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1 - La Poésie Dramatique /

Plus un genre sera sérieux, moins il me semblera admettre le contraste. Il est rare dans la Tragédie. Si on l'y introduit, ce n'est qu'entre les subalternes. Le héros est seul. Il n'y a point de contraste dans Britannicus; point dans Andromaque; point dans Cinna; point dans Iphigénie; point dans Zaïre; point dans le Tartuffe.


2 - La Poésie Dramatique /

Il est une sorte de scenes épisodiques dont nos Poëtes nous offrent peu d'exemples, & qui me paroissent bien naturelles. Ce sont des personnages, comme il y en a tant dans le monde & dans les familles, qui se fourrent par-tout sans être appellés, & qui, soit bonne ou mauvaise volonté, intérêt, curiosité, ou quelqu'autre motif pareil, se mêlent de nos affaires & les terminent ou les brouillent malgré nous. Ces scenes bien ménagées ne suspendroient point l'intérêt; loin de couper l'action, elles pourroient l'accélérer. On donnera à ces intervenans le caractere qu'on voudra: rien n'empêche même qu'on ne les fasse constater. Ils demeurent trop peu pour fatiguer. Ils releveront alors le caractere auquel on les opposera. Telle est Madame Pernelle dans le Tartuffe, & Antiphon dans l'Eunuque. Antiphon court après Chéréa qui s'étoit chargé d'arranger un souper: il le rencontre avec son habit d'Eunuque, au sortir de chez la courtisane, appellant un ami dans le sein de qui il puisse répandre toute la joie scélérate dont son ame est remplie. Antiphon est amené là fort naturellement & fort à propos. Passé cette scene, on ne le revoit plus.


3 - La Poésie Dramatique /

Pourquoi chercher l'auteur dans ses personnages? Qu'a de commun Racine avec Athalie,Moliere avec le Tartuffe? Ce sont des hommes de génie qui ont sçu fouiller au fond de nos entrailles, & en arracher le trait qui nous frappe. Jugeons les poëmes, & laissons-là les personnes.


4 - Von der dramatischen Dichtkunst /

In der Tragödie, wo das Factum bekannt ist, geschiehet die Exposition mit einem Worte. Wenn meine Tochter den Fuß nach Aulis setzt, so muß sie sterben. In der Komödie geschiehet sie, dürfte ich fast sagen, durch den Anschlagzettel. Wo ist z. E. im Tartüffe eine Exposition? Meinem Bedünken nach könnte man eben sowohl von dem Dichter verlangen, seine ersten Auftritte so einzurichten, daß sie einen kurzen Entwurf des ganzen Stückes enthielten.


5 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Je ernsthafter die Gattung ist, desto weniger scheinet sie mir den Contrast erlauben zu wollen. In der Tragödie ist er sehr selten. Wenn man ihn ja braucht, so braucht man ihn nur unter den Personen vom zweyten Range. Der Held stehet allein. Es ist kein Contrast im Britannicus; keiner in der Andromacha; keiner im Cinna; keiner in der Iphigenia; keiner in der Zaire; keiner im Tartüff.


6 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Es giebt eine Art episodischer Scenen, wovon wir wenig Beyspiele bey unsern Dichtern finden, die mir aber sehr natürlich scheinen. Sie bestehen aus Personen, dergleichen es in der Welt und in den Familien sehr viele giebt, die sich überall ungeruffen eindrengen; und, es sey aus guter oder aus böser Meinung, aus Eigennutz oder aus Neugierde, oder aus sonst einem Grunde, sich in unsere Händel mischen, und sie, wider unsern Willen, entweder schlichten oder noch mehr verwirren. Solche Scenen, wohl angebracht, würden das Interesse gar nicht hemmen, und die Handlung, anstatt aufzuhalten, vielmehr beschleinigen. Man könnte diesen episodischen Personen einen Charakter geben, welchen man wollte; es würde sogar nicht schaden, wenn man sie contrastierte. Denn sie bleiben zu kurze Zeit, als daß sie ermüden könnten; und würden gleichwohl den Charakter, dem man sie entgegen setzte, heben helffen. Von der Art ist Frau Pernelle im Tartüffe und Antiphon im Evnuchus. Antiphon läuft dem Chärea nach, der die Besorgung eines Schmauses über sich genommen hatte; er trift ihn als einen Verschnittenen verkleidet, da er eben aus dem Hause der Buhlerin herauskömmt, und gar zu gern einen Freund antreffen möchte, gegen den er die bübische Freunde, mit der seine ganze Seele erfüllt ist, auslassen könnte. Nichts kann also natürlicher, nichts ihm gelegener seyn, als diese Erscheinung des Antiphon. Nach dieser Scene bekömmt man ihn auch nicht wieder zu sehen.


7 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Warum will man den Verfaßer in seinen Personen suchen? Was hat Racine mit derAthalie, was hat Moliere mit dem Tartüff gemein? Es sind Männer von Genie, die die verstecktesten Falten des menschlichen Herzens durchsucht, und da alles das gefunden haben, was in ihren Werken wahr und rührend ist. Ihre Gedichte wollen wir beurtheilen, und um ihre Personen uns unbekümmert lassen.


8 - Fils naturelle /

Je laisserois là ma morale, & je me garderois bien de rendre importans sur la scène, des êtres qui sont nuls dans la société. Les Daves ont été les pivots de la Comédie ancienne, parce qu'ils étoient en effet les moteurs de tous les troubles domestiques. Sontce les mœurs qu'on avoit il y a deux mille ans, ou les nôtres, qu'il faut imiter? Nos valets de comédie sont toujours plaisans, preuve certaine qu'ils sont froids. Si le poëte les laisse dans l'antichambre, où ils doivent être, l'action, se passant entre les principaux personnages, en sera plus intéressante & plus forte. Moliere, qui savoit si bien en tirer parti, les a exclus du Tartuffe & du Mifanthrope. Ces intrigues de valets & de soubrettes, dont on coupe l'action principale, sont un moyen sûr d'anéantir l'intérêt. L'action théâtrale ne se repose point; & mêler deux intrigues, c'est les arrêter alternativement l'une & l'autre.


9 - Der natürliche Sohn /

So würde ich meine Moral bey Seite setzen, und mich wohl in Acht nehmen, Wesen auf der Bühne wichtig zu machen, die im gemeinen Leben für nichts geachtet werden. Die Davi waren die Stützen der alten Komödis, weil sie wirklich die Triebräder aller häußlichen Unruhen waren. Soll man die Sitten, die man vor zwey tausend Jahren hatte, oder soll man unsre Sitten nachahmen? Unsere Bediente in der Komödie sind allezeit lustig; eindeutlicher Beweis, daß sie frostig sind. Wenn sieder Dichter in dem Vorzimmer läßt, wohin sie gehören, so wird die Handlung, indem sie nunmehr nur unter den Hauptpersonen vorgehet, desto interessanter und stärker seyn. Moliere, der sie so wohl zu nutzen wußte, hat sie aus seinem Tartüffe und 135 aus seinem Menschenfeinde ausgeschlossen. Die Intriguen der Bedienten und Mädchen, mit welchen man die Haupthandlung unterbricht, sind das sicherste Mittel, das Interesse des Stücks zu schwächen.Die theatralische Handlung muß nirgends stille stehen; und zwey Intriguen mit einander vermengen, heißt beyde wechselsweise aufhalten.


10 - Lettres sur la danse /

Tartuffe

11 - Discours historique sur l'apocalypse /

Tartüff

12 - /

Wir wollen das erste Buch näher zu betrachten anfangen. Es besteht aus vier Hauptstücken und zwey angehängten Betrachtungen. Gleich das erste Hauptstück untersucht, ob es wahr sey, daß es vortreflichen Schauspielern an Witze gefehlt habe? Man glaubt zwar fast durchgängig, daß man sich auch ohne Witz auf der Bühne Ruhm erwerben könne; allein man irrt gewaltig. Kann ein Schauspieler wohl in seiner Kunst vortreflich seyn, wenn er nicht, in allen verschiednen Stellungen mit einem geschwinden und sichern Blicke dasjenige, was ihm zu thun zukömmt, zu erkennen vermag? Eine feine Empfindung dessen, was sich schickt, Schauspieler. muß ihn überall leiten. Doch nicht genug, daß er alle Schönheiten seiner Rolle faßt. Er muß die wahre Art, mit welcher jede von diesen Schönheiten auszudrücken ist, unterscheiden. Nicht genug, daß er sich bloß in Affect setzen kann; man verlangt auch, daß er es niemals als zur rechten Zeit, und gleich in demjenigen Grade thue, welchen die Umstände erfordern. Nicht genug, daß sich seine Figur für dasTheater schickt, daß sein Gesicht des Ausdrucks fähig ist; wir sind unzufrieden, wenn sein Ausdruck nicht beständig und genau mit den Bewegungen zusammen trift, die er uns zeigen soll. Er muß nicht bloß von der Stärke und Feinheit seiner Reden nichts lassen verlohren gehen; er muß ihnen auch noch alle die Annehmlichkeiten leihen, die ihnen Aussprache und Action geben können. Es ist nicht hinreichend, daß er bloß seinen Verfasser treulich folgt; er muß ihm nachhelfen; er muß ihn unterstützen. Er muß selbst Verfasser werden; er muß nicht bloß alle Feinheiten seiner Rolle ausdrücken; er muß auch neue hinzuthun; er muß nicht bloß ausführen, er muß selbst schaffen. Ein Blick, eine Bewegung ist zuweilen in der Komödie ein sinnreicher Einfall, und in der Tragödie eine Empfindung. Eine Wendung der Stimme, ein Stillschweigen, die man mit Kunst angebracht, haben zuweilen das Glück eines Verses gemacht, der nimmermehr die Aufmerk Auszug aus demsamkeit würde an sich gezogen haben, wenn ihn ein mittelmäßiger Schauspieler, oder eine gemeine Schauspielerin ausgesprochen hätte. = = Der Witz ist ihnen also eben so unumgänglich nöthig, als der Steuermann dem Schiffe. Eine lange Erfahrung auf der Bühne kann zwar dann und wann den Mangel desselben verbergen, und ein Schauspieler ohne Witz kan andre Gaben in einem hohen Grade haben, und sie oft zufälliger Weise so glücklich anwenden, daß wir ihm Beyfall geben müssen. Doch es währt nicht lange, so erinnert uns wieder ein Mißverstand in dem Tone, in der Bewegung, in dem Ausdrucke des Gesichts, daß wir seiner Organisation, und nicht ihm den Beyfall schuldig sind. — — Sonst hat man noch bemerkt, daß man die tragischen Schauspieler weit öftrer, als die komischen des Mangels am Witze beschuldiget hat. Dieser Unterschied kömmt ohne Zweifel daher, weil das Feine in dem Spiele der letztern von den gemeinen Zuschauern leichter kann erkannt werden, als das Feine in dem tragischen Spiele. Der Witz in der Tragödie muß sich größten Theils, sowohl bey dem Verfasser als bey dem Acteur, unter der Gestalt der Empfindung zeigen, und man hat Mühe ihn unter dieser Verkleidung zu erkennen. Und überhaupt geht man nicht sowohl in die Tragödie seinen Witz, als sein Herz zu brauchen. Man überläßt sich den Bewegungen, die der Schauspieler erweckt, ohne Schauspieler. zu überlegen, durch welchen Weg er dazu gelangt ist. — — Man muß aber nur hier merken, von was für einem Witze die Rede ist. An dem leichten Witze, welcher nur zur Prahlerey dienet, und uns nur in Kleinigkeiten und unnützen Dingen ein Ansehen giebt, kann es ganz wohl grossen Schauspielern gemangelt haben: aber niemals an dem gründlichen Witze, welcher uns das verborgenste an einem Dinge entdeckt, und es uns anzuwenden lehret — — Von dem Witze kommt der Verfasser im zweyten Hauptstücke auf die Empfindung. Er untersucht, was die Empfindung sey, und ob sie bey dem tragischen Schauspieler wichtiger sey, als bey dem komischen. Unter der Empfindung wird hier nicht bloß die Gabe zu weinen verstanden, sondern dieses Wort hat einen grössern Umfang, und bedeutet bey den Schauspielern die Leichtigkeit in ihren Seelen die verschiedenen Leidenschaften, deren ein Mensch fähig ist, auf einander folgen zu lassen. Aus dieser Erklärung ist das übrige zu entscheiden. Jn den Bezirk des Trauerspiels gehören nur sehr wenig Leidenschaften, Liebe, Haß, Ehrgeitz, welche noch dazu in dem Schrecklichen und Traurigen alle mit einander übereinkommen. DieKomödie hingegen schließt keine einzige Leidenschaft aus; und diese alle muß der Schauspieler annehmen und von einer auf die andre überspringen können. Weil aber die Leidenschaften in Auszug aus dem der Komödie nicht so gewaltsam sind, als in derTragödie: so muß der komische Schauspieler zwar die Empfindung in einem größern Umfange, der tragische aber in einem männlichern Grade besitzen. — — Mit der Empfindung hat das Feuer einige Verwandtschaft, und von diesem untersucht der Verfasser im dritten Hauptstücke, ob ein Schauspieler dessen zu viel haben könne? Das Feuer besteht nicht in der Heftigkeit der Declamation, oder in der Gewaltsamkeit der Bewegungen, sondern es ist nichts anders als die Geschwindigkeit und Lebhaftigkeit, mit welcher alle Theile, die einen Schauspieler ausmachen, zusammen treffen, um seiner Action das Ansehen der Wahrheit zu geben. Jn diesem Verstande nun ist es unmöglich, daß eine spielende Person allzuviel Feuer haben könne. Man wird sie zwar mit Recht tadeln, wenn ihre Action mit ihrem Charakter, oder mit der Stellung, in welcher sie sich befindet, nicht überein kömmt, und wenn sie, anstattFeuer zu zeigen, nichts als convulsivische Verzückungen sehen, und nichts als ein überlästiges Geschrey hören läßt. Allein alsdenn werden Leute von Geschmack ihr nicht allzuviel Feuer Schuld geben, sondern sie werden sich vielmehr beklagen, daß sie nicht Feuer genug hat; so wie sie, anstatt mit dem Publico bey gewissen Schriftstellern allzuviel Witz zu finden, vielmehr finden, daß es ihnen daran fehlt. Ein Schrift= Schauspieler. steller leihet zum Exempel in einem Lustspiele dem Bedienten oder dem Mägdchen die Sprache eines witzigen Kopfes; er legt einer Person, welche von einer heftigen Leidenschaft getrieben wird, Madrigale oder Sinnschriften in Mund: und alsdenn sagt man, er habe allzuviel Witz. Genauer zu reden, sollte man vielmehr sagen, er habe nicht Witz genung, die Natur zu erkennen, und sie nachzuahmen. So auch mit dem Schauspieler; kömmt er bey Stellen außer sich, wo er nicht außer sich kommen soll, so ist dieses unnatürlich. Allein er verfällt in diesen Fehler nicht aus Ueberfluß, sondern aus Mangel der Hitze. Er empfindet alsdenn nicht das, was er empfinden sollte; und drückt das nicht aus, was er ausdrücken sollte. Es ist daher kein Feuer, was wir bey ihm gewahr werden, sondern es ist Ungeschicklichkeit; es ist Unsinn — — Aus diesem wird man leicht urtheilen können, ob ein Schauspieler des Feuers ganz und gar überhoben seyn könne. Unmöglich; wenn man anders das, was wir angeführt haben, und nicht die blosse äußerliche Heftigkeit in der Stimme und in den Bewegungen darunter versteht — — Bis hierher hat der Verfasser die innerlichen natürlichen Gaben betrachtet, nur kömmt er auf die äußerlichen, und untersucht in dem vierten Hauptstücke, ob es vortheilhaft seyn würde, wenn alle Personen auf dem Theater von ausnehmen=Auszug aus demder Gestalt wären? „Gewisse Zuschauer, welche das sinnliche Vergnügen dem geistigen vorziehen, werden mehr durch die Schauspielerinnen, als durch die Stücke vor die Bühne gelockt. Als Leute, die nur gegen die Gestaltempfindlich und immer geneigt sind, ein liebenswürdiges Gesicht für Talente anzunehmen, wollten sie lieber gar, daß auch die alte Mutter des Orgons im Tartüff , die MadamPernelle, reitzend wäre. — — Doch diese Herren verstehen den Vortheil der Zuschauer sehr schlecht, und noch schlechter verstehen sie das, was die Einrichtung der Komödie selbst erfordert. Den erstern verstehen sie deswegen nicht, weil, wenn es wahr wäre, daß nur ausnehmend schöne Gestalten auf dem Theater erscheinen dürften, das Publicum nicht selten die vortreflichsten Schauspieler entbehren würde, denen es sonst an keiner Art von Geschicklichkeit mangelt. Noch schlechter, wie gesagt, verstehen sie das, was die Einrichtung der Komödie erfordert, nach welcher die äusserlichen Vollkommenheiten unter die Acteurs nicht gleich vertheilt seyn müssen, ja nach welcher es so gar oft gut ist, wenn gewisse Acteurs einige von diesen Vollkommenheiten ganz und gar nicht besitzen. Regelmäßige Gesichtszüge, ein edles Ansehen nehmen uns freylich überhaupt für eine Person auf dem Theater ein; allein es giebt Rollen, welche ihr weit besser anstehen, wenn ihr die Natur diese Vor Schauspieler.züge nicht ertheilt hat. Jch weis wohl, daß man, ohne von dem Mangel der Wahrscheinlichkeit beleidiget zu werden, ja daß man sogar mit Vergnügen eine junge Schöne die Person einer Alten, und einen liebenswürdigen Schauspieler einen groben und tölpischen Bauer vorstellen sieht. Jch weis wohl, daß wir nicht in die Komödie gehen, die Gegenstände selbst, sondern blos ihre Nachahmung zu sehen = = Gleichwohl aber muß man doch unter den Gattungen der komischen Rollen einen Unterschied machen. Einige ergötzen uns durch die blosse Nachahmung gewisser lächerlichen Fehler. Andre aber ergötzen uns durch die Abstechung, die sich entweder zwischen dem Vorgeben der Person und den Beweisen, auf welche sie dasselbe gründet, oder zwischen dem Eindrucke befindet, den sie bey denjenigen Personen, die mit ihr spielen, machen sollte, und zwischen dem Eindrucke, welchen sie wirklich bey ihnen macht. Je mehr ein Schauspieler, in den Rollen von der ersten Art, die Vollkommenheiten hat, die den Fehlern, welche er nachahmt, entgegen gesetzt sind; desto mehr wissen wir es ihm Dank, wenn er uns gleichwohl eine vollkommene Abschilderung von diesen Fehlern macht. Je weniger aber, in den Rollen von der zweyten Art, ein Schauspiel die Vollkommenheiten hat, welche die Person, die er vorstellt, haben will, oder welche ihm die an Auszug aus demdern ausschweifenden Personen des Stücks beylegen, desto lächerlicher macht er die närrischeEinbildung des einen und das abgeschmackte Urtheil der andern, und desto komischer folglich wird seine ganze Action. Die Rolle eines Menschen, der nach der Meinung des Verfassers, mit aller Gewalt den Titel eines Schönen haben will, wird weit weniger belacht werden, wenn sie von einem Komödianten gespielt wird, der sich dieses Titels in der That anmaaßen könnte, als wenn sie einer vorstellt, der der Natur in diesem Stücke weniger zu danken hat. Der Jrrthum eines albernen Tropps, welcher einen Bedienten für einen Menschen von Stande ansieht, wird uns weniger ergötzen, wenn das gute Ansehen des Bedienten den Jrrthum entschuldigen kann, als wenn er ganz und gar nichts an sich hat, das ihn rechtfertigen könnte. Weit gefehlt also, daß es gut seyn sollte, wenn alle Schauspieler von reizender und ausnehmender Gestalt wären; es ist vielmehr unserm Vergnügen zuträglicher, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet sind. Unterdessen aber muß man diese Maxime nicht allzuweit ausdehnen. Wir erlauben ihnen zwar, gewisse Vollkommenheiten nicht zu haben; aber die gegenseitigen Fehler zu besitzen, verstatten wir ihnen durchaus nicht. Sie müssen so gar völlig von gewissen Mängeln frey seyn, die uns bey andern Personen, die sich Schauspieler. dem Schauspiele nicht widmen, wenig oder gar nicht anstößig seyn würden. Dergleichen sind, zu lange oder kurze Arme, ein zu großer Mund, übelgestaltene Füße et cetera„ = = Zu diesen vier Hauptstücken fügt der Verfasser noch zwey Anmerkungen, die mit dem Jnhalte des ersten Buchs genau verbunden sind. Die erste ist diese:Die Schauspieler können in den Nebenrollen, des Witzes, des Feuers und derEmpfindung eben so wenig entübrigt seyn, als in den Hauptrollen. Die Ursache ist, weil in guten Stücken auch die Nebenrollen, nicht etwa zum Ausflicken da sind, sondern einen Einfluß in das Ganze haben, und sich oft eben so thätig erweisen, als die allervornehmsten Personen. Die Vertrauten, zum Exempel, in den Trauerspielen, habe oft so vortrefliche Stellen, besonders in den Erzehlungen, die ihnen meisten Theils aufgetragen werden, zu sagen, daß sie ohne Witz, ohne Feuer und ohne Empfindung gewiß alles verderben würden. Die zweyte Anmerkung ist diese:Wenn man auch schon die vornehmstenVollkommenheiten hat, die zu einem Schauspieler erfordert werden, so muß man doch in einem gewissen Alter zu spielen aufhören. Denn in den Schauspielen beleidiget uns unumgänglich alles dasjenige, was uns Gelegenheit giebt, die Schwachheiten der menschlichen Natur zu überlegen, und auf Auszug aus dem uns selbst verdrüßliche Blicke zurück zu werfen. Es werden hier bloß diejenigen Rollen ausgenommen, deren Lächerliches durch das wahre Alter des Schauspielers vermehrt wird, zum Exempel, die Rollen der Alten, die mit aller Gewalt noch jung seyn wollen; auch muß man gegen Acteurs von ausserordentlichen Gaben einige Nachsicht haben; nur werden diese alsdann so billig seyn, wenn es in ihrer Gewalt stehet, keine andre als solche Rollen zu wählen, welche mit ihrem Alter nicht allzusehr abstechen.Frankreich hat es selbst seinem Baron nicht vergeben, daß er noch in seinen letzten Jahren so gern junge Prinzen verstellte. Es konnte es durchaus nicht gewohnt werden, ihn von Schauspielerinnen Sohn nennen zu hören, deren Großvater er hätte seyn können.