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46 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Ich habe bemerkt, daß die Schauspieler alles das schlecht vorstellen, was der Dichter für den Zuschauer geschrieben hat; und hätte dieser seine Rolle mitgespielt, so würde er zu der Person gesagt haben: Mit wem sprichst du? Warum mit mir? Was gehen mich deine Händel an? Bleib für dich. Und hätte auch der Dichter seine Rolle mitgespielt, so würde er hinter der Scene hervorgekommen, und dem Parterre geantwortet haben:Verzeihen Sie, meine Herren, die Schuld ist meine: ein andermal wollen ich und er es besser machen.


47 - Von der dramatischen Dichtkunst /

In den Zwischenaufzügen eräugnen sich beständig, und während dem Verlauffe des Stücks selbst eräugnen sich nicht selten Vorfälle, die der Dichter den Augen des Zuschauers entzieht, und die voraussetzen, daß sich seine Personen in dem Innern des Hauses darüber besprechen. Ich verlange eben nicht, daß er sich mit diesen Scenen so beschäftigen, und sie so aufs reine bringen soll, als ob ich sie hören sollte. Wenn er sich aber gleichwohl einen Entwurf davon machte, so würde er desto voller von seinem Stoffe und seinenCharakteren werden: und wollte er diesen Entwurf auch dem Schauspieler mittheilen, so würde er ihn dadurch desto besser in dem Geiste seiner Rolle und in der Hitze seinerHandlung unterhalten. Es ist dieses ein neuer Zuwachs von Arbeit, dem ich mich manchmal unterzogen habe.


48 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Man gebe seinen Personen eine gewisse Physiognomie, aber nie die Physiognomie derSchauspieler. Der Schauspieler muß sich nach der Rolle, und nicht die Rolle nach demSchauspieler bequemen. Man lasse ja nie von sich sagen, daß man, anstatt seine Charaktere in den Situationen zu suchen, seine Situationen nach dem Charakter und der Fähigkeit des Schauspielers eingerichtet habe.


49 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Man gebe seinen Personen eine gewisse Physiognomie, aber nie die Physiognomie derSchauspieler. Der Schauspieler muß sich nach der Rolle, und nicht die Rolle nach demSchauspieler bequemen. Man lasse ja nie von sich sagen, daß man, anstatt seine Charaktere in den Situationen zu suchen, seine Situationen nach dem Charakter und der Fähigkeit des Schauspielers eingerichtet habe.


50 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Man gebe seinen Personen eine gewisse Physiognomie, aber nie die Physiognomie derSchauspieler. Der Schauspieler muß sich nach der Rolle, und nicht die Rolle nach demSchauspieler bequemen. Man lasse ja nie von sich sagen, daß man, anstatt seine Charaktere in den Situationen zu suchen, seine Situationen nach dem Charakter und der Fähigkeit des Schauspielers eingerichtet habe.


51 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Man gebe seinen Personen eine gewisse Physiognomie, aber nie die Physiognomie derSchauspieler. Der Schauspieler muß sich nach der Rolle, und nicht die Rolle nach demSchauspieler bequemen. Man lasse ja nie von sich sagen, daß man, anstatt seine Charaktere in den Situationen zu suchen, seine Situationen nach dem Charakter und der Fähigkeit des Schauspielers eingerichtet habe.


52 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Hiervon habe ich einen Versuch gemacht in dem ersten Auftritte des zweyten Aufzuges im Hausvater; und in dem vierten Auftritte des nehmlichen Aufzuges hätte ich diesen Versuch abermals machen können. Frau Hebert, die da eine pantomimische und stumme Person ist, hätte von Zeit zu Zeit einige Worte können einfliessen lassen, die der Wirkung gar nicht geschadet haben dürften; allein diese Worte zu finden, war nichts leichtes. Eben so würde es mit der Scene im vierten Aufzuge gewesen seyn, wo Saint Albin seine Geliebte, in Gegenwart des Germeuil und der Cäcilia, wiedersieht. Hier hätte ein gechickterer als ich, zwey zugleich fortlaufende Scenen angebracht; die eine vorne auf der Bühne zwischen Saint Albin und Sophien; die andere zu hinterst, zwischen Cäcilien und Germeuil, die in diesem Augenblicke vielleicht schwerer zu schildern waren als jene: doch verständige Schau<s>fpielerwerden diese Scene schon zu schaffen wissen.


53 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wir können unsere Zuflucht zu diesen Personen um so viel eher nehmen, da uns die Chöre mangeln, die in den alten Schauspielen das Volk vorstellten, und unsere Stücke meistentheils in dem Innersten unsrer Häuser spielen, wo ihnen, so zu reden, der Grund fehlt, auf welchen sie projectiert werden könnten.


54 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Jeder Charakter hat, in dem Schauspiele sowohl als in der Welt, seinen eigenen Ton. Die Niederträchtigkeit, die boshafte Hetzerey, das gute ehrliche Herz, haben gemeiniglich einen bürgerlichen und alttäglichen Ton.


55 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Ein jedes Volk hat Vorurtheile zu bestreiten, Laster zu verfolgen, Lächerlichkeitenverächtlich zu machen. Ein jedes Volck muß also Schauspiele, aber seine eigenen Schauspiele haben. Welch ein vortreffliches Hülfsmittel könnten sie der Regierung seyn, wenn es darauf ankäme, die Veränderung eines Gesetzes, oder die Abschaffung eines Gebrauchs vorzubereiten!


56 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Das Schauspiel wegen seiner Mißbräuche angreiffen, heißt sich wider alle Arten des öffentlichen Unterrichts auflehnen; und alles was man bisher darüber gesagt hat, ist so ungerecht als falsch, weil man nur immer die Dinge so, wie sie sind, oder gewesen sind, und nicht so, wie sie seyn könnten, in Betrachtung gezogen.


57 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Eine sehr gewöhnliche Unbequemlichkeit ist diese, daß man aus einer lächerlichenHochachtung für gewisse Stände, endlich nur dieSitten dieser Stände allein schildert; daß auf diese Weise die Nützlichkeit der Schauspiele eingeschränkt wird, und sie wohl gar der Kanal werden, durch welche sich die Thorheiten der Grossen unter die Geringern ausbreiten.


58 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Aber man denke nur, wie wunderlich die gesitteten Völker sind. Ihre Feinheit geht oft so weit, daß sie dem Dichter auch so gar den Gebrauch vieler in ihren Sittengegründeter Umstände, die einfältig, schön und wahr sind, untersagt. Wer dürfte es unter uns wagen, auf der Bühne Stroh auszubreiten, und ein neugebornes Kind auf demselben wegzusetzen? Wenn der Dichter eine Wiege anbrächte, würde sich nicht im Parterre mehr als ein Geck finden, der wie ein kleines Kind zu schreyen anfänge? Logen und Amphitheater würden darüber lachen, und um das Stück wäre es gethan. O possierliches und leichtsinniges Volk, wie sehr schränkest du die Kunst ein! Welchen Zwang legst du deinen Künstlern auf! Wie vieler Vergnügen beraubet dich dein verzärtelter Geschmack! Alle Augenblicke würdest du auf der Bühne Dinge auspfeiffen, die dich im Gemälderühren und bezaubern würden. Weh dem Genie, dem es einkommen dürfte, dir ein Schauspiel zu zeigen, das zwar mit der Natur aber nicht mit deinen Vorurtheilen bestehen könnte!


59 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wollte man nun, daß sich unsere Dichter, sowohl in dem Verfolge ihrer Stücke, als in dem Gespräche, mehr der Wahrheit nähern sollten; daß sich unsre Schauspieler eines natürlichern Spieles, einer wahrern Declamation befleissigen sollten: so dürften die Zuschauer nur mit der Sprache herausgehen, und den Ort der Scene so, wie er wirklich seyn sollte, zu sehen verlangen.


60 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wenn ihr der Zuschauer wegen so viel Geld an Kleider verschwendet: so habt ihr keinenGeschmack, ihr Schauspieler. Ihr vergeßt, daß euch der Zuschauer gar nichts angeht.