Suchbegriff: uebe
Treffer: 77

16 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Die Musik der Alten war eine Wissenschaft, die einen weit grössern Umfanghatte, als unsre Musik. Heut zu Tagelehret die Musik blos zwey Dinge; die Composition der musikalischen, oder eigentlich so genanntenGesänge, und die Ausübung dieser Gesänge, es sey nun vermittelst der Stimme, oder vermittelst der Instrumente. Bey den Griechenund Römern aber hatte die Musik ein weit grössers Feld. Sie lehrte nicht allein das, was unsere noch lehrt, sondern sie lehrte auch noch weitmehr Dinge, welche unsere nicht lehrt; es seynun, weil man heut zu Tage einen Theil dieserDinge nicht mehr studirt, oder weil man dieKunst, welche den andern Theil dieser Dingelehrt, zur Musik nicht rechnet, und demjenigenalso, der sie treibt, den Namen eines Musicusnicht beylegt. In dem Alterthume war dieDichtkunst eine von den Künsten, welche mitunter der Musick begriffen wurden, und die Musikwar es folglich, welche, Verse von einer jeden du Bos,Art zu machen, lehrte. Die Tanzkunst, oderdie Kunst der Bewegungen, war gleichfalls einevon den Musikalischen Künsten. Diejenigen also,welche die Schritte und Stellungen unsers Tanzens, oder des eigentlich so genannten Tanzenslehrten, welches ein Theil von der Kunst derBewegungen war, wurden Musici genannt. Endlich lehrte auch die Musik der Alten die blosseDeclamation in Noten zu setzen und zu schreiben,welches man heut zu Tage nicht mehr verstehet.Aristides Quintilianus hat uns ein vortrefliches Buch über die Musik, in griechischerSprache, hinterlassen. Er lebte unter der Regierung des Domitianus oder Trajanus, wieMeibom, welcher das Werk, wovon ich rede, mit der lateinischen Uebersetzung drucken lassen,aus guten Gründen schließt. Diesem Aristideszu Folge, erklärten die meisten Schriftsteller,welche vor ihm geschrieben hatten, die Musikals eine Kunst, welche die Stimme zu brauchen, und alle Bewegungen des Körpers mitAnmuth zu machen lehre. (*) Τεχνηπρεποντοςἐνφωναιςκαικινησεσι.


17 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Wallis, dieser sowohl wegen seiner Gelehrsamkeit als auch deswegen berühmte Engländer, weil er unter allen Gelehrten zu unserer Zeitam längsten gelebt hat, ließ im Jahr 1699. indem dritten Theile seiner mathematischen Werke,des Porphyrius griechischen Commentar über desPtolemäus Bücher ἁρμονικων drucken, welchemer eine lateinische Uebersetzung und Anmerkungenbeyfügte. Wenn man diesen Commentar lieset, so sieht man, daß die Alten überhaupt alle Wirkungen, deren die Stimme fähig ist, in zweyArten eingetheilet haben. Proximo statim locoexhibet ipsas vocis differentias. Duplex enimest hujusce motus, continuus qui dicitur, &Diastematicus. Continuus quidem, quo indu Bos,ter nos colloquimur, qui & eodem sensu sermocinalis dicitur. Diastematicus vero quo canimus & modulamur, tibiaque & cithara ludimus, unde Melodicus dicitur. (*) Hierauf handelt der Verfasser von dem Unterschiede, der sich in dem Klange der Stimme befindet. Der eine Klang der Stimme ist der stetige, (continuus) derjenige nehmlich, welchen dieStimme im gemeinen Reden formiret, undden man auch deswegen den gesprächmäßigennennet. Der andre heißt der melodische, welcher nach gewissen Intervallen eingerichtetist, und ist derjenige, den die hören lassen, welche singen oder eine Modulation ausführen, und den diejenigen nachahmen, welche Instrumente blasen ober spielen. Hierauf erklärtPorphyrius den Unterschied weitläuftig, welcher sich unter diesen beyden Arten der Stimme befindet, und fügt endlich hinzu. Diesesist der Grundsatz, welchen Ptolemäus zum Anfange seiner Betrachtungen über die Harmoniefestsetzt, und welcher, überhaupt zu reden, ebenderselbe ist, den die Schüler des Aristoxenusangeben. Cum igitur ab Aristoxeneis prope omnibus hæc tradantur, statim ab initiotractationis de Harmonica Ptolemæus eadempostulat. Wir haben schon gesagt, wer Aristoxenus gewesen. Und also war die Eintheilungder Stimme in die stetige, und in die melodische, (*) Proph. in Hypomnem. ad Harm. Ptol. cap. I. p. 149.von den theatr. Vorstell. der Alten.oder in die abgemessene und in ihrer Fortschreitung gewissen Intervallen unterworffene Stimme, einer von den ersten Grundsätzen der musikalischen Wissenschaft. Und nun wollen wir sehen, daß dieser melodische Klang der Stimme, oder die Melodie wiederum in zwey Gattungengetheilt ward, nehmlich in Melodie, die eineigentlich so genannter Gesang war, und in Melodie, die nichts als eine blosse Declamation war. Martianus Capella sagt: der Klang derStimme kann in zwey Arten eingetheilet werden; nehmlich in den stetigen und in den nachgewissen Intervallen abgetheiten Klang. Derstetige ist der Klang der einfachen Aussprachebey gewöhnlichen Unterredungen. Der abgesonderte aber ist der Klang der Aussprache eines Menschen, welcher eine Modulation ausführet. Zwischen diesen zwey Arten ist nocheine mittlere Art, welche etwas von der stetigenund etwas von der abgetheilten hat. DieserMittelklang der Stimme ist nicht so unterbrochen als der Gesang; er fließt aber auch nichtso in einem fort, als der Klang eines gemeinenGesprächs. Die Stimme macht diesen Klangalsdenn, wenn sie dasjenige ausspricht, waswir Carmen nennen. (*) Nun aber, wiewir weiter unten sagen werden, bedeutete Carmen, eigentlich die abgemessene Declamationder Verse, die nicht gesungen wurden, wenn(*) Siehe die Noten des Meiboms. S. 351.du Bos,man nehmlich singen in der Bedeutung nimt,die es unter uns hat. (*) Nunc de prima vocevelut de sonitus totius parente, dicemus. Omnis vox in duo genera dividitur, continuumatque divisum. Continuum est velut juge colloquium. Divisum quod in modulationibusservamus. Est & medium quod ex utroquepermixtum, ac neque alterius continuum motum servat, nec alterius frequenti divisionepræciditur, quo pronuntiandi modo carminarecitantur.


18 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Bryennius lehret uns sogar, wie diesermittlere Klang, oder die Declamation, componirt worden. Dieser griechische Schriftstellerist einer von denjeninigen, welche Wallis, nebsteiner lateinischen Uebersetzung, dem dritten Theile seiner mathematischen Werke einverleibt hat. Er sagt aber folgendes. Es giebt zwey Arten des Gesanges oder der Melodie. Die eine ist diejenige, deren die gewöhnliche Art zusprechen fähig ist, und die andre ist der musikalische Gesang. Der Gesang, dessen die gewöhnliche Art zu sprechen fähig ist, wird durchdie Accente componirt; denn naturlicher Weiseerhebt man bald die Stimme im Reden, baldläßt man sie fallen. Der eigentlich so genannte Gesang aber, von welchem in der harmonischen Musik gehandelt wird, ist gewissen Intervallen unterworfen. Er wird durch Töneund Intervalle componirt. Est autem melos, id est cantus, aliud sermocinale, aliudmusicum. Sermocinale enim est illud, quodcomponitur ex vocum prosodiis, naturale enimest inter loquendum intendere & remittere vocem. Musicum autem melos de quo agit Harmonia, est Diastematicum, illud ex Phtongis& Diastematis compositum. (*)


19 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Da wir in unsrer Sprache kein generischesWort haben, welches das Wort canereausdrücke, so wird mir der Leser die häufigen Umschreibungen vergeben, deren ich mich, es zuübersetzen, bereits bedient habe, und deren ichmich noch werde bedienen müßen, um die Zweydeutigkeiten zu vermeiden, in die ich nothwendig fallen müßte, wenn ich das Wort singenschlechterdings, bald für das Ausführen eines musikalischen Gesanges, bald überhaupt für das Ausführen einer in Noten gesetzten Declamationbrauchen wollte.


20 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Non intelligio quid metuat, cum tam bonosfeptenarios fundat ad tibiam. Man kann esbey dem Diomedes nachsehen, warum ich septenarios durch dramatische Verse übersetze (**)


21 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Endlich finden wir auch in einer von denSchriften des Lucians, (*) daß Solon, nachdem er mit dem Scythen Anacharsis von dentragischen und komischen Schauspielern gesprochen, ihn fragt, ob er nicht auch die Flöten undInstrumente bemerkt habe, die sie bey ihren Reden accompagnirt, oder, um es von Wort zuWort zu übersetzen, mit ihnen gesungen hätten.Wir haben oben auch eine Stelle des Diomedesangeführt, die uns bericht et, daß man die Canticaoder Monologen accompagnirt habe. (**) Incanticis autem Pythaules Pythicis respondebat.


22 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Wir wollen uns weiter unten erklären, warum wir Saltator durch Schauspielerübersetzen.


23 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Sobald man einmal einen Begriff von dergetheilten Declamation auf den Bühnender Alten hat, so findet man auch die Beweisedavon in mehr als einem Buche, wo man sievorher nicht wahrnahm, ehe man einige Kenntniß von diesem Gebrauche hatte. Man verstehet zum Exempel nunmehr die Stelle deutlich, wo Sveton sagt, daß Caligula das Singen undTanzen so sehr geliebt habe, daß er sich auch beyöffentlichen Schauspielen nicht enthalten, mitdem recitirenden Schauspieler zugleich zu singen,und mit dem andern, welcher die Gebehrdenmachen mußte, zugleich die Gebehrden zu machen, um diese Gebehrden entweder dadurch zubilligen, oder auch etwas daran zu verbessern. (*)Canendi ac saltandi voluptate ita efferebatur,ut ne publicis quidem spectaculis temperaretquominus & Tragœdo pronuntianti concineret, & gestum Histrionis quasi laudans velcorrigens palam effingeret. Man wird bemerkt haben, daß Svetonius hier die Wortesingen und aussprechen, als gleichgeltendeWorte in der Sprache des Theaters braucht,(*) Suet. in Caio Cæsare.von den theatr. Vorstell. der Alten.und daß er sich auf gleiche Weise der AusdrückeTanzen und Gebehrden machen bedienet. Er thut damit weiter nichts, als daß er den Namen der Gattung der Art beylegt; denn bey denAlten, wie wir schon gesagt haben, war die KunstGebehrden zu machen, eine von den Gattungen,in welchen sich die Kunst zu tanzen theilte. UnserTanzen war gleichfalls nur eine von den Gattungen der Kunst, welche die GriechenΟρχησιςund die RömerSaltatio nennten. Weil aberdie Uebersetzer diese zwey Worte durch Tanzengeben, so sind durch diese Zweydeutigkeit eineMenge falscher Begriffe entstanden. Wir wollensehen, was man hiervon wissen kann.


24 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Dem Athenäus zufolge, war Thelestes derErfinder dieser Art des stummen Spiels, oderdes Tanzens ohne Springe und ohne hohe Schritte, welches ich allhier öfters die Kunst der Gebehrden nennen werde. Ich werde damit nichtsmehr thun, als was die Alten gethan haben,welche ihm gleichfalls diesen Namen oft gaben.Sie nennten es sehr oft Chironomie; welchesWort, wenn man es buchstäblich übersetzt, dasGesetz der Hände bedeutet.


25 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Ich muß hier erinnern, daß ich bey Vergleichung der römischen Münze mit Französischender Berechnung des Budäus (**) nicht gefolgtbin, ob sie gleich, zu der Zeit, als sie dieser gelehrte Mann machte, sehr richtig war. Alleindas Mark Silber, welches zu des BudäusZeiten, noch nicht zu zwölf Franken an gangbarerMünze, gerechnet wurde, galt sechzig Franken, gangbaren Schlages, als ich meine letztere Berechnung machte. (***) Hierauf müssen die Uebersetzer und Ausleger der alten SchriftstellerAcht haben; wie sie denn auch die Summen, vonwelchen ihr Schriftsteller redet, Metall für Metall berechnen müssen, weil das Verhältniß zwischen Gold und Silber nunmehr ganz anders ist, als es zu den Zeiten der römischen Republik war.Zehn Unzen fein Silber galten damals eine Unze(*) Ammian. Marcell. Hist. lib. 14.(**) Unter Francisco I.(***) Im Jahr 1718.du Bos,fein Gold, und wenn man jetzt in Frankreicheine Unze fein Gold bezahlen will, so muß manwohl funfzehn Unzen fein Silber dafür geben.Es giebt so gar in Europa Staaten, wo dasGold noch theurer ist.


26 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Von den spanischen Gelehrten werden wenige unter uns so bekannt seyn, als Johann Huarte, nicht sowohl nach seiner Person, als nach seinem Werke, dessen Uebersetzung wir hier liefern. Denn in Ansehung jener trift der Aus spruch des Seneca, oder wenn man ihn lieber einem Franzosen zuschreiben will, des Herrn de la Bruyere, auch an ihm ein: viele kennt man, undviele sollte man kennen. Unzählige Halbgelehrte haben sich mit ihren Geburts tägen und Sterbestunden, mit ihren Weibern und Kindern, mit ihren Schriften und Schrift chen in die Register der Unsterblichkeit einge schlichen; nur einen Mann, der über die Gren zen seines Jahrhunderts hinaus dachte, der sich mit nichts gemeinem beschäftigte, und kühn genug war, neue Wege zu bahnen, findet man kaum dem Namen nach darinnen, da doch die geringsten seiner Lebensumstände auf den und jenen Theil seines Werks ein sehr artiges Licht werfen könnten. Unterdessen können gleichwohl meine Leser mit Recht von mir ver langen, ihnen davon so viele mitzutheilen, als sich hier und da auftreiben lassen. Jch will es thun; man schreibe mir es aber nicht zu, wenn sie nur allzutrocken und unzulänglich scheinen sollten.


27 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Uebersetzung

28 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Das Buch des Huarte hat, ungeach tet seiner Mängel, auch in Deutsch land unter den Gelehrten so viel Lieb haber gefunden, daß sie aus Mangel an Exemplaren nicht mehr befriediget werden konnten, und in einigen Gegenden ausdrücklich eine neue Aufiage ver langt wurde; wozu sich auch der Herr Verleger sogleich entschloß. Nur wä re es zu wünschen gewesen, daß der sel. Leßing diese neue Auflage noch selbst hätte besorgen koenen. Denn wie könnte ich mir zutrauen, dasjeni ge geleistet zu haben, was dieser scharf sinnige Mann in seinen ältern Jahren gewiß geleistet haben würde, da er die se Uebersetzung, wovon die erste Ausga be schon 1752 herauskam, noch als ein sehr junger Mann verfertiget, und da mals wahrscheinlicher Weise nicht viel Zeit übrig gehabt hat, oder vielleicht durch andere Umstände abgehalten wor den ist, seiner Uebersetzung einige An merkungen beyzufügen. Jch habe die ses auf Verlangen des Herrn Verle gers gethan, und diejenigen Materien, die für eigentliche Anmerkungen zu weit läuftig gewesen wären, in besondern Zusätzen abgehandelt. Doch wird der Leser gar bald sehen, daß ich nicht über all Anmerkungen oder Zusätze gemacht habe, wo man Ursache hat, anderer Mey nung zu seyn, als Herr Huarte; weil heut zu Tage, nachdem die medicinischenWissenschaften zu einer weit grössernVollkommenheit gebracht worden sind, als sie in den ältern und zu Huarts Zeiten hatten, die offenbaren Jrthümer und Grillen der alten griechischen Aerzte, auf welche Huarte so viel baut, und wodurch er seine eigenen sonderbaren Einfälle un terstüzt, wohl von selbst einem jeden in die Augen fallen, und nicht leicht jemanden verführen werden. Da aber vom Ver fasser selbst hin und wieder Anmerkun gen vorkommen, so muß ich noch bemer ken, daß diese durch das Zeichen* von den meinigen unterschieden worden sind, zu denen ich allemal das Zeichen † und noch überdieses den Buchstaben E. ge setzt habe. Das 15te Hauptstück, wel ches der V. für das wichtigste hält, hätte ich gern weggelassen, wenn ich nicht besorgt hätte, daß einige Leser die se Weglassung sehr möchten. Von den Lebensumständen kann ich meinen Lesern nichts mehr sagen, alsLeßing schon in seiner Vorrede angeführt hat, ungeachtet ich nicht nur selbst alles durchgesucht habe, was ich hier durchsuchen konnte, sondern auch von zwey würdigen Männern in Leipzig mit Auszügen aus verschiedenen Schriften unterstützt worden bin. Man läßt sich aber nirgends auf ausführliche biogra phische Nachrichten ein, sondern redet nur von der Schrift des Huarte, und von den verschiedenen Ausgaben und Uebersetzungen. Unter den lateinischen wird in dem Dict. hist. de la Medicine diejenige für die beste erklärt, die Ant. Possevin herausgegeben hat. Die franz.Uebersetzung, die von Gabr. Chappuis herrührt, hat den Titel: Anacrise ou parfait jugement et examen des esprits propres auxsciences. Eine Kritik über das Huartesche Werk hat Jourdain Guibelet herausgegeben, unter der Auf schrift: Examen de l'examen des esprits. Paris 1631. Auch macht sichMorhof in seinem Polyhist. Tom. I. Lib. II. Cap. I. §. 6. über die Vorschläge des Hrn. Huarte zur Erzeugung kluger Kinder sehr lustig. Wittenberg an der Ostermesse 1785.


29 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Das Buch des Huarte hat, ungeach tet seiner Mängel, auch in Deutsch land unter den Gelehrten so viel Lieb haber gefunden, daß sie aus Mangel an Exemplaren nicht mehr befriediget werden konnten, und in einigen Gegenden ausdrücklich eine neue Aufiage ver langt wurde; wozu sich auch der Herr Verleger sogleich entschloß. Nur wä re es zu wünschen gewesen, daß der sel. Leßing diese neue Auflage noch selbst hätte besorgen koenen. Denn wie könnte ich mir zutrauen, dasjeni ge geleistet zu haben, was dieser scharf sinnige Mann in seinen ältern Jahren gewiß geleistet haben würde, da er die se Uebersetzung, wovon die erste Ausga be schon 1752 herauskam, noch als ein sehr junger Mann verfertiget, und da mals wahrscheinlicher Weise nicht viel Zeit übrig gehabt hat, oder vielleicht durch andere Umstände abgehalten wor den ist, seiner Uebersetzung einige An merkungen beyzufügen. Jch habe die ses auf Verlangen des Herrn Verle gers gethan, und diejenigen Materien, die für eigentliche Anmerkungen zu weit läuftig gewesen wären, in besondern Zusätzen abgehandelt. Doch wird der Leser gar bald sehen, daß ich nicht über all Anmerkungen oder Zusätze gemacht habe, wo man Ursache hat, anderer Mey nung zu seyn, als Herr Huarte; weil heut zu Tage, nachdem die medicinischenWissenschaften zu einer weit grössernVollkommenheit gebracht worden sind, als sie in den ältern und zu Huarts Zeiten hatten, die offenbaren Jrthümer und Grillen der alten griechischen Aerzte, auf welche Huarte so viel baut, und wodurch er seine eigenen sonderbaren Einfälle un terstüzt, wohl von selbst einem jeden in die Augen fallen, und nicht leicht jemanden verführen werden. Da aber vom Ver fasser selbst hin und wieder Anmerkun gen vorkommen, so muß ich noch bemer ken, daß diese durch das Zeichen* von den meinigen unterschieden worden sind, zu denen ich allemal das Zeichen † und noch überdieses den Buchstaben E. ge setzt habe. Das 15te Hauptstück, wel ches der V. für das wichtigste hält, hätte ich gern weggelassen, wenn ich nicht besorgt hätte, daß einige Leser die se Weglassung sehr möchten. Von den Lebensumständen kann ich meinen Lesern nichts mehr sagen, alsLeßing schon in seiner Vorrede angeführt hat, ungeachtet ich nicht nur selbst alles durchgesucht habe, was ich hier durchsuchen konnte, sondern auch von zwey würdigen Männern in Leipzig mit Auszügen aus verschiedenen Schriften unterstützt worden bin. Man läßt sich aber nirgends auf ausführliche biogra phische Nachrichten ein, sondern redet nur von der Schrift des Huarte, und von den verschiedenen Ausgaben und Uebersetzungen. Unter den lateinischen wird in dem Dict. hist. de la Medicine diejenige für die beste erklärt, die Ant. Possevin herausgegeben hat. Die franz.Uebersetzung, die von Gabr. Chappuis herrührt, hat den Titel: Anacrise ou parfait jugement et examen des esprits propres auxsciences. Eine Kritik über das Huartesche Werk hat Jourdain Guibelet herausgegeben, unter der Auf schrift: Examen de l'examen des esprits. Paris 1631. Auch macht sichMorhof in seinem Polyhist. Tom. I. Lib. II. Cap. I. §. 6. über die Vorschläge des Hrn. Huarte zur Erzeugung kluger Kinder sehr lustig. Wittenberg an der Ostermesse 1785.


30 - /

deutscher Ueber setzung