Suchbegriff: tod
Treffer: 399

46 - Der natürliche Sohn /

In diesem Stande des Todes bleibt Dorval einige Augenblicke. Carl stehet vor ihm, ohne ein 228 Wort zu sagen. -- Seine Augen sind halb geschlossen. Seine langen Haare hängen zu hinterst über den Stuhl. Der Mund stehet offen; er hohlet tief Athem; die Brust fliegt. Nach und nach gehet dieser Todeskampf vorüber. Er kömmt mit einem langen und schmerzlichen Seufzer, mit einer kläglichen Stimme wieder zu sich. Er stützet den Kopf auf die Hände, und die Ellbogen auf die Kniee. Er hat Mühe aufzustehen. Er irret mit langsamen Schritten umher. Er stößt auf Carlen. Er ergreift ihn bey dem Arme, betrachtet ihn einen Augenblick, zieht seinen Beutel und seine Uhr heraus, giebt sie ihm nebst einem versiegelten Papiere ohne Aufschrift,und giebt ihm mit einem Zeichen zu verstehen, daßer fortgehen soll. Carl wirft sich ihm zu Füssen,und liegt mit dem Gesichte auf den Boden. Dorvalläßt ihn liegen, und irret noch immer umher. Indem trift er mit seinen Füssen auf Carln, der nochnicht aufgestanden ist. Er wendet sich weg. -- Und nun springt Carl plötzlich auf, läßt Beutel und Uhr auf der Erde liegen, und läuft Hülfe zu ruffen.


47 - An Essay on Dramatick Poesy /

The Words of a good Writer which describe it lively, will make a deeper Impression of Belief in us, than all the Actor can insinuate into us, when he seems to fall dead before us; as a Poet in the Description of a beautiful Garden, or a Meadow, will please our Imagination more than the place it self can please our sight. When we see Death represented, we are convinc'd it is but Fiction; but when we hear it related, our Eyes (the strongest Witnesses) are wanting, which might have undeceiv'd us; and we are all willing to favour the slight when the Poet does not too grosly impose on us. They therefore who imagine these Relations would make no Concernment in the Audience, are deceiv'd, by confounding them with the other, which are of things antecedent to the Play; those are made often in cold Blood (as I may say) to the Audience; but these are warm'd with our Concernments, which were before awaken'd in the Play. What the Philosophers say of Motion, that, when it is once begun, it continues of it self, and will do so to Eternity without some stop put to it, is clearly true on this Occasion; the Soul being already mov'd with the Characters and Fortunes of those imaginary Persons, continues going of its own accord, and we are no more weary to hear what becomes of them when they are not on the Stage, than we are to listen to the News of an absent Mistress. But it is objected, That if one part of the Play may be related, then why not all? I answer, Some parts of the Action are more fit to be represented, some to be related. Corneille says judiciously, that the Poet is not oblig'd to expose to View all particular Actions which conduce to the principal: He ought to select such of them to be seen, which will appear with the greatest AnEssayof Dramatick Poesy. Beauty, either by the magnificence of the Show, or the vehemence of Passions which they produce, or some other Charm which they have in them, and let the rest arrive to the Audience by Narration. 'Tis a great mistake in us to believe the French present no part of the Action on the Stage: Every alteration or crossing of a Design, every new-sprung Passion, and turn of it, is a part of the Action, and much the noblest, except we conceive nothing to be Action till the Players come to Blows; as if the painting of the Heroe's Mind were not more properly the Poet's Work, than the strength of his Body. Nor does this any thing contradict the Opinion of Horace, where he tells us,


48 - Von Johann Dryden und dessen dramatischen Werken /

Die Worte eines guten Dichters, die es lebhaft beschreiben, werden einen weit tiefern Eindruck machen, und sich unsrer Ueberzeugung weit gewisser versichern, als wenn sich der Schauspieler noch so viel Mühe giebt, vor unsern Augen für todt niederzufallen; so wie auch der Dichter durch der Beschreibung einerschönen lieblichen Gegend unsre Einbildungskraft weit mehr vergnügen kann, als der wirkliche Anblick derselben unsere Augen vergnügen würde. Wenn wir den Tod vorgestellt sehen, so sind wir überzeugt, daß es nur eine Erdichtung ist; wenn wir ihn aber bloß erzehlen hören, so fehlen die stärksten Zeugen, unsere Augen, die uns von dem Jrrthume überführen könnten, und wir kommen dem Betruge des Dichters, weil er so grob nicht ist, selbst zu Hülfe. Wer sich also einbildet, daß dergleichen Erzehlungen keinen Eindruck auf die Zuhörer machen könnten, der irret sich sehr, in dramatischen Werken.dem er sie mit den erst gedachten Erzehlungen lange vor dem Schauspiele geschehener Dinge, vermengt; jene werden größten Theils den Zuhörern bey kaltem Blute gemacht, bey diesen aber hilft uns unser Mitleiden, das in dem Schauspiele erregt worden, in Feuer und Affect setzen. Was die Weltweisen von der Bewegung sagen, daß, wenn sie einmal angefangen, sie von sich selbst, bis in alle Ewigkeit fortdaure, wenn sie durch keine Hindernisse aufgehalten würde, ist auch bey dieser Gelegenheit augenscheinlich wahr; die Seele, die einmal durch die Charaktere und Glücksfälle dieser eingebildeten Personen in Bewegung gesetzt worden, gehet ihren Gang fort, und wir hören das, was mit ihnen ausser der Bühne vorgegangen, mit eben der Begierde an, mit welcher wir die Nachricht von einer abwesenden Geliebten vernehmen. Aber, wirft man ein, wenn ein Theil des Schauspiels erzehlt werden darf, warum erzehlen wir nicht alle? Jch antworte hierauf: einige Stücke der Handlung lassen sich besser vorstellen, und andere besser erzehlen. Corneille sagt sehr wohl, daß der Poet nicht verbunden ist, uns alle einzelne Handlungen, welche die Haupthandlung bewirken, vor Augen zu stellen; er muß nur solche zu sehen geben, deren Anblick wirklich schön ist, es sey nun in Ansehung ihres Gepränges, oder der Heftigkeit der dabey vorkommenden Leidenschaften, oder eines an Von Johann Dryden u. dessendern ihnen beywohnenden Reitzes; das übrige alle muß man den Zuhörern durch Erzehlungen beybringen. Es ist ein großer Jrrthum, wenn wir glauben, daß die Franzosen keinen Theil der Handlung auf der Bühne vorstellen; jede Veränderung, jedes Hinderniß, das sich bey einer Absicht äußert, jede neu entstehende Leidenschaft und Abänderung derselben, ist ein Theil der Handlung, und zwar der edelste derselben, wir müßten denn glauben, daß nichts eher Handlung sey, als bis es mit den spielenden Personen zu Thätlichkeiten komme; gleich als wäre die Schilderung des Gemüths der Helden nicht weit eigentlicher des Dichters Werk, als die Stärke ihres Körpers. Auch widerspricht dieses im geringsten nicht der Meynung des Horaz, wenn er sagt:“


49 - Examen de in genios para las Sciencias /

El adevinar de la muger phrenetica como pudo ser, mejor lo diera yo a en tender a Ciceron, que a estos Philoso phos naturales: porque cifrando la natu raleza del hombre, dixo desta manera: (De divinatione) Animal providum, sagax multiplex, astutum, memor, plenum rationis & consilii; quem vocamus hominem. Y en particular, dize que ay natu

Qui valetudinis vitio furunt & melancholici dicuntur, habent aliquid in animis præsagiens atque divinum. Cicero de Divinat.

raleza de hombres que en conocer lo que está por venir hazen ventaja a otros. Est enim vis & natura quædam, quæ futura prænuntiat, quorum vim atque naturam rationemque explicuit. El error de los Philosophos naturales esta en no considerar (como lo hizo Platon) que el hombre fue hecho a la semejança de Dios: y que participa de su divina providen cia, y que tiene potencias para conocer todas tres differencias de tiempo, memoria De Ingenios. para lo passado; sentidos para lo presente, ymaginacion y entendimiento para lo que está por venir. Y assi como ay hombres que hazen ventaja a otros en acordarse de las cosas passadas, y otros en conocer lo presente; assi ay muchos que tienen, mas habilidad natural, en ymaginar lo que está por venir. Uno de los mayores argumentos que forçaron a Ciceron para creer que el anima racional era incorruptible, fue, ver la certidumbre con que los en fermos dezian lo por venir, especialmente estande cercanos a la muerte. Pero la differencia que ay entre el espiritu prophetico a este ingenio natural, es, que lo que dize Dios por boca de los Prophetas, es infalible, porque es palabra ezpressa suya; y lo que el hombre prognostica con las fuerças de su imaginativa, no tiene aquella certidumbre.


50 - Examen de in genios para las Sciencias /

Pero una duda se offrece en aquel coloquio y disputa, que tuvo el rico ava riento con Abraham. y es: como supo mas delicadas razones el anima de Abraham, que la del rico avariento; aviendo dicho atras, que todas las animas racionales [salidas del cuerpo] son de ygual perfection y saver? A la qual se puede responder, de una de dos maneras. La prime ra, es: que la sciencia y saver que el anima alcançó estando enel cuerpo, no la pierde quando el hombre se muere; antes a perfection despues, desengañandose de algu nos errores. El anima de Abraham, partio desta vida, sapientissima, y llena de muchas revelaciones y secretos, que Dios le comu nicó, por ser su amigo; Pero la del rico avariento, por fuerça avia de salir insipiente: Lo uno por el peccado, que cria ignorancia enel hombre; y lo otro porque las riquezas hazen el contrario effecto de la probreza: esta da ingenio al hombre, como adelante provaremos; y la prosperidad se lo quita. Otra respuesta ay (siguiendo nuestra doctrina:) y es, Que la materia en que estas dos animas disputavan, era theo logiaescolastica: porque saver si estando enel infierno avia lugar de misericordia; y si Lazaro podia passar dende el limbo al infierno; y si convenia embiar al mundo algun muerto, que diesse noticia a los vivos, de los tormentos que enel passavan los condenados; todos son puntos esco Examenlasticos, cuya decision pertenece al entendimiento, como adelante provare. y entre las calidades primeras, ninguna ay que tanto desbarate a esta potencia, como el calor demasiado; del qual estava bien atormentado el rico avariento: pero el anima de Abraham morava en un lugar templadissimo, donde tenia gran consuelo y recreacion: y assi no era mucho que raciocinasse mejor. Por donde concluyo que el anima racional y el demonio, se aprovechan para sus obras, de las calidades materiales: y que con unas se offenden, y con las contrarias reciven contento; Y que por esta razon, apetecen estar en unos lugares, y huyen de otros, sin ser corruptibles.


51 - Examen de in genios para las Sciencias /

Pues si Dios buscara un predicador eloquente, y con ornamento enel dezir, y entrara en Athenas, o en Roma, affirmando: que en Hierusalem avian cruci ficado los Iudios a un hombre que era Dios verdadero, y que avia muerto de su propria y agradable voluntad, por redemir los pecadores; y que resuscitó al terceró dia, y que subio a los Cielos, donde agora está; que avia de pensar el auditorio, sino que este thema era alguna estulticia y vanidad, de aquellas que los oradores suelen persuadir con la fuerça de su arte? Por tanto dizo sant Pablo (1. Cor. cap. 1.) Non enim misit me Christus baptizare, sed evangelizare: non in sapientia verbi, ut non evacuetur erux Christi. Como si dixera: no me embio Christo a baptizar, sino a predicar: y no con oratoria; porque no pensasse el auditorio que la Cruz de Christo, era alguna vanidad, de las que suelen persuadir los oradores. El ingenio de S. Pablo era apropriado para este ministerio: porque tenia grande entendimiento para defender, y provar en las sinagogas, y en la gentilidad; que Iesu Christo éta el Mexias prometido en la ley: y que no avia que esperar otro ninguno: y con esto era de poca memoria: por don De Ingenios.de no pudo saver hablar con ornamento de palabras dulces y sabrosas: y esto era lo que la publicacion del Euangelio avia menester. Por esto no quiero dezir que Sant Pablo no tuviesse don de lenguas: sino que en todas hablava, de la manera que en la suya: ni tam poco tengo entendido que para defender el nombre de Christo bastavan las fuerças de su grande entendimiento, sino estuviera de por me dio la gracia, y auxilio particular, que Dios (para ello) le dio: solo quiero sentir, que los dones sobre-naturales obran mejor cayendo sobre buena naturaleza, que si el hombre fuesse de suyo torpe y necio. A esto alude aquella doctrina

La epistola a los Hebreos, con ser de S. Pablo, a avido muchos que por ser de diverso estilo an presumi lo dezir que no era suya; lo qual tiene la yglesia condenado por heretico.

de Sant Hieronymo, que trae enel prohemio que haze sobre Esayas, y Hieremias, preguntando: ques la causa que siendo el mesmo Spiritusancto el que hablava por la boca de Hieremias, y Esayas; el uno proponga las cosas que escrive con tanta elegancia, y Hieremias a penas save hablar?


52 - Examen de in genios para las Sciencias /

La segunda propriedad, que no puede tener el hombre, que alcançare esta diferencia de ingenio, es: ser blando y de buena condicion: porque alcança muchas tretas con la ymaginativa, y sabe que por qualquier error y descuydo, se viene a perder un exercito, haze el caso dello, que es menester. Pero la gente de poco saber, llama desassossiego al cuydado; al castigo, crueldad; a la remission, misericordia; y al suffrir y dissimular, las cosas mal hechas, buena condicion. Y esto realmente nace, Examen de ser los hombres necios, que no alcançan el valor de las cosas, ni por donde se an de guiar: pero los prudentes y sabios, no tienen paciencia, ni pueden suffrir las cosas que van mal guiadas, aunque no sean suyas: por donde viven muy poco, y con muchos dolores de espiritu. Y assi dezia Salo mon: (Eccl. cap. 1.) Dedi quoque cor meum ut scirem prudentiam atque doctrinam; erroresque & stultitiam: & agnovi quòd in his quoque esset labor & afflictio spiritus: eo quòd in multa sapientia, multa sit indignatio: & qui addit scientiam, addit & dolorem. Como si dixera: Yo fuy necio y sabio, y halle que en todo ay trabajo. Pero el que a su entendimiento le da mucha sabiduria, luego adquiere mala condicion, y dolores. En las quales palabras parece dar a entender Salomon, que vivia mas a su contento siendo necio, que quando le dieron la sabiduria. Y assi es ello realmente que los necios, viven mas descansados, porque ninguna cosa les da pe na, ni enojo; ni piensan que en saber, nadie les haze ventaja. A los quales llama el vul go, Angeles del cielo, viendo que ninguna cosa les offende; ni se enojan, ni riñen las cosas mal hechas, y passan por todo: y si considerassen la sabiduria y condicion de los Angeles, verian que es palabra mal sonante, y aun caso de inquisicion: porque dende que tenemos uso de razon, hasta que morimos, no hazen otra cosa, sino reñir nos las cosas mal hechas, y avisarnos de lo De Ingenios. que nos conviene hazer. Y si como nos hablan en su lenguaje espiritual (moviendo a ymaginativa) nos dixessen con palabras materiales su parescer, los terniamos por importunos y mal acondicionados. Y sino, miremos que tal parescio aquel Angel que refiere S. Matheo (Mat.

S. Iuan Baptista era Angel enel officio.

cap. 11.) a Herodes, y a la muger de su hermano Philippo: pues por no oyrle su reprehension, le cortaron la cabeça.


53 - Examen de in genios para las Sciencias /

La sexta propriedad, que tienen los que alcançan esta diferencia de ymaginativa, es: ser honestos, y ofender se notablemente con las palabras suzias y torpes. Y assi dize Ciceron, (Lib. 2. de offic.) que los hombres muy racionales, imitan la honestidad de naturaleza; la qual puso en oculto, las partes feas y vergonçosas: que hizo, para proveer las necessidades del hombre, y no para hermosearle: y enestas, ni consiente poner los ojos, ni que los oydos suffran sus nombres. Esto bien se puede atribuir a la ymaginativa: y dezir que se ofende con la mala figura de aquellas partes. Pero enel capitulo postrero, damos razon de este efecto, y lo reduzim os al entendimiento: y juzgamos por faltos de esta potencia, a los que no les ofende la deshonestidad. Y porque con la diferencia Examen de ymaginativa, que pide el arte militar, casi se junta el entendimiento; por esso los buenos capitanes son honestissimos. Y assi en la historia de Iulio Cesar, se hallara un acto de honestidad el mayor que a hecho hombre enel mundo, y es: que estando-le matando a puñaladas enel Senado (vien do que no podia huyr la muerte) se dexo caer enel suelo, y con la vestidura imperial, se compuso de tal manera, que despues de muerto, le hallaron tendido, con grande honestidad, cubiertas las piernas, y las de mas partes, que podian ofender la vista.


54 - Examen de in genios para las Sciencias /

Pero realmente el problema es falso; y la respuesta tambien: porque no solamente a hombre verguença de manifestar el desseo que tiene de allegar se a muger; pero tambien de comer y bever y dormir: Y si le da gana de expeler algun excremento, no lo osa dezir ni hazer, sino con empacho y verguença: y con esto se va al lugar mas secreto, donde nadie lo vea. Y veemos hombres tan vergonçosos, que teniendo grande apetito de orinar, no lo pueden hazer si alguno los está mirando; y dexandolos solos, luego la bexiga da la urina. Y estos son apetitos de expeler lo que está demasiado enel cuerpo; y si no se pusiesse por obra, vernia el hombre a morir; y muy mas presto, que por no comer ni bever. Y si alguno lo dize, o haze en presencia de otro, dize Hippocrates, que no está en su libre juyzio.


55 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Wie man aber die Prophezeyhung der phrenetischen Weibsperson begreifen solle, werde ich mit den Worten des Cicero besser, als mit irgend eines Philosophen, erklären können. Er sagt nämlich, wenn er die menschliche Natur mit wenig Worten beschreiben will: Animalprouidum, sagax, multiplex, astutum, memor, plenum rationis et consilii; quem vocamus hominem. Besonders sagt er, daß gewisse menschliche Naturen in Erkenntniß zukünftiger Dinge vor andern einen grossen Vorzug haben. *) Der Fehler der Philosophen bestehet darinnen, daß sie, wie es gleichwohl Plato that, die Aehnlichkeit nicht in Betrachtung ziehen, nach welcher der Mensch mit GOtt erschaffen ward, und vermöge welcher er an der göttlichen Vorhersehung Theil nimmt, so daß er alle drey Verschiedenheiten der Zeit zu erkennen fähig ist, die vergangene durch das Gedächtniß, die gegenwärtige durch die Sinne, und die zukünftige durch dieEinbildung und den Verstand. Wie es nun Menschen giebt, welche andre in Erinnerung vergangener Sachen, oder in Empfindung des Gegenwärtigen übertreffen; so giebt es auch Menschen, welche mehr natürliche Fähigkeit, sich das Zukünftige vorzustellen, besitzen, als andre. Einer von den stärksten Bewegungsgründen, welche den Cicero, die Unvergänglichkeit der vernünftigen Seele zu glauben, zwangen, war die Gewißheit, mit welcher die Kranken das Zukünftige vorher sagten, besonders, wenn sie dem Tode sehr nahe wären. Der Unterschied aber zwischen dem prophetischen Geiste und dieser na

*) Qui valetudinis vitio furunt et melancho- lici dicuntur, habent aliquid in animis prae- sagiens atque diuinum. Cicero de diuinat.

türlichen Fähigkeit bestehet darinnen, daß dasjenige, was GOtt durch den Mund der Propheten verkündiget, untrieglich seyn muß, weil es sein ausdrückliches Wort ist, da dasjenige, was der Mensch, vermöge seiner natürlichen Einbildungskraft vorher sagt, diese untrügliche Gewißheit nicht hat.


56 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Nur eine einzige Schwierigkeit findet sich bey dem Gespräche des reichen Mannes mit dem Abraham, diese nämlich: wie es möglich gewesen sey, daß die Seele des Abrahams weit feinere Gründe hat vorbringen können, als die Seele des Reichen, da wir doch in dem Vorhergehenden behaupten, daß die vernünftigen Seelen, wenn sie den Körper verlassen haben, alle von gleicher Vollkommenheit und von gleicher Weisheit sind? Diesem Zweifel kann man auf zweyerley Art begegnen. Erstlich damit, daß die Weisheit und Fähigkeit, welche die Seele während ihres Aufenthalts imKörper erlangt hat, nach dem Tode des Menschen nicht verloren geht. Die Seele des Abrahams kam sehr weise und voller Geheimnisse und Offenbarungen, deren sie GOtt wegen derFreundschaft, die er gegen sie trug, gewürdiget hatte, aus diesem Leben: die Seele des Reichen aber mußte nothwendig sehr dumm aus dem Körper gekommen seyn, sowohl wegen der Sünde, welche die Ursache der Unwissenheit in dem Menschen ist, als wegen des Reichthums, dessen Wirkungen gleich das Gegentheil von den Wirkungen der Armuth sind; diese nämlich macht den Menschen, wie wir oben bewiesen haben, sinnreich, das gute Glück aber schwächt die Schärfe des Verstandes. †) Die zweyte Antwort kann nach unserer Lehre diese seyn: die Materie, worüber diese zwey Seelen stritten, gehört in die scholastischeTheologie; sie betraf nämlich die Fragen, ob in der HölleGnade Statt finden könne? ob es möglich sey, daßLazarus aus dem Ort der Seelenreinigung in die Hölle hinübergehen könne? und ob es zuträglich sey, daß man einen Todten in die Welt zurücksende, welcher die Lebenden von den Martern der Verdammten belehre? Alle diese Fragen, sage ich, gehören in die scholastische Theologie, und ihre Entscheidung hänget von dem Verstande ab, wie wir im Folgenden beweisen werden. Nichts aber ist dem Verstande mehr zuwider, als die unmässige Hitze, von welcher die Seele des Reichen nicht wenig gefoltert ward; dahingegen die Seele des Abrahams in einem sehr gemässigten Ort war; wo sie Trost und Erquickung genoß. War es also ein Wunder, daß sie weit besser dachte und schloß? Aus dem allen folgern wir nunmehr, daß die vernünftige Seele und der Teufel sich der körperlichen Beschaffenheiten zu ihren Verrichtungen bedienen; daß sie sich bey einigen von diesen Beschaffen

†) Der V. bemerkt nicht, daß er hier etwas behauptet, was seiner Meynung, nach welcher alle Seelen, wenn sie den Körper verlassen haben, von gleicher Vollkommenheit seyn sollen, gänzlich widerspricht. E.

heiten wohl befinden, andere aber durchaus nicht leiden können, und also an einigen Orten, ohne daß sie deswegen vergänglich sind, gern bleiben, einige aber durchaus fliehen.


57 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Wenn also GOtt einen grossen und zierlichen Redner hätte wählen wollen, und dieser Redner wäre nach Athen, oder nach Rom gekommen, daselbst zu behaupten: in Jerusalem hätten die Juden einen Menschen gekreuziget, welcher wahrhafter GOtt sey, und eines freywilligen selbsterwählten Todes gestorben wäre, dieSünder zu erlösen; er sey am dritten Tage wieder auferstanden, und gen Himmel gefahren, wo er noch wäre: was würden die Zuhörer wohl gedacht haben? Würden sie nicht gedacht haben, dieser Satz wäre einer von den nichtigen Thorheiten, wovon sie ein Redner durch die Stärke seiner Kunst überreden wolle? Daher sagt auch der H. Paulus: (1 Corinth. I. 17.)Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu predi= gen: nicht mit klugen Worten, auf daß nicht das Kreutz Christi zunichte werde; das ist, damit nicht die Zuhörer denken sollten, das Kreutz Christi sey einer von den eiteln Sätzen, an welchen die Redner ihre Geschicklichkeit zu überreden wollten sehen lassen. Das Genie des H. Paulus war auch hierzu gar nicht geschickt. Er hatte zwar einen grossen Verstand, womit er sowohl in den Synagogen, als unter den Heiden behaupten und vertheidigen konnte, daß Christus der in dem Gesetze versprochene Messias sey, und daß sie keinen andern zu erwarten hätten; allein es fehlte ihm an demjenigen Gedächtniß, dadurch er mit Anmuth und mit ausgesuchten und süssen Worten hätte reden können; welches sich zur Ausbreitung des Evangeliums auch gar nicht geschickt hätte. Hiermit aber will ich nicht behaupten, Paulus habe nicht die Gabe mit Sprachen zu reden gehabt, sondern nur das behaupte ich, daß er in allen andern Sprachen nicht anders als in seiner geredt habe. Jch bin auch so unverständig nicht, daß ich sagen sollte, dem Paulus wäre zur Vertheidigung des Namens Christi sein natürlich grosser Verstand hinlänglich gewesen, ohne daß er den besondern Beystand oder die übernatürlichen Gnadengaben, mit welchen ihn GOtt ausrüstete, hätte nöthig gehabt: dieses nur sage ich, daß die übernatürlichen Gaben besser wirkten, da sie auf ein gutes Naturell fielen, als sie würden gewirkt haben, wenn der Mensch an sich selbst dumm und albern gewesen wäre. *) Auf diese Lehre gründet sich der h. Hieronymus, wenn er in der Einleitung in die Propheten Jesaias und Jeremias die Frage aufwirft: warum der H. Geist, ob er gleich eben sowohl durch den Mund des Jeremias, als des Jesaias geredt habe, sich bey dem einen mit aller möglichen Zierlichkeit ausdrücke, da der andere kaum reden könne? Er antwortet auf diesen Zweifel: der H. Geist habe sich nach eines jeden Natur gerichtet, ohne durch die übernatürlichen Gnadengaben ihr Genie zu verändern, oder sie die Ausdrücke zu lehren, in welchen sie ihre Prophezeyhungen kund machen sollten. Man darf nur wissen, daß Jesaias aus einem angesehenen und vornehmen Geschlechte war; daß er in Jerusalem ist auferzogen worden, und am Hofe gelebt hat; daß er also gar leicht die Gabe, zierlich und angenehm zu reden, hat haben können. Jeremias hingegen war auf einem Dorfe, nicht weit von Jerusalem, Namens Anathot, gebohren; er war in seinem Betragen einfältig und rauh, so wie ein Bauer seyn kann, und also bediente sich auch der Heilige Geist bey den Prophezey

*) Obgleich die Epistel an die Hebräer in der That von dem h. Paulus ist, so haben sich dennoch nicht wenige gefunden, die sie für das Werk eines andern ausgegeben haben, weil die Schreibart darinnen von der Schreibart des H. Paulus ganz unterschieden ist. Die Kirche aber hat diese Meynung für eine Ketzerey erklärt.

hungen, die er ihm mittheilte, eines einfältigen und rauhen Ausdrucks. Eben dieses ist auch von den Briefen des heil. Paulus zu verstehen, welchen der heilige Geist zwar in so weit erfüllte und lenkte, daß er nicht irren konnte, dem er aber völlige Freyheit ließ, so zu reden, wie er natürlicher Weise redete, und wie es die Lehre, die er vortrug, erforderte; weil die Wahrheit der scholastischenTheologie die vielen Worte verabscheuet.


58 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Die zweyte Eigenschaft, welche derjenige, der dieses Genie zur Kriegskunst hat, nicht besitzen kann, ist die Artigkeit und Höflichkeit. Denn seine Einbildungskraft beschäftiget sich mit nichts als mit Ränken; er weiß nichts, als was für Fehler und Nachlässigkeiten einer Armee schädlich sind, und wie er sich derselben, wenn sie vorfallen, gehörig bedienen muß. Der unwissende Pöbel nennt daher seine Vorsicht einen unruhigen Geist; seine Kriegszucht Grau

*) ἀφοριςμ. τμημ. ϛ.

samkeit; seine Nachsicht Barmherzigkeit; seine Verstellung und Ertragung übler Handlungen ein gutes Gemüth. Diese falschen Benennungen aber rühren aus der Dummheit der Menschen her, welche sie den wahren Werth eines jeden Dinges, und die eigentliche Art, wie man damit umgehen müsse, einzusehen verhindert. Die Klugen und Weisen hingegen haben keine Geduld, und können es nicht mit ansehen, wenn eine Sache übel geführt wird, ob sie ihnen gleich nichts angeht; sie leben daher kurze Zeit, und bringen ihr Leben mit lauter Aergerniß zu. Hierauf zielt das, was Salomo*) sagt: ich gab mein Herz darauf, daß ich lernte Weisheit und Thorheit und Klugheit. Jch ward aber gewahr, daß solches auch Mühe ist. Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens; und wer viel lehren muß, der muß viel leiden. Mit diesen Worten scheint Salomo zu verstehen zu geben, daß er bey der Thorheit vergnügter gelebt habe, als bey der Weisheit. Und so ist es auch in der That; die Thoren leben weit ruhiger, weil ihnen nichts Sorge und Verdruß verursachen kann, und weil sie nicht glauben, daß sie ein anderer an Wissenschaft und Klugheit übertreffe. Solche Leute nennt der gemeine PöbelEngel des Himmels, weil er sieht, daß sie durch nichts beleidiget werden, daß sie sich über nichts bekümmern, daß sie sich über nichts

*) Pred. Cap. 1.

Böses ärgern, und über alles gelassen weggehen. Wenn man aber die Weisheit und die Eigenschaften der Engel genauer betrachtete, so würde man finden, daß dieses Sprichwort sehr unanständig und sogar der Ahndung der Jnquisition würdig wäre. Sobald als wir unsere Vernunft zu brauchen anfangen, bis an den Augenblick unseres Todes, thun die Engel nichts anderes, als daß sie uns unsere übeln Handlungen vorhalten, und uns auf unsere Schuldigkeit weisen. Wenn sie, so wie sie ihre geistige Sprache mit uns reden, indem sie unsere Einbildungskraft regieren, mit körperlichen Worten uns ihre Gedanken entdecken sollten, so würden sie uns gewiß sehr beschwerlich und eigensinnig vorkommen. Man darf nur überlegen, wie beschwerlich jener Engel, wie er bey dem Matthäus (XI. 10.) genannt wird, *) dem Herodes und der Frau seines Bruders Philippus fiel: weil sie seine Verweise nicht hören wollten, so liessen sie ihm den Kopf abschlagen.


59 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Die sechste Eigenschaft derjenigen, welche diese Verschiedenheit der Einbildungskraft besitzen, ist, daß sie sehr schamhaft und bescheiden sind, und sich über unanständige und unzüchtige Worte ungemein ärgern. Cicero sagt daher, *) daß die vernünftigsten Menschen der Natur in ihrer Ehrbarkeit nachahmen, welche die unehrbaren und schamhaften Theile an die verborgensten Oerter gebracht habe, weil sie zu den Nothwendigkeiten, nicht aber zur Zierde des Menschen gehörten. Wie sie also nicht wolle, daß sie den Augen sollten ausgesetzt seyn, so wolle sie auch nicht, daß man mit ihren Benennungen die Ohren beleidigen solle. Dieses kann man gar wohl der Einbildungskraft zuschreiben, welche vielleicht durch die übele Gestalt dieser Thei

*) Lib. II. de offic.

le beleidiget wird. †) Doch die wahre Ursache werden wir in dem letzten Hauptstücke angeben, und sie dem Verstande beylegen, so daß wir einen Mangel an dieser Vermögenheit bey denen daraus schliessen, welche durch unzüchtige Reden nicht beleidigt werden. Da nun mit der Art der Einbildungskraft, welche zum Kriege erfordert wird, auch der Verstand verbunden werden muß, so ist die Ursache offenbar, warum grosse Feldherren schamhaft in ihren Reden sind. ††) Einen Beweis der Schamhaftigkeit, der vielleicht der stärkste ist, den jemals ein Mensch auf der Welt gegeben hat, findet man in der Geschichte des Julius Cäsars, diesen nämlich. Als er in dem Senate mit Dolchstichen ermordet wurde und nunmehr sah, daß er dem Tode nicht entfliehen könnte, so bemühte er sich so auf den Boden zu fallen, und sich so mit seinem Kleide zu bedecken, daß er nach seinem Tode auf eine anständige Art gestreckt liegen möchte, oh=

†) Man kann wohl nicht einräumen, daß die Einbildungskraft durch die Gestalt dieser Theile beleidiget werde, weil dieselbe eben so wenig, als die Gestalt der übrigen Glieder des menschlichen Körpers, wenn sie nicht durch besondere Zufälle eine Aenderung gelitten hat, häßlich ist. Die gewöhnliche Bedeckung dieser Theile ist nur deswegen eingeführt worden, damit die Einbildungskraft nicht gereizt, und also kein Anlaß zu unzüch tigen Handlungen gegeben werden soll. E.

††) Daß grosse Feldherren schamhafter in ihren Reden, als andere Personen von guter Erziehung seyn sollen, nimmt der V. wie viele andere Sätze, ohne hinlänglichen Beweiß an. Denn das einzige Beyspiel vom Jul. Cäsar giebt noch keinen völligen Beweis grund ab. E.

ne daß man die Beine oder andere Theile bloß sehen könnte, welche schamhafte Blicke zu beleidigen vermögend wären.


60 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Doch die Wahrheit zu gestehen, nicht allein die Antwort, sondern auch selbst die Aufgabe ist falsch. Der Mensch scheuet sich nicht allein seine Begierde zur fleischlichen Vermischung zu bekennen, sondern auch sogar seine Begierde zu essen, zu trinken und zu schlafen. Auch wenn er sich entladen muß, scheuet er sich, davon zu reden, und es zu thun; und wenn er es ja thut, so begiebt er sich an den allerverborgensten Ort, wo ihn niemand sehen kann. Es giebt so gar so schamhafte Leute, die unmöglich in Gegenwart anderer Leute das Wasser lassen können, wenn es auch noch noch so dringend ist; sobald sie aber allein sind, so stößt die Blase den Urin von sich. Auch dieses sind Begierden, dasjenige, was in dem Körper überflüssig ist, wegzuschaffen; und wenn sie nicht gestillet werden, so verursachen sie eben so leicht den Tod, als die Unterlassung des Essens und des Trinkens. Hippokrates sagt sogar, daß derjenige, welcher sich in Gegenwart anderer schäme ihnen Genüge zu leisten, nicht bey gesundem Verstande sey.