Suchbegriff: kunst
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31 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wahrheit und Tugend sind die Freundinnen der schönen Künste. Wer ein Schriftsteller, wer ein Kunstrichter werden will, der fange erst an, ein ehrlicher Mann zu werden. Was kann man sich viel von dem versprechen, der sich selbst nicht stark genug zu rühren weis? Und was kann mich stärker rühren, alsWahrheit und Tugend, diese zwey mächtigsten Dinge in der Natur.


32 - Von der dramatischen Dichtkunst /

So sprach Arist mit sich selbst, und sahe, daß er noch sehr vieles zu lernen habe. Er ging nach Hause; verschloß sich funfzehn Jahre; legte sich auf die Geschichte, auf dieWeltweisheit, auf die Moral, auf die Wissenschaften und Künste; und ward in seinem fünf und funfzigsten Jahre ein ehrlicher Mann, ein gelehrter Mann, ein Mann von Geschmack, ein grosser Schriftsteller, ein vortrefflicher Kunstrichter.


33 - Fils naturelle /

Vous voyez que cette espece de drame où les traits les plus plaisans du genre comiquesont placés à côté des traits les plus touchansdu genre sérieux, & où l'on saute alternativement d'un genre à un autre, ne sera pas sans défaut aux yeux d'un critique sévere.


34 - Der natürliche Sohn /

Auch sehen Sie, daß diese Gattung des Drama, wo die allerlustigsten Züge der komischen Gattung neben den allerrührendsten Zügen der ernsthaften Gattung stehen, und wo man wechselsweise aus einer Gattung in die andere springt, in den Augen eines strengen Kunstrichters nicht ohne Fehl seyn kann.


35 - An Essay on Dramatick Poesy /

If the Question had been stated, replied Lisideius, who had writ best, the French or English forty Years ago, I should have been of your Opinion, and adjudged the Honour to our own Nation; but since that time, (said he, turning towards Neander) we have been so long together bad Englishmen, that we had no leisure to be good Poets; Beaumont, Fletcher, and Johnson (who were only capable of bringing us to that degree of Perfection which we have) were just then leaving the World; as if in an Age of so much Horror, Wit and those milder Studies of Humanity had no farther business among us. But the Muses, who ever follow Peace, went to plant in another Country; it was then that the great Cardinal of Richlieu began to take them into his Protection; and that, by his encouragement, Corneille and some other French-men reform'd their Theatre, (which before was as much below ours, as it now surpasses it and the rest of Europe;) but because Crites, in his Discourse for the Ancients, has prevented me, by observing many Rules of the Stage, which the Moderns have borrow'd from them; I shall only, in short, demand of you, whether you are not convinc'd that of all Nations the French have best observ'd them? in the Unity of Time you find them so scrupulous, that it yet remains a Dispute among their Poets, whether the artificial Day of twelve Hours, more or less, be not meant by Aristotle, rather than the natural one of twenty four; and consequently, whether all Plays ought not to be reduc'd into that compass? This I can testify, that in all their Drama's writ within these last twenty Years and upwards, I have not observ'd any that have extended the Time to thirty Hours. In the Unity of Place they are full as scrupulous; for many of their Criticks AnEssayof Dramatick Poesy. limit it to that very Spot of Ground where the Play is suppos'd to begin; none of them exceed the compass of the same Town or City.


36 - An Essay on Dramatick Poesy /

Beaumont and Fletcher, of whom I am next to speak, had, with the Advantage of Shakespear's Wit, which was their Precedent, great natural Gifts, improv'd by Study. Beaumont especially being so accurate a Judge of Plays, that Ben Johnson while he liv'd submitted all his Writings to his Censure, and, 'tis thought, us'd his Judgment in correcting, if not contriving all his Plots. What value he had for him appears by the Verses he writ to him; and therefore I need speak no farther of it. The first Play that brought Fletcher and him in Esteem, was their Philaster; for before that, they had written two or three very unsuccessfully: As the like is reported of Ben Johnson, before he writ Every Man in his Humour. AnEssayof Dramatick Poesy. Their Plots were generally more regular than Shakespear's, especially those which were made before Beaumont's Death; and they understood and imitated the Conversation of Gentlemen much better; whose wild Debaucheries, and Quickness of Wit in Repartees, no Poet before them could paint as they have done. Humour, which Ben Johnson deriv'd from particular Persons, they made it not their Business to describe: They represented all the Passions very lively, but above all, Love. I am apt to believe the EnglishLanguage in them arriv'd to its highest Perfection; what Words have since been taken in, are rather Superfluous than Ornamental. Their Plays are now the most pleasant and frequent Entertainments of the Stage; two of theirs being acted through the Year for one of Shakespear's or Johnson's: The Reason is, because there is a certain Gayety in their Comedies, and Pathos in their more serious Plays, which suits generally with all Mens Humours. Shakespear's Language is likewise a little obsolete, and Ben Johnson's Wit comes short of theirs.


37 - Von Johann Dryden und dessen dramatischen Werken /

„Wäre die Frage, ob die Franzosen oder ob Engländer am besten geschrieben hätten, vor vierzig Jahren aufgeworfen worden, so würde diese Ehre unstreitig unserer Nation zu Theil geworden seyn. Aber seit dieser Zeit sind wir, leider, so schlimme Engländer gewesen, daß wir nicht Zeit gehabt haben, gute Dichterdramatischen Werken. zu seyn. Beaumont, Fletcher, Johnson, (die allein fähig waren, uns auf die Staffel der Vollkommenheit, auf der wir uns befinden, zu erheben) verliessen eben die Welt; gleich als ob in dieser Zeit des Greuels und der Verwüstung, der Witz und jene sanftern Künste nichts mehr unter uns zu schaffen hätten. Allein die Musen, die stets dem Frieden nachfolgen, zogen in ein ander Reich, ihre Wohnungen da aufzuschlagen; Richelieu nahm sie zuerst in seinen Schutz, und auf seine Veranlassung machten sich Corneille und einige andere Franzosen, an die Verbesserung ihresTheaters, welches vorher eben so weit unter dem unsrigen war, als es nun über dasselbe, und über alle andere Theater in Europa, erhaben ist. Weil mir aber Crites in seiner Rede für die Alten zuvorgekommen, und die verschiednen Regeln der Bühne, welche die Neuern von ihnen geborgt haben, bereits angemerkt hat; so will ich Sie nur kurz fragen, ob Sie nicht überzeugt sind, daß unter allen Völkern die Franzosen diese Regeln am besten beobachtet haben? Jn der Einheit der Zeit sind sie so gewissenhaft, daß sich ihre Dichter noch nicht darüber verglichen haben, ob Aristoteles nicht vielmehr den bürgerlichen Tag von zwölf Stunden, als den natürlichen von vier und zwanzig Stunden, verstanden habe, und ob man folglich nicht alle Schauspiele innerhalb Von Johann Dryden u. dessen dieser Zeit einschliessen müsse? So viel kann ich bezeugen, daß ich unter allen ihren Stücken, die in diesen letzten zwanzig Jahren, oder drüber, geschrieben worden, nicht ein einziges bemerkt habe, in welchem die Zeit bis auf dreyssig Stunden ausgedehnet wäre. Jn der Einheit des Orts sind sie nicht weniger genau, denn verschiedne von ihren Kunstrichtern schränken ihn auf den nehmlichen Platz und Boden ein, auf welchem das Spiel anfängt; alle aber halten sich doch wenigstens in dem Bezirke einer und ebenderselben Stadt.


38 - Von Johann Dryden und dessen dramatischen Werken /

Hat aber der gedachte Kunstrichter so viel damit sagen wollen, daß durch die Erhebung des einen Charakters alle übrigen vernachläßiget werden, und daß sie nicht alle einen oder den andern Antheil an der Handlung des Stücks haben, so wollte ich ihn wohl ersuchen, nur eine einzige Tragödie vom Corneille zu nennen, in der nicht jede Person, gleich so vielen Bedienten in einer wohlregierten Familie, ihre gewisse Verrichtung habe, und nicht zur Betreibung der Handlung, oder wenigstens zum Verständnisse derselben, nothwendig sey.


39 - Von Johann Dryden und dessen dramatischen Werken /

Beaumont und Fletcher hatten, ausser dem Gebrauche den sie von Shakespears, als ihres Vorgängers, Geiste machen konnten, grosse natürliche Gaben, die durch gute Studien ausgebildet waren. Beaumont besonders war ein so genauer Kunstrichter in dem Dramatischen Theile der Poesie, daß ihm Ben Johnson, so lange er lebte, alle seine Werke zur Beurtheilung unterwarf, und, wie man meint, sich seiner Einsichten nicht allein zum Verbessern, sondern auch zum Entwerffen be dramatischen Werken.diente. — Das erste Stück welches Fletchern und Beaumont in Ansehen brachte, war Philaster; denn vorher hatten sie zwey oder drey Stücke mit schlechtem Glücke geschrieben, wie denn das nehmliche auch vom Ben Johnson erzehlt wird, ehe er mit seinem Every Man in his Humour zum Vorschein kam. Jhre Anlagen und Jntriguen sind meistenthels regelmäßiger als Shakespears; besonders diejenigen, die vor Beaumonts Tode gemacht worden; sie kannten auch den Ton der großen Welt besser, und wußten die wilden Ausschweifungen, und den geschwinden Witz im Antworten, der den Personen aus ihr eigen ist, so vortreflich zu schildern und nachzuahmen, als noch kein Dichter vor ihnen gethan hatte. Mit der Laune, welche Ben Johnson von einzeln Personen nachschilderte, gaben sie sich nicht sehr ab; sie stellten dafür alle Leidenschaften, und besonders die Liebe, ungemein lebhaft vor. Jch bin nicht ungeneigt zu glauben, daß in ihnen die englischeSprache zu ihrer höchsten Vollkommenheit gelangte; alle Wörter, die man seitdem darinn aufgenommen hat, sind mehr zum Ueberflusse als zur Zierde. Jhre Stücke werden itzt am häufigsten, und mit dem meisten Beyfall gespielt; durch das Jahr durch immer wenigstens zwey gegen eines von Shakespear und Johnson; und die Ursache ist, weil in ihren Komödien eine gewisse Lustigkeit, und in Von Johann Dryden u. dessen ihren ernsthaftern Stücken so etwas Pathetisches herrscht, das überhaupt allen Menschen gefällt.Shakespears Sprache ist zugleich ein wenig altvätrisch, und Ben Johnsons Witz kömmt dem ihrigen nicht gleich.


40 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Vierzigern, und beständiger Sekretär der französischen Akademie. Der Herr von Voltaire hat ihn mit unterdie Schriftsteller gezehlet, welche das Jahrhundert Ludewigs des XIV. erleuchtet haben. Er hat sich der Welt als ein Geschichtschreiberund als ein Kunstrichter gezeigt. Als jenerin seiner Histoire de la ligue de Cambrai, weldu Bos,cher der Herr von Voltaire das Lob zugestehet, daß sie ein Muster in ihrer Art sey. Alsdieser, in seinen critischen Betrachtungenüber die Dichtkunst und Mahlerey,(Reflexions critiques sur la Poesie & sur laPeinture) von welchen ich hier etwas mehrersmelden muß. Ich kann es jetzt nicht gleichwissen, in welchem Jahre sie zu erst ans Lichttraten. Ich habe blos die fünfte Ausgabe vormir, welche von 1746 ist. Es ist die letzte, meines Wissens, und auf den Titel wird gesagt, daß sie von dem Verfasser selbst durchgesehen, verbessert und vermehrt worden. Sieist in Paris in groß Duodez gedruckt, und bestehet aus drey Theilen, deren stärkster ein Alphabet hat. Der Inhalt, wie ihn der Verfasser selbst entwirft, ist kurz dieser. In demersten Theile erklärt er, worinn die Schönheit eines Gemähldes und die Schönheit einesGedichts vornehmlich bestehe; was für Vorzüge so wohl das eine, als das andere, durchdie Beobachtungen der Regeln erlange, undendlich was für Beystand sowohl die Werkeder Dichtkunst, als der Mahlerey, von andernKünsten erborgen können, um sich mit von den Theatr. Vorstel. der Alten.desto grössern Vortheile zu zeigen. In demzweyten Theile handelt er von den Theils natürlichen, Theils erworbenen Eigenschaften, welche sowohl grosse Mahler, als grosse Dichter,haben müssen, und forscht den Ursachen nach, warum einige Jahrhunderte so viele, und einigefast gar keine berühmte Künstler gesehen haben. Hierauf untersucht er, auf welche Weisedie Künstler zu ihrem Ruhme gelangen; anwelchen Kennzeichen man es voraussehen könne, ob der Ruhm, in welchem sie zu ihren Zeitenstehen, ein wahrer Ruhm sey, oder ob sie nurein flüchtiges Aufsehen machen; und endlichaus welchen Merkmalen man es zuverläßigschliessen dürfe, daß der Name eines von seinen Zeitgenossen gerühmten Dichters oderMahlers, immer mehr und mehr wachsen,und in den folgenden Zeiten noch grösser seynwerde, als er selbst zu seiner Zeit gewesen ist.In dem dritten Theile endlich trägt unser Abtverschiedene Entdeckungen vor, die er in Ansehung der theatralischen Vorstellungen der Alten gemacht zu haben glaubet. In den erstenAusgaben seines Werks, war diese Materiedem ersten Theile mit eingeschaltet. Weil sie du Bos, v. d. theat. Vorst. d. Alten.aber doch nichts anders als eine Ausschweifungwar, durch die man die Hauptsache allzulangeaus den Augen verlohr, so folgte er dem Rathe einiger Freunde, und machte einen besondern Theil daraus. Dieser besondre Theil nun, oder diese Ausschweifung ist es, welche ich hiermeiner theatralischen Bibliothek einverleibenwill. Ich werde aber dabey für diesesmalnichts, als die Pflichten eines getreuen Uebersetzers beobachten; und meine Gedanken überverschiedene besondere Meinungen des Verfassers auf eine andere Gelegenheit versparen.

41 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Und da auch noch zu unsern Zeiten Wundervon dieser Art dann und wann geschehen sind, sosind die Alten ausser allem Verdachte, als hättensie, in Ansehung der Genesungen, wovon wirreden, etwas geglaubt, was sich nie so befunden,oder als hätten sie uns gar Fabeln für wahre Geschichten verkauft. Im vorbeygehen zu sagen: dieser Punct ist nicht der einzige, in welchen sieunsere eigne Erfahrung wider die Beschuldigung du Bos,des Betrugs und der Leichtgläubigkeit vertheidiget hat. Ist der GeschichtschreiberPlinius nichtwegen verschiedner Beschuldigungen dieser Art, welche die Kunstrichter des sechzehnten Jahrhunderts wider ihn erhoben hatten, gerechtfertigetworden? Um wieder auf die durch die Musikbewirkte Genesung von verschiednen Krankheiten,zu können; so erwehnen auch die Denkschriftender Akademie der Wissenschaften, an welchengewiß keine leichtgläubige Personen arbeiten, unter dem Jahre 1701 und dem Jahre 1707, solcher Kuren, die noch ganz neulich durch die Musik verrichtet worden.


42 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Weil die Neuern glaubten, daß Carmenbeständig die uneigentliche Bedeutung habe, die(*) it. sat. 7.du Bos,es in den angeführten Versen des Juvenals hat, wo es weiter nichts als Verse anzeigen will, soist ihnen die eigentliche Bedeutung dieses Wortsentwischt; und weil sie diese nicht wußten, sokonnten sie es auch nicht wissen, daß die Alteneine componirte Declamation gehabt haben, diein Noten geschrieben worden, ohne deswegen einmusikalischer Gesang zu seyn. Noch ein anderübelverstandenes Wort hat viel dazu beygetragen, den neuern Schriftstellern die Existenz dieser Declamation zu verbergen. Ich meine dasWort cantus nebst allen seinen Abstammungen. Die neuern Kunstrichter haben also allezeit untercantus einen musikalischen Gesang verstanden, obes gleich in verschiednen Stellen nur einen Gesang überhaupt, oder eine Recitation, bey derman sich nach einer gewissen in Noten geschriebenen Melodie richten muß, bedeutet. Auchcanere ist ihnen allzeit das gewesen, was wir unter dem eigentlichen Singen verstehen. Und daher ist der Irrthum vornehmlich gekommen, nachwelchem sie geglaubt, der Gesang der dramatischen Stücke bey den Alten sey ein eigentlich sogenannter Gesang gewesen, weil sich die altenSchriftsteller gemeiniglich der Worte cantus undcanere bedienen, wenn sie von der Ausführungdieser Stücke reden. Ehe ich also meine Meinung durch neue Beweise unterstütze, die ausder Art und Weise selbst, wie die componirteDeclamation auf den Bühnen der Alten ausgevon den theatr. Vorstell. d. Alten.führet wurde, gezogen sind; wird es, glaub ich, nicht undienlich seyn, wenn ich zeige, daß dasWort Gesang, so wohl im Griechischen als imLateinischen, nicht bloß den musikalischen Gesang, sondern auch eine jede Art von Declamation, ja das blosse Hersagen selbst, bedeute; unddaß man folglich daraus, weil die alten Schriftsteller gesagt, ihre Schauspieler hätten gesungen,nicht schliessen müsse, diese Schauspieler hättenso gesungen, als wir das Wort singen in der gewöhnlichen Bedeutung zu nehmen pflegen. DasAnsehen der neuern Schriftsteller, welchen meineMeinung widerspricht, fordert von mir, sie aufdas gründlichste zu beweisen. Ich will also nichtglauben, daß man mir die Menge der Stellenvorwerfen werden, die ich zur Erhärtung einerSache anzuführen gedenke, welche vielleicht zweyoder dreye von diesen Stellen hinlänglich beweisen.


43 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Es ist zwar wahr, daß nach der Meinungder größten Kunstrichter, diese angeführte Schriftwider die Schauspieler kein Werk des h. Cyprianus ist, und daß also sein Ansehen von keinemgrossen Gewichte seyn könnte, wenn es auf einetheologische Frage ankäme. Allein in der Materie, die wir uns hier aufzuklären bemühen, istsein Zeugniß nichts destoweniger gültig. Denngenug daß der Verfasser dieser Schrift, welcheseit vielen Jahrhunderten bekannt ist, zu denZeiten gelebt hat, da die Bühnen der Alten noch von den theatr. Vorstell. d. Alten.offen waren. Dieses aber ist daher klar, weiler seine Schrift in keiner andern Absicht verfertiget, als um zu zeigen, daß ein Christ bey denSchauspielen der damaligen Zeit nicht zugegenseyn dürfe; daß er, wie der h. Augustinus sagt, (*)an den Schändlichkeiten des Theaters, an dengottlosen Ausschweifungen des Circus, und anden Grausamkeiten des Amphitheaters, keinenAntheil nehmen müsse. Was ich von der Schriftwider die Schauspiele gesagt habe, die sich unter den Werken des h. Cyprianus befindet, kannich auch, um es anderwerts nicht wiederhohlenzu dürfen, von einigen Schriften sagen, die unter dem Namen des h. Justinus des Märtyrers auf uns gekommen sind, von den Kunstrichtern aber nicht für seine Arbeit gehalten werden. Genug daß diese Schriften, welche schon altsind, zu den Zeiten geschrieben worden, in welchen die Bühnen noch offen waren; mehr brauchtes nicht diejenigen Dinge, die ich auf ihr Zeugniß gründen werde, ausser Zweifel zu setzen.


44 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Wenn die Kunstrichter, welche die Dichtkunstdes Aristoteles haben tadeln oder erklären wollen, auf die Bedeutung des Worts Saltatio, Achtung gegeben hätten, so würde es ihnen gar nichtso abgeschmackt vorgekommen seyn, daß die Chöreder Alten, auch bey den traurigsten Stellen derTragödien, getanzt haben. Man kann sichleicht vorstellen, daß dieses Tanzen in nichts andern bestanden habe, als in den Gebehrden unddem äusserlichen Bezeigen der Glieder des Chors, womit sie ihre Gesinnungen ausdrückten, sie mochten nun reden, oder auch bloß durch ein stummes Spiel bezeigen, wie sehr sie von der Begebenheit, woran sie Theil nehmen sollten, gerührtwären. Diese Declamation nöthigte den Choröfters auf der Bühne hin und her zu gehen, und(*) Tertull. de Spect.von den theatr. Vorstell. der Alten.da die Bewegungen von einem Orte zum andern, welche verschiedne Personen zu gleicher Zeitmachen sollen, nothwendig vorher abgeredet seynmüssen, wenn sie nicht in einen sich drengendenunordentlichen Hauffen ausarten sollen, so habendie Alten den Chören bey ihrem hin und wiedergehen gewisse Regeln vorgeschrieben. Und diesevorgeschriebnen Bewegungen haben nicht wenigdazu beygetragen, daß die Kunstrichter die Saltation der Chöre, für Ballets nach unserer Artgehalten haben.


45 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Wenn die Kunstrichter, welche die Dichtkunstdes Aristoteles haben tadeln oder erklären wollen, auf die Bedeutung des Worts Saltatio, Achtung gegeben hätten, so würde es ihnen gar nichtso abgeschmackt vorgekommen seyn, daß die Chöreder Alten, auch bey den traurigsten Stellen derTragödien, getanzt haben. Man kann sichleicht vorstellen, daß dieses Tanzen in nichts andern bestanden habe, als in den Gebehrden unddem äusserlichen Bezeigen der Glieder des Chors, womit sie ihre Gesinnungen ausdrückten, sie mochten nun reden, oder auch bloß durch ein stummes Spiel bezeigen, wie sehr sie von der Begebenheit, woran sie Theil nehmen sollten, gerührtwären. Diese Declamation nöthigte den Choröfters auf der Bühne hin und her zu gehen, und(*) Tertull. de Spect.von den theatr. Vorstell. der Alten.da die Bewegungen von einem Orte zum andern, welche verschiedne Personen zu gleicher Zeitmachen sollen, nothwendig vorher abgeredet seynmüssen, wenn sie nicht in einen sich drengendenunordentlichen Hauffen ausarten sollen, so habendie Alten den Chören bey ihrem hin und wiedergehen gewisse Regeln vorgeschrieben. Und diesevorgeschriebnen Bewegungen haben nicht wenigdazu beygetragen, daß die Kunstrichter die Saltation der Chöre, für Ballets nach unserer Artgehalten haben.