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1 - Anmerkungen eines unpartheyischen Fremden über die gegenwärtige Streitigkeit zwischen England und Preussen /

„Sr. königl. preußischen Majestät kan nicht unbekannt seyn, daß Commercientractaten vorhanden sind, in welchem Großbritannien mit einem gewissen neutralen Staate würklich stehet, und daß vermittelst förmlicher durch diese Tractaten auf beyden Seiten vollzogner Verpflichtungen, alles was die beyderseitige Treibung ihres Handels betrift, gänzlich regulirt und entschieden ist. Es erhellet zwar nicht, daß ein solcher Tractat zwischen Sr. Majestät und dem Könige vonPreussen vorhanden sey, oder jemals sey vorhanden gewesen: gleichwohl aber hat dieses nicht verhindert, daß den preußischen Unterthanen, in Ansehung ihrer Schiffahrt, von den Engländern nicht eben so wohl sey begegnet worden, als andern neutralen Nationen. Dieses aber vermuthet Se. Majestät nicht, daß der König Euer Herr Ausnahmen, oder wohl gar Vorzüge, zum Vortheile seiner Unterthanen, in diesem Stücke verlangen sollte.“


2 - Anmerkungen eines unpartheyischen Fremden über die gegenwärtige Streitigkeit zwischen England und Preussen /

25. Da also die Gerechtigkeit der Preußischen Forderungen erwiesen ist, so will ich nunmehr anmerken, daß in allen Unterhandlungen zwischen unabhängigen Nationen, der König oder die Regierung und die Unterthanen der Nation als una & eadem perſona,als eine und eben dieselbe Person, angesehen werden; dasjenige folglich, was dem Könige oder der Regierung einer Nation muß gethan werden, oder ihnen zu thun obliegt, muß auch den Unterthanen dieser Nation gethan, oder von ihnen gethan werden; und was den Unterthanen einer Nation gethan werden muß, oder ihnen zu thun obliegt, muß auch dem Könige oder der Regierung dieser Nation gethan, oder von ihnen gethan werden. Dieses gründet sich auf die Gesetze der Billigkeit sowohl, als auf die Gesetze des Völkerrechts, wie in der Anführung der Bewegungeursachen, Abschn. 52. 53. völlig erwiesen worden. Und in der That ich glaube nicht, daß jemals ein vernünftiger Mann den geringsten Zweifel dawider gemacht hat. Was derohalben den preußischen Unterthanen von den englischen Capers und Unterthanen, in Ansehung der widerrechtlichen Wegnehmungen, zugefügt worden, ist von dem Könige von England dem Könige von Preussen zugefügt worden, und was der König von Preussen den engli schen Unterthanen, in Ansehung des schlesischen Darlehns, thut, thut er demKönige von England . Hieraus nun folgt nothwendig, daß von dem Augenblicke an, da der König von England dem Könige vonPreussen mit der erstern Schuld verhaftet wurde, die Schuld mit welcher der König vonPreussen dem Könige von England verhaftet war, nach Proportion getilget ward, und dieses zwar vemöge der Natur der Compensation, welche von allen Nationen gebilliget wird: Cum alter alteri pecuniam ſine uſuris, alter uſurariam debet, conſtitutum eſt a Divo Severo, concorrentis apud utrum- que quantitatis uſuras non eſſe præſtandas.Digeſt. lib. 16. tit. 2. lege 11. Und nach denrömischen Gesetze, konnte nicht allein jede rechtliche Schuld, sondern auch jede Schuld, wozu man nur aus Billigkeit verbunden war, durch die Compensation vergütet werden:Etiam quod natura debetur venit in com- penſationem. Digeſt. lib. 16. tit. 2. leg. 6. Von der Zeit also an, da die Ersetzung, wegen der widerrechtlichen Wegnehmungen, dem Könige von Preussen schuldig zu werden anfing, fing dieser an, in Ansehung des schleßischen Darlehns, nicht mehr schuldig zu seyn, als so viel der Ueberschuß dieses Darlehns über jene Forderung betrug; und wann er diesen Ueberschuß bezahlt hat, oder wenn er ihn nur zu bezahlen bereit ist, so hat er seinen in dem Breßlauer Tractate gethanen Versprechen völlige Gnüge gethan; denn Compensation ist allezeit so gut als Bezahlung: Si conſtat pecuniam invi- cem deberi: ipſo jure pro ſoluto compen- fationem haberi oportet ex eo tempore, ex quo ab utraque parte debetur, utique quoad concurrentes quantitates, ejusque ſolius, quod amplius apud alterum eſt, uſuræ de- bentur, ſi modo petitio earum ſubſiſtit. Cod. lib. 4. tit. 31. lege 4. Und Grotius, wann er von der Compensation spricht, sagt:Idem dicendum erit, ſi qui promiſſum ur- get non contraxerit, ſed damnum dederit,lib. 3. cap. 19. ſect. 17. Und weiter unten in der 19.ſect. No. 3. sagt er: Obſervan- dum tamen ut inter easdem perſonas fiat compenſatio, ac ne jus tertii cujusquam lædatur; ita tamen ut ſubditorum bona pro eo quod civitas debet jure gentium ob- ligata intelligantur.


3 - Anmerkungen eines unpartheyischen Fremden über die gegenwärtige Streitigkeit zwischen England und Preussen /

25. Da also die Gerechtigkeit der Preußischen Forderungen erwiesen ist, so will ich nunmehr anmerken, daß in allen Unterhandlungen zwischen unabhängigen Nationen, der König oder die Regierung und die Unterthanen der Nation als una & eadem perſona,als eine und eben dieselbe Person, angesehen werden; dasjenige folglich, was dem Könige oder der Regierung einer Nation muß gethan werden, oder ihnen zu thun obliegt, muß auch den Unterthanen dieser Nation gethan, oder von ihnen gethan werden; und was den Unterthanen einer Nation gethan werden muß, oder ihnen zu thun obliegt, muß auch dem Könige oder der Regierung dieser Nation gethan, oder von ihnen gethan werden. Dieses gründet sich auf die Gesetze der Billigkeit sowohl, als auf die Gesetze des Völkerrechts, wie in der Anführung der Bewegungeursachen, Abschn. 52. 53. völlig erwiesen worden. Und in der That ich glaube nicht, daß jemals ein vernünftiger Mann den geringsten Zweifel dawider gemacht hat. Was derohalben den preußischen Unterthanen von den englischen Capers und Unterthanen, in Ansehung der widerrechtlichen Wegnehmungen, zugefügt worden, ist von dem Könige von England dem Könige von Preussen zugefügt worden, und was der König von Preussen den engli schen Unterthanen, in Ansehung des schlesischen Darlehns, thut, thut er demKönige von England . Hieraus nun folgt nothwendig, daß von dem Augenblicke an, da der König von England dem Könige vonPreussen mit der erstern Schuld verhaftet wurde, die Schuld mit welcher der König vonPreussen dem Könige von England verhaftet war, nach Proportion getilget ward, und dieses zwar vemöge der Natur der Compensation, welche von allen Nationen gebilliget wird: Cum alter alteri pecuniam ſine uſuris, alter uſurariam debet, conſtitutum eſt a Divo Severo, concorrentis apud utrum- que quantitatis uſuras non eſſe præſtandas.Digeſt. lib. 16. tit. 2. lege 11. Und nach denrömischen Gesetze, konnte nicht allein jede rechtliche Schuld, sondern auch jede Schuld, wozu man nur aus Billigkeit verbunden war, durch die Compensation vergütet werden:Etiam quod natura debetur venit in com- penſationem. Digeſt. lib. 16. tit. 2. leg. 6. Von der Zeit also an, da die Ersetzung, wegen der widerrechtlichen Wegnehmungen, dem Könige von Preussen schuldig zu werden anfing, fing dieser an, in Ansehung des schleßischen Darlehns, nicht mehr schuldig zu seyn, als so viel der Ueberschuß dieses Darlehns über jene Forderung betrug; und wann er diesen Ueberschuß bezahlt hat, oder wenn er ihn nur zu bezahlen bereit ist, so hat er seinen in dem Breßlauer Tractate gethanen Versprechen völlige Gnüge gethan; denn Compensation ist allezeit so gut als Bezahlung: Si conſtat pecuniam invi- cem deberi: ipſo jure pro ſoluto compen- fationem haberi oportet ex eo tempore, ex quo ab utraque parte debetur, utique quoad concurrentes quantitates, ejusque ſolius, quod amplius apud alterum eſt, uſuræ de- bentur, ſi modo petitio earum ſubſiſtit. Cod. lib. 4. tit. 31. lege 4. Und Grotius, wann er von der Compensation spricht, sagt:Idem dicendum erit, ſi qui promiſſum ur- get non contraxerit, ſed damnum dederit,lib. 3. cap. 19. ſect. 17. Und weiter unten in der 19.ſect. No. 3. sagt er: Obſervan- dum tamen ut inter easdem perſonas fiat compenſatio, ac ne jus tertii cujusquam lædatur; ita tamen ut ſubditorum bona pro eo quod civitas debet jure gentium ob- ligata intelligantur.


4 - Anmerkungen eines unpartheyischen Fremden über die gegenwärtige Streitigkeit zwischen England und Preussen /

26. Wir sehen also nunmehr, daß es nicht sowohl als eine Art von Repressalien, sondern als eine Compensation anzusehen ist, wenn der König von Preussen ein Recht zu haben verlangt, so viel von dem schlesischen Darlehne in seinen Händen zu behalten, so viel seine Schuldforderung, wegen der widerrechtlichen Wegnehmungen, ausmacht. Auch können die an diesem Darlehne Theil habenden Gläubiger, nichts von ihrem Gelde verlieren, weil sie berechtiget sind, das Rückständige von dem Könige und der Regierung von England zu fordern. Und man muß gestehen, daß der König von Preus= sen sehr großmüthig gehandelt hat, indem er nur 5 pro Cent für die Wegnehmungen verlangt hat; denn da die Jnteresse von 7 pro Cent wegen des schlesischen Darlehns von dem Augenblicke an aufhörte, als die Compensation Statt finden konnte, so hätte er wegen der Wegnehmungen mit allem Rechte 7 pro Cent fordern können. Ferner muß man zugestehen, daß unter allen Völkern in der Welt die Engländer das wenigste Recht haben, sich wider diese Art von Bezahlung zu setzen; denn als das Parlement, kurz nach dem Antritte des vorigen Königs, eine Summe Geldes, die England den Holländern schuldig war, verwilliget hatte, so stellte es, an statt zu befehlen, daß man ihnen die ganze Summe auszahlen sollte, eine Untersuchung an, wie viel die Officiers der zwey schottischen Regimenter, welche die Holländer in ihren Diensten gehabt, hernach aber abgedankt hatten, zu fordern hätten; und nachdem nach man angestellter Untersuchung die Summe gefunden hatte, so befahl das Parlement sie unter diese Officiers auszuzahlen, und bloß den Ueberrest den Holländern abzutragen.