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Alexius Czaarowiz, der Sohn des großen Peters, welcher, wie man saget, eben so, wie sein Vater, eine Sclavinn heirathete, und eben so, wie er das Reich heimlich verließ, hatte in diesen zwey Unternehmungen nicht gleiches Glück, und es kostete vom Czaar Peter, dem großen. dem Sohne das Leben, daß er dem Vater zur Unzeitnachgeahmet hatte. Dieses war eines der schrecklichsten Beyspiele der Strenge, welches jemals von der Höhe des Thrones ist gegeben worden. Es ist aber dem Andenken der Catharina nicht wenig rühmlich, daß sie an dem Unglücke dieses Prinzen, welcher aus einer andern Ehe erzeuget war, und nichts liebte, was sein Vater liebte, keinen Theil hatte. Man konnte sie nicht anklagen, daß sie als eine grausame Stiefmutter gehandelt habe. Das große Verbre chen des unglücklichen Alexius war, daß er allzusehr rußisch war, und alles misbilligte, was sein Vater großes und unsterbliches zur Ehre seines Volkes that. Als er einmal verschiedene Moscowiter sich über die unerträgliche Arbeit beklagen hörte, welche ihnen der Bau von Petersburg machte, sagte er zu ihnen:Tröstet euch; diese Stadt soll nicht lange dauern. Wann er seinem Vater in Reisen von fünf bis sechs hundert Meilen, dergleichen der Czaar oft unternahm, folgen sollte, so stellte er sich krank. Man purgierte ihn trefflich, einer Krankheit wegen, die er nicht hatte; so daß die vielen Arztneyen, nebst dem häufigen Aquavite, seiner Gesundheit und seinem Geiste nicht wenig schadeten. Er hatte Anfangs Neigung etwas zu lernen; er verstund die Meßkunst, die Geschichte, und die deutsche Sprache, allein er liebte den Krieg nicht, und wollte ihn auch nicht lernen, worüber ihm der Vater die meisten Vorwürfe machte. Man hatte ihn mit einer Prinzeßinn von Wolfenbüttel verheirathet, eine Schwester der Kaise rinn, der Gemahlinn Carls des VIten im Jahre 1713. Diese Heirath schlug unglücklich aus. Die Geheime NachrichtenPrinzeßinn sah sich oft für Ausschweifungen in Branntewein, und für Afrosinen, einer großen, wohlgewachsenen und sehr sittsamen Finnländerinn, verlassen. Man will, die Prinzeßinn sey vor Verdruß gestorben, wenn man anders aus Verdruß sterben kann, und der Czaarowitz habe im Jahre 1713 Afrosinen heimlich geheirathet; gleich zu der Zeit, als die Kaiserinn Catharina ihm einen Bruder gab, den er lieber nicht gehabt hätte.


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Der Leser wird hier einen in dem Fleische wohnendenGeist göttlich entzücket finden, gleich denenEngeln und leiblosen Seelen. Ihre heftige Liebe entzündet sich bey jeder Gelegenheit, und steiget über die Gränzen der Sterblichkeit. Ich habe kaum jemals gottselige Schriften angetroffen, welche uns ein Beyspiel geben von einer Seele, die zuweilen so weit über alles, was nicht unsterblich und göttlich hinaus gewesen ist.


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Je näher ich zu der Unsterblichkeit hinan komme, je weiter und geraumer finde ich den Grund der Freundschaft und des Wohlmeynens in meiner Seele: daher entspringen die aufrichtigsten Wünsche für Ihre Glückseligkeit, und die Wohlfahrt der liebsten Pfänder, so Ihnen Ihre Liebwertheste Henriette hinterlassen. Ach, Mylord, wann Sie Ihrer Pflicht treulich ein Genügen thun wollen, so behalten Sie dieselbe stets unter Ihrer eigenen Aufsicht.


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Ich bin nun an dem letzten und wichtigsten Theil des menschlichen Lebens; in kurzem werde ich an denen Küsten der Unsterblichkeit anländen, wo alles neu, unbekant und erstaunend ist. Aber so finster die Ueberfahrt scheinet,


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Wie dauerhaft ist das Band der Tugend und Vernunft! Ich hoffe nur noch wenig Tage, oder zum höchsten nur noch einige Wochen zu leben, und sterbend ihnen diesen Beweißthum meiner Freundschaft zu geben: einer Freundschaft, welche ich mich nicht schäme, in die heilige Gegend des Lichts und der Liebe mit mir zu nehmen. Wäre meine Zuneigung auf etwas anderst als wahres Verdienst gegründet gewesen, so würde sie erloschen seyn zu einer Zeit, wann alle andere Vortheile verschwinden. Es macht mir ein ungemeines Vergnügen, einige der letzten Augenblicke meines Lebens zum Umgang mit einer so gut gesinnten Person, wie sie, anzuwenden. Ich finde eine ungewöhnliche Neigung undZärtlichkeit für meine Bekanten, von welchen ich nun scheide: die Liebes-Triebe meiner Seelen sind alle rege, und scheinen geschickt zu jenen friedfertigen Gegenden, wohin ich jetzo gehe. Ich habe jüngsthin so viele Zufälle von einem Schlagflusse gehabt, daß ich in Wahrheit glaube, diese sterbliche Hütte sincke, und der Staub kehre wieder in den Staub, woher er gekommen: aber mich deucht, ich fühle, wie sich in den edleren Kräften meinerSeeleLeben und Unsterblichkeit entzünde.


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Sie fande auch keinen Geschmack an denen unLebens-Beschreibungschmackhaften Neuigkeiten und Romanen, angesehen sie mit unanständigen Bildern angefüllet, welche dieEinbildungskraft und Keuschheit beschmützen. Die Ergötzungen der Engl. Schaubühne, sonderlich dieTrauerspiele würde sie gewiß geschätzet haben, wenn sie dieselbe nur hätte für unschuldig halten können; aber so wenig deuchten ihr unanstößig, daß sie rathsam erachtete sich derselben zu enthalten, indem sie ihrem Urtheil nach, nur dieneten, unreine Sitten zu befördern, und die Gottseligkeit verächtlich und lächerlich zu machen. Die angebohrene Hoheit ihrer Seelen ließ ihr nicht zu, in Speisse unmäßig zu seyn, massen sie es für etwas einem vernünftigen Wesen, das zur Unsterblichkeit gebohren, ungeziemendes hielte. Sie begnügte sich allezeit mit dem, was sie auf ihrem Tische fande; und sahe eben nicht sonderlich weder auf die Gattung der Speise, noch auf die Art der Zurichtung. Was sie genossen, gebrauchte sie zur Nothdurft, und mit herzlicher Danksagung. Sie machte keine Lustveränderungen mit, und verachtete gänzlich die gewöhnliche unnütze Besuchungen, welche sie vermiede, so viel nun der Wohlstand erlauben wolte.


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Sie schrieb keine Vorrede zu einigem ihrer Werke, um des Lesers Gunst dadurch zu gewinnen, und ließ ihre Freunde auch keine Lobsprüche beyfügen. Sie wolte auch nicht einmal ihren Namen vor einiges derselben setzen lassen, ausgenommen vor einigen Gedichten in ihren jungen Jahren. Und obgleich dieses Anlaß gab, daß man verschiedene ihrer Werke andern zuschrieb, so veränderte sie doch nicht ihre Bescheidenheit. Als sie sich entschlossen, die Freundschaft im Tod an das Licht zu stellen, zeigte sie die Handschrift nur einer einzigen Person, auf deren Verschwiegender Frau Elisabeth Rowe.heit sie sich verlassen konte, und nachdem solche auf ihr Verlangen das Werk mit ihrer eigenen Hand abgeschrieben, sandte sie es an D. Young, den sie nur aus seinen Werken kante, und richtete die Zueignung an ihn, der Hofnung, daß wann es unter seinem Namen erschiene, alle ihre Bekannten sich einbilden würden, es wäre etwan von einem Freund dieses berühmten Dichters verfertiget worden. Und da die unnachahmlicheSchönheiten ihrer Schreibart die wahre Verfasserin entdeckten, und man es durchgehends bewunderte, so hielte sie doch immer zurück, und suchte es von sich abzulehnen, so viel die Wahrheit gestatten wolte. Sie bestrebte sich auch sogar, die ihrer Asche schuldige Ehre, und Andenken nach dem Tod abzuwenden; dann da sie aus ihrem geschriebenen Buch einige gottselige Uebungen zum Druck nach ihrem Tode aussuchte, ließ sie sorgfältigst die Theile aus, welche ihre unerhörte Gutthätigkeit und andere Tugenden, welche die größte Hochachtung und Ehrfurcht bey der Welt erwecken, offenbahret hätten. Und aus allen Umständen ergibt sich, welchergestalt sie verhüten wollen, daß ihr Lebenslauf nicht bekannt werde, massen sie aus tiefster Demuth solchen unwürdig geachtet, daß er der Welt bekannt gemacht, und zurNachahmung fürgestellet würde. Der nemliche bescheidene Sinn erhellet aus dem Befehl, den sie ihrer Magd schriftlich hinterlassen, worin sie begehret, daß ihr Begräbniß des Nachts unter Begleitung einiger wenigen Freunde geschehen möchte, mit dem ausdrücklichen Zusatz: Schärfet dem Herrn Bowden ein, kein Wort in der Predigt von mir zu sagen. Ich möchte gern in meines Vaters Grabe liegen, und Lebens-Beschreibung keinen Grabstein oder Aufschrift auf meinem schnöden Staub haben, als den ich freudig der Vergessenheit und Verwesung überlasse, bis er zur herrlichen Unsterblichkeit auferstehe.


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Ihren Sinn in Ansehung des heil. Abendmahls entdecket nachstehendes aus ihrer Handschrift: Bey jeder Begehung des Sacraments laß mich meine Stärke erneuern, und mit dem Brod des Lebensunsterbliche Kraft empfangen. Laß mich der Gelübde des HErrn eingedenk seyn, und wenn ich wieder zurück kehre, laß mich meine Wege dir empfehlen. Laß mich vor nichts sorgen, sondern meinen Mangel dir mit Gebet und Flehen vortragen. Laß deiner Fürsehung mich vollkommlich überlassen, und nie kein Mißtrauen in deine Güte und Treue setzen. Laß mein Herz mit der größten Ehrfurcht vor deiner Gegenwart angefüllet seyn, und erhalte mich allezeit in einer ernstlichen Fassung. Laß mich gerecht und barmherzig seyn in meinen Handlungen, und ruhig und ordentlich in meinen Gedanken: und ach, bewache du meinen Mund, und bewahre die Thür meiner Lippen. Laß mich von niemand Uebels sprechen; Laß mich das Ansehen tugendhafter Personen befördern, und in dem Preiß des Verdienstes nicht stumm seyn. Laß meine Zunge die Sprache meines Herzens führen, und mich durch genaueWahrheit und vollkommene Aufrichtigkeit geleitet werden. Laß mich meine Hände weit aufthun für die Mängel der Armen, in völligem Vertrauen, daß mein himmlischer Vater vor die Meinigen Verfügung thun werde; und daß der hohe Besitzer Lebens-Beschreibung Himmels und Erden nicht ermangeln werde, in der Stunde meiner Noth zu ersetzen, was ich um seinet willen dahin gegeben.


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Ich liebe dich - - - So viel kan ich sagen, aber das übrige alles ist unaussprechlich; und ich muß es mit der angenehmen Erzehlung anstehen lassen, bis ich in der Sprache der Unsterblichkeit reden kan: und alsdenn will ich anfangen die entzückende Erzehlung, welche sich niemals endigen, sondern immer von neuen anfangen soll: dann deine Schönheiten, o du Schönster! unter zehen tausenden, werden immer neu seyn, und in meiner Seelen einen frischen Eifer entzünden in alle Ewigkeit. Die geheiligte Flamme wird aufsteigen und keine Gränzen finden, bis deine Vollkommenheiten ein Ende finden.


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Mein preiswürdiger Schöpfer, warum lag ich dir im Sinne, ehe ich ein Wesen hatte? Warum war mir von Ewigkeit her die Unsterblichkeit zugedacht, und meine Geburt in einem Lande bestimmet, das mit denen Strahlen des heiligen Lichts erleuchtet ist? Ich hätte, an statt den allmächtigen Gott zu verehren, die Kräfte der Höllen mit abscheulichen Gebräuchen anrufen können. Aber, da viel tausend in solcher Verblendung verlohren gehen, warum werde ich so gnädig mit Unterschied angesehen? An statt in den schändlichenLastern gottloser Eltern gebohren, und ein Erbe ihres Fluches zu seyn, warum ist mir der Segen gottseliger Vorfahren zu Theil geworden? Warum war ich, da ich keiner Wahl fähig war, dem Gott gewidmet, der Bund hält, und Barmherzigkeit erweiset bis in das tausendste Glied dererjenigen, so ihn fürchten?


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Bringet eure himmlische Harfen her, ihr huldreiche Wesen, die ihr mitten in eurer hohen Glückseligkeit eine gütige Achtung für den Menschen bezeiget: Lehret mich die Sprache des Paradieses, die Red-Art derUnsterblichkeit. Doch, o! es ist alles zu schwach, selbst die Seraphinen können mit ihrer Zunge nicht aussprechen, was ich meinem Erlöser schuldig bin: von was für einem Elend hast du, mein verehrenswürdiger Heyland mich erlöset; von Irrthum, vonSünde, von Stricken und Tod, von höllischen Ketten, ewigen Schrecken, und der schwarzen Finsterniß für immer und ewig.


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Aber was habe ich ausgesagt? darf ein Sterblicher diese kühne Worte sprechen? Können schnöde Menschen so herrliche Anforderungen machen? Du selbst kanst nicht mehr geben: du, der du deine eigene Seligkeit, und die Freuden-Quelle aller deiner Geschöpfe bist; bey dir sind die Ursprünge des Vergnügens, und in deiner Gegenwart ist die Fülle der Freuden: UnsterblichesLeben und Glückseligkeit fliessen von dir, und diejenigen müssen nothwendiger Weise selig seyn, welche mit deiner Gnade umgeben; du bist ihr Gott, und du bist mein GOtt in die Ewigkeiten.


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Aber wird der Herr für ewig verstossen? will er nicht mehr gnädig seyn? Hat Gott seine Güte wirklich vergessen? Will er mein Gebet ewig ausschliessen? und soll ich meinen Schöpfer nimmermehr sehen? Sollen mir diese Gnaden-Blicke nicht mehr gegönnet werden, welche die Einwohner des Himmels mit unaussprechlicher Freude erfüllen? Jene holden Blicke, welche die himmlische Gegend erleuchten, droben einen ewigen Tag machen? So haben denn diese unglückselige Augen das Licht vergeblich erblicket; und ich besitze vergebens vernünftige Kräfte, und ein unsterbliches Grundwesen: ach wozu wird es mir dienen, als zu einem ewigen Fluch, wenn ich das Angesicht Gottes nimmermehr schauen soll?


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Weichet von mir, ihr Verfluchten: o laß mich niemals deine Stimme diese erschreckliche Worte aussprechen hören. Mit was für Schrecken würde dieser Ausspruch mein Herz durchdringen, wenn sein Donner in meinen Ohren erthönete? Ach! verwandle mich vielmehr in mein ehemaliges Nichts, und mache durch ein mächtiges Wort meinem Wesen ein Ende. Wer kan das unerträgliche Gericht ausstehen, von dir geschieden und mit der Unsterblichkeit gestrafet zu werden?


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Wann ich nur hievon reden und schliessen solte, so dürfte ich sagen, was für einen Beweggrund könte die Erde, was könte die Hölle, was könte der Himmel selbst mir fürhalten, meine Seele zur Veränderung ihrer Liebe zu verleiten? Was könten sie gegen ein unendliches Gut in die Waagschale legen? Was könte darauf gethan werden, das der Gunst Gottes das Gleichgewichte hielte? Frage die glückseligen Seelen, welche wissen, was das Licht seines Angesichtes ist, welche aus seinen Gnaden-Blicken Freude über Freude und Unsterblichkeit schöpfen, frage sie, wie hoch sie ihre Ergötzung schätzen; frage sie, was doch wohl im Himmel oder auf Erden einen Augenblick ihrer Seligkeit zuwege bringen oder erkaufen könte; frage einen strahlenden Seraph mitten in der Inbrunst seiner Entzückung, wie theuer er seine Glückseligkeit achte, und wann dieser den Werth wird genennet haben, so laß Erde und Himmel versuchen den meinigen zu wägen. Laßt sie darlegen ihre Lockspeisen, welche die verblendete Menschen zum Verderben verleiten; laßt Reichthum, Ehre, Schönheit und bezaubernde Lust in allen ihren Reitzungen erscheinen, samt dem sinnlichen Vergnügen der gegenwärtigen und vergangenen Zeiten, der Niedlichkeit der Perser und Pracht der Römer; laßt sie die güldenen Minen aufthun, und den glänzenden Rubin herfürnehmen; laßt sie die Adern von Sapphir öfnen, und den in seinem Felsen schimmernden Demant zeigen; leget sie alle in die Waagschale; ach! ihr Gewicht ist zu wenig, und zu leicht - -. Setzet den betrüglichen Schein des Staates, Kayserliche Titel und Zeichen der Majestät hinzu; füget bey alles, was ein unbeschränkter eitler Sinn erdichtet, des Herzens. oder ein ausschweifender Ehrgeitz begehret, Kronen und Scepter, Königlichen Schmuck, und güldne Thronen - -. Die Waagschale steiget noch immer - -. Werft die ganze Welt hinein - -. Es ist nichts wesentliches und leicht, wie leere Eitelkeit.