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Das constantinopolitanische Reich hielt sich noch. Alle Fürsten desselben waren der Regierung nicht un würdig gewesen. Constantin Porphyrogeneta, ein Sohn Leo des Philosophen, und ein Philosoph selbst, brachte, wie sein Vater, glückliche Zeiten. Wenn die Regierung unter dem Romanus, dem Sohne des Constantins, in Verachtung gerieth, wurde sie hingegen den Nationen wieder sehr ehrwürdig un ter dem Nicephorus Phokas, der Candia im Jahre 961, ehe er noch Kaiser war, den Ara bern abgenommen hatte. Ob schon Johann Zimisces den Nicephorus ermordete, und den Palast mit Blut besudelte; ob er schon mit seinen Verbrechen die Heucheley verknüpfte; war er doch außer dem der Vertheidiger des Reichs gegen die Türken und Bul garn. Unter dem Michael Paphlago aber verlor man Sicilien, und unter dem Romanus Diogenes gieng fast alles, was gegen Morgen zu noch übrig war, bis auf die Provinz Pontus verloren. Diese Provinz, die man heut zu Tage Turkomannia nennet, fiel bald darauf in die Hände des Türkens Solymann, dem Meister von dem größten Theile Kleinasiens, welcher den Hauptsitz seiner Herrschaft in Nicäa aufrichtete, und von dar aus in der Zeit, da die Kreuzzüge angiengen, Constantinopel bedrohete.


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Hiernächst, daß Jerusalem vor der Belagerung zwanzig tausend Einwohner, die die Waffen trugen, erhalten konnte, mußte es wenigstens mit ungefähr sechzig tausend Seelen damals bevölkert seyn; es fehlte aber gar viel, daß dieses verwüstete Land nur den fünften Theil hätte in seinen Mauren ernähren können. Würden endlich nicht sechzig tausend Türken und Araber zwanzig tausend Christen im freyen Felde überfalley haben? Würden sie nicht diese kleine Armee der Belagerer durch unaufhörliche Ausfälle zu Grunde gerichtet haben? Die Geschichtschreiber aber haben allezeit das Wunderbare geliebt. Das ist wahr, die Stadt wurde nach einer nur fünfwöchentlichen Belagerung (1099) im Sturm erobert, und alles, was nicht ein Christ war, wurde viele Tage nach einander, ohne Unterschied des Alters und Geschlechts, jämmerlich ermordet.


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Ich glaube nicht, daß jemand sey, der nicht sollte bemerket haben, daß diese mächtigen Armeen derChristen in eben den Ländern den Krieg führeten, woAlexander der große mit weit wenigern Truppen über ungleich mächtigere Feinde, als die Türken und Araber damals waren, allezeit gesieget hatte. Es mußte aber wohl in der Kriegszucht der kreuzfahrenden Prinzen ein Grundfehler seyn, der allen ihren Muth unnütze machte. Dieser Fehler war wahrscheinlicher Weise der Geist der Unabhängigkeit, den die Lehnsherrliche Regierungsform in Europa eingeführet hatte. Häupter ohne Erfahrung und Verstand führeten unordentliche Haufen in unbekanten Ländern an.


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Mitten unter diesen Unruhen kam der große Saladin, ein Neffe des Noradins, Sultans von Aleppo, zum Vorschein; er eroberte Syrien, Arabien, Persien und Mesopotamien. Ein Tempelherr, Namens Melieu, verließ seinen Orden und seine Religion, um unter diesem Bezwinger zu dienen, und trug viel bey, ihm Armenien zu unterwerfen. Saladin, Herr so vieler Länder, wollte mitten unter seinen Geschichte der Kreuzzüge. Staaten das Königreich Jerusalem nicht lassen. Heftig gegen einander erbitterte Parteyen zerfleischten diesen kleinen Staat, und beförderten seinen Untergang. Gvido von Lusignan, gekrönter König, dem man aber die Krone streitig machte, versammlete in Galiläa alle die getrennten Christen, die die Gefahr vereinigte, und marschirte gegen den Saladin. Der Bischof von Ptolemais, der seine Kappe über dem Küraß trug, und zwischen seinen Händen ein Kreuz hielt, munterte die Truppen auf, auf demjenigen Gebiethe, wo ihr Gott so viele Wunder gethan hätte, tapfer zu fechten; nichts desto weniger wurden alle Christen entweder getödtet oder gefangen. Der gefangene König, der nichts, als den Tod, erwartete, war verwundert, von dem Saladin, so wie es heut zu Tage die leutseligsten Generale den Kriegsgefangenen thun, zu begegnen pflegen, tractirt zu werden. Saladin reichte mit seiner Hand dem Lusignan einen Becher mit einem in Schnee abgekühlten Tranke dar. Nachdem der König getrunken hatte, wollte er den Becher auch einem seiner Officiers, Namens Renaud von Chatillon, geben. Es war eine unverletzliche Gewohnheit bey den Muselmännern, und die sich noch bey einigen Arabern erhält, die Gefangenen, denen sie zu essen und zu trinken gegeben haben, nicht umbringen zu lassen. Dieses Recht der alten Gastfreundschaft war für den Saladin geheiliget. Er gab es nicht zu, daß Renaud von Chatillon nach dem Könige trank. Dieser Officier hatte sein Versprechen vielmals übertreten, der Sieger hatte einen Eid gethan, ihn zu strafen, und, indem er zeigte, daß er eben so sich zu rächen, als zu vergeben wüßte, Geschichte der Kreuzzüge. ließ er demjenigen, den er für treulos hielt, den Kopf mit einem Sebelhiebe herunter hauen. Da er vor den Thoren Jerusalems, das sich nicht weiter weh ren konnte, ankam, stund Saladin der Gemahlinn des Lusignans, wegen Uebergabe der Stadt, einen Vergleich zu, dergleichen sie nicht hoffte. Er erlaubte ihr, sich hinzuwenden, wo sie hin wollte. (1187) Er verlangte von den Griechen, die in der Stadt blieben, keine Ranzion, und von den Lateinern nahm er nur eine geringe. Als er seinen Einzug in Jerusalem hielt, warfen sich eine MengeWeibespersonen zu seinen Füßen, deren einige um ihre Männer, andere um ihre Kinder, noch andere um ihre Väter baten, die er gefangen hielt. Er gab sie ihnen insgesammt mit einer Großmuth, die in diesem Theile der Welt noch kein Exempel hatte, wieder. Saladin ließ durch die Hände der Christen selbst die Moschee, die in eine Kirche war verwandelt worden, mit Rosenwasser waschen. Er ließ 1187 einen prächtigen Lehrstuhl darinnen aufrichten, daran sein Oheim Noradin, Sultan von Aleppo, selbst gearbeitet hatte, und über die Thür ließ er diese Worte graben: „Der König Saladin, der Knecht Gottes, setzte diese Ueberschrift, als Gott durch seine Hände Jerusalem eingenommen hatte.„ Aber ungeachtet seines Eifers für seine Religion, gab er doch den morgenländischen Christen die Kirche des heiligen Grabes wieder. Wenn man dieses Bezeigen mit der Christen ihrem, als sie Jerusalem einnahmen, in Vergleichung zieht, sieht man leider! wer die Barbaren seyn. Man muß noch hinzu fügen, daß Saladin, nach Verlauf eines Jahres, Geschichte der Kreuzzüge. dem Gvido von Lusignan die Freyheit wieder gab, nachdem er einen Eid von ihm genommen hatte, daß er niemals die Waffen wider seinen Befreyer tragen wollte. Lusignan hielt sein Wort nicht.