius kömmt, mit seinem vom Blute rauchenden Degen in der Hand, zurück, und meldet ihnen den Tod des verhaßten Appius. [] Diese Nachricht lindert ein wenig den Schmerz der Publicia; doch ist dieses für sie, deren Herz von dem Verluste ihrer Gebietherin auf das em pfindlichste durchdrungen ist, und die nach nichts als nach Rache dürstet, noch nicht genug. Sie muß zu ihrer Tröstung noch wissen, wie der Barbar umgekommen ist. Sie ersucht den Jcilius, es ihr zu erzehlen, damit sie an der Ehre dieses Ausganges Theil nehmen könne; und Jcilius thut ihr mit folgenden ein Genüge. [] Kaum waren wir, Publicia, über ihn her gefallen, als ihn seine Schergen und seine Sol daten verliessen. Sie flohen und zerstreuten sich, ohne einen Streich zu wagen, die einen aus Haß, die andern aus Furcht. Als der Tyrann sich von Schwerdtern umringt sahe, und gewahr ward, daß ich bereits den Arm erho=
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ben hatte, ihn ohne Erbarmen zu durchstossen, so stieß er sich sein eigen Schwerd durch die nichtswürdige Brust, fast in eben dem Au genblicke, als er von dem meinigen durchbohrt ward. Der Geschwindigkeit also ungeachtet mit welcher er sich den Streich versetzte, kann ich sagen, daß ich zu seinem Tode etwas bey getragen habe, ob ich ihn schon nicht zuerst ver wundet. So bald man ihn in seinem Blute schwimmend, auf den Boden gestürzt, und unter schrecklichen Gebrülle den Geist aufgeben sahe, beschlossen alle Verschworne, ein so gros ses Werk nicht unvollendet zu lassen, sondern gingen einmüthig, auch die übrigen Tyrannen, die an seinen Gewaltthätigkeiten Theil gehabt, aufzusuchen und zu bestrafen. Jch aber, als ein betrübter und aufrichtiger Liebhaber, dem kein andrer Gegenstand von dem kostbaren Gu te, das ich verlohren habe, so leicht abwendig machen kann, eile, meiner geliebten Virginia mit gefälligen Händen die letzte Ehre zu er weisen. Jch will, ihr Gedächtniß zu verewi gen, ihrer Asche ein Grabmahl errichten, wel ches sie den spätesten Jahrhunderten überliefern soll. Kommt, begleitet mich, ihr getreuesten Freundinnen meiner Geliebten! Jhr Verdienst und meine Liebe heischen es. Jhr werdet meine Thränen rechtfertigen, und sie eines so grossen Gegenstandes würdig machen helfen.
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[] Publicia ist über das, was sie gehört hat, vergnügt, und beschließt das ganze Stück mit folgenden Worten: Komm, Jcilius, komm; und vergiß nicht, dadurch, daß die zwey Böse wichter unbegraben liegen bleiben, und durch das prächtige Leichenbegängniß, welches du für Virginien vorhast, der Welt zwey Be weise zu geben, daß die Tugend niemals ohne Belohnung, und das Laster niemals ohne Strafe bleibe!


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