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1 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Endlich hat man auch gesehen, daß die Chöre, welche nicht redeten und bloß das stummeSpiel der Chöre in den alten Tragödien nachahmten, auf dem Opertheater sehr wohl ausgefallen und vielen Beyfall erhalten haben, wennsie von aufmerksamen Personen ausgeführet worden. Ich meine diejenigen Ballets, die fast ausganz und gar keinen Tanzschritten, sondern ausblossen Gebehrden, und Bezeigungen, kurz auseinem stummen Spiele bestanden, und die Lulliin die Leichenbegleitung der Psyche, desgleichender Alceste, in den zweyten Aufzug des Theseus, wo der Dichter alte Männer tanzend einführt, in das Ballet des vierten Aufzuges des Atysund in die erste Scene des vierten Aufzuges derIsis gebracht hatte, wo Quinault Einwohner du Bos,der Hyperboräischen Gegenden auf das Theaterbringt. Diese Halbchöre nun, man vergönnemir den Ausdruck, machten einen sehr rührenden Anblick, wenn sie Lulli von Tänzern aufführen ließ, die ihm folgen mußten, und ebenso wenig, wenn er es ihnen verbothen hatte, einenTanzschritt zu machen, als eine Gebehrde, die siemachen sollten, zu unterlassen, oder sie nicht zurrechten Zeit zu machen, wagten. Wenn mandiese Tänze aufführen sah, konnte man leicht begreiffen, wie der Takt auf den Theatern der Alten die Gebehrden regieren können. Der Mannvon Genie, den ich jetzt genennt habe, war durchdie Stärcke seiner eignen Vorstellungskraft darauf gefallen, daß das Schauspiel auch durch diestumme Action der Chöre pathetischer werdenkönne; denn ich glaube nicht, daß er die Gedanken dazu aus den Schriften der Alten geschöpft,deren vom Tanze der Chöre redende Stellen nochnie so verstanden worden waren, als wir sie jetzterklärt haben.


2 - Lettres sur la danse /

Quinault.

3 - Lettres sur la danse /

Quinault

4 - Discours historique sur l'apocalypse /

Ich habe es nimmer bedaurt, mein Herr, daß Hr. Rameau und Hr. Quinault ihre Talente nicht vereinigt haben; sie würden einer für den andern gemacht gewesen seyn, denn beyde waren schöpferisch und unnachahmlich; aber das Vorurtheil, die Sprache der Kenner ohne Kentniße, die albernen Einfälle titelführender Dumköpfe, die von allen Künsten in einem stolzen und entscheidenden Tone sprechen, ohne von einer den geringsten Begriff zu haben; des Schreyen und Lärmen wichtigthuender Subalternen, dieser herumgehenden Wesen, die mit ihrem Denken Thun und Reden Leuten vom Bonton nachahmen, die zischen und klatschen, ohne gesehen und gehört zu haben; auch die Halbgelehrten, die zwar selbst nichts wissen, aber doch für den grossen Haufen den Ton angeben, giftige Raupen, die den Künsten schädlich sind, und das Genie entblättern, würden, wenn sie nicht zertreten würden so bald sie sich an dessen äusserste Zweige anhängen, endlich die Menge der Anhänger und Gönner, die selbst wieder um Beyfall betteln, die das Echo aller Lächerlichkeiten und der privilegirten Unwissenheit unserer Petitmaitres sind, die selbst nicht Geschmack und Einsicht genug zum Urtheilen haben, immer mit ihren Vergleichungen angezogen kommen, und auf diese Weise oft den grossen Mann demüthigen; alles dieses hat dem Herrn Rameau ein solches Unternehmen verleidet und ihn vermocht die grossen Ideen fahren zu lassen, die er haben mochte. Hierzu kommen noch die mancherley Verdrießlichkeiten, die die Directeurs der Oper einem jeden Autor machen. Man scheint ihnen strafbar und profan, wenn man nicht einen so gotischenGeschmack hat als sie, wenn man nicht einfältig genug ist, die alten Gesetze dieses Schauspiels und jeden alten Schlendrian gutwillig anzunehmen, an die sie von Vater auf Sohn gewöhnt sind. Kaum ist es einem Balletmeister erlaubt, das Tempo einer alten Tanzmelodie zu verändern; vergebens sagt man ihnen, daß unsere Vorfahren eine simple Execution hatten, daß die langsahmen Stücke sich zu ihrer schläfrigen und pflegmatischen Ausführung schickten — sie kennen die alten Tempos, sie wissen den Tackt zu schlagen; diese Leute haben nichts weiter als Gehör, und sie können den Vorstellungen nichts nachgeben die eine verschönerte Kunst ihnen machen kann; sie betrachten alles von dem Fleck wo sie sind stehen geblieben, und können dem Genie in der unermeßlichen Bahn, die es durchlaufen ist, nicht folgen. Unterdessen hat der Tanz seit einiger Zeit, durch den erhaltenen Beyfall und Schutz ermuntert, sich von dem Zwange, den ihm die Musik anthun wollte, frey gemacht. Hr. Lany läst nicht allein die Melodien in dem wahren Geschmacke spielen sondern er macht auch neue zu den alten Opern; an die Stelle der einfachen monotonischen Melodien von Lülly setzt er Stücke voll Ausdruck und Mannigfaltigkeit.


5 - Discours historique sur l'apocalypse /

Die Italiener sind in diesem Punckt viel klüger gewesen als wir. Ihrer alten Musik sind sie nicht sehr getreu, aber desto getreuer ihrem Metastasio, sie haben ihn von allen Kapell meistern die Talente haben, komponiren lassen, und thun es noch täglich. Die Deutschen Höfe, Spanien, Portugal und England haben dieselbe Achtung für diesen grossen Dichter beybehalten. Die Musik variirt unendlich, und die Worte, ob sie gleich immer dieselben sind, haben doch allemal den Werth der Neuheit; jeder Musikus giebt diesem Dichter neuen Ausdruck und neue Anmuth; einer vernachläßiget diese oder jeneEmpfindung, ein anderer verschönert sie; dieser schwächt einen gewissen Gedanken und jener trägt ihn mit Nachdruck vor; der schöne Vers wird durch Graun (*) matt gemacht, und Hasse (**) mahlt ihn mit Feuer und Genie.(*) Kapellmeister Sr. Preußischen Majest.(**) Kapellmeister Sr. Polnischen Majest. und Churfürsten von Sachsen. Nicht der Tanz allein, sondern alle andern Künste, die zur Schönheit und Vollkommenheit der Oper etwas beytragen, würden unendlich dabey gewonnen haben, wenn der berühmteRameau, ohne die Nestors seiner Zeit und den Schwarm von Leuten, die nichts über Lülly kennen, zu beleidigen, die Meisterstücke des Vaters und Schöpfers der lyrischen Poesie hätte in Musik setzen können. Dieser Mann hatte ein uneingeschränktes und erhabnes Genie und umfaßte alle Theile mit einmal; seine Kompositions sind oder können doch leicht der Triumph der Künste werden; alles ist groß, alles harmonisch; jeder Artist, wenn er mit diesem Autor gemeinschaftliche Sache macht, kann Meisterstücke von verschiedner Art hervorbringen. Musikus, Balletmeister, Sänger und Tänzer, Chöre, Mahler, Erfinder der Dekoration, Kleidungen und Maschinerie können alle Antheil an seinem Ruhme haben. Ich behaupte keinesweges, daß der Tanz in allen Opern von Quineault durchaus nach derNatur eingerichtet und immer in Handlung sey; aber es wäre leicht, das zu ersetzen, was der Dichter versäumt hat, und das vollends auszubilden, was man bloß als die ersten Einfälle ansehn muß, die er nur so hingeworfen.


6 - /

Die Natur hatte ihm eine starke Leibesbeschaffenheit gegeben. Er war in allen Leibesübungen sehr geschickt; er spielte alle Spiele sehr wohl, welche Geschicklichkeit und Thätigkeit erfoderten; er tanzte die ernsthaften Tänze mit vieler Anmuth. Sein Magen war so gut, daß er alle Tage zwey gute Mahlzeiten that, ohne seiner Gesundheit zu schaden; und die Güte seines Temperaments machte es, daß er beständig in einer gleichen Gemüthsart blieb. Der kränkliche Ludewig der XIII war ärgerlich, schwach und hart. Ludewig der XIV redete wenig aber allezeit gut. Er war nicht gelehrt, aber er hatte einen vortrefflichen Geschmack. Er verstund ein wenig Italienisch und Spanisch, und konnte niemals das Lateinische lernen, welches man in einer besondernAuferziehung allezeit ziemlich schlecht lehret, und welches von allen Kenntnissen die am wenigsten nützliche für einen König ist. Man hat unter seinem Namen eine Uebersetzung des Julius Cäsars gedruckt. Es sind Aufgaben, die man mit ihm machte, woran er von Ludewig dem XIV. wenig Theil hatte, und von welchen man ihn überredete, daß er sie gemacht habe. Ich habe den Kardinal Fleury sagen hören, daß ihn Ludewig derXIV einmal gefragt hätte, wer denn der Prinzquemadmodum sey, ein Wort, auf welchen ein Musicus in einer Motete, nach der löblichen Gewohnheit, sehr viel Kunst verschwendet hatte. Der König gestand ihm bey dieser Gelegenheit, daß er fast niemals etwas von dieser Sprache verstanden habe. Es wäre besser gewesen, wenn man ihm die Historie, die Erdbeschreibung und besonders die wahre Weltweisheit, welche die Fürsten so selten kennen, gelehret hätte. Sein gesunder Verstand und sein guter Geschmack ersetzten alles. In den schönenKünsten liebte er nichts, als das vortreffliche. Nichts beweist es mehr, als der Gebrauch, den er von Racinen, von Boileau, von Molieren, von Bossuet, von Fenelon, von le Brun, von Girardon, von le Notre machte. Er gab sogar manchmal demQuinaut den Stoff zu seinen Opern, und er war es, welcher die Armide wählte. Colbert beschützte alle Künste aus keiner andern Ursache, als weil er sich dem Geschmacke seines Herrn gemäß bezeigen wollte. Der Colbert war, ohne Wissenschaften, bey der Handlung erzogen worden; der Kardinal Mazarin hatte ihm die Besorgung der Angelegenheiten aufgetragen, und konnte also für die schönen Künste den Geschmack nicht haben, welchen ordentlicher Weise ein galanter Hof, wo man Ergötzungen verlangt, die über die Ergötzungen des Pöbels sind, verschaffet.Colbert war ein wenig trocken und finster, seine großen Absichten in dem Finanzwesen, und in der Handlung, Geheime Nachrichten worinne der König weniger verstand und verstehen mußte, erstreckten sich nicht sogleich bis zu den liebenswürdigen Wissenschaften; er bildete seinen Geschmack, aus Begierde seinem Herrn zu gefallen, und aus Nacheiferung, welche der Ruhm des HerrnFouquet, den er sich durch die Beschützung der Gelehrten erworben hatte, und den er auch so gar in seiner Ungnade erhielt, in ihm erweckte. Anfangs wählte er sehr unglücklich, und als Ludewig der XIV im Jahre 1662 seine Achtung gegen die Wissenschaften zeigen wollte, indem er Leute von Genie und Gelehrten jährliche Gehalte gab, so richtete sich Colbert einzig nach dem Chapelain, dessen Name nachher, durch Hülfe seiner und des Boileau Werke so lächerlich geworden ist: er stand aber damals in sehr großem Ansehen; das er sich durch ein wenig Gelehrsamkeit, durch viel Tadelsucht und noch mehr Kunstgriffe erworben hatte. Diese Wahl war es, welche den Boileau schon ganz jung aufbrachte, und ihn mit so viel beißenden Spöttereyen bewaffnete. Colbert besserte sich hernachmals, und unterstützte diejenigen, welche wirkliche Geschicklichkeiten besaßen, und dem Könige gefielen.


7 - /

Die edlen Ergötzungen, womit er beständig den prächtigsten Hof von der Welt unterhielt, verhinderten ihn nicht, sich ordentlicher Weise bey allen Berathschlagungen einzufinden. Selbst in seiner Krankheit setzte er sie nicht aus. Nur ein einzigmal zog er die Jagd vor. Es war gleich an dem Tage, nicht viel zu thun. Er trat herein, und sagte, daß die Berathschlagung diesesmal sollte ausgesetzt seyn, und sagte es, indem er aus dem Stegreife eine Operarie des Quinaut und Lully parodirte.


8 - /

Die vornehmsten Thaten, auf welche Ludewig der XIV seine Ehre gründete, waren, daß er zu Anfange seiner Regierung den spanischen Zweig des Hauses Oesterreich, welcher seit hundert Jahren unsern Königen den Vorsitz streitig machte, gezwungen habe, selbigem im Jahr 1661 auf ewig zu entsagen; daß er im Jahre 1664 die Verbindung der zwey Meere unternommen habe, daß er im Jahre 1667 die Gesetze verbessert; in eben dem Jahre das französische Flandern in sechs Wochen erobert; das Jahr darauf, mitten im Winter, die Franche Comte in weniger als einem Monate weggenommen, und Straßburg und Dünkirchen zu Frankreich gebracht habe. Zu diesen Stücken, die ihm nothwendig schmeicheln mußten, setze man noch eine Seemacht von beynahe zweyhundert Schiffen, 60000 im Jahre 1681 einrollirte Matrosen, außer denen, welche damals schon in Diensten waren; die Häfen zu Toulon, zu Brest und zu Rochefort, die er bauen ließ, mehr als 50 angelegte Citadellen; die Stiftung des Invalidenhauses von St. Cire; den Orden des heil. Ludewigs; das Observatorium; die Akademie der Wis von Ludewig dem XIV.senschaften; die Abschaffung des Zweykampfes; die Aufrichtung der Polizey; die Verbesserung der Gesetze; so wird man sehen, daß sein Ruhm gegründet genug war. Er that nicht alles, was er thun konnte, er that aber doch ungleich mehr, als ein anderer. Wann ich sage, daß alle die großen Denkmaale den Staat nichts gekostet haben, den sie gleichwohl verschönerten, so sage ich nichts als die lautere Wahrheit. Das Volk glaubet, daß ein König, welcher viel auf Gebäude und Auszierungen wendet, sein Reich ruinire; er bereichert es vielmehr, indem er das Geld unter eine unzähliche Menge Künstler bringt; alle Profeßionen gewinnen dabey, und die Aemsigkeit und der Umlauf des Geldes wird vermehret. Der König, welcher seine Unterthanen am meisten arbeiten läßt, der macht sein Reich am meisten blühend. Er liebte die Lobeserhebungen, aber nicht die groben, und diejenigen Gemüthsarten, welche gegen gerechte Lobsprüche unempfindlich sind, verdienen meistentheils keine. Wenn er die Prologen in den Opern, worinne ihn Quinault erhob, zuließ, so geschah es deßwegen, weil diese Lobeserhebungen der Nation gefielen, und die Ehrfurcht, welche sie gegen ihn hatten, vermehreten. Die Lobsprüche, welche Virgil, Horaz, Ovidius gegen den August verschwendeten, waren weit stärker; und wenn man an die Verbannungen gedenket, so hatte sie August weit weniger verdienet.