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31 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Was ist denn aber diese Einbildungskraft?

32 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Die Einbildungskraft ist das Vermögen, sich der gehabten Bilder zu erinnern. Ein Mensch, dem diese Eigenschaft gänzlich fehlte, würde ein Dummkopf seyn, dessen gesammte Seelenkräfte sich auf das einzige Vermögen einschränkten, die Töne, die er in seiner Jugend hat verbinden lernen, wieder hervorzubringen, und sie bey vorfallenden Gelegenheiten anzuwenden.


33 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Welches aber ist der Augenblick, da er sein Gedächtniß zu üben aufhört, und seine Einbildungskraft zu brauchen anfängt? Dieses erfolgt alsdenn, wenn man ihn von Frage zu Frage, sich Bilder zu machen, das ist, von den abgezogenen und allgemeinen Tönen, auf weniger abgezogene und allgemeine Töne zu kommen zwingt, bis er endlich auf eine sinnlicheVorstellung gelangt, welche das letzte Ziel und der Ruhepunkt seines Verstandes ist. Und was wird er alsdenn? Mahler oder Dichter.


34 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Das, dünkt mich, kann genug seyn, die Analogie der Wahrheit und der Erdichtung zu zeigen, den Poeten und den Philosophen zu charakterisiren, und das Verdienst des Poeten, besonders des epischen und dramatischen ausser Zweifel zu setzen. Er hat von der Natur die Eigenschaft in einem höhern Grade empfangen, durch die sich ein Mensch von Genie von einem gewöhnlichen Menschen, und dieser von einem Dummkopfe unterscheidet; dieEinbildung meine ich, ohne die alle Rede weiter nichts als eine mechanische Fertigkeit ist, gewisse verbundene Töne bey gewissen Fällen anzubringen.


35 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Allein der Dichter darf sich nicht der ganzen Hitze seiner Einbildungskraft überlassen; es sind ihm gewisse Grenzen vorgeschrieben. Sein Muster sind die seltnen Fälle, die sich in dem Lauffe der Natur eräugnen. Und folgendes ist seine Regel.


36 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Hat der Dichter seinen Personen die schicklichsten, das ist solche Charaktere gegeben, die mit ihren Situationen am meisten streiten, so wird er sich unfehlbar, wenn er nur ein wenig Einbildungskraft besitzt, gewisse Bilder davon machen. Es begegnet uns dieses alle Tage, in Ansehung solcher Personen, von welchen wir viel reden hören. Ich kann nicht sagen, ob sich zwischen den Physiognomieen und den Handlungen irgend eine Analogie findet; aber das weis ich, so bald unsLeidenschaften, Reden und Handlungen bekannt werden, so gleich bilden wir uns ein Gesicht dabey ein, dem wir sie beylegen; Und wenn es sich zuträgt, daß wir den Menchen, dem es angeht, wirklich zu sehen bekommen, und er dem Bilde nicht ähnlich ist, das wir uns von ihm gemacht haben, so möchten wir lieber gar zu ihm sagen, daß wir ihn nicht dafür erkennen, ob wir ihn gleich niemals gesehn haben. Jeder Mahler, jeder dramatische Dichter, wird sich auf die Physiognomie verstehen.


37 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wenn wird man Dichter aufstehen sehen? Wenn sonst, als nach den Zeiten des Elendes und grosser Unfälle, da die gezüchtigten Völker sich wieder zu erhohlen anfangen? Alsdenn wird die Einbildungskraft derer, die Zeugen von so viel schrecklichen Scenen gewesen sind, denen, die nichts davon gesehen haben, ganz unbekannte Dinge schildern. Haben wir nicht bey verschiednen Umständen eine Art vonSchrecken empfunden, die uns ganz fremd war? Warum hat sie nichts gewirkt? Haben wir kein Genie mehr?


38 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Ein Paradoxon, dessen Wahrheit wenige einsehen werden, und das vielen anstößig seyn wird, (Aber was liegt Ihnen und mir daran? Unser Wahlspruch ist: vor allen Dingen die Wahrheit zu sagen.) ein solches Paradoxon, sage ich, ist dieses, daß unsere italiänischeKomödianten, in den italiänischen Stücken, weit freyer spielen, als unsere französischeKomödianten. Sie bekümmern sich weit weniger um den Zuschauer. Es giebt hundert Augenblicke, wo sie seiner gänzlich vergessen. Es findet sich in ihrer Action etwas Leichtes und Originales, das mir gefällt, und der ganzen Welt gefallen würde, wenn es nicht durch die albern Reden, durch die abgeschmackte Intrigue, entstellet würde. Mitten aus ihrer Narrheit leuchten Leute hervor, die sich zu erlustigen suchen, die sich allem Muthwillen ihrer Einbildungskraft überlassen; und diese Trunkenheit liebe ich weit mehr, als das Starre, Steife, Schwerfällige.


39 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Die Pantomime ist das Gemälde, das in der Einbildungskraft des Dichters, als er schrieb, existierte, und das, nach seiner Meinung, die Bühne bey der Vorstellung alle Augenblicke zeigen soll. Es ist der einfältigste Weg dem Publico zu sagen, was es von seinen Komödianten zu fordern berechtiget ist. Der Dichter sagt zu ihm: vergleiche dieses Spiel mit dem Spiele deiner Schauspieler, und richte.


40 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Wenn ich übrigens die Pantomime dabey schreibe, so ist es, als ob ich mich mit diesen Worten an den Komödianten wendete: So declamiere Ich; so stellte sich Meine Einbildungskraft, unter der Arbeit, die Sache vor. Ich bin aber so eitel nicht, daß ich glauben sollte, es könne niemand besser declamieren als ich; auch bin ich so unverständig nicht, daß ich einen Mann von Genie zu einer Maschine machen wollte.


41 - Von der dramatischen Dichtkunst /

Es giebt vielleicht unter dem ganzen mensch, lichen Geschlechte nicht zwey Individua, die mit einander übereinkämen. Die allgemeine Organisation, die Sinne, die äusserliche Gestalt, die Eingeweide, haben ihre Verschiedenheit. Die Fasern, die Muskeln, die festen und flüßigen Theile, haben ihre Verschiedenheit. Der Witz, die Einbildungskraft, das Gedächtniß, die Gedanken, die Wahrheiten, die Vorurtheile, die Nachahmung, die Uebung, die Kenntnisse, die Stände, die Erziehung, der Geschmack, das Glück, die Talente, haben ihre Verschiedenheit. Die Gegenstände, die Himmelsstriche, die Sitten, die Gesetze, die Gewohnheiten, die Gebräuche, die Regierungsformen, die Religionen, haben ihre Verschiedenheit. Wie wäre es also möglich, daß zwey Menschen vollkommen ebendenselbenGeschmack, oder ebendieselben Begriffe von Wahrheiten, Güte und Schönheiten haben könnten? Die Verschiedenheit der Lebensart und der zustossenden Begebenheiten, wäre schon allein hinlänglich, auch unsere Urtheile verschieden zu machen.


42 - Le Pere de Famille /

Germeuil me l'avoit bien dit. Mais aussi qui pouvoit imaginer que pour une fille, comme il y en a tant, tu tom- berois dans l'état où je te vois?


43 - Der Hausvater /

Germeuil sagte mir es wohl. Aber wer konnte sich immer und ewig einbilden, daß dir ein Mädchen, dergleichen es unzählige giebt, so erschrecklich nahe gehen würde?


44 - Fils naturelle /

J'aimois Clairville. Je n'imaginois pas que je pusse en aimer un autre, lorsque je rencontrai l'écueil de ma constance & de notre bonheur .... Les traits, l'esprit, le regard, le son de la voix, tout, dans cet objet doux & terrible, sembloit répondre à je ne sais quelle image que la Nature avoit gravée dans mon cœur. Je le vis. Je crus y reconnoître 38 LE FILS NATUREL, la vérité de toutes ces chimeres de perfection que je m'étois faites, & d'abord il eut ma confiance .... Si j'avois pu concevoir que je manquois à Clairville! ... Mais, hélas! je n'en avois pas eu le premier soupçon, que j'étois toute accoutumée à aimer son rival.... Et comment ne l'aurois-je pas aimé? ... Ce qu'il disoit, je le pensois toujours. Il ne manquoit jamais de blâmer ce qui devoit me déplaire. Je louois quelquefois d'avance ce qu'il alloit approuver. S'il exprimoit un sentiment, je croyois qu'il avoit deviné le mien .... Que vous dirai-je enfin? Je me voyois à peine dans les autres; (elle ajoûte en baissant les yeux et la voix:) & je me retrouvois sans cesse en lui.


45 - Fils naturelle /

Il m'entendit, & me répondit d'une voix altérée. Il est vrai. C'est ici qu'on voit la na- DRAMATIQUE. 159 ture. Voici le séjour sacré de l'enthousiasme. Un homme a-t-il reçu du génie: il quitte la ville & ses habitans. Il aime, selon l'attrait de son cœur, à mêler ses pleurs au crystald'une fontaine; à porter des fleurs sur un tombeau; à fouler d'un pied léger l'herbe tendre de la prairie; à traverser à pas lents des campagnes fertiles; à contempler les travaux des hommes; à fuir au fond des forêts: il aime leur horreur secrette; il erre; il cherche un antre qui l'inspire. Qui est-ce qui mêle sa voix au torrent qui tombe de la mon tagne? Qui est-ce qui sent le sublime d'un lieu désert? Qui est-ce qui s'écoute dans le silence de la solitude? C'est lui. Notre poëte habite sur les bords d'un lac. Il promene sa vue sur les eaux, & son génie s'étend C'est-là qu'il est saisi de cet esprit tantôt tranquille,& tantôt violent, qui souleve son ame ouqui l'appaise à son gré .... O Nature, tout ce qui est bien est renfermé dans ton sein! Tu es la source féconde de toutes vérités!.... Il n'y a dans ce monde que la vertu & la vérité qui soient dignes de m'occuper ..... L'enthousiasme naît d'un objet de la nature. Si l'esprit l'a vu sous des aspects frappans &divers, il en est occupé, agité, tourmenté. 160 DE LA POÉSIE L'imagination s'échauffe. La passion s'émeut. On est successivement étonné, attendri, indigné, courroucé. Sans l'enthousiasme, ou l'idée véritable ne se présente point, ou, si par hafard on la rencontre, on ne peut la poursuivre ..... Le poëte sent le moment de l'enthousiasme. C'est après qu'il a médité. Il s'annonce en lui par un frémissement qui part de sa poitrine, & qui passe d'une maniere délicieuse & rapide jusqu'aux extrémités de son corps. Bientôt ce n'est plus un frémissement: c'est une chaleur forte & permanente qui l'embrâse, qui le fait haleter, qui le consume, qui le tue; mais qui donne l'ame, la vie à tout ce qu'il touche. Si cette chaleur s'accroissoit encore, les spectres se multiplieroient devant lui: sa passion s'éleveroit presqu'au degré de la fureur: il ne connoîtroit de soulagement qu'à verser au-dehors un torrent d'idées qui se pressent, se heurtent & se chassent.