Suchbegriff: I_thimotheus
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1 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Aristoteles erkannte gar wohl aus der Erfahrung, daß ein Redner, ob er gleich die sittliche und natürliche Weltweisheit, die Arzneykunst,Metaphysik, Rechtsgelehrsamkeit, Mathematik, Astrologie und alle andere Künste und Wissenschaften studire, er doch aus allen nichts, als einige Blumen und unzweifelhafte Aussprüche wisse, ohne daß er den wahren Grund davon inne habe. Er glaubte aber, diese gründliche Erkenntniß gebräche ihm nur deswegen, weil er sich nicht darauf gelegt habe. Wenn er also fragt: *) δια τι τον φιλοσοφον του ῥητορος οἰονται διαφερειν; das ist: worinnen der Redner und Philosoph von einander unterschieden wären, da doch beyde die Weltweisheit studirten? so antwortet er: darinnen wären sie unterschieden, daß der Philosoph allen seinen Fleiß auf die Erkenntniß der Ursachen und Gründe einer jeden Wirkung richte, der Redner aber mit der blossen Kenntniß der Wirkungen zufrieden sey. Die wahre Ursache aber ist keine andere, als die, weil die natürliche Weltweisheit von dem Verstande abhänget, als an welcher Vermögenheit es den Rednern fehlt, so daß sie in der Philosophie nur ganz obenhin erfahren seyn können. Eben dieser Unterschied ist zwischen einem scholastischen und praktischen Gottesgelehrten; der eine weiß die Gründe von allen dem,

*) προβλ. τμημ. ιη.

was zu seiner Wissenschaft gehört, der andere aber weiß nichts mehr, als die unstreitigen Wahrheiten daraus. Es ist daher sehr gefährlich, daß ein Prediger Gewalt und Pflicht hat, demchristlichen Volke die Wahrheit zu lehren, und daß dieses Volk verbunden ist, ihm Glauben beyzumessen. Da ihm die Vermögenheit fehlt, durch welche er die Wahrheiten aus dem Grunde erkennen kann, so kann man mit allem Rechte von ihm sagen, was unser Heiland (Matth.XV, 14.) sagt: sie sind blind und blinde Leiter; wenn aber ein Blinder den andern leitet, so fallen sie beyde in die Grube. Es ist etwas unerträgliches, wenn man sieht, mit was für Kühnheit Leute auftreten und predigen, welche doch nicht ein Wort aus der scholastischen Theologie verstehen, und auch keine natürliche Fähigkeit haben, sie zu erlernen. Auch der h. Paulus beklagt sich sehr über diese Leute, wenn er (1. Timoth. I, 5.) sagt: die Hauptsumma des Gebots ist Liebe von reinem Herzen, und von gutem Gewissen, und von ungefärbtem Glauben. Welcher haben etliche gefehlet, und sind umgewandt zu unnützem Geschwätz; wollen der Schrift Meister seyn, und verstehen nicht was sie sagen, oder was sie setzen. Die Waschhaftigkeit unduud das Geschwätz der deutschen, holländischen, englischen und französischen und aller übrigen nordischen Theologen, macht christliche Zuhörer nur verwirrt, indem sie zwar mit grosser Sprachgelehrsamkeit, mit vieler Zierlichkeit und Anmuth der Worte predigen, allein keinen Verstand haben, womit sie die Wahrheit durchdringen könnten. Daß diese aber wirklich Mangel am Verstande haben, ist oben nicht allein aus der Meynung des Aristoteles, sondern auch ausser vielen andern Gründen und Erfahrungen, die wir deswegen beygebracht haben, erwiesen worden. Wenn denDeutschen und Engländern dasjenige wäre eingeschärft worden, was St. Paulus an die Römer schrieb, welche gleichfalls von falschen Predigern belästiget waren, so würden sie sich vielleicht nicht so geschwind haben verführen lassen:Jch ermahne aber euch, lieben Brüder, daß ihr aufsehet auf die, die da Zertrennung und Aergerniß anrichten, neben der Lehre, die ihr gelernet habt, und weichet von denselbigen; denn solche dienen nicht dem HErrn JEsu Christo, sondern ihrem Bauch, und durch süsse Worte und prächtige Rede verführen sie die unschuldigen Herzen. Ueberdieses haben wir auch oben bewiesen, daß diejenigen, welche eine starke Einbildungskraft besitzen, cholerisch, verschmitzt, boshaft, betrügerisch, und allezeit zum Bösen geneigt sind, welches sie mit vieler Geschicklichkeit und Klugheit auszuführen wissen.


2 - /

*1 Cor. xi. 13; 1 Tim. ii. 9.


3 - /

Von den Weibern wird verlangt, daß sieihre Häupter bedecken [1 Corinth. XI. 10] und sich mit Schaam und Zucht schmücken sollen. [1 Timoth. II. 9.] Wenn sie daher in IV Hauptst. die einzige Art solchen Dingen eitel sind, die ihnen ausdrücklich verbothen worden, wenn sie ihren Gesichtern durch Schönpflästerchen und Schminke aufhelfen wollen, die nur durch Schaam und Zucht geschmückt werden können, so haben sie gewiß einen solchen Stolz eben so sehr zu bereuen, als die, welche aus Stolz beten und Werke der Mildigkeit ausüben. Dieses muß nothwendig eingeräumt werden, es sey denn, daß man sagen wollte, es sey eher zu vergeben, wenn wir auf unsreSchaam, als wenn wir auf unsre Tugend stolz wären.