Suchbegriff: hoel
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Wie oft hat er mich dem ewigen Elend entrissen, und von dem äussersten Rand der Hölle zurück Gottselige Uebungen gebracht, da nur ein sterbendes Aechzen, nur ein schwacher Seufzer zwischen mir und dem ewigen Verderben war? da alle menschliche Hülfe gebrach, und meine traurende Freunde ihren lezten Abschied nahmen; da mich alle erfreuliche Hofnung verlies, und dieSchrecken des Todes mich umgaben, schrie ich zu Gott aus denen Tiefen des Elends und der Verzweifelung; ich schrie, und er lies sich erbitten, und errettete mein Leben von dem Verderben: Er riß mich aus dem schlammichten Koth, und sezte meine Füsse auf einen Felsen. Tausend Proben seiner Güte könte ich anführen, und alle zu meiner eigenen Beschämung.


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Doch sind noch grössere Beschwerungen meiner Ungerechtigkeit, und was mich auf das äusserste beschämet, ist, daß ich wider die unumschränkte Liebe und Güte gesündiget habe: Erschröckliche Undankdes Herzens.barkeit! Hierin bestehet eben die Grösse meiner Thorheit und meines Elends; könte ich nicht sagen, dieEmpfindung dessen quälet mich so sehr, als die Schrecken der Hölle, oder die Furcht, den Himmel zu verlieren? deine Liebe und zartes Mitleiden, welche ohnlängst die Ergötzung meiner Gedanken gewesen, sind solchergestalten mein Schrecken geworden. Die Benennungen eines Feindes und eines Richters fallen meinen Ohren kaum schmerzlicher, als die Namen eines Freundes und Wohlthäters, welche meine Schuld so schauerlich vergrössern: Diese geheiligte Namen beschauren und erschrecken meine Seele, weil sie meinem Gewissen die allerempfindlichsten Verweise an die Hand geben: Die Gedanken, daß ich eine solche Güte mißbrauchet, und eine solche Gnade beschimpfet habe, kommen mir fast eben so unerträglich vor, als die Betrachtung deines Zorns und deiner Strenge.


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Was ist die Hölle? was ist die Verdammniß, als eine Ausschliessung von deiner Gegenwart? Ihr Mangel ist es, welcher die Gegenden der Finsterniß so schrecklich macht. Was ist der Himmel? Was ist das Vergnügen der Engel, als das Schauen deiner Herrlichkeit? Was ist der Grund ihrer ewigen Entzückung, als deine Gnaden-Blicke und Freundlichkeit?


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noch das Licht deines Angesichtes jemals erblicke. O unaussprechliches Weh! die Hölle kan nichts anders seyn. Trennung von Gott ist das allertiefste und gröste Elend. Schwarze Finsterniß und ewige Nacht muß nothwendig eine Seele, so von deiner Gegenwart ausgeschlossen, umgeben. Was für Freude, was für Leben, was für Hofnung ist zu finden, wo du nicht bist? Es fehlet mir an Worten, meine Gedanken von diesem betrübten Stand abzuGottselige Uebungenbilden. O laß mich nimmermehr die erschrecklicheErfahrung erleben. Laß vielmehr deinen Zorn aus, und zernichtige mich in einem Augenblick.


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Die Seufzer der Verdammten, und die Finsterniß der Höllen würde sich besser zu meiner Traurigkeit schicken. Da könte ich dem Schreyen gequälterGeister und dem Getösse ewiger Stürme meine ungestümme Klagen beyfügen, und den Verlust einer unendlichen Glückseligkeit beweinen, und meine eigene Thorheit verfluchen: Aber alle Plagen hierunten, des Herzens. wenn ich meine dermalige Gedanken eröfnen darf, würden mir keine Lästerung der göttlichen Eigenschaften auspressen; denn ich weiß, ich verdiene ewiges Elend, und selbst in der Hölle, deucht mich, würde ich deine Gerechtigkeit bekennen. Deine so lang erfahrene Huld solte gewißlich bey mir immerhin alle Schmähung hemmen, und dir in alle Ewigkeit keine Grausamkeit durch irgend einen Tadel aufbürden lassen.


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Meine Freunde sind voran gegangen, und triumphiren nun in dem Himmel, ihre Eroberung ist gesides Herzens.chert, und sie besitzen die Belohnung des Sieges. Sie überschauen das Schlacht-Feld, und sehen mit Vergnügen auf die ferne Gefahr zurück: Tod und Hölle, so ewig überwunden, lassen sie in dem Besitz einer unendlichen Ruh und Freude; da ich mittlerweile mit tausend Stricken umgeben bin, und von steter Arbeit müde, den Platz mit Unbeständigkeit behaupte, bis der wirksame Glaube zu Hülfe kommt, mich des Sieges versichert, und mir die unverwelkliche Krone zeiget. Der Glaube ist es, welcher mir sagt, daß Licht denen Gerechten gesäet, und Freude denen, so aufrichtigen Herzens: er versichert mich, daß mein Erlöser lebe, und daß er am jüngsten Tage auf dem Staube stehen werde; und, obschon die Würmer nach meiner Haut diesen Leib zerfressen, daß ich doch in meinem Fleische GOtt schauen werde; welchen ich selbst sehen werde, und nicht ein anderer; und diese Augen sollen ihn schauen, obgleich meine Nieren in mir verzehret sind. Amen, ja komme, HErr JEsu. Dies soll die Sprache meiner Seele seyn, bis du erscheinest, und dies mein ungedultiges und sehnliches Seufzen nach dir. Mein Herz, und mein Fleisch werden nach dem lebendigen GOtt schmachten, bis ich dein Heyl sehe.


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Ich sinke in Ohnmacht, wenn ich mirs fürstelle; ich kan nicht daran gedenken, wie erschrecklich es sey, wenn mein Gott ewig gewichen. Ist es nicht die Hölle in ihrer fürchterlichsten Gestalt? Ewige Finsterniß, der niemals sterbende Wurm, unendliches Verderben, und unersetzlicher Schaden? Was wären alle Plagen, so die Erde drohen, oder die Hölle erfinden kan in Vergleichung dessen? Was ist Verachtung, Armuth und Schmerz? Was sind alle wirkliche odereingebildete Uebel, so die Sterblichen fürchten? Sie sind nichts, in Vergleich mit dem Schrecken, welchen der Gedancke, meinen Gott zu verlieren, verursachet.


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Wann ich nur hievon reden und schliessen solte, so dürfte ich sagen, was für einen Beweggrund könte die Erde, was könte die Hölle, was könte der Himmel selbst mir fürhalten, meine Seele zur Veränderung ihrer Liebe zu verleiten? Was könten sie gegen ein unendliches Gut in die Waagschale legen? Was könte darauf gethan werden, das der Gunst Gottes das Gleichgewichte hielte? Frage die glückseligen Seelen, welche wissen, was das Licht seines Angesichtes ist, welche aus seinen Gnaden-Blicken Freude über Freude und Unsterblichkeit schöpfen, frage sie, wie hoch sie ihre Ergötzung schätzen; frage sie, was doch wohl im Himmel oder auf Erden einen Augenblick ihrer Seligkeit zuwege bringen oder erkaufen könte; frage einen strahlenden Seraph mitten in der Inbrunst seiner Entzückung, wie theuer er seine Glückseligkeit achte, und wann dieser den Werth wird genennet haben, so laß Erde und Himmel versuchen den meinigen zu wägen. Laßt sie darlegen ihre Lockspeisen, welche die verblendete Menschen zum Verderben verleiten; laßt Reichthum, Ehre, Schönheit und bezaubernde Lust in allen ihren Reitzungen erscheinen, samt dem sinnlichen Vergnügen der gegenwärtigen und vergangenen Zeiten, der Niedlichkeit der Perser und Pracht der Römer; laßt sie die güldenen Minen aufthun, und den glänzenden Rubin herfürnehmen; laßt sie die Adern von Sapphir öfnen, und den in seinem Felsen schimmernden Demant zeigen; leget sie alle in die Waagschale; ach! ihr Gewicht ist zu wenig, und zu leicht - -. Setzet den betrüglichen Schein des Staates, Kayserliche Titel und Zeichen der Majestät hinzu; füget bey alles, was ein unbeschränkter eitler Sinn erdichtet, des Herzens. oder ein ausschweifender Ehrgeitz begehret, Kronen und Scepter, Königlichen Schmuck, und güldne Thronen - -. Die Waagschale steiget noch immer - -. Werft die ganze Welt hinein - -. Es ist nichts wesentliches und leicht, wie leere Eitelkeit.


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Jedoch, wann ich schwiege, so würden Himmel und Erde, ja die Hölle selbst mich bestrafen: die Verdes Herzens.dammten selber würden mich undankbar nennen, wann ich ermangelte, die Gnade Gottes zu preisen, deren Verlust sie immerhin beweinen; ein Verlust, der sie ewig verzweiflend und verlohren läßt. Diese Gnade ist es, so die Harfen des Himmels stimmet, und ihnen unendlichen Stoff gibt zur Harmonie und Lobpreisung. Die Geister der vollendeten Gerechten bleiben hier mit ihren Betrachtungen stehen; sie verehren das herrliche Geheimniß, und, indem sie die Wunder der erlösenden Liebe besingen, schreiben sie dem hohe und lebendige Ehre zu, der auf dem Throne sitzet, und dem Lamme ewiglich. Und unendlich würdig bist du, o Herr! das Opfer der Dankbarkeit zu empfangen: Wer soll nicht deinen Namen preisen und verherrlichen? wer solte dir die gebührende Ehre abschlagen?


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Ewiger Brunn des Lebens, du Quelle alles Wesens, der Erste und der Letzte, ohne Anfang der Tage und Ende der Jahre, ehe die Himmel geschaffen worden, warest du, und wirst unverändert bleiben, wenn sie veralten und abnehmen. Du bist unendlich selig in dir selbst, deine Herrlichkeit gestattet keinen Zusatz; das Lob der Engel kan deine Glückseligkeit nicht vermehren, noch die Lästerung der Hölle sie vermindern. Du kanst alles thun, und deine Macht findet keine Hinderniß. Du schufest Himmel und Erde, das Meer, und die Quellen des Wassers, du thust nach deinem Willen unter den Heerscharen des Himmels, und den Einwohnern der Erde; du hältst die Wasser in der Fläche deiner Hand, und missest die Himmel mit einer Spanne: du fassest den Staub der Erde in ein Maaß, und wägest die Berge und Hügel in einer Waagschale: du umhüllest dich mit Licht als einem Kleid, und bist umgeben mit unzugänglichem Glanz: Du bist herrlich in Heiligkeit, und schrecklich in Preis; die Himmel sind nicht rein vor dir, und an denen Engeln selbsten findest du Thorheit: Was ist demnach der Mensch, der Ungerechtigkeit wie Wasser trinket? Was ist der Mensch, daß du sein ge-des Herzens.denkest; oder ein Sohn des Menschen, daß du ihn so heimsuchest? Das ist allein die Ursach, weil du gut bist, und deine Gnade ewig währet; Barmherzigkeit ist deine herrschende Eigenschaft. Du bist mitleidig, und unendlich gnädig, und hast deine Liebe und Güte dem menschlichen Geschlechte in der herrlichen Weise unserer Erlösung, von ewiger Knechtschaft und Tod, durch deinen Sohn JEsus offenbaret.


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Ich weiß er wird seinen Bund nicht brechen, noch etwas an seiner Treue ermangeln lassen: ich darf es vor Himmel und Erde bezeugen; ich darf alles in Zeit und Ewigkeit auf diese herrliche Wahrheit wagen; eine Wahrheit, welche die Hölle nicht tadeln, noch alle ihre Bosheit läugnen kan.


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Allein ihr suchet vergebens; denn weder Himmel, noch Erde, noch Hölle haben jemals die geringste des Herzens. Abweichung von der Wahrheit oder Gerechtigkeit darthun können. Der Allmächtige scheinet in untadlicher Herrlichkeit, zur Beschämung der Hölle, und zum Trost derer, so ihr Vertrauen auf ihn setzen.


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Ich bekräftige deine Wahrheit, o Herr; ich bezeuge sie zum Trotz der Bosheit und allen Eingebungen der Hölle, so mein Herz zum Mißtrauen und Unglauben verleiten wollen, auch so gar gegen wiederhohlte Erfahrung, und gegen den vollkommensten Beweis der göttlichen Wahrhaftigkeit.


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Ach laß mein falsches Herz nimmer wieder in Unglauben und Mißtrauen verfallen; du hast meine Thorheit bestrafet, und einen neuen Lobgesang in meinen Mund gelegt: Laß mir höllische Eingebungen aus dem Sinne kommen, so je wider die oft erfahrneWahrheit Einwürfe machen wolte. Auch hierüber wolte ich triumphiren, und alle die Bosheit der Hölle verspotten. Es wird eine Zeit kommen, da du in deinen Heiligen herrlich seyn wirst, da deine Wahrheit und Treue in vollem Glantze erscheinen wird, da die Schönheit deiner Eigenschaft wird geoffenbahret und gerechtfertiget werden von allem Tadel, so die Gottlosigkeit der Menschen, oder die Bosheit der Teufel an deiner höchstgerechten Fürsehung gefunden.


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Ich weiß nicht, was ich sagen, oder wie ich mich ausdrücken soll? dann menschliche Worte verlieren alle ihre Kraft, Stärke und Nachdruck, und werden ganz unnütz, wann ich von dir rede, o du höchste Fürtreflichkeit, du GOtt der Götter: So hoch auch dieSprache dieser Götter, dieser gekrönten himmlischen Machten; so stark, so lieblich, oder laut sie auch seyn mag, so ist sie doch ganz unhinlänglich für dich; ob sie gleich so angenehm und reitzend wäre, daß sie auch selbst die Hölle in Freude, und durch ihre Anmuth die unbezähmte Verzweiflung, Zwietracht, und die völlige Verwirrung selbst in eine unbewegte Aufmerksamkeit, Ruhe, und Ordnung setzte.