Suchbegriff: unst
Treffer: 39

31 - /

O Herr! wie veränderlich ist der Mensch? was für eine Gebrechlichkeit zeiget sich in diesem Fleisch und Blut, und wie sehr beschweret sie unsere besten Kräfte? die Gnade, die göttliche Gnade allein kan den unsterblichen Funken in uns lebendig erhalten, der zuerst vom Himmel gekommen, und unsere Herzen zuerst sich erheben, und aufwärts schwingen gemacht. Erhalte und vollführe dein eigen Werk, o allmächtige Gnade.


32 - /

Auf deine ewige Wahrheit und Ehre verlasse ich mich gänzlich; bin ich betrogen, so bin ich betrogen; die Engel und Erzengel sind es auch; sie erwarten, wie ich, ihre Unsterblichkeit und Seligkeit nur von deiner Wahrhaftigkeit; sie gründen alle ihre Hofnung auf deine Güte und Unveränderlichkeit; wenn die fehlet, so verschwindet das himmlische Paradies, und alle seine Herrlichkeiten sind dahin; die güldenen Palläste sinken, und die Thronen der Seraphinen müssen wanken und fallen. Wo sind euere Kronen, ihr auserwählte Geister? Wo sind euere Gesänge und Triumph-Lieder, wenn die Treue Gottes fehlen kan? Eine blosse Möglichkeit dessen würde die Felder des Lichts verfinstern, und die liebliche Stimme der Freuden in Traurigkeit und Wehklagen verwandeln.


33 - /

Lasset Gott, auf den ich mich berufen darf, lasset Gott, meinen grossen Richter hier Zeuge seyn! Decke du meine Seele in ihrem innersten Grunde auf, so wirst du keinen Mitbuhler, kein Bild, als dein eigenes finden. So gewiß liebe ich dich, daß ich meineUnsterblichkeit und ewige Wohlfahrt auf diese hohe Wahrheit setzen dürfte.


34 - /

So laßt mich meine Seele verpflichten - - und o! gebt Zeugniß, ihr himmlischen Diener, (denn ihr umringet und heiliget den Ort, wo heilige Gelübde Gottgeweihte Herzens-Gespräche gen Himmel aufsteigen,) gebt Zeugniß, wann wir an den Ufern der Unsterblichkeit, wie es bald geschehen wird, zusammen kommen; seyd ihr meine Zeugen! dann die feyerliche Stunde nahet heran, da ich entweder mit triumphirender Freude, oder gröster Bestürzung euer freundliches Lob, oder gerechte Bestrafung hören werde: euere gerechte Bestrafung, wann ihr mich falsch befindet; wann dieses zärtliche Herz, durch irdische Reitze bestricket, untreu werden, und seine heilige Gelübde, und reine Flamme beflecken solte.


35 - /

Ihr zaudernde Monathe, und saumseligen Jahre, fliehet geschwinder, und bringet den verheissenen Tag, da alle meine Hofnung wird erfüllet werden; da das glänzende Antlitz, welches jene umhüllende Wolken verbergen, mit ewiger Gnade anbrechen wird; mit Gnade und Huld, die unsterbliches Leben und unvergängliche Freude gewähret. O selige Zeit! warum wirst du so lange aufgeschoben? ich breite deine scheinende Flügel aus, und lasse die träge Minuten in ihrem verdrießlichen Laufe dahinten.


36 - /

O mein Gott! Mein Herz, Sinn und Gemüthe richtet sich zu dir. Ich komme zu dir, ja! zu dir allein. Kein Mensch, kein Geschöpfe in der Welt, ja auch kein Engel, oder sonst etwas hat mich gemacht. Keine Creatur hat mich erlöset, noch mir helfen, oder nach dem kläglichen Sündenfalle mich wieder aufrichten, und zu der verlohrenen Gerechtigkeit und Herrlichkeit bringen können. Es kan und wird mich auch keine vor deinem Richter-Stuhle lossprechen, noch mir meine Sünden vergeben, und mich aus den Händen deiner Straf-Gerechtigkeit erretten. Keine wird meiner Seele zu einem völligen und vollkommenen Heyl und Theil seyn. Keine kan dem unendlichen Verlangen meines unsterblichenGeistes mit Zuwendungen einer hinlänglichen, d. i. ewigen und unermeßlichen Glückseligkeit ein Genügen thun. Es ist mir nicht unbewust, was sie versprechen, und was sie leisten können. Ich habe ihnen bisher zu viel getrauet, und zu lange gefolget. Ach wäre es doch weniger geschehen! Ob ich gleich zu deinem Preise mit gröster Dankbarkeit bekennen muß, daß mir deine Barmherzigkeit zeitig ihre Betrüglichkeit entdecket, und mein nachforschend und begieriges Gemüthe zu dir gezogen hat. Dir übergebe ich mich demnach, denn ich bin dein eigen. Dir unterwerfe ich alle die Kräfte des Geistes, Seelen und Leibes, dann du bist mein rechtmäßiger Herr. Von dir empfange ich mit Uebergabe verbindlichstem Danke alle die Wohlthaten und Erquickungen meines Lebens. Von dir allein erwarte ich meine wahre Glückseligkeit und vollkommene Vergnügung. Dich zu erkennen, dich zu lieben, in dir mich zu belustigen, muß entweder meine Seligkeit seyn, oder ich muß gar keine bekommen. Der geringe Vorschmack dieser Süßigkeit, welchen meine durstige Seele gehabt hat, sagt mir und überzeuget mich, daß keine andere wahre Freude zu finden. Ich fühle, daß du mein Gemüthe gemacht hast, dich zu erkennen; ich empfinde, daß du mein Herz gemacht, dich zu lieben, meine Zunge dich zu preisen, meinen Mund, dich zu loben, meinen Geist, dich im Geiste anzubeten, und alles, was ich bin und habe, dir zu dienen. Selbst an den schmachtenden Begierden und Bewegungen meiner Seele merke ich, daß du, ja, du allein ihr Ruhepunkt bist. Und obgleich meine Liebe noch weit von ihrem Ziel, von ihrer Vollkommenheit und dem höchsten Grade der Liebe entfernet, so ersehe ich doch was ihr Zweck sey, und wo sie gerne seyn möchte. Sie befindet sich ausser ihrem Elemente, und es wird ihr nicht eher wohl seyn, bis sie näher zu dir komme, bis sie dich besser erkenne, und dich mehr liebe. Sie liebet sich selbst, aber nur um deinet willen, und nur in so weit billiget sie die Selbstliebe, als sie dich zum Anfang, Mittel und Ende hat. Sie ist ihrer selbst überdrüßig als einer beschwerlichen Bürde, und toden Sache, wann sie keine sehnsucht-volle Triebe nach dir verspüret. Wärest du in der einsamsten Wüste zu finden, so würde sie dich aufsuchen oder an den äussersten Theilen der Erde, so würde sie dir nachgehen. Deine Gegenwart erfüllet den schlechtesten Ort mit an den dreyeinigen Gott. Wonne und Herrlichkeit. Dein Umgang machet ein geheimes Zimmer, oder einsamen Wald und Feld zu einer freudenreichen und himmlischen Wohnung, eine Einöde zu einem Eden.


37 - /

Und dir, o Heiliger Geist, der du von Ewigkeit her von dem Vater und Sohne ausgehest, als die sich mittheilende Liebe, der du dich herunter lässest, die Glaubigen und Auserwählten GOttes vollkommen zu machen, dir empfehle und überliefere ich diese finstere und unvollkommene Seele, sie fernerweit zu erneuern, befestigen und vollenden, vermöge des heiligen BunUebergabedes. Ach würdige sie doch deiner Einwohnung und Bewürkung. Belebe sie mit deinem Leben, bestrahle sie mit deinem Lichte, und heilige sie in deiner Liebe und Wahrheit. Laß sie deine heilige Würkungen, rein, lauter, kräftig und beständig geniessen. Und obgleich die Art und Weise dieses heiligen Einflusses alle menschliche Vernunft und Fassung übersteiget, so laß mich doch ihr würkliches Wesen, und ihre heilsame Kraft erkennen, durch diese selige Würkungen. Du bist der Seelen mehr, als die Seele dem Leibe, als das Licht denen Augen. O laß doch nicht meine Seele, als einen todten Leichnam, der deines Lebens ermangelt. Laß sie nicht ohne deine Bewegung fühllos, wie ein Stock und Block. Wann ich bedenke, was ich ausser dir gewesen bin, so besorge ich sehr, ich möchte deine Gnade verlieren, und dir Anlaß geben, sie mir zu entziehen. Ach leider! ich fühle, ich fühle täglich, daß ich zu allem Guten todt, und alles Gute mir todt seye, wann du nicht das Leben von allem bist Lehren und Bestrafen, Wohlthaten, Ahndungen, ja das Evangelium selbst, und die besten Bücher und Predigten sind mir wie todt, weil ich ihnen todt bin. Ja GOtt selbst kommt mir so vor, als wäre er nicht GOtt, Christus, als wäre er nicht Christus, und der Himmel, als wäre er nicht der Himmel, und die klärsten Beweisthümer der heiligen Schrift, als zweifelhaft und ungegründet, wann du sie nicht in ihrer Kraft, und in ihrem Lichte meiner Seelen fürstellest; eben, wie alle Herrlichkeit der Welt ausser ihrem Lichte, wodurch sie gesehen wird, nichts zu seyn scheinet. O du, der du angefangen, und mir diese himmlische Regungen und Bewegungen, undBegierden, welche Fleisch und Blut nicht geben kan, an den dreyeinigen GOtt. geschenket hast, laß doch nicht zu, daß meine Thorheit diese Funken ersticke, oder mein thierisches Fleisch dich vertreibe, noch die Kräfte der Höllen einen solchen himmlischen Saamen unterdrucken. Verzeihe mir doch die vorsetzliche Thorheit und Hartnäckigkeit, welche deiner Gnade schnöder Weise widerstrebet, und weiche nicht von einer undankbaren und sündhaften Seele. Ich erinnere mich mit Schaam und Schande, und mit einiger Reue und Schmerzen, wie ich deine Bewegungen oftmals mit Wissen und Willen gehemmet habe. Ach, strafe mich nicht mit Verlassung, und übergib mich nicht mir selbsten, oder dem bösen Feinde. Stehest du nicht im Bunde mit mir, als mein Heiligmacher, mein Helfer, mein Tröster? Ich habe dieses grosse Werk nicht vor mich selbst unternommen, sondern mit dem Bedinge, daß du es in mir würken soltest. So stehe mir dann kräftig bey, und führe meine Sache wider alle meine Feinde. Sey du der Urheber meiner Gebeter, der Geist meiner Kindschaft, das Siegel GOttes, und das Pfand meines Erbes. Laß meine Nächte nicht so lange, und meine Tage nicht so kurz seyn, noch die Sünde diejenigen Strahlen verfinstern, welche meine Seele öfters erleuchtet haben. Ohne dich sind die Bücher sinnlos, das Studiren ein Traum, die Gelehrsamkeit ein Zündwurm, und Witz eitel Thorheit und Geprahl. Schreibe die heilige Wahrheiten und Gesetze der Schrift in mein Gemüthe, gieß deine Liebe reichlich in mein Herz, damit es von Liebe leben, und einen Strohm von Buß-Thränen vergiessen möge. Lehre mich das Werk, das ich im Himmel treiben muß. Erquicke meine Seele mit den ErgötzlichkeiUebergabe an den dreyeinigen GOtt.ten eines heiligen Lebens, und der Freude, die aus der glaubigen Hofnung der ewigen Freude entstehet. Uebe mein Herz und Zunge in dem Preise GOttes, und seiner Vollkommenheiten. Stärke mich im Creutz und Leiden, und hilf mir die Schrecken desTodes und der Hölle besiegen. Mache mich desto himmlischgesinnter, je näher und geschwinder ich zu dem Himmel eile, und laß meine letzten Gedanken, Worte und Werke auf Erden, denen am nächsten kommen, und gleichesten werden, die ich zuerst in dem Stande der herrlichen Unsterblichkeit haben werde, wo GOtt alles und in allem seyn wird, von welchem, durch welchen, und zu welchem alle Dinge sind: und wo ich ihm mit den himmlischen Heerschaaren ein ewiges Hallelujah anstimmen, und freudenvoll ausrufen werde: Preis und Ehre, Ruhm und Herrlichkeit sey dem dreyeinigen GOtt, der mich geschaffen, erlöset, und verherrlichet in die Ewigkeit der Ewigkeiten: Amen! Amen! Amen!


38 - /


Wann ihr voll von froher Liebe seliger Unsterblichkeit,

39 - /


Einen Leib, der rein und herrlich, und unsterblich anzuziehn.