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1 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Plato geht einen andern Weg, und kömmt der Wahrheit näher. GOtt ist zwar ewig, spricht er; er ist allmächtig und von einer unendlichen Weisheit; gleichwohl bezeugt er sich

*) βιβλ. ὁτι τα της ψυχης ἠθη.

in seinen Werken als eine natürlich wirkende Ursache, und unterwirft sich den Umständen der vier Hauptbeschaffenheiten, so, daß er, wenn er einen weisen und ihm gleichenden Mann erschaffen will, nothwendig den allergemässigsten Ort in der ganzen Welt darzu aussuchen muß, wo weder die Wärme der Luft die Kälte, noch die Feuchtigkeit die Trockenheit übersteigt. Ατεοὐν φιλοπολεμος τε και φιλοσοφος ἡ θεοςοὐσα, τον προσφερεϛατους ἀυτῃ μελλοντα οἰσειν τοπον ἀνδρας τουτον ἐκλεjαμενη,πρωτον κατωκισεν. Wenn GOtt also wollte, daß in Scythien, oder in sonst einer ungemässigten Gegend ein weiser Mann sollte gebohren werden, so müßte er nothwendig seine Allmacht dabey anwenden, oder es würde ein Narre daraus werden; weil ihm die ersten Hauptbeschaffenheiten zuwider sind. Aus diesen allen aber zieht Plato nichts weniger als den Schluß, welchen Galenus daraus ziehen müßte, daß GOtt nämlich veränderlich und vergänglich sey, weil die Wärme und die Kälte seine Werke einschränken. Auf eben diese Weise nun muß man auch bey der vernünftigen Seele verfahren, wenn sie das allzuhitzige Gehirn weise und klug zu seyn verhindert, und muß daraus nicht schliessen, daß sie deswegen vergänglich und sterblich seyn müsse. Daß sie aber aus dem Körper geht, und die tödtliche Hitze des Fiebers, oder andere Zufälle, welche dem Menschen das Leben kosten, nicht ertragen kann; dieses bewei set nur so viel, daß sie die thätige und selbstständige Form des menschlichen Körpers ist; daß ihr, so lange sie in demselben bleibt, gewisse Beschaffenheiten des Körpers, die sich zu ihrem Wesen schicken, unumgänglich nothwendig sind; daß die Werkzeuge, mit welchen sie wirkt, wohl gebauet, nicht verstümmelt, und von dem gehörigen Temperamente seyn müssen, welches ihreHandlungen erfordern, und daß sie, wenn dieses nicht ist, nothwendig irren, oder sich gar von dem Körper absondern muß. Der Fehler des Galenus liegt darinnen, daß er es aus Gründen der natürlichen Weltweisheit ausmachen will, ob die vernünftige Seele, wenn sie keinen Körper mehr hat, gleich untergehe oder nicht; da dieses doch eine Frage ist, welche in eine weit höhere Wissenschaft gehört, und weit gewissere Gründe erfordert. Aus dieser nun wollen wir es beweisen, daß seine Einwürfe sehr schwach sind, und daß er ganz falsch geschlossen hat, die vernünftige Seele müsse vergänglich seyn, weil sie bey gewissen Beschaffenheiten des Körpers in dem Körper bleibt, bey den entgegengesetzten Beschaffenheiten aber ihn verläßt. Der Beweis wird uns nicht schwer fallen, weil es sogar weit vollkommenere geistige Wesen giebt, als die vernünftige Seele ist, die sich Oerter von gewissen körperlichen Beschaffenheiten erwählen, wo sie mit Vergnügen zu wohnen scheinen, diese Oerter aber sogleich verlassen, wenn sie andere körperliche Beschaffenheiten, die sie nicht vertragen können, annehmen. Sogar in dem menschlichen Körper giebt es gewisse Beschaffenheiten, auf welche der Teufel so begierig ist, daß er in denjenigen Menschen fährt, in welchen sie sich befinden, und ihn zu einem Besessenen macht: sobald aber diese Beschaffenheiten durch widrige Arzneymittel verändert, oder vernichtet werden, sobald man die schwarzen, faulen, und stinkenden Säfte aus dem Körper geschaft hat, so fährt er natürlicher Weise von selbst aus. Die Erfahrung lehrt es uns auch sonst deutlich genug; zum Beyspiel, in ein grosses, altes, dunkles, feuchtes und übelriechendes Haus, in welchem sich Diebe und Mörder verstecken können, gewöhnen sich Gespenste; sobald man aber den Ort reiniget, und die Fenster alle öfnet, damit der Tag und die Sonne überall hin kann, sogleich machen sie sich wieder fort, besonders, wenn viel Leute darinnen wohnen, wenn viel Lustbarkeiten und Zeitvertreibe darinnen angestellt werden, und viel Musik dabey ertönet. †) Wie sehr dem Teufel aber die

†) Hier geräth Herr Huart ein bischen zu tief in die Rockenphilosophie. Was sich durch Hülfe einer Purganz aus dem Leibe schaffen läßt, kann wohl schwerlich der Teufel seyn; und daß in alten unbewohnten Häusern Gespenster = Rollen gespielt werden, hat einen ganz andern Grund, als der Verfasser hier angiebt. Denn in neuen und bewohnten Häusern würde man die Betrügereyen derer, che sich die Furchtsamkeit und den Aberglauben des grossen Haufens zur Erreichung ihrer Absichten zu Nutze machen, gar zu leicht entdecken können. E.

Harmonie und die gute Uebereinstimmung zuwider sind, erkennet man deutlich an dem, was uns die heilige Schrift sagt, daß nämlich, sobaldDavid seine Harfe ergriffen, der Teufel geflohen, und aus dem Körper des Sauls gewichen ist. Obgleich dieses seinen besondern Sinn hat, so glaube ich gleichwohl mit Grunde daraus schliessen zu können, daß der Teufel natürlicher Weise ein Feind der Musik sey, und sie durchaus nicht leiden könne. Das Jsraelitische Volk muß dieses schon aus der Erfahrung gewußt haben, wie man aus der Rede der Bedienten des Sauls sieht: Siehe, ein böser Geist von GOtt macht dich sehr unruhig; unser Herr sage seinen Knechten, die vor ihm stehen, daß sie einen Mann suchen, der auf der Harfen wohl spielen könne; auf daß, wenn der böse Geist GOttes über dich kömmt, er mit seiner Hand spiele, daß es besser mit dir werde. Es giebt also allerdings Worte und Beschwörungen, welche den Teufel zittern machen, und ihn aus dem Orte, den er sich zu seinem Aufenthalte erwählt hatte, treiben, damit er sie nur nicht hören möge. Von dem Salomo erzählt Josephus in dem achten Buche seiner jüdischen Heiligthümer, daß er gewisse Beschwörungsformeln schriftlich hinterlassen hätte, welche den Teufel nicht nur austrieben, sondern auch verhinderten, daß er jemals wieder in den Körper fahren könne, aus dem er einmal sey getrieben worden. Gleichfalls soll Salomo die Wurzel gewiesen haben, deren Geruch dem Teufel so entsetzlich ist, daß er, wenn sie dem Besessenen nur an die Nase gehalten wird, sogleich ausfähret. †) Dieser Geist liebt das Finstere und Unreine so sehr, und ist ein solcher Feind von aller Reinigkeit, Freude und Klarheit, daß als JEsus, wie uns Matthäus erzählt, in die Gegend der Gergesener kam, ihm zwey Besessene, die in zwey todte Körper gefahren waren, welche sie aus den Gräbern gerissen hatten, entgegen rannten, und schryen:JEsu, du Sohn GOttes, was haben wir mit dir zu thun? Bist du hergekommen, uns zu quälen, ehe denn es Zeit ist? Willst du uns austreiben, so erlaube uns in die Heerde Säue zu fahren. Ueberhaupt nennt die Schrift die Teufel unreine Geister. Und nunmehr erhellet ganz deutlich, daß nicht nur die vernünftige Seele, wenn sie den Körper regieren, der Grund von allen seinen Handlungen seyn, und in ihm, als in einer für sie bequemen Wohnung bleiben soll, gewisse körperliche Beschaffenheiten braucht; sondern daß auch die Teufel, die ihrem Wesen nach weit vollkommener sind, gewisse körperli=

†) Diese Mährchen brauchen wohl heut zu Tage keine Widerlegung. E.

che Beschaffenheiten verabscheuen, andre aber ungemein wohl leiden können. Der Schluß des Galenus ist also der beste nicht, wenn er behauptet: ein hitziges Fieber kann die vernünftige Seele aus dem Leibe verjagen; folglich muß sie vergänglich seyn. Mit dem Teufel, wie wir bewiesen haben, verhält es sich eben so, und gleichwohl ist er nicht sterblich.


2 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

*) 1. Sam. XVI.


3 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

**) 1. Sam. XVI. 18.


4 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

*) 1. Sam. X. 23.