Suchbegriff: krie
Treffer: 585

16 - Examen de in genios para las Sciencias /

Tener perfection en todas las potencias que goviernan al hombre (generativa, nutritiva, yrascible, y racional) con viene mas al Rey, que a otro artifice ninguno: porque (como dize Platon , In Theæ- teto) en la republica bien ordenada, avia de aver casamenteros, que con arte supiessen conocer las calidades de las personas que se avian de casar, para dar a ca da hombre la muger que le responde en proporcion, y a cada muger su hombre determinado: Con la qual diligencia nunca se frustraria el fin principal del matrimonio: Porque veemos por experiencia, que una muger con el primer marido no pudo concebir; y casandose con otro, luego tuvo generacion: y muchos hombres no tener hijos en la primera muger, y casandose con otra, averlos luego sin dilacion. Mayormente, dize Platon que convenia esta arte en los Examen casamientos de los reyes: porque como importe tanto a la paz y sossiego del reyno, que su principe tenga hijos legitimos en quien suceda el estado; podria acontecer que casandose el Rey a tiento, topasse una muger esteril, con quien estuviesse impedido toda la vida, sin esperança de generacion: y muerto sin herederos, luego nacen guerras civiles sobre quien a de mandar.


17 - Examen de in genios para las Sciencias /

Aver vivido sano [en todo el discurso de su vida] parece que se pueda provar: porque en su historia, [3. Regum cap.1.] de sola una enfermedad se haze mencion. Y esta era disposicion natural, de los que viven muchos años, que por aversele resuelto el calor natural, no podia calentar en la cama: para cuyo remedio, acostavan con el una donzella hermosa, que le diera calor. Y con esto vivio tantos años, que dize el texto: [1. Paralip. cap. 29.] Et mortuus est in senectute bona, plenus dierum & divitiis & gloria. Como si dixera: Murio David en su buena vejez, lleno de dias, de riquezas, y de gloria; con aver padescido tantos trabajos en la guerra, y hecho tanta penitencia de sus peccados. Y era la razon, ser templado, y bien compuesto; por donde resistia, a las De Ingenios. causas que suelen hazer enfermar, y abreviar la vida del hombre.


18 - Examen de in genios para las Sciencias /

Venite sapienter opprimamus eum, ne fortè multiplicetur, & si ingrue rit contra nos bellum, addatur inimicis nostris.

19 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Von der guten Einbildungskraft endlich entstehen alle Künste und Wissenschaften, welche Bilder, Gleichheiten, Harmonie und Verhältnisse zu Gegenständen haben; nämlich die Dichtkunst, die Beredsamkeit, die Baukunst, die Homilie, die ausübende Arzneygelahrheit, die Mathematik, ††) die Astrologie, die Regierungskunst,

†) Es ist doch sonderbarsonberbar, daß hier der Verfasser die Geschichte und Chronologie, da doch beyde unter die Haupttheile der Gelehrsamkeit gehören, gar nicht genannt hat. E.

††) Es ist zwar nicht zu leugnen, daß die Mathematik genug Dinge enthält, wobey die Einbildungskraft sehr wirksam ist, wie man schon aus verschiedenen mechanischen Betrachtungen und aus der Lehre von dem Unendlichen ersehen kann; daher ich auch nicht mit Hr.Garven (Samml. einig. Abh. S. 67.) behaupten möchte, daß in dieser Wissenschaft nirgends Einbildung, sondern allenthalbenVerstand herrsche. Allein nach der bekannten Regel, a potiori fit denominatio, hätte doch die Mathematik unter diejenigen Wissenschaften gesetzt werden sollen, die von dem Verstande abhängen, da bey derselben mehr, als bey irgend einer andern Wissenschaft der Verstand beschäftiget ist. E.

Kriegswissenschaft, das Mahlen, Zeichnen, Schreiben und Lesen. Gleichfalls hängt es von der Einbildungskraft ab, daß der Mensch artig, höflich, aufgeräumt, scharfsinnig ist; daß er Ränke und Kunststücke erfinden kann; daß er jene Gabe besitzt, welche der Pöbel so sehr bewundert, nämlich vier Schreibern auf einmal vier verschiedene Materien in die Feder zu sagen, und sich in keiner zu verwirren. Diese erzählten Stücke werden wir nicht alle, jede für sich insbesondere durchgehen können, weil wir sonst nimmermehr zu Ende kommen würden. Wir werden uns nur auf drey oder viere derselben besonders einlassen, und was wir bey diesen erinnern werden, das wird auch bey den übrigen Statt finden.


20 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Niemand hat bis jetzt auf diese Frage gehörig antworten können; alle schreiben es gewöhnlichermaassen unmittelbar GOtt und der besondern Austheilung seiner Gnadengaben zu. Und was konnten sie bessres thun, da sie die besondere Ursache davon nicht wußten? Die wahre Antwort auf diesen Zweifel haben wir einigermaassen schon in dem vorhergehenden Hauptstücke ertheilet; wir haben uns aber so besonders nicht einlassen können, als es nöthig ist. Sie beruhte vornämlich darauf, daß die scholastischeTheologie von dem Verstande abhänge: nunmehr aber behaupten wir, und wollen es auch beweisen, daß das Predigen, als ihr ausübender Theil, ein Werk der Einbildungskraft sey. So schwer es nun ist, daß ein Gehirn einen grossen Verstand mit viel Einbildungskraft verbinden sollte, eben so selten ist es, daß einer ein grosser scholastischer Gottesgelehrter und zugleich ein berühmter Prediger seyn könne. Daß aber die scholastische Theologie von dem Verstande abhänge, haben wir in dem Vorhergehenden aus ihrer Feindschaft mit der lateinischen Sprache bewiesen; es wird also nicht nöthig seyn, diesen Beweis von neuem zu führen. Jch will nunmehr nur beweisen, daß alle die Anmuth und Geschicklichkeit, durch welche gute Prediger die Zuhörer an sich ziehen, und in beständiger Zufriedenheit und Erwartung erhalten, eine Wirkung der Einbildungskraft, und zum Theil des guten Gedächtnifses sey. Damit ich mich desto deutlicher erklären, und alles handgreiflich machen kann, werde ich vor allen Dingen dieses voraus setzen müssen, daß der Mensch ein vernünftiges, gesellschaftliches und politisches Thier sey, und daß die alten Weltweisen, weil seine Natur durch die Kunst um ein grosses vollkommener gemacht werden kann, die Vernunftlehre erfunden haben, damit sie ihn lehren könnten, wie und nach was für Vorschriften und Regeln er denken, die Natur der Dinge erklären, unterscheiden, eintheilen, folgern, urtheilen und wählen solle, ohne welche Verrichtungen man unmöglich in irgend einer Kunst Meister werden kann. Wenn aber der Mensch gesellschaftlich und politisch seyn sollte, so mußte er nothwendig reden, und andern die Gedanken seiner Seele verständlich machen können; damit er dieses aber mit Anstand und Ordnung thun möge, erfand man eine Kunst, welche die Rhetorik oder Redekunst heißt, und durch Vorschriften und Regeln die Rede, vermittelst angenehmer Worte, zierlicher Ausdrücke, scheinbarer Farben und erregter Gemüthsbewegungen, schöner macht. Wie aber die Vernunftlehre den Menschen nicht nur in einer Kunst, sondern in allen Künsten ohne Ausnahme denken, und schliessen lehrt; so lehrt auch die Rhetorik nicht allein, wie man in der Theologie, sondern auch, wie man in der Arzneykunde, in der Rechtsgelehrsamkeit, in der Kriegskunst, und in allen andern Wissenschaften sowohl, als in dem täglichen Umgange, reden müsse. Wenn wir uns daher einen vollkommenen Dialektiker, oder einen vollkommenen Redner einbilden wollen, so können wir ihn uns nicht anders einbilden, als einen Mann, der in allen Wissenschaften erfahren ist, weil sich seine Gerechtsamkeit über alle Wissenschaften erstrecket, und er die Regeln seiner Kunst in einer jeden ohne Unterscheid anwenden kann. Es ist mit der Beredsamkeit nicht, wie mit der Arzneykunde, welche einen gewissen und bestimmten Umfang hat, noch wie mit der natürlichenWeltweisheit, der Moral, der Metaphysik, der Astrologie oder den übrigen Wissenschaften; sondern Cicero hat vollkommen Recht, wenn er *) sagt: oratorem, vbicunque constiterit, consistere in suo; und an einem andern Orte:in oratore perfecto inest omnis philosopho- rum scientia. Auch darinnen hat er folglich Recht, daß kein Künstler seltner zu finden sey, als ein vollkommener Redner, wovon er einen weit stärkern Beweis würde haben anbringen können, wenn er darauf gefallen wäre, daß es unmöglich sey, alle Wissenschaften in einem Gehirne zu verbinden.


21 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Der Arzt und dieienigen, welche im Kriege anführen, haben den Ausgang und die Erfahrung zur Probe ihrer Schlüsse. Wenn zehen Generale, zum Beyspiel, aus vielen Gründen behaupten, man müsse es zur Schlacht kommen lassen, die übrigen aber behaupten, man müsse die Schlacht ausschlagen; so wird der Ausgang nothwendig die eine Meynung bestärken, die andere aber verwerfen. Und wenn zwey Aerzte uneinig sind, ob ein Kranker sterben oder davon kommen werde, so wird man es alsdenn, wenn der Kranke stirbt oder davon kömmt, erkennen, welcher von beyden die stärksten Gründe für sich gehabt habe. Gleichwohl aber ist der Ausgang kein zureichender Beweis; weil eine Wirkung verschiedene Ursachen haben, und gar wohl aus einer entstehen kann, wenn sich die Gründe auf eine ganz andere gestützt haben.


22 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Woher kömmt es, fragt Aristoteles, *) daß, obgleich die Tapferkeit nicht die allervornehmste Tugend ist, und die Gerechtigkeit und Klugheit ihr weit vorzuziehen sind, gleichwohl der Staat, und beynahe alle Menschen einmüthig einen Tapfern höher schätzen, und ihm innerlich mehr Ehre erzeigen, als dem Gerechten und Klugen, wenn sie auch in den größten Aemtern und Würden stehen? Er antwortet auf diese Aufgabe, weil kein König in der Welt sey, welcher nicht entweder anfallende oder vertheidigende Kriege führe. Da nun die Tapfern ihm Ruhm und Länder erwer

*) προβλ. τμημ. κα{??}

ben, ihn gegen seine Feinde beschützen und seine Reiche erhalten; so wird nicht sowohl der größten Tugend, als welches keine andere als die Gerechtigkeit ist, sondern der zuträglichsten und nützlichsten Tugend die meiste Ehre erwiesen. Wenn man den Tapfern anders begegnen wollte, so würden die Könige schwerlich Generale und Soldaten finden, welche ihr Leben freywillig aufopferten, um ihre Länder und Schätze zu vertheidigen.


23 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Es ist zwar wahr, indem wir uns mit dieser Untersuchung abgeben, so thun wir etwas, welches eigentlich zu unserm Vorhaben, die Genies, welche jeder Theil der Gelehrsamkeit erfordert, zu bestimmen, nicht gehört. Da aber der Krieg eine so gefährliche Sache ist, und so viel Berathschlagung erfordert; da es für einen König von der äussersten Nothwendigkeit ist, daß er wisse, wem er seine Gewalt und seine Staaten anvertrauen solle; so werden wir hoffentlich dem Staate keinen geringern Dienst leisten, wenn wir auch diese Art des Genies und ihre Merkmahle bestimmen, als wir ihm durch die Bestimmung der übrigenGenies geleistet haben. Man soll daher wissen, daß die Malitz und Militz, so wie sie beynahe einerley Benennung haben, also auch beynahe einerley Sache sind; denn wenn man das a in ein i verwandelt, so wird gar leicht aus malitia mili- tia und wieder aus militia malitia zu machen seyn. Welches die Eigenschaften der Bosheit (ma- litiae) sind, dieses sagt uns Cicero: *) malitia est versuta et fallax nocendi ratio. Das ist: die Bosheit ist nichts anders, als eine geschickte, listige und verschlagene Art Böses zu thun. Und kömmt es wohl im Kriege auf etwas anders, als darauf an, daß man seinen Feinden zu schaden, und sich vor seiner Hinterlist zu hüten weiß? Die beste Eigenschaft also, die ein oberster Feldherr haben kann, ist diese, daß er boshaft gegen seinen Feind ist, und keine einzige Bewegung zu seinem Nutzen, vielmehr zu seinem äussersten Verderben, jedoch mit Behutsamkeit mache. Daher sagt auch der Prediger: traue deinem Feinde nicht, ob er gleich süsse und glatte Worte auf den Lippen hat; denn in seinem Herzen liegt ein Hinterhalt, der dich tödten wird: mit den Augen weint er, wenn aber die Zeit kömmt, so wird ihn auch dein Blut nicht sättigen.


24 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Doch über diesen Rath ward Holofernes erbittert, weil er ein kühner Mann und demFrauenzimmer und dem Weine sehr ergeben war, als welche drey Stücke alle Anschläge, die bey der Kriegskunst nöthig sind, verwirren.Plato*) sagt daher: daß ihm das Gesetz der Carthaginenser ungemein wohl gefallen habe, vermöge dessen kein oberster Feldherr, so lange er bey der Armee sey, Wein trinken dürfen; weil dieser Saft, wie Aristoteles**) sagt, die Menschen auffahrend und übermüthig macht, wie es an dem Holofernes und aus seiner wütenden Rede gegen den Achior zu ersehen ist. Das Genie

*) περι νομοθεσιας.

**) προβλ. τμημ. ιδ.

übrigens, welches man gegen die Feinde nöthig hat, wenn man ihnen theils Fallen stellen, theils den von ihnen gestellten Fallen entgehen will, hat Cicero sehr wohl eingesehen, wenn er von dem Ursprunge des Worts versutia redet, und es von dem Worte versari ableitet, weil alle listige, verschlagen, und tückische Leute in einem Augenblicke auf eine Hinterlist fallen, und ihren Geist mit leichter Mühe hier und dahin wenden können, wie es Cicero selbst durch ein Beyspiel deutlicher macht, wenn er *) sagt: Chrysippus homo sine dubio versutus et callidus. Versutos appello, quo- rum celeriter mens versatur. Diese Fähigkeit, bald auf ein Mittel zu fallen, ist die Scharfsinnigkeit, und gehört der Einbildungskraft zu; weil alle Vermögenheiten, wobey es auf die Wärme ankömmt, ihre Wirkungen sehr geschwind verrichten. Leute von grossem Verstande also taugen zum Kriege nichts, weil diese Vermögenheit in ihren Wirkungen sehr langsam verfährt, und eine Freundin des Rechts, der Wahrheit, der Einfalt und Barmherzigkeit ist, welche alle im Kriege nicht wenig Schaden zu verursachen pflegen. Sie verstehen sich übrigens auf keine Ränke und Kriegslisten; sie wissen weder selbst dergleichen anzugeben, noch denen, die man ihnen gelegt hat, auszuweichen. Sie werden unzähligmal betrogen, weil sie einem jeden glauben; sie sind zu nichts gut, als mit Freunden Unterhandlungen zu haben, wo sie weder

*) De Natura Deorum.

Klugheit noch Einbildungskraft, und bloß einen gesunden und richtigen Verstand brauchen, welcher keiner Arglist fähig ist, und keinem Uebels zu thun sucht. Gegen den Feind hingegen sind sie gar nicht zu brauchen; weil dieser auf nichts denkt, als wie er seinen Gegner durch Arglist ins Verderben ziehen möge, und man also eine gleiche Arglist anwenden muß, wenn man sich der seinigen entziehen will. Unser Heiland ermahnte daher seine Jünger: siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe: darum seyd klug wie die Schlangen, und ohne Falsch wie die Tauben. (Matth. X.) Klug sollen wir seyn gegen unsern Feind, ohne Falsch aber gegen unsern Freund.


25 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Die zweyte Eigenschaft, welche derjenige, der dieses Genie zur Kriegskunst hat, nicht besitzen kann, ist die Artigkeit und Höflichkeit. Denn seine Einbildungskraft beschäftiget sich mit nichts als mit Ränken; er weiß nichts, als was für Fehler und Nachlässigkeiten einer Armee schädlich sind, und wie er sich derselben, wenn sie vorfallen, gehörig bedienen muß. Der unwissende Pöbel nennt daher seine Vorsicht einen unruhigen Geist; seine Kriegszucht Grau

*) ἀφοριςμ. τμημ. ϛ.

samkeit; seine Nachsicht Barmherzigkeit; seine Verstellung und Ertragung übler Handlungen ein gutes Gemüth. Diese falschen Benennungen aber rühren aus der Dummheit der Menschen her, welche sie den wahren Werth eines jeden Dinges, und die eigentliche Art, wie man damit umgehen müsse, einzusehen verhindert. Die Klugen und Weisen hingegen haben keine Geduld, und können es nicht mit ansehen, wenn eine Sache übel geführt wird, ob sie ihnen gleich nichts angeht; sie leben daher kurze Zeit, und bringen ihr Leben mit lauter Aergerniß zu. Hierauf zielt das, was Salomo*) sagt: ich gab mein Herz darauf, daß ich lernte Weisheit und Thorheit und Klugheit. Jch ward aber gewahr, daß solches auch Mühe ist. Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens; und wer viel lehren muß, der muß viel leiden. Mit diesen Worten scheint Salomo zu verstehen zu geben, daß er bey der Thorheit vergnügter gelebt habe, als bey der Weisheit. Und so ist es auch in der That; die Thoren leben weit ruhiger, weil ihnen nichts Sorge und Verdruß verursachen kann, und weil sie nicht glauben, daß sie ein anderer an Wissenschaft und Klugheit übertreffe. Solche Leute nennt der gemeine PöbelEngel des Himmels, weil er sieht, daß sie durch nichts beleidiget werden, daß sie sich über nichts bekümmern, daß sie sich über nichts

*) Pred. Cap. 1.

Böses ärgern, und über alles gelassen weggehen. Wenn man aber die Weisheit und die Eigenschaften der Engel genauer betrachtete, so würde man finden, daß dieses Sprichwort sehr unanständig und sogar der Ahndung der Jnquisition würdig wäre. Sobald als wir unsere Vernunft zu brauchen anfangen, bis an den Augenblick unseres Todes, thun die Engel nichts anderes, als daß sie uns unsere übeln Handlungen vorhalten, und uns auf unsere Schuldigkeit weisen. Wenn sie, so wie sie ihre geistige Sprache mit uns reden, indem sie unsere Einbildungskraft regieren, mit körperlichen Worten uns ihre Gedanken entdecken sollten, so würden sie uns gewiß sehr beschwerlich und eigensinnig vorkommen. Man darf nur überlegen, wie beschwerlich jener Engel, wie er bey dem Matthäus (XI. 10.) genannt wird, *) dem Herodes und der Frau seines Bruders Philippus fiel: weil sie seine Verweise nicht hören wollten, so liessen sie ihm den Kopf abschlagen.


26 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Weder ein Engel noch ein Mensch hat jemals eine bessere natürliche Beschaffenheit gehabt, als unser Heiland Christus; gleichwohl trieb er, als er einmal in den Tempel kam, diejenigen mit ziemlich tüchtigen Schlägen heraus, die darinnen kauften und verkauften. Der Zorn ist die Ruthe oder das Schwerd des Verstandes; und derjenige Mensch, welcher sich über keine üble Handlung ärgert, ist entweder ein Dummkopf, oder es fehlt ihm das Erzürnliche. Es ist daher ein Wunder, wenn ein weiser Mann sanft und gelinde und so ist, wie ihn die Bösen gern haben wollen. Alle Geschichtschreiber, die das Leben des Julius Cäsar anfgezeichnet haben, erstaunen darüber, daß die Soldaten einen so strengen und rauhen Mann hätten dulden können, welche Eigenschaften man seinem Genie, das völlig zum Kriege eingerichtet war, zuschreiben muß.


27 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Aus allem diesen schliesse ich also, daß derjenige Feldherr, welcher ein Genie hat, wie es dieKriegskunst erfordert, und vorher alles wohl überlegt, ehe er es unternimmt, nothwendig sehr glücklich seyn muß. Findet aber das Gegentheil bey ihm Statt, so wird er gewiß nicht einen einzigen Sieg davon tragen; GOtt müßte denn für ihn streiten, so wie er für die Heere des Jsraelitischen Volks ehemals gestritten hat. Bey dem allen aber muß man doch allezeit die klügsten und weisesten Feldherren erwählen, die nur zu finden sind. Denn weil man nicht alles der göttlichen Hülfe überlassen muß, und der Mensch nicht einzig und allein auf seine Fähigkeit und auf sein Genie trauen soll, so ist es am besten, wenn man beydes verbindet, indem das Glück nichts anders, als GOtt, und die eigene kluge Vorsicht des Menschen ist.


28 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Ferner gab der Erfinder des Schachspiels die Regel, daß derjenige Bauer, welcher sieben Fächer, ohne daß man ihn weggenommen hat, vor sich gegangen sey, eine höhere Stelle erlange, daß er nunmehr hingehen könne, wohin er wolle, und sich zu dem Könige, als ein Freyer und Adelicher, gesellen dürfe. Hiermit hat er wollen zu verstehen geben, wie viel in dem Kriege daran gelegen sey, wenn man muthige und tapfere Soldaten haben wolle, daß man diejenigen, welche sich durch grosse Thaten hervorgethan haben, belohne, und sie zu grössern Ehrenstellen befördere. Wenn besonders der Vortheil und die Ehre auch bis auf ihre Nachkommen fortgepflanzet wird, so kann man gewiß glauben, daß sie sich um so viel tapferer erweisen werden.Aristoteles sagt daher, *) daß ein Mensch die allgemeine Ehre seines Geschlechts weit höher schätze, als sein Leben insbesondere. Auch Saul sah dieses wohl ein, indem er durch einen Herold bey seiner Armee ausrufen ließ: wer den Mann schlägt, den will der König sehr reich machen, und ihm seine Tochter geben, und will seines Vaters Haus frey machen in Jsrael. **) Auch in Spanien war ehedem ein Gesetz, welches diesem Ausrufe sehr ähnlich war, und welches demienigen, der durch seine Tapferkeit im Kriege einen Sold von fünfhundert Sueldos (der höchste, den ein Soldat im Kriege bekommen konnte,) erworben hatte,

*) περι ψυχης.

**) 1. Kön. Cap. XVII.

mit allen seinen Nachkommen auf ewig von allen Abgaben und Diensten frey sprach.


29 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Nach dieser ziemlich langen Ausschweifung müssen wir wieder auf unsern Vorsatz zurückkehren, und untersuchen, woher es komme, daß sich in dem Schachspiele, welches wir für ein Bild des Krieges ausgegeben haben, derjenige, welcher verliert, leichter erzürnt, als in irgend einem andern, obgleich um nichts gespielt wird: und also der Eigennutz im geringsten nicht darunter walten kann. Ferner, woher es komme, daß diejenigen, die bey diesem Spiele zusehen, auf mehr Fallstricke fallen, als die Spieler, ob sie schon bey weitem nicht so gut spielen können? Endlich, welches ohne Zweifel der schwerste Punkt seyn wird, wie es zugehe, daß einige Spieler, wenn sie nüchtern sind, auf mehr Ränke fallen, als wenn sie gegessen haben; andere hingegen besser spielen, wenn sie satt sind?


30 - Johann Huart's Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften /

Eben hieraus entstehet auch dieses, was man nicht selten sich zutragen sieht, daß nämlich eben alsdenn, wenn ein Mensch seine Wissenschaft und Fähigkeit am meisten will sehen lassen, er sich am allerschlechtesten zeigt. Andere hingegen, wenn sie ihre Geschicklichkeit zu zeigen gezwungen werden, scheinen sich anzustrengen und mehr als sonst zu wissen. Bey beyden ist die Ursache klar: bey demjenigen nämlich, welcher sehr viel natürliche Wärme in seinem Kopfe hat, zieht sich ein Theil davon in dem Herzen zusammen, wenn ihm zum Beyspiel angekündigt wird, in vier und zwanzig Stunden wider eine verwirrte Materie zu opponiren; das Gehirn bleibt also in einer gemässigten Wärme, und von dieser werden wir im folgenden Hauptstücke beweisen, daß sie einen Menschen niemals an Einfällen und Gedanken arm läßt. Bey demjenigen hingegen, welcher in der That sehr geschickt und von grossem Verstande ist, bleibt, wenn man seine Geschicklichkeit auf die Probe stellen will, aus Furcht gar keine natürliche Wärme in dem Kopfe, daß ihm also, aus Mangel des Lichts in dem Gehirne, nichts beyfällt, was er sagen oder antworten könne. Wenn dieses diejenigen bedächten, welche sich mit ihrem Tadel über grosse Feldherren machen, welche ihre Kriegslisten, ihre Schlachtordnungen und Angriffe beurtheilen, so würden sie leicht einsehen, was für ein grosser Unterschied dazwischen sey, dem Kriege aus seiner Stube zuzusehen, oder Krieg zu spielen, und ihn wirklich zu führen, voller Furcht das anvertraute Kriegsheer einzubüssen.