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16 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Endlich erschien Corneille, welcher dazu bestimmt war, die eine Scene sowohl, als die andre berühmt zu machen. Melite brachte eine neue Art von Komödie hervor; und dieses Stück welches uns jetzt so schwach und fehlerhaft scheint, stellte unsern erstaunten Vorältern Schönheiten dar, von welchen man ganz und gar nichts wußte.


17 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Bey Erblickung dieses edeln Fluges konnte man natürlicher Weise nicht anders denken, als daß die Komödie auf diesem Grade der Vortreflichkeit, welchen sie endlich erlangt hatte, stehen bleiben, und daß man wenigstens alle Mühe anwenden würde, nicht aus der Art zu schlagen. Allein, wo sind die Gesetze, die Gewohnheiten, die Vergleiche, welche dem Eigensinne der Neuigkeit widerstehen, und den Geschmack dieser gebiethrischen Göttin festsetzen könnten? Das Ansehen des Moliere, und noch mehr, die Empfindung des Wahren, nöthigten zwar einigermassen verschiedne von seinen Nachfolgern, in seine Fußtapfen zu treten, und lassen ihn auch noch jetzt berühmte Schüler finden. Doch der größte Theil unsrer Verfasser, und selbst diejenigen, welchen die Natur die meisten Gaben ertheilet hat, glauben, daß sie ein Betrachtungen über das so nützliches Muster verlassen können, und bestreben sich um die Wette, einen Namen zu erlangen, den sie, weder der Nachahmung der Alten noch der Neuern, zu danken hätten.


18 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Jch will unter der Menge von Neuigkeiten, die sie auf unsre Scene gebracht haben, nichts von jenen besondern Komödien sagen, worinne man Wesen der Einbildung zur wirklichen Person gemacht und sie anstatt dieser gebraucht hat: es ist dieses ein feyenmäßiger Geschmack, und nur die Oper hat das Recht sich ihn zuzueignen. Auch von jenen Komödien will ich nichts gedenken, worinne die spitzige Lebhaftigkeit des Gesprächs anstatt der Verwicklung und Handlung dienen muß; man hat sie für nichts als für feine Zergliederungen der Empfindungen des Herzens, und für ein Zusammengesetztes aus Einfällen und Strahlen der Einbildungskraft anzusehen, welches geschickter ist, einen Roman glänzend zu machen, als ein dramatisches Gedicht mit seinen wahren Zierrathen auszuputzen.Jch will mich vorjezo blos auf diejenige neueGattung des Komischen einschränken, welcher der Abt Desfontaines den Zunahmen der Weinerlichen gab, und für die man in der That schwerlich eine anständigere und gemäßere Benennung finden wird. (1)


19 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

(1) Jch gestehe es, nichts ist lächerlicher, als über Namen zu streiten; es ist aber auch eben so lä cherlich, einen bekannten und bestimmten Namen einer Sache beyzulegen, der er nicht zukömmt. Der Name einer Komödie kömmt dem weiner lich Komischen nicht besser zu, als der Name eines Epischen Gedichts den Abentheuern des Dom Quichott zukömmt = = Wie soll man also diese neue Gattung bezeichnen? Eine in Gesprä che gebrachte pathetische Declamation, die durch eine romanenhafte Verwicklung zusammen gehal ten wird et cetera Man sehe Principes pour lire les Poetes im 2ten Theile.


20 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Derjenige, sagt man, der das Schauspiel einer Komödie zuerst aufführte, konnte nach keinem Muster arbeiten; er machte sich einen Plan nach seiner Einsicht, und das neue Werk bekam folglich seine Natur und seine Eigenschaften aus dem Jnnersten seiner Begriffe. Die, welche nachfolgten, glaubten eben so wohl ein Recht zum Erfinden zu haben; unter ihren Händen bekam die Komödie eine neue Form, welche gleichfalls der Veränderung unterworfen war. Diese Veränderungen wurden nicht als Neuerungen ausgeschrien; man hatte es sich noch nicht in Sinn kommen lassen, daß es nicht erlaubt sey, Aenderungen zu machen, und die Hirngeburth eines Verfassers anders zu bearbeiten, deren Natur ziemlich willkührlich seyn muß. Denn kurz, setzt man hinzu, das Wesen der Komödie, es mag nun bestehen worinne es will, kann doch nimmermehr so unwandelbar festgesetzt seyn, als es das Wesen der geometrischenWahrheiten ist; und hieraus schließt man endlich, daß es unsern Neuern erlaubt seyn müsse, die alte Einrichtung des komischen Gedichts zu ändern. Das Beyspiel ihrer Vorgänger mun Betrachtungen über das tert sie dazu auf, und die Natur der Sache erlaubt es.


21 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Der Einwurf also, den man aus der willkührlichen Natur der Komödie hergenommen, scheint mir hinlänglich widerlegt zu seyn; weil alles, was die vornehmste Wirkung, die ein Werk hervorbringen soll, vernichtet, ein wesentlicher Fehler ist. Wollte man gleichwohl noch darauf dringen, daß die Komödie natürlicher Weise mehr, als irgend eine andre Geburth des Genies, dem Geschmacke des Jahrhunderts, in welchem man schreibt, unterworfen sey, und daß man diesem Geschmacke also folgen müssen, wenn man darinne glücklich seyn wolle; so nehme ich diese Maximen ganz gerne an: allein was kann daraus zur Ehre des weinerlich Komischen flies weinerlich Komische. sen? Weit gefehlt, daß der allgemeine Geschmack sich dafür erkläre; wenigstens sind die Stimmen getheilt. Es giebt ein auserwähltes Haufchen Zuschauer, bey welchen das heilige Feuer der Wahrheit gleichsam niedergelegt worden, und dessen sichrer und unveränderlicher Geschmack sich niemals unter die Tyranney der Mode geschmiegt, noch diesen Götzen weniger Tage angebethet hat.


22 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Die Komödie ist das Bild der Handlungen des gemeinen Lebens, oder, wenn man lieber will, der gewöhnlichen Laster oder Tugenden, die den Zirkel desselben erfüllen. Jn der Schilderung so wohl der guten, als schlechten Eigenschaften, bestehet daher ihre wesentliche Beschaffenheit. Das Portrait der Menschen mit Genauigkeit entwerfen, ihre Gemüthsneigungen und Gesinnungen auf das deutlichste ausdrücken, und diese Gemählde zum Vortheile der Sitten anwenden; das heißt, auf einmal die grossen Gegenstände der Kunst und des Künstlers fassen.

23 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Obschon diese Grundsätze, überhaupt betrachtet, wahr sind, so können sie doch nicht anders, als auf eine ganz indirecte Weise, auf die komische Dichtkunst angewendet werden. Die Menschen mahlen, und ihre Gemüthsarten mit Genauigkeit ausdrücken, ist ein Zweck, den auch die la Rochefoucaults und die la Bruyere mit ihr gemein haben, die uns zwar Gemählde von Lastern und Tugenden überhaupt, niemals aber dramatische Gedichte haben liefern wollen. Die Schilderungen der guten und bös Betrachtungen über das sen Eigenschaften macht also nicht an und für sich selbst das Wesen der Komödie aus; die Wahl und die Mischung der Farben, die Stellung und der Ausdruck der Personen, diese sind es, die ihr vornehmlich Namen, Form und Wesen ertheilt haben.


24 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

(1) Der Stoff einer Komödie muß aus den gewöhn lichen Begebenheiten genommen seyn; und ihre Personen müssen, von allen Seiten, mit dem Vol ke, für das sie gemacht wird, eine Aehnlichkeit ha ben. Sie hat nicht nöthig, diese ihre Personen auf ein Fußgestelle zu erhöhen, weil ihr vornehm ster Entzweck eben nicht ist, Bewundrung für sie zu erwecken, damit man sie desto leichter beklagen könne; sie will aufs höchste, durch die verdrußli chen Zufälle, die ihnen begegnen, uns für sie ein wenig unruhig machen. Dubos kritische Be trachtungen Th. II. S. 225.


25 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Zuerst findet man in den weinerlichen Komödien alle die rührungslosen leeren Plätze, die man bey Lesung eines Romans findet. Sie sind eben so wie diese mit erzwungnen Verwicklungen, mit ausserordentlichen Stellungen, mit übertriebenen Charakteren angefüllt, welche oft wahrer als wahrscheinlich sind; und wenn sie in unsrer Seele jene, nichts weniger als willkührliche, Bewegungen verursachen, die sie auf einige Augenblicke bezaubern, so kömmt es daher, weil wir bey dem Anblicke auch der erdichtesten Gegenstände gerührt werden, wenn sie nur mit Kunst geschildert sind. Allein man merke wohl, daß die Rührungen weder so einnehmend sind, noch eben dieselbe Dauer und eben denselben Charakter der Wahrheit haben, welchen die getreue Betrachtungen über dasNachahmung einer aus dem Jnnersten der Natur geschöpften Stellung hervorbringt.


26 - Betrachtungen über das weinerlich Komische /

Doch die Verringerung und Swächung<Schwächung> unseres Vergnügens, oder die Unnützlichkeit einer ernsthaften und traurig spruchreichen Moral, ist Betrachtungen über das der gegründeste Vorwurf noch nicht, den man der neuen Art von Komödien machen kann: ihr vornehmster Fehler ist dieser, daß sie die Grenzen gar aufhebt, welche von je her das Tragische von dem Komischen getrennt haben, und uns jene ungeheure Gattung des Tragikomischen zurück bringet, welche man mit so vielem Grunde, nach verschiednen Jahren eines betrieglichen Triumphs, verworffen hat. Jch weis wohl, die neue Art hat bey weitem nicht so viele und grosse Ungereimtheiten; die Verschiedenheit ihrer Personen ist nicht so anstößig, und die Bedienten dürfen darinne nicht mit Prinzen zusammen spielen: allein im Grunde ist sie doch eben so fehlerhaft, ob schon auf eine veschiedne Weise. Denn wie die erstre Art die heroischen Personen erniedrigte, indem sie ihnen bloß gemeine Leidenschaften gab, und nur die gewöhnlichen Tugenden aufführte, die zu dem heldenmäßigen derTragödie lange nicht erhaben genug sind; eben so erhöhnt die andre die gemeinen Personen zu Gesinnungen, welche Bewunderung erwecken, und mahlt sie mit Zügen jenes reitzenden Mitleids, welches das unterscheidende Eigenthum des Trauerspiels ausmachet. Beyde sind also dem Wesen, welches man dem komischen Gedichte zugestanden hat, gleich sehr zuwider; beyde verdienen also einen gleichen Tadel, und vielleicht auch eine gleiche Verbannung.


27 - La Poésie Dramatique /

J'ai essayé de donner dans le Fils Naturel l'idée d'un drame qui fût entre la Comédie & la Tragédie.


28 - La Poésie Dramatique /

Le Pere de Famille que je promis alors, & que des distractions continuelles ont retardé, est entre le genre sérieux du Fils Naturel, & la Comédie.


29 - La Poésie Dramatique /

Voici donc le systême dramatique dans toute son étendue. La Comédie gaie qui a pour objet le ridicule & le vice. La Comédie sérieuse qui a pour objet la vertu & les devoirs de l'homme. La Tragédie qui auroit pour objet nosmalheurs domestiques. La Tragédie qui a pour objet les catastrophes publiques & les malheurs des grands.


30 - La Poésie Dramatique /

Voici donc le systême dramatique dans toute son étendue. La Comédie gaie qui a pour objet le ridicule & le vice. La Comédie sérieuse qui a pour objet la vertu & les devoirs de l'homme. La Tragédie qui auroit pour objet nosmalheurs domestiques. La Tragédie qui a pour objet les catastrophes publiques & les malheurs des grands.