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46 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Es ist ein grosser Unterschied zwischen dem Spasse auf dem Theater und dem Spasse im gemeinen Leben. Dieser würde auf der Bühne viel zu schwach, und ohne Wirkung seyn. Jener würde im gemeinen Leben allzuhart seyn, und beleidigen. Die cynische Freymüthigkeit, die im gemeinen Leben so verhaßt und unerträglich ist, ist auf der Bühne vortrefflich.


47 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Man will, daß auf der Bühne die Charaktere sich gleich bleiben sollen. Diese falsche Forderung läßt sich nur durch die kurze Dauer des Drama rechtfertigen; denn wie viele Umstände eräugnen sich nicht in dem Leben, die einen Menschen von seinem Charakter abbringen?


48 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Was wird also der Dichter unter einem Volke thun, dessen Sitten schwach, klein und gekünstelt sind; wo die strenge Nachahmung des gewöhnlichen Umganges nichts als ein Zusammenhang falscher, sinnloser und niedriger Ausdrücke seyn würde; wo weder Freymüthigkeit noch Gutherzigkeit ist; wo der Vater seinen Sohn Mein Herr nennt, und die Mutter ihre Tochter Mademoisell ruft; wo die öffentlichen Ceremonien nichts Grosses, das häusliche Leben nichts Rührendes und Ehrbares, die feyerlichen Handlungen nichts Wahres haben? Er wird die Sitten dieses Volks verschönern; er wird die Umstände sorgfältig aufsuchen, die seiner Kunst am zuträglichsten sind; die andern wird er übergehen; und hier und da wird er einige erdichtete einzuschieben wagen.


49 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Zwey Dichter können sich nicht beide auf einmal gleich vortheilhaft zeigen. Das untergeordnete Talent muß zum Theil dem herrschenden Talente aufgeopfert werden. Ginge jeder seinen Weg vor sich, so würde er vielleicht etwas allgemeines vorstellen. Da ihn aber ein andrer führet, so muß er sich mit einem einzeln Falle befriedigen. Man sehe nur, wie verschieden die Seeaussichten, die Vernet aus seiner Idee, und die er nach der Natur gemahlet hat, an Kraft und Leben sind. Der Theatermahler ist auf die Um stände eingeschränkt, die zur Illusion dienen. Alle zufällige Zierrathen, die dieser zuwider seyn könnten, sind ihm untersagt. Auch sogar derer muß er sich mit Mäßigkeit bedienen, die weiter nichts thun, als ohne Nachtheil verschönern. Denn wenigstens zerstreuen sie doch.


50 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Der Philosoph spricht wenig mit seiner Frau. Aber wie viel Zärtliches hatte nicht ein weiser Mann, dem das Leben gleichgültig war, über sein Kind zu sagen!


51 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Nur der würde zaudern, der mit demLeben alles zu verlieren glaubte. Ich hoffe zu gewinnen.


52 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Bald werde ich nicht mehr seyn. — Nach euch werden sie mich richten. — Werffet meinen Tod den Atheniensern nicht anders vor, als durch die Heiligkeit eures Lebens.


53 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wenn man mich versichert, daß ein Mensch geitzig ist, so werde ich mir kaum einbilden können, daß er im Stande sey, etwas Grosses hervor zu bringen. Dieses Laster macht den Geist klein, und das Herz enge. Die öffentlichen Unglücksfälle sind dem Geitzigen nichts. Oft erfreuet er sich darüber. Er ist hart. Wie soll er sich zu etwas Erhabenem schwingen können? Er liegt beständig gekrümmt auf sei nem Geldkasten. Er kennt weder die Geschwindigkeit der Zeit, noch die Kürze desLebens. Unbekannt mit dem allgemeinen Wohlwollen, schränkt er sich nur auf sich selbst ein. Die Wohlfahrt seines Nächsten ist in seinen Augen, in Vergleichung mit einem kleinen Stückchen gelben Metalls, nichts. Er hat nie das Vergnügen empfunden, dem Dürftigen mitzutheilen, dem Nothleidenden beyzuspringen, und mit dem Weinenden zu weinen. Er ist ein schlechter Vater, ein schlechter Sohn, ein schlechter Freund, ein schlechterBürger. Um sein Laster gegen sich selbst zu entschuldigen, hat er sich ein Lehrgebäude machen müssen, nach welchem er seinen Leidenschaft alle Pflichten aufopfern darf. Wenn er das Mitleiden, die Freygebigkeit, die Gastfreyheit, die Liebe des Vaterlandes, oder die Liebe des menschlichen Geschlechtsschildern müßte, wo sollte er die Farben dazu hernehmen? Er hält in seinem Herzen alle diese Eigenschaften für nichts, als verkehrte Thorheiten.


54 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Das ist noch nicht genug. In jedem Menschen ins besondere, ist alles in einer beständigen Abwechselung; man mag das Physische oder das Moralische an ihm betrachten; der Schmerz folgt dem Vergnügen, das Vergnügen dem Schmerze; die Gesundheit der Krankheit, der Krankheit die Gesundheit. Blos dem Gedächtnisse ist es zuzuschreiben, daß wir, sowohl in Ansehung anderer, als unserer selbst, das nehmliche Individuum bleiben. In dem Alter da ich itzt bin, habe ich vielleicht nicht das geringste Stäubchen mehr von dem Körper, den ich mit auf die Weltbrachte. Ich weis nicht wie weit das Ziel meiner Dauer noch entfernt ist; wenn aber der Augenblick kommen wird, daß ich nun diesen Körper der Erde wiedergeben soll, so ist ihm vielleicht von allen den kleinsten Theilchen, aus welchen er itzt bestehet, kein einziges mehr übrig. Eben so wenig gleichet sich die Seele in verschiednen Perioden ihres Lebens. Ich stammelte in meiner Kindheit. Itzt glaube ich vernünftig zu denken. Aber mitten unter diesem vernünftigen Denken, verfliegt die Zeit; und ich komme wieder zu dem Stammeln zurück. So ist es mit mir, so ist es mit allen beschaffen. Wie wäre es also möglich, daß ein einziger von uns, seine ganze Lebenszeit hindurch, immer einerley Geschmackbehalten, immer einerley Urtheil von dem, was wahr, was gut, was schön ist, fällen könnte? Die Veränderungen, welche der Gram und die Bosheit der Menschen in uns verursachen, wären schon allein hinlänglich, auch unsere Urtheile zu verändern.


55 - Le Pere de Famille /

Vous craignez des peines, & vous ne pensez pas à celles que vous me causeriez? Vous m'abandonneriez? Vous quitteriez la maison de votre pere, pour un cloître? la société de votre oncle, de votre frere, & la mienne, pour la servitude? Non, ma fille, cela ne sera point. Je respecte la vocation religieuse, mais ce n'est pas la vôtre. La Nature, en vous accordant les qualités sociales, ne vous destina point à l'inutilité... Cécile, vous soupirez... Ah, si ce dessein te venoit de quelque cause secrete, tu ne sais pas le sort que tu te préparerois. Tu n'as pas entendu les gémissemens des infortunées dont tu irois augmenter le nombre. Ils percent la nuit & le silence de leurs prisons. C'est alors, mon enfant, que les larmes coulent ameres & sans témoin, & que les couches solitaires en sont arrosées... Mademoiselle, ne me parlez jamais de couvent... Je n'aurai point donné la vie à un enfant; je ne l'aurai point élevé; je n'aurai point travaillé sans relâche à assûrer son bonheur, pour le laisser descendre tout vif dans un tombeau, & avec lui mes espérances, & celles de la société trompées... Et qui la repeuplera de citoyensvertueux, si les femmes les plus dignes d'être des meres de famille, s'y refusent?


56 - Le Pere de Famille /

Si je ne considérois que moi, je pourrois approuver ce parti. Mais je dois vous ouvrir les yeux sur un temps où je ne serai plus... Cécile, la Nature a ses vues; & si vous regardez bien, vous verrez sa vengeance sur tous ceux qui les ont trompées; les hommes punis du célibat par le vice, les femmes par le mépris & par l'ennui... Vous connoissez les différens états; dites-moi, en est-il un plus triste & moins consi déré que celui d'une fille âgée? Mon enfant, passé trente ans on suppose quelque défaut de corps ou d'esprit à celle qui n'a trouvé personne qui fût tenté de supporter avec elle les peines de la vie. Que cela soit ou non,l'âge avance, les charmes passent, les hommes s'éloignent, la mauvaise humeur prend; on perd ses parens, ses connoissances, ses amis. Une fille surannée n'a plus autour d'elle que des indifférens qui la négligent, ou des ames intéressées qui comptent ses jours. Elle le sent; elle s'en afflige; elle vit sans qu'on la console, & meurt sans qu'on la pleure.


57 - Le Pere de Famille /

Ainsi le mariage sera pour moi un lien d'intérêt & d'ambition? Mon pere, vous n'avez qu'un fils; ne le sacrifiez pas à des vues qui remplissent le monde d'époux malheureux. Il me faut une compagne honnête & sensible, qui m'apprenne à supporter les peines de la vie, & non une femme riche & titrée qui les accroisse. Ah, souhaitez-moi la mort, & que le Ciel me l'accorde plutôt qu'une femme comme j'en vois!


58 - Der Hausvater /

Du sprichst von Verdruß und Kummer, und denkest an den Kummer und Verdruß nicht, den du mir machen würdest? So wolltest du mich verlassen? So wolltest du das Haus deines Vaters mit einem Kloster vertauschen? Die Gesellschaft deines Oheims, deines Bruders, meine Gesellschaft, mit der Knechtschaft? Nein meine Tochter, das muß nicht geschehen! Ich verehre den Beruf zum geistlichen Leben; aber es ist nicht dein Beruf. Die Natur hat dir gesellige Eigenschaften gegeben, und sie kann sie dir nicht umsonst gegeben haben. — Cäcilia, du seufzest. — Ah, wenn dieser Vorsatz aus irgend einer geheimen Ursache entspränge, — welchSchicksal würdest du dir zubereitet haben! Du hast das Winseln der Unglücklichen nie gehöret, deren Anzahl du zu vermehren kämest. Es dringet durch die nächtliche Stille ihrer Kerker. Dann, dann, mein Kind, fliessen bittere Thränen, an denen niemand Antheil nimmt, und netzen das einsame Lager. — Cäcilia, nicht ein Wort mehr vom Kloster. — Ich will keinem Kinde das Leben gegeben haben, ich will kein Kind erzogen und ohn Unterlaß an der Befestigung seinesGlücks gearbeitet haben, um es lebendig in das Grab herabsteigen zu lassen, und so meine Hofnung und die Hofnung derGesellschaft betrogen zu sehen. — Und wer soll der Welt tugendhafteBürger liefern, wenn sich gleich diejenigen Frauenzimmer, die es am meisten verdienten, Hausmütter zu seyn, dieser Sorge entziehen wollen?


59 - Der Hausvater /

Wenn ich bloß auf mich sehen wollte, so könnte ich mit diesem Vorsatze gar wohl zufrieden seyn. Aber ich muß dir die Zeit zu Gemüthe führen, da ich nicht mehr seyn werde. — Cäcilia, die Natur hat ihre Absichten; und wenn du Achtung geben willst, so wirst du finden, daß sie sich an allen rächet, die ihr diese Absichten fehl schlagen lassen; die Mannspersonen strafet sie, wegen des ehelosen Standes, durch dasLaster, und das Frauenzimmer durch Verachtung und Langeweile. — Du kennest die verschiedenen Stände; sage mir, giebt es einen traurigern, einen ungeachtetern Stand, als den Stand einer betagten Jungfer? Mein Kind, man vermuthet, ein Mädchen müsse entweder Gebrechen des Körpers oder der Seele haben, wenn sie dreyßig Jahr alt geworden ist, ohne eine Person gefunden zu haben, die mit ihr die Mühseligkeiten des Lebens zu ertragen, geneigt gewesen wäre. Dem aber sey wie ihm wolle; das Alter kömmt heran; die Reitze verschwinden; die Mannspersonen entfernen sich; die üble Laune nimmt überhand; man verlieret seine Aeltern, seine Bekannte, seine Freunde. Eine alte Jungfer hat niemanden um sich, als Gleichgültige, die sie verabsäumen, oder Eigennützige, die ihre Tage zehlen. Sie empfindet es; sie betrübt sich darüber; sie lebt, ohne daß sie jemand tröstet, und stirbt, ohne daß sie jemand beweinet.


60 - Der Hausvater /

Aus meiner Heyrath soll also ein Band des Eigennutzes und des Ehrgeitzes werden? Mein Vater, Sie haben nur Einen Sohn; opfern Sie ihn nicht Absichten auf, welche die Welt mit unglücklichen Ehemännern erfüllen. Ich brauche eine rechtschaffene, empfindliche Gattin, die mich die Mühseligkeiten des Lebensertragen lehre; und keine reiche, betittelte Frau, die sie vermehre. Ah, wünschen Sie mir eher den Tod, und der Himmel gewähre mir ihn eher, als eine Frau, so wie ich sie sehe —