Suchbegriff: voltaire_nanine_1748
Treffer: 2

1 - Pro Comoedia commovente /

Vid. VOLTARIVS, Oper. Tom. IX. ab init. praef. Nan. praemiss. edit. Dresd.

2 - Discours historique sur l'apocalypse /

Bey jeder Erdichtung nehmlich verursacht nicht so wohl die Fabel selbst, als vielmehr das Genie und die Kunst, womit sie behandelt wird, bey den Zuschauern das Vergnügen. „Denn derje nige, sagt Wehrenfels, * erlangt einen allgemeinen Beyfall, derjenige ergötzt durchgän gig, welcher alle Personen, Sitten und Leiden schaften, die er auf der Bühne vorstellen will, vollkommen, und so viel möglich, mit lebendigen Farben abschildert; welcher die Auf merksamkeit der >Zuhörer zu fesseln, und ihrem Busen alle Bewegungen mitzutheilen weis, die er ihnen mitzutheilen für gut befindet.„ Denn nicht nur deswegen gefällt die Komödie, weil sie andrer abgeschmackte und lächerliche Handlungen, den Augen und Gemüthern dar stellet; (denn dieses thut eine jede gute Satyre) sondern auch weil sie eine einfache und für sich selbst angenehme Begebenheit so abhandelt, daß sie überall die Erwartung des Zuschauers unterhält, und durch dieses Unterhalten Vergnügen und Beyfall erwecket. Denn wie hätten sonst fast alle Stücke des Terenz, so viel wir deren von ihm übrig haben, und auch einige des Plautus, als zum Exempel die Gefangnen, in welchen durch die Darzwischenkunft eines Simo, eines Chremes, eines Phädria, eines Hegio, ein großer Theil derselben, nicht nur nicht scherzhaft, sondern vielmehr ernsthaft wird;

* Jn angeführter Rede S. 367.

Abhandlung für das wie hätten sie, sage ich, sonst gefallen können? Wenn nun aber zu dem Ergötzen nicht nothwendig eine lächerliche Handlung erfordert wird; wenn vielmehr eine jede Fabel, die der Wahr heitnachahmet, und Dinge enthält, welche des Sehens und Hörens würdig sind, die Gemüther vergnügt: warum sollte man denn nicht auch dann und wann der Komödie einen ernsthaften, seiner Natur nach aber angenehmen Jnhalt, geben dürfen? * „Auch alsdann empfinden wir eine wunderbare Wollust, wenn wir mit einer von den Personen in der Komö die eine genaue Freundschaft errichten, für sie bekümmert sind, für sie uns ängstigen, mit ihr Freund und Feind gemein haben, für sie stille Wünsche ergehen lassen, bey ihren Gefahren uns fürchten, bey ihrem Unglücke uns betrüben, und bey ihrer entdeckten Unschuld und Tugend uns freuen.„ Es giebt viel Dinge, welche zwar nicht scherzhaft, aber doch deswegen auch nicht traurig sind. Ein Schauspiel, welches uns einen vornehmen Mann, der ein gemeines Mägdchen heyrathet, so vor die Augen stellet, daß man alles, was bey einer solchen Liebe abgeschmacktes und ungereimtes seyn kann, genau bemerket, wird ergötzen. Doch laßt uns diese Fabel verändern. Laßt uns setzen, der Entschluß des vornehmen Mannes sey nicht abgeschmackt, sondern vielmehr aus gewissen Ursa=

*Wehrenfels am angeführten Orte.

rührende Lustspiel. chen löblich, oder doch wenigstens zu billigen; sollte wohl alsdann die Seltenheit und Rühm lichkeit einer solchen Handlung weniger ergötzen, als dort die Schändlichkeit derselben? Der Herr von Voltaire hat eine Komödie dieses Jn halts, unter dem Titel Nanine, verfertiget, welche Beyfall auf der Bühne erhalten hat; und man kann auch nicht leugnen, daß man nicht noch mehr dergleichen Handlungen, welche Erstaunen erwecken, und dennoch nicht romanenhaft sind, erdenken und auf das gemeine Leben anwenden könne, als welches von dem Gebrauche selbst gebilliget wird.