Suchbegriff: ehe
Treffer: 73

46 - /

Die Gerichte müssen die Punkte worinn ein solcher Contract übertreten worden, genau und strenger als bey andern Contracten untersuchen, und dem unschuldigen Theile auf Kosten des schuldigen seine Genugthuung verschaffen. Ja, wie in einigen Staaten gewisse Gerichte bestellt sind, die die billige Gewalt haben zu beschwerliche Contracten zu untersuchen, und sie ganz oder zum Theil ungültig zu machen, so könte es ebenfalls dienlich seyn, Leuten, die dazu geschickt wären, die Gewalt zu verleihen solche Ehen die beyden Partheyen zum Unglücke gereichen, aufzuheben; diese möchten nun durch beyder Schuld oder durch eine besondere Verschiedenheit ihrer Temperamente unglücklich geworden seyn. Dieses wäre vollkommen billig, wenn man nach einer sehr genauen Untersuchung gefunden hätte, daß sie bey einander niemals in Ruhe und Friede würden leben können, wenn beyde Theile sich alle Bedingungen der Ehescheidung gefallen liessen, und man hinlänglich für den Unterhalt der gemeinschaftlich erzeugten Kinder, vermöge dessen was jede Parthey verbunden wäre ihnen zu geben, gesorgt hätte. Solche Trennungen dürften freylich nicht leicht wegen kleiner Streitigkeiten, oder vorüberrauschender Leidenschaften zugestanden werden; man sollte im Ehestande. 759Erster Abschnitt. vielmehr solche Strafen darauf legen, und ein solches Begehren mit so vielen Unbequemlichkeiten überhäuffen, daß nicht leicht eine Parthey auf den Einfall gerathen könte, sie geringer Streitigkeiten wegen zu suchen, oder der andern auf eine boshafte Art so zu begegnen, daß sie dadurch bewogen werden möchte mit ihr gemeinschaftlich um die Trennung anzuhalten. Wenn man einen grossen Theil zum Exempel das Drittheil oder die Hälfte der Güter von beyden,oder einen gleichen Antheil von dem was beyde durch ihre Arbeiten gewinnen könten, so gleich gewissen sichern Personen zu erkännte, die dafür zum Besten der Kinder wenn sie anders welche hätten, sorgen müsten, oder wenn sie keine hätten nach dem Masse ihres Reichthums ihnen eine beträchtliche Geldstrafe zum Besten des Staats auferlegte: so würde sie dies vielleicht abhalten, geringer Ursachen wegen um die Ehescheidung anzuhalten, oder einander mit Vorsatz so übel zu begegnen, daß der unschuldige Theil mit dem andern Theil bey einen solchen Ansuchen Gemeinschaft machen müste. Neue Verehlichungen musten beyden Theilen auf eine geraume Zeit verboten werden, um zu sehen, ob sie nicht vielleicht zu einer gegenseitigen Liebe zurückkehren möchten. Wenn sie ohngeachtet dieser beschwerlichen Umstände, lieber geschieden seyn wollen, um einen grössern Unglücke das sie ihrer Vereinigung* er

* Die Schriftstellen, worinnen alle Ehescheidungen ausser in dem Falle des Ehebruchs, durchgängig verboten werden, finden sich Matth. I, 32. Marc. X, 5 - 12. Luc. XVI, 18. Aber bey gewissen andern Verboten, die eben so allgemein sind, glaubt man, daß entweder etwas ausgelassen sey, oder daß sie dem ohngeachtet mehrere Ausnahmen leiden. So glaubt man, daß Matth. V, 34. &c und Jac. V, 12.etwas ausgelassen sey, und daß diese Stellen auch von denenjenigen, an die sie gerichtet gewesen, so verstanden worden: „Eure Lehrer sagen euch, daß gewisse Formeln, wornach man schwört verbinden, und daßandre nicht verbinden, das gewisse bindend sind und andre nicht. (Siehe Matth. XXIII, 16 - 22.) Aber ich sage euch, schwört niemals anders (in der Absicht euch zu verbinden) als beydem Himmel &c “ Darauf zeigt unser Erlöser, daß alle solche Formeln,und selbst diejenigen, welchen ihre Lehrer die Kraft zu verbinden nicht zugestunden, nichts anders sind, als gleichbedeutende Schwüre bey Gott. Siehe Grotde I. B. & P. l. 2. c. 13. Auf gleiche Weise können wir auch annehmen, daß bey dem Verbote der Ehescheidung etwas ausgelassen sey, ohne die Regel zu beleidigen: Exceptio con- firmat regulam in non ex- ceptis. Die jüdischen Lehrer erkanten viele nichts bedeutende Ursachen für hinlänglich zur Ehescheidung. Einige von diesen musten allemal in dem über die Ehescheidung ausgestellten Dokumente angeführt werden, weil dieses den Weibern zu einer Art von Beglaubigungsbriefe diente, um zu beweisen, daß man sie nicht aus den schändlichsten Ursachen von ihren Männern geschieden hätte. Unter den Fällen die sie für hinlänglich hielten, eine Ehescheidung rechtmässig zu machen, befand sich unstreitig auch der Ehebruch. Nun kan man den ganzen Spruch soverstehen: „Ein jeder der sein Weib aus irgend einer von euren Lehrern erlaubten Ursache (den Grund des Ehebruchs ausgenommen) von sich stöst, begeht einen Ehebruch.“ Dies macht deswegen andre hinlängliche Ursachen nicht ungültig, wie aus Corinth. VII, 15. erhellet, wo erklärt wird, daß die Christen nach einer halsstarrigen Verlassung des ungetreuen Theils von dem Bande des Ehestandes befreyet sind. Die Judenaber wolten dies nicht zu einer Ursache machen, sie begegneten ihren Weibern als Sklaven, und blosdie Männer durften auf die Ehescheidung dringen. Nach einer boshaften Verlassung wolten sie ihre Weiber so wie ihr Vieh wieder in Besitz nehmen, und ihrer Zuneigung wegen waren sie eben so gleichgültig als wegen der Herzen ihrer Sklaven. Nach dem figürlichen Style der Schrift könte man auch den Verstand des Worts Ehebruch bis auf andre Fehler ausdehnen; wenn nämlich das Herz des einen Theils von dem andern durch einen verstockten Has oder eine hartnäckige Bosheit entfernt bleibt. Ein solcher Zustand der einen Parthey vernichtet eine wichtige Absicht die Gottbey der ersten Einsetzung des Ehestandes gehabt hat und eine Bedingung die vorher ausdrücklich zwischen beyden Theilen ausgemachtist, welche darinn besteht, daß sie auf ihr ganzes Leben gemeinschaftliche Gehülffen bey allen ihren Verrichtungen seyn wollen. Geneſ. II, 18 und 24. Viele andre Verbrechen und eine anhaltende grausame Begegnung sind eben so wichtige Uebertretungen der wesentlichen Artikel dieses Contracts, als der Ehebruch.

Drittes Buch.760 Die Rechte und Pflichtendulden zu entgehen, so würde es grausam seyn, ihnen eine solche Freyheit zu versagen. Wenn die Schuld hauptsächlich an einer Parthey liegt, solteman billig den grösten Theil der Strafen oder der übeln Folgeln der Ehescheidung dem schuldigen Theile aufbürden.


47 - /

* Die Schriftstellen, worinnen alle Ehescheidungen ausser in dem Falle des Ehebruchs, durchgängig verboten werden, finden sich Matth. I, 32. Marc. X, 5 - 12. Luc. XVI, 18. Aber bey gewissen andern Verboten, die eben so allgemein sind, glaubt man, daß entweder etwas ausgelassen sey, oder daß sie dem ohngeachtet mehrere Ausnahmen leiden. So glaubt man, daß Matth. V, 34. &c und Jac. V, 12.etwas ausgelassen sey, und daß diese Stellen auch von denenjenigen, an die sie gerichtet gewesen, so verstanden worden: „Eure Lehrer sagen euch, daß gewisse Formeln, wornach man schwört verbinden, und daßandre nicht verbinden, das gewisse bindend sind und andre nicht. (Siehe Matth. XXIII, 16 - 22.) Aber ich sage euch, schwört niemals anders (in der Absicht euch zu verbinden) als beydem Himmel &c “ Darauf zeigt unser Erlöser, daß alle solche Formeln,und selbst diejenigen, welchen ihre Lehrer die Kraft zu verbinden nicht zugestunden, nichts anders sind, als gleichbedeutende Schwüre bey Gott. Siehe Grotde I. B. & P. l. 2. c. 13. Auf gleiche Weise können wir auch annehmen, daß bey dem Verbote der Ehescheidung etwas ausgelassen sey, ohne die Regel zu beleidigen: Exceptio con- firmat regulam in non ex- ceptis. Die jüdischen Lehrer erkanten viele nichts bedeutende Ursachen für hinlänglich zur Ehescheidung. Einige von diesen musten allemal in dem über die Ehescheidung ausgestellten Dokumente angeführt werden, weil dieses den Weibern zu einer Art von Beglaubigungsbriefe diente, um zu beweisen, daß man sie nicht aus den schändlichsten Ursachen von ihren Männern geschieden hätte. Unter den Fällen die sie für hinlänglich hielten, eine Ehescheidung rechtmässig zu machen, befand sich unstreitig auch der Ehebruch. Nun kan man den ganzen Spruch soverstehen: „Ein jeder der sein Weib aus irgend einer von euren Lehrern erlaubten Ursache (den Grund des Ehebruchs ausgenommen) von sich stöst, begeht einen Ehebruch.“ Dies macht deswegen andre hinlängliche Ursachen nicht ungültig, wie aus Corinth. VII, 15. erhellet, wo erklärt wird, daß die Christen nach einer halsstarrigen Verlassung des ungetreuen Theils von dem Bande des Ehestandes befreyet sind. Die Judenaber wolten dies nicht zu einer Ursache machen, sie begegneten ihren Weibern als Sklaven, und blosdie Männer durften auf die Ehescheidung dringen. Nach einer boshaften Verlassung wolten sie ihre Weiber so wie ihr Vieh wieder in Besitz nehmen, und ihrer Zuneigung wegen waren sie eben so gleichgültig als wegen der Herzen ihrer Sklaven. Nach dem figürlichen Style der Schrift könte man auch den Verstand des Worts Ehebruch bis auf andre Fehler ausdehnen; wenn nämlich das Herz des einen Theils von dem andern durch einen verstockten Has oder eine hartnäckige Bosheit entfernt bleibt. Ein solcher Zustand der einen Parthey vernichtet eine wichtige Absicht die Gottbey der ersten Einsetzung des Ehestandes gehabt hat und eine Bedingung die vorher ausdrücklich zwischen beyden Theilen ausgemachtist, welche darinn besteht, daß sie auf ihr ganzes Leben gemeinschaftliche Gehülffen bey allen ihren Verrichtungen seyn wollen. Geneſ. II, 18 und 24. Viele andre Verbrechen und eine anhaltende grausame Begegnung sind eben so wichtige Uebertretungen der wesentlichen Artikel dieses Contracts, als der Ehebruch.


48 - /

Ferner, ob man gleich den Ehebruch für eine rechtmässige Ursach zur Ehescheidung hält, so fordert man doch gemeiniglich solche Beweise davon, die es beynahe niemals möglich ist zu schaffen. Da im Ehestande. 763Erster Abschnitt. die gegenseitige Zufriedenheit beyder Partheyen in eine solchen Verbindung, jeder derselben, wenn sie der andern getreu ist, wichtiger seyn mus als die Unterhaltung einer freundschaft<Freundschaft> mit einem andern, so mus aller andre vertraute Umgang diesem, wenn er nicht damit bestehen kan unstreitig weichen; obgleich nicht leicht bey Leuten die tugendhafte Absichten haben ein solcher Umgang eine Parthey wird beunruhigen können. So bald also eine Parthey die andre wegen einer zu grossen Vertraulichkeit mit einer dritten Person im Verdachte hat, und ihr denselben in Gegenwart einiger Zeugen bekant macht, solte jede freywillige Unterredung der verdächtigen Parthey mit der dritten Person an einen einsamen Ort für einen Beweis des Ehebruchs gehalten werden. Die freundschaftlichste Unterredung mit einen den wir auf eine erlaubte Art lieben, kan an öffentlichen Orten oder an solchen wo wenigstens mehrere Personen zugegen sind, gehalten werden.


49 - /

Ferner erlaubt das päbstliche Recht die EheUngereimtheiten, im päbstlichen Rechte.scheidung wegen des Ehebruchs, welche die einzige hinlängliche Ursache ist, die es Statt finden läst; bestraft aber die Schuldigen nicht nach ihrem verdienten Lohne, und verschaft der unschuldigen Parthey keine Gerechtigkeit. Beyde werden ferner wider alle gesunde Vernunft von anderweitigen Verehlichungen abgehalten. Man könte die Schuldigen vielleicht mit Rechte abhalten, daß sie diejenige Person mit der sie das Verbrechen begangen hätten, nicht heyrathen dürften, denn sonst könten viele Drittes Buch.764 Die Rechte und Pflichten. durch die Hofnung den Gegenstand ihrer unerlaubten Neigungen zu besitzen zum Ehebruch bewogen werden. Aber man solte sie nicht der Nothwendigkeit aussetzen ein Laster zu begehn, wozu sie schon eine zu grosse Neigung gezeigt haben, sondern man solte sie mit andern Strafen belegen. Es würde schicklicher seyn sie zu Heyrathen mit Personen die schon ihrer Schande wegen bekant nnd<und> für sie wollüstig genug wären, zu zwingen, damit sie desto weniger wieder in dieVersuchung gerathen möchten andre zu verführen. Die unschuldige Parthey von dem Vergnügen der Ehe abzuhalten ist eine förmliche Ungerechtigkeit, Die Ursachen derselben in der Geschichte untersucht.eine neue widernatürliche Jnjurie.


50 - /

Den Ursprung dieser Gesetze entdeckt man sehr leicht in der Geschichte. Zur Zeit der ersten Verfolgungen waren einige melancholische Begriffe von der Heiligkeit die im Leiden bestünde, und eine Unreinigkeit in unsern unschuldigsten Vergnügungen, beynahe durchgängig eingerissen. Man glaubte, daß weltliche Verrichtungen, mit der höchsten Frömmigkeit nicht bestehen könten, da doch die Frömmigkeit niemals aufrichtiger und lebhafter ist, als wenn sie uns zu allen gefälligen und liebreichenDiensten gegen andre, aus einer Empfindung von unsrer Pflicht gegen GOtt, geneigt macht. Und die wahre*Weltweisheit lehrt uns sowohl als die Religion daß eine wahre Gottesfurcht, Ruhe, Ergebung in den göttlichen Willen, und sogar auch die Abwendung unsrer Gedanken von irrdischen Dingen, so gut an einem Hofe, oder in einem Feldlager, als in einer Wüsteney gefunden werden können.

* Siehe Mark. Antonin: an vielen Stellen.

im Ehestande. 765ErsterAbschnitt. Man bewunderte in den uralten Zeiten den ehelosen Stand als heilig, und glaubte von der keuschesten Ehe, wenn man noch am besten davon urtheilte, daß sie ein der höchsten Reinigkeit ein unfähiger Stand wäre. Die Geistlichen, die für Muster der Vollkommenheit angesehen seyn wollten, lebten beynahe durchgängig unverheyrathet, und priesen einen solchen Stand an. Da sie nach der Einführung des Christenthums Reichthum und Gewalt in die Hände bekamen, wurden sie so verderbt als die Layen, um aber ihren alten bekanten Grundsätzen uicht<nicht> zu widersprechen, und ihr Ansehen bey denLayen und die Ehrerbietung, die man ihnen durchgängig erwies, zu behaupten, musten sie diesen Schein der Heiligkeit und Entfernung von der Welt beybehalten, ob er gleich der ausdrücklichen Lehre der Apostel zuwider ist. Auf einige von deu<den>ersten Kirchenversamlungen, ward den Geistlichen anbefohlen, im ehelosen Stande zu leben, und diese Befehle wurden in den verderbten Zeiten oft widerholt. Dagegen aber schmiedeten sie ein Gesetz nach dem andern, um sich vor der Schande, die sie wegen Unterhaltung ihrer Veyschläferinn<Beyschläferinn>nnd<und> Huren verdienten, zu sichern. Es ist sehr begreiflich, daß nach einem solchen Verbote der erlaubtesten Ergetzlichkeiten ins geheim die grösten Wollüste von einer verderbten Art Menschen musten getrieben werden, die über dies noch in aller Ruhe und Ueppigkeit lebte. Jn dem eilften und zwölften Jahrhunderte, den Zeiten der Unwissenheit und des Aberglaubens, ward alles Recht, Ehe und andre Liebessachen zu untersuchen, und darüber zu erkennen, der weltlichen Drittes Buch.766 Die Rechte und Pflichten Obrigkeit entzogen, und der geistlichen zugeeignet. Die Strafe, womit sie die Verbrecher belegten, waren vielerley unnütze, und zuweilen lächerlicheBussen, oder Geschenke, die sie den Geistlichen machen musten. Die vorigen Gesetze waren für ihre Absichten zu strenge. Der Ehebruch war für einesolche Geistlichkeit die bequemste Art zu sündigen; sie durften nicht fürchten, entdeckt zu werden, und eben so wenig für den Unterhalt ihrer erzeugten Kinder sorgen. Die Beweise, die man zu Gewismachung eines Ehebruchs erforderte, musten also schwer, und beynahe unmöglich gemacht, und allen, die auf eine solche Art Art beleidiget worden, so viel möglich, die Lust benommen worden, ihre Genugthuung gerichtlich zu suchen. Dem beleidigten Kläger muste man nach einer Ehescheidung, die er durch die deutlichsten Beweise erhalten, alles anderweitigen Heyrathen verbieten. Es würde gar zu widersprechend gewesen, und selbst einer papistischen Nation, als unrecht in die Augen gefallen seyn, wenn man den Ehebrecherinnen und ihren Liebhabern, alle Strafe erlassen hätte, ohne bey den Ehebrüchen der Männer eine gleiche Gelindigkeit zu gebrauchen. Aus diesen Ursachen wurden die Strafen für alle nur sehr leicht eingerichtet, und die Geistlichkeit kante die vorzüglichen Vortheile sehr gut, die für sie aus den Vorurtheilen, die man von ihrer Heiligkeit hatte, und der guten Gelegenheit durch ihre Beichten, und andre unter dem Schein der Religion vorgenommene Betrügereyen, vertraut zu werden, entstanden.


51 - /

XIV. Hier können wir die übertriebnen Einfälle des Plato nicht mit Stillschweigen übergehn. Er beobachtet die mancherley Unbequemlichkeiten, die aus den eingeschränkten Banden der Ehen, und der väterlichen Liebe entstehen; daß die meistenMenschen ihre Absichten und Neigungen auf eine kleine Zahl von Gegenständen einschränkten, und allgemeinere Vortheile verabsäumten, weil sie nur für den Nutzen ihrer Kinder oder Verwandten mit Eyfer sorgten, daß in solchen Personen die Lasterim Ehestande. 769Erster Abschnitt. übersehen, und die gehörige Strenge gegen sie nicht beobachtet würde; daß unendliche Streitigkeiten durch die Eyfersucht, und über streitige Rechte der Familien entstünden. Oft würde ein grosser Reichthum für die unnützesten Mitglieder der Gesellschaftaufgehäuft, und die Leute aus solchen eingeschränkten Absichten, und nicht wegen ihrer Tugenden oder ihrer Verdienste zu grossen Ehren und hoher Gewalt befördert. Er schlägt also in seinem Staate eine gewisse Versammlung von Oberaufsehern*vor, wodurch nicht nur alle Güter gemein gemacht, sondern auch alle diese eingeschränkten Arten von Zuneigung verbannt werden. Seinem Plane nach, war es niemanden erlaubt, für sich ein Weib zu nehmen. Vater und Mutter würden ihre eignen Kinder nicht, und kaum sich selbst gekant haben. Alle Kinder würden gleich nach ihrer Geburt in gewisse öffentliche Häuser gebracht, und also zu Kindern des Staats gemacht worden seyn. Jeder, der diesen Plan liest, wird viele ungerechte Vorwürfen, die man ihm gemacht hat, falsch befinden. Niemals ist in dem Entwurfe einer Regierungsform weniger für die Befriedigung der Sinne gesorgt worden.


52 - /

* Die Lehre des Hobbsin diesem Punkte mus den Unwillen aller dererjenigen erwecken, die nur der gemeinen Empfindungen der Menschlichkeit fähig sind; obgleich seine Schlüsse zum Theil auch von andern angenommen werden. Hobbsschätzt die Kinder so wie ein andres Gut oder eine Waare, das zuerst von der Mutter in Besitz genommen wird, und sich vollkommeu<vollkommen>in ihrer Gewalt befindet, weil sie es von sich hätte abtreiben, oder bey der Geburt erdrücken können. Jn der Ehe aber ist sie mit allen ihren Rechten dem Manne, als dem Stärkern, oder vermöge ihrer Einwilligung unterworffen. Die unumschränkte väterliche Gewalt erstreckt sich also auf das ganze Leben, so daß der Vater seine ganze Nachkommenschaft tödten, verkaufen, oder auf ewig in die Sclaverey bringen kan.


53 - /

Wenn einige alte Schriftsteller von den Menschen als einem Geschlechte reden, das von Natur zur bürgerlichen Gesellschaft geschickt ist,* so verstehen sie darunter nicht, daß sie aus einem natürlichen Triebe sogleich eine politische Vereinigung, oder einen Stand, wo sie der Gewalt bürgerlicher Gesetze unterworfen wären, wünschen würden; wie sie sich aus angebohrnen Trieben, nach dem Ehestande, oder nach Kindern sehnen, oder im Stande

* So nennen Aristotiles und Plato den Menschen oft ζωόν πολιτικόν, Plato aber er gestehet seyσυνδυαϛικὸν μᾶλλον ἣ πολιτικόνNicom. l. VIII. c. 12.

zu einer politischen Vereinigung. 805Viertee Abschnitt, der natürlichen Freyheit einen freyen Umgang mit andern suchen. An und für sich betrachtet, ist es niemanden angenehm, in Ansehung seiner Handlungen, der Führung anderer unterworffen zu seyn, oder, daß andre eine Gewalt über seine Güter, odergar über sein Leben besitzen sollten. Die Menschen müssen erst eingesehen haben, daß die Gefahren und Ueb el<Uebel>, womit die Anarchie allemal begleitet ist, weit grösser sind, als alle Unbequemlichkeiten die daraus entstehen, wenn sie mit andern gemeinschaftlich ihre Handlungen der Anordnung gewisser Regenten, oder Versammlungen unterwerffen, die für die gemeine Sicherheit zu sorgen, verbunden sind. Wenn das geschehen ist, so müssen sie unfehlbar anfangen, eine politische Regierung, so wohl ihrer eignen Sicherheit, und ihres eignen Vortheils, als auch des gemeinen Bestens wegen, zu wünschen. Da ferner die Menschen von der Natur mit Vernunft, Vorsichtigkeit und Klugheit begabt sind, und in dem gegenwärtigen Zustande unsrer Natur eine Art von politischer Vereinigung, von uns für ein unentbehrliches Mittel gehalten werden mus, uns selbst und andern Ruhe und Glückseligkeit zu verschaffen: so müssen wir in dieser Absicht nothwendig ein Verlangen darnach haben. Die Naturhat uns auch mit hinlänglichen Kräften, und dem gehörigen Verstande versehen, alle politische Aemter zu verwalten.


54 - /

wedlock, possessions,

55 - /

If the chosen vessel, St. Paul, hath said, ‘He that is unmarried careth for the things that belong to the Lord, how he may A Serious Call to please the Lord: And that there is this difference also between a wife and a virgin; the unmarried woman careth for the things of the Lord, that she may be holy both in body and Spirit:’ What wonder is it, if the purity and perfection of the virgin state, hath been the praise and glory of the Church in its first and purest ages? That there hath always been some sodesirous of pleasing God, so zealous after every degree of purity and perfection, so glad of every means of improving their virtue, that they have renounced the comforts and enjoyments of wed lock, to trim their lamps, to purify their souls, and wait upon God in a state of perpetual virginity?


56 - /

Our blessed Saviour saith, ‘Whosoever looketh upon a woman to lust after her, hath already committed adultery with her in his heart.’*


57 - /

„Derohalben, sagt er, sind in der Kirche Christi zwey Wege oder Arten zu leben verordnet worden. Die eine Art erhebt sich über den ordentlichen Stand der Natur und über die gemeinen Wege des Lebens, entsagt dem Ehestande, dem Reichthume und allen weltlichen Gütern, und ist, indem sie sich von dem ordentlichen Wandel des gemeinen Lebens gänzlich entfernet und absondert, einzig und allein der Verehrung und dem Dienste Gottes bestimmt und gewidmet, und zwar vermittelst eines außerordentlichen Grades himmlischerLiebe.


58 - /

Wenn das auserwehlte Rüstzeug, derh. Paulusgesagt hat: Wer ledig ist, der sorget, was dem Herrn angehöret, wie er dem Herrn gefalle. Und das also ist der Unterschied zwischen einem Weibe und einer Jungfrau; welche nicht freyet, die sorget was dem Herrn angehöret, daß sie heilig sey, beyde am Leibe und auch am Geiste: was ist es Wunder, wenn die Reinigkeit und Vollkommenheit des jungfräulichen Standes der Preis und die Ehre der Kirche in ihren ersten und reinsten Zeiten gewesen ist? Was ist es Wunder, wenn es von ie her einige gegeben hat, welche so begierig gewesen sind, GOtt zu gefallen, welche so eifrig nach iedem Grade der Reinigkeit und Vollkommenheit gestrebt und sich über iedes Mittel, in ihrer Tugend zuzunehmen, so sehr gefreuet haben, über das Leben der Miranda. daß sie den Vortheilen und dem Genusse desEhestandes entsagt, um ihre Lampen zu schmücken, ihre Seelen zu reinigen, und GOtt in dem Stande einer beständigen Keuschheit zu dienen?


59 - /

Ihr wißt, meine Kinder, die hohe Vollkommenheit und die großen BelohnungenDemuth b. d. gew. Erzieh. d. Töchter. des ledigen Standes; ihr wißt, wie sehr er von weltlichen Sorgen und Unruhen befreyet, und Mittel und Gelegenheit giebt, es in einem göttlichen Leben weit höher zu bringen: dannenhero liebet, ehret und haltet diesen Stand hoch; danket GOtt für alle die glorreichen Gesellschaften von heiligen Jungfrauen, die von Anbeginn des Christenthums in den verschiednen Zeitaltern der Kirche, den Sorgen und Freuden desEhestandes entsaget haben, um beständige Beyspiele der Einsamkeit, der Betrachtung und des Gebets zu seyn.


60 - /

wer einWeib ansiehet ihr zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen