Suchbegriff: witz
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1 - Die Kunst zu lieben /

Im dritten Gesange werden die Eigenschaften beschrieben, die ein Liebhaber haben muß, wenn er gefallen will. Der Dichter fängt mit einer doppelten Allegorie der lasterhaften und nichtigen, und der weisen und dauerhaften Liebe an. Vor allen muß man sich bemühen den Character des geliebten Gegenstandes zu erforschen. Seine Geliebte zu bezwingen, muß man aufmercksam ihr zu gefallen, und von seinem Vorsatze ganz erfüllet seyn; nach ihrem Geiste, nach ihrem Geschmacke muß man sich falten, dencken, lieben, handeln wie sie, und sich ganz in sie verwandeln. Ist sie eine Schülerin der ernsten Weisheit, trägt sie in ihrem Herzen ein langsames Feuer, welches sie bestreitet? Geht nicht allzukühn fort, und schonet ihre Tugend. Vereinigt sie mit der Liebe einen philosophischenGeist? Redet, den Malebranche in der Hand, nichts als Metaphysick. Tadelt sie? Tadelt. Lobt sie? Lobt. Tanzet sie? Tanzet. Singt sie? Singet. Mahlt sie? bewundert ihre Werke. Lieset sie euch ihre Verse? verschwendet die Lobeserhebungen. — — Diese Erforschung der Charaktere muß auf beyden Theilen seyn, und keines muß glauben, der Verstellung berechtiget zu seyn. Wer tugendhaft ist der scheint es, und die Verbergung der wahren Gestalt ist ein gewisser Beweiß von ihrer Häßlichkeit. Man bestrebe sich also durch Verdienste liebenswerth zu werden; aus der Hochachtung entspringt die Liebe; man habe die Gesinnungen und die Aufführung eines Mannes, der die Welt kennet; man trotze nicht auf äusserliche Vortheile, die nur von allzukurzer Dauer sind; man schmücke seinen Geist mit dauerhaftern Reizen; man verbinde mit der Zärtlichkeit des Witzes großmüthige Gesinnungen des Herzens; man fliehe das gezwungene Betragen eines Stutzers; man sey gleichförmig in der Aufführung; man prahle nicht mit Metaphysik und Versen, eine Prahlerey, die der üble Geschmack zu rechtfertigen scheinet; man vermeide den lächerlich kostbaren Ton der Neologisten; man sey kein Lustigmacher, der die geringsten Fehler auch seiner Freunde anfällt; dieWahrheit wohne allezeit auf den Lippen; nie komme ein Ausdruck in den Mund, der die Schamhaftigkeit roth macht und die Unschuld zum Schaudern bringt; man halte sich zu Grossen, deren Umgang die Schule der Tugend und Artigkeit ist. — — Hier ist der Dichter gedoppelt ein Dichter; und die Schmeicheleyen die er diesem und jenen französischen Hofmanne macht, den er mit Namen nennt, sind nicht zu übersetzen. — — Doch die Welt allein bildet einen vollkommenen Menschen nicht. Das Lesen der besten Schriftsteller muß dazu kommen. La Fontaine, Moliere,Racine, Regnard, Nericaut, La Chaussee, Gresset, Chaulieu, Bernis, und wer sie sonst sind, die Mahler, welche Natur und Kunst gebildet hat, die Helden der Gesinnungen, die das edelste Feuer belebt! — — Hiebey vermeide man das französischeVorurtheil, die Nachbarn zu verachten. Es giebt gewisse in ihre Sphäre so eingeschränkte Geister, die nur den Himmelsstrich preisen, unter welchem sie gebohren sind, furchtsam ihren Großältern nachschleichen und nur die Güter loben, die vor ihren Augen wachsen. Für sie ist ausser Paris kein Genie anzutreffen, und das Chaos fängt an, da wo sich Frankreich endet. Leget diesen närrischen Hochmuth, den ihr mit der Milch eingesogen habt, ab. In den wildesten Gegenden giebt es Pilpais. Der abergläubischeSpanier, der selbstmörderischeEngländer haben Sitten und Gaben. Erforschet ihren Geschmack und macht euch der Schätze zu Nutze, welche die Natur andern Ufern vorbehält. — — Dieses sind Lehren, welche klugeFranzosen ihren Landsleuten noch unzähligmal wiederhohlen und unzähligmal umsonst wiederhohlen werden. — — Nunmehr kommt der Dichter auf den Zweykampf, die Frucht des falschen Muths. Er beschreibt alle schreckliche Folgen derselben, und will in einer kleinen Geschichte lehren, wie vermögend ein Frauenzimmer sey, diese Raserey bey Mitbuhlern zu unterdrücken. Auch diese Geschichte will uns im Ganzen nicht gefallen. Wir wollen die Rede eines Frauenzimmers, die in voller Unschuld ihre Liebe entdeckt, daraus hersetzen: Was empfindet man, was will man, wenn man liebt? Belehre mich Zamor, warum mein zitternder Geist, wenn ich mit dir rede, eine ihm sonst unbekannte Verwirrung fühlt. Mein Herz zerfließt, wenn ich dich sehe. Seitdem dich ein Gott in diese Insel führte, begleitet und entzückt mich dein Bild Tag und Nacht. Der zärtliche Eindruck deiner geringsten Reden, wird immer in mir neu, und scheint in mir zu leben. Gestern seufzete ich deiner langen Abwesenheit wegen, als Dorival erschien. — — Ach welcher Unterschied! Ich empfinde das nicht für ihn, was ich für dich empfinde. — — In was für ein Gift würde sich meine Liebe verwandeln, wenn Zamor nicht so sehr liebte, als er geliebet wird.


2 - Reflexions sur comique-lamoryant /

Par la légere eſquiſſe que nous venons de voir, il eſt conſtant que le Théatre Grec n'a pû leur donner aucune idée analogue au Comique- Larmoyant. Les Pieces d'Aristopha nes neſont proprement que des Dia logues ſatyriques; & il paroît par les fragmens de Ménandre, que ce Poëte n'a employé que les couleurs. du Ridicule, ou de cette critique générale, qui réjoüit plus l'eſprit qu'elle n'affecte l'ame.


3 - Reflexions sur comique-lamoryant /

Du tems de Moliere & des Cor neilles, & ſurtout au commence ment de leur ſiecle, on pouvoit re- préſenter les Savans & les beaux Eſ- prits de profeſſion, hériſſés de cita- tions Greques & Latines; appeſan tis ſur les Auteurs les plus barbares; durs & groſſiers dans leurs façons; ſales & négligés dans leur extérieur. Les mêmes traits ne conviennent plus depuis long-tems. L'air pédant a diſparu avec cette érudition pro- fonde, puiſée dans la lecture des originaux. Satisfaits, ſi je l'oſe dire, du ſimple vernis de la littérature, un débit aiſé & brillant tient lieu à la plûpart de nos Modernes de ce fond réel d'érudition qu'avoient leurs de vanciers. Leurs connoiſſances ſont, dit-on, plus variées, mais par là mê me plus ſuperficielles. Ils ont, ſi l'on veut, plus d'eſprit; mais peut- être moins de véritable génie. Enfin pluſieurs d'entr'eux ſemblent n'a voir retenu de leurs prédéceſſeurs que l'acharnement déplorable de décrier mutuellement leurs perſon nes & leurs ouvrages, & le talent fu- neſte de s'avilir ainſi eux - mêmes aux yeux de leurs contemporains & de la poſtérité.


4 - Reflexions sur comique-lamoryant /

Du tems de Moliere & des Cor neilles, & ſurtout au commence ment de leur ſiecle, on pouvoit re- préſenter les Savans & les beaux Eſ- prits de profeſſion, hériſſés de cita- tions Greques & Latines; appeſan tis ſur les Auteurs les plus barbares; durs & groſſiers dans leurs façons; ſales & négligés dans leur extérieur. Les mêmes traits ne conviennent plus depuis long-tems. L'air pédant a diſparu avec cette érudition pro- fonde, puiſée dans la lecture des originaux. Satisfaits, ſi je l'oſe dire, du ſimple vernis de la littérature, un débit aiſé & brillant tient lieu à la plûpart de nos Modernes de ce fond réel d'érudition qu'avoient leurs de vanciers. Leurs connoiſſances ſont, dit-on, plus variées, mais par là mê me plus ſuperficielles. Ils ont, ſi l'on veut, plus d'eſprit; mais peut- être moins de véritable génie. Enfin pluſieurs d'entr'eux ſemblent n'a voir retenu de leurs prédéceſſeurs que l'acharnement déplorable de décrier mutuellement leurs perſon nes & leurs ouvrages, & le talent fu- neſte de s'avilir ainſi eux - mêmes aux yeux de leurs contemporains & de la poſtérité.


5 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Aus dem leichten Entwurfe, den wir eben jetzt betrachtet haben, ist es klar und deutlich, daß ihnen das griechische Theater keine Jdee, die mit dem weinerlich Komischen analogisch wäre, geben konnte. Die Stücke des Aristophanes sind eigentlich fast nichts, als satyrische Gespräche; und aus den Fragmenten des Menanders erhellet, daß auch dieser Dichter bloß die Farben des Lächerlichen, oder derjenigen allgemeinenCritik gebraucht habe, welche mehr den Witz erfreuet, als das Gemüthe angreift.


6 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Zu den Zeiten des Moliere und der Corneillen, besonders zu Anfange ihres Jahrhunderts, konnte man die gelehrten und witzigen Köpfe von Profeßion mit griechischen und lateinischen Citationen ausgespickt, über ihre barbarischen Schriftsteller verdüstert, in ihren Sitten grob und unbiegsam, und in ihrem Aeusserlichen nachläßig und schmutzig vorstellen. Diese Züge passen schon seit langer Zeit nicht mehr. Das pedantische Ansehen ist mit jener tiefen Gelehrsamkeit, die aus Lesung der Originale geschöpft war, verschwunden. Man begnügt sich, wenn ich so reden darf, mit dem blossen Vernis der Litteratur, und den meisten von unsern Neuern ist ein leichtes und sich ausnehmendes Mundwerk anstatt der gründlichen Wissenschaft, welche ihre Vorgänger besassen. Jhre Erkenntniß, sagt man, ist mannigfaltiger, aber eben deswegen auch unvollkommner. Sie haben, wenn man will, mehr Witz; aber vielleicht desto weniger wahres Genie. Kurz die meisten von ihnen scheinen von den alten Ge weinerlich Komische. lehrten nichts beybehalten zu haben, als die beklagenswürdige Erbitterung, ihre Personen und ihre Werke unter einander zu verlästern, und sich dadurch in den Augen ihrer Zeitgenossen und der Nachwelt verächtlich zu machen.


7 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Zu den Zeiten des Moliere und der Corneillen, besonders zu Anfange ihres Jahrhunderts, konnte man die gelehrten und witzigen Köpfe von Profeßion mit griechischen und lateinischen Citationen ausgespickt, über ihre barbarischen Schriftsteller verdüstert, in ihren Sitten grob und unbiegsam, und in ihrem Aeusserlichen nachläßig und schmutzig vorstellen. Diese Züge passen schon seit langer Zeit nicht mehr. Das pedantische Ansehen ist mit jener tiefen Gelehrsamkeit, die aus Lesung der Originale geschöpft war, verschwunden. Man begnügt sich, wenn ich so reden darf, mit dem blossen Vernis der Litteratur, und den meisten von unsern Neuern ist ein leichtes und sich ausnehmendes Mundwerk anstatt der gründlichen Wissenschaft, welche ihre Vorgänger besassen. Jhre Erkenntniß, sagt man, ist mannigfaltiger, aber eben deswegen auch unvollkommner. Sie haben, wenn man will, mehr Witz; aber vielleicht desto weniger wahres Genie. Kurz die meisten von ihnen scheinen von den alten Ge weinerlich Komische. lehrten nichts beybehalten zu haben, als die beklagenswürdige Erbitterung, ihre Personen und ihre Werke unter einander zu verlästern, und sich dadurch in den Augen ihrer Zeitgenossen und der Nachwelt verächtlich zu machen.


8 - Discours de la tragedie /

Je sai que l'agnition est un grand ornement dans les Tragédies, Aristote le dit;mais il est certain qu'elle a ses incommodités. Les Italiens l'affectent en la plupartde leurs poëmes, & perdent quelquefois,par l'attachement qu'ils y ont, beaucoup d'occasions de sentimens pathétiques, quiauroient des beautés plus considérables. Cela se voit manifestement en la mort de Crispe, faite par un de leurs plus beaux esprits,Jean-Baptiste Ghirardelli, & imprimée àRome en l'année 1653. Il n'a pas manqué d'y cacher sa naissance à Constantin, &d'en faire feulement un grand Capitaine,qu'il ne reconnoit pour son fils qu'aprèsqu'il l'a fait mourir. Toute cette piéce estsi pleine d'esprit & de beaux sentimens, qu'elle eut assez d'éclat pour obliger à écrire contre son auteur, & à la censurer sitôtqu'elle parut. Mais combien cette naissancecachée sans besoin, & contre la vérité d'une histoire connue, lui a-t-elle dérobé dechoses plus belles que les brillans dont il asemé cet ouvrage! Les ressentimens, le 526 SECOND DISCOURS. trouble, l'irrésolution, & les déplaisirs de Constantin auroient été bien autres à prononcer un arrêt de mort contre son fils, quecontre un soldat de fortune. L'injustice desa préoccupation auroit été bien plus sensible à Crispe de la part d'un pére, que de la part d'un maître; & la qualité de fils augmentant la grandeur du crime qu'on luiimposoit, eût en même temps augmentéla douleur d'en voir un pére persuadé. Fauste même auroit eu plus de combats inté- rieurs pour entreprendre un inceste, quepour se résoudre à un adultére; ses remordsen auroient été plus animés, & ses desespoirs plus violens. L'auteur a renoncé àtous ces avantages pour avoir dédaigné de traiter ce sujet, comme l'a traité de notretemps le Pére Stéphonius Jésuite, & comme nos Anciens ont traité celui d'Hippolyte; & pour avoir crû l'élever d'un étage plushaut, selon la pensée d'Aristote, je ne sais'il ne l'a point fait tomber au - dessous de ceux que je viens de nommer.


9 - Discours de la tragedie /

Bien que l'action du poëme dramatiquedoive avoir son unité, il y faut considérerdeux parties, le nœud, & le dénouement.Le nœud est composé, selon Aristote, en partie de ce qui s'est passé hors du Théatre avantle commencement de l'action qu'on y décrit, &en partie de ce qui s'y passe; le reste appartientau dénouement. Le changement d'une fortuneDES TROIS UNITE'S. 567en l'autre fait la séparatisn de ces deux parties. Tout ce qui le précéde est de la prémiére, & ce changement avec ce qui le suit, regarde l'autre. Le nœud dépend entiérement du choix& de l'imagination industrieuse du Poëte,& l'on n'y peut donner de régle, sinonqu'il y doit ranger toutes choses selon levraisemblable, ou le nécessaire, dont j'ai parlé dans le second Discours: à quoi j'ajoûte un conseil, de s'embarrasser le moins qu'illui est possible des choses arrivées avant l'action qui se représente. Ces narrations importunent d'ordinaire, parce qu'elles ne sontpas attendues, & qu'elles gênent l'esprit del'Auditeur, qui est obligé de charger sa mémoire de ce qui s'est fait dix ou douze ansauparavant, pour comprendre ce qu'il voitreprésenter: mais celles qui se font des choses qui arrivent & se passent derriére le Théatre, depuis l'action commencée, font toujours un meilleur effet, parce qu'elles sont attendues avec quelque curiosite, & font partie de cette action qui se représente. Unedes raisons qui donne tant d'illustres susfrages à Cinna pour le mettre au - dessus de ceque j'ai fait, c'est qu'il n'y a aucune narration du passé, celle qu'il fait de sa conspiration à Æmilie, étant plutôt un ornement qui chatouille l'esprit des Spectateurs,qu'une instruction nécessaire de particularités qu'ils doivcnt savoir & imprimer dansleur mémoire pour l'intelligence de la suite. 568 TROISIE'ME DISCOURS. Æmilie leur fait assez connoître dans lesdeux prémiéres scénes qu'il conspiroit contre Auguste en sa faveur, & quand Cinnalui diroit tout simplement que les conjuréssont prêts au lendemain, il avanceroit autant pour l'action, que par les cent vers qu'ilemploie à lui rendre compte, & de ce qu'illeur a dit, & de la maniére dont ils l'ontreçû. Il y a des intrigues qui commencentdès la naissance du Héros, comme celle d'Héraclius; mais ces grands efforts d'imagination en demandent un extraordinaire àl'attention du Spectateur, & l'empêchentsouvent de prendre un plaisir entier aux prémiéres représentations, tant elles le fatiguent.


10 - Von den Trauerspielen /

Ich weis, daß die BrkennungErkennung eine große Zierdeder Trauerspiele ist. Aristoteles sagt es. Allein es ist auch gewiß, daß sie ihre Unbequemlichkeiten hat. Die Italiäner sind größtentheils sehr eifrig darnach, und sie verlieren oft durch ihr großes Bestreben darnach, die schönsten Gelegenheiten zu erhabnen Gesinnungen, welche viel beträchtlichere Schönheiten haben würden. Dieses sehen wir offenbar in dem Tode des Crispus, welchen Johann Baptista Ghirardel234 II. P. Corneille zweyte Abhandlung,li, einer von ihren witzigsten Köpfen verfertiget hat.Er ist in Rom 1653 gedruckt worden. Er hat seine Geburt darinne dem Constantin nicht wissen lassen,und hat bloß einen großen Feldherrn aus ihm gemacht,den er erst, nachdem er ihn hat hinrichten lassen, fürseinen Sohn erkennet. Dieses Stück ist so voller Witz und schöner Gesinnungen, daß es Aufsehen genug machte, wider seinen Verfasser schreiben zu können, und es zu beurtheilen, so bald es ans Licht trat. Aber was für weit schönre Züge, als alle die sind, mit welchen er sein Stück ausgeputzt hat, hat ihn diese unnöthige Verbergung der Geburt, die so gar mit der bekannten Wahrheit der Geschichte streitet, nicht entzogen! Constantin würde in ganz andern Verwirrungen, in ganz andrer Unentschließigkeit und Angsthaben seyn müssen, wenn er das Todesurtheil wider seinen Sohn hätte sprechen müssen, als da er es nur wider einen glücklichen Soldaten spricht. Die Ungerechtigkeit würde dem Crispus an seinem Vater vielempfindlicher gewesen seyn, als sie ihm an seinemHerrn ist. Als Sohn würde das Verbrechen, das man ihm Schuld gab, weit größer geworden seyn, und die Betrübniß, sich von seinem Vater desselbenschuldig gehalten zu wissen, würde bey ihm viel weiter gegangen seyn. Fausta selbst würde mehr innerlichen Kampf empfinden, wenn sie eine Blutschandeunternehmen sollte, als da sie sich nur zum Ehebrucheentschließt; ihre Reue würde viel heftiger, und ihreVerzweiflung viel gewaltsamer gewesen seyn. Allediese Vortheile aber hat der Verfasser aufgegeben, weiler seinen Stoff nicht auf die Art hat ausführen wollen,wie ihn zu unsern Zeiten der Jesuite Stephoniusvon den Trauerspielen insbesondre. 235 ausgeführet hat, und wie die Alten die Geschichte des Sippolyts abgehandelt haben. Er glaubte sich dadurch, nach der Meynung des Aristoteles, eine Stufehöher zu schwingen, aber, ich weis nicht, ob er nicht vielmehr weit unter die, die ich itzo genannt habe, gesunken ist.


11 - Von den Trauerspielen /

Obgleich die Handlung des dramatischen Gedichts ihre Einheit haben muß, so muß man doch zwey Theiledabey beobachten, die Verwicklung und die Auflösung. Die Verwicklung besteht, nach dem Aristoteles, theils aus dem, was außer der Bühne vor Anfang der Handlung, die man beschreibt, vorgefallen ist, theils aus dem, wasin dem Stücke wirklich vorgeht; das übrigegehört zur Auflösung. Die Veränderung eines Glücks in das andre macht die Theilungdieser beyden Theile. Alles was vor dieser Veränderung vorher geht, gehört zum ersten, und die Verändrung selbst nebst dem, wasdarauf folgt, gehören zum andern. Die Ver von den drey Einheiten. 553wicklung hanget gänzlich von der Wahl und ämsigen Einbildung des Dichters ab, und man kann keine Regeln darvon geben, außer, daß er alles nach dem Wahrscheinlichen und Nothwendigen, wovon wir inder zweyten Abhandlung geredt haben, einrichtenmüsse: diesem füge ich noch einen guten Rath bey;daß er sich mit dem, was vor der Handlung geschehen, so wenig als möglich zu thun machen muß. Die Erzählungen desselben sind gemeiniglich zur Last, weil sie unerwartet kommen, und dem Geiste der Zuschauerallzuvielen Zwang anthun, die ihr Gedächtniß mit dem beschweren müssen, was zehn oder zwölf Jahr vorher geschehen ist, wenn sie das, was jetzo geschehen soll, verstehen wollen. Die Erzählungen abervon dem, was wirklich hinter der Bühne geschieht,thun allezeit eine bessere Wirkung, weil sie mit Neugier erwartet werden, und einen Theil der vorgestelltenHandlung ausmachen. Eine von den Ursachen, diedem Cinna so vielen hohen Beyfall verschafft haben,und ihn über alles, was ich gemacht habe, setzen, ist,daß keine einzige Erzählung von dem Vergangenen darinne vorkommt; denn die Erzählung, die er von seiner Verschwörung der Aemilia macht, ist vielmehr eine Zierde, die den Witz der Zuschauer kützelt, als eine nothwendige Erklärung besonderer Umstände, die sie wissen und behalten mußten, wenn sie das übrige verstehen wollten. Aemilie giebt ihnen in den zwey ersten Auftritten genugsam zu verstehen, daß er ihr zu Gefallen sich wider den August verschworen habe, und wenn ihr Cinna bloß und allein sagte, daß sich die Verschwornen auf Morgen fertig hielten, so würde es für die Handlung eben so viel seyn, als daß er ihr 554 II. P. Corneille dritte Abhandlung, in hundert Versen von dem, was er ihnen gesagt, und von der Art wie sie ihn empfangen, Rechenschaft giebt. Es giebt Verwicklungen, die mit der Geburt des Helden anfangen, wie im Heraclius; allein diese besondern Anstrengungen der Erfindungskraft, erfodern auch eine besondre Anstrengung der Aufmerksamkeit bey den Zuschauern, und matten sie so sehr ab, daß sie oft verhindern werden, das ganze Vergnügen der ersten Vorstellungen zu empfinden.


12 - La Poésie Dramatique /

Un vieillard sotement vain changera son nom bourgeois d'Arnolphe en celui de Monsieur de la Souche, & cet expédient ingénieux fondera toute l'intrigue, & en amenera le dénouement d'une maniere simple & inattendue: alors ils s'écriront, à merveilles! & ils auront raison. Mais si sans aucune vraisemblance, & cinq ou six fois de suite, on leur montre cet Arnolphe devenu le confident de son rival & la dupe de sa pupille, allant de Valere à Agnès, & retournant d'Agnès à Valere, ils diront: ce n'est pas un Drame que cela, c'est un Conte; & si vous n'avez pas tout l'esprit, toute la gaieté, tout le génie de Moliere, ils vous accuseront d'avoir manqué d'invention, & ils répéteront: c'est un Conte à dormir.


13 - La Poésie Dramatique /

L'imagination, voilà la qualité sans laquelle on n'est ni un Poëte, ni un Philosophe, ni un homme d'esprit, ni un être raisonnable, ni un homme.


14 - La Poésie Dramatique /

Qu'est-ce qu'il y a là-dedans? Point d'esprit, mais des choses d'une vérité si grande, qu'on se persuaderoit presque qu'on les auroit trouvées comme Homere. Pour nous, qui connoissons un peu la difficulté & le mérite d'être simple, lisons ces morceaux; lisons-les bien, & puis prenons tous nos papiers & les jettons au feu. Le génie se sent, mais il ne s'imite point.


15 - La Poésie Dramatique /

Nous ne confondrons, ni vous ni moi, l'homme qui vit, pense, agit, & se meut au milieu des autres; & l'homme enthousiaste qui prend la plume, l'archet, le pinceau, ou qui monte sur ses treteaux. Hors de lui, il est tout ce qu'il plaît à l'art qui le domine. Mais l'instant de l'inspiration passé, il rentre & redevient ce qu'il étoit; quelquefois un homme commun. Car telle est la la différence de l'esprit & du génie, que l'un est presque toujours présent, & que souvent l'autre s'absente.