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1 - Lettres sur la danse /

Garrick

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Garrick

6 - Lettres sur la danse /

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7 - Lettres sur la danse /

Garrick

8 - Discours historique sur l'apocalypse /

Der berühmte englische Comödiant, Garrick, ist das Muster, das ich aufstellen will. Ich weiß kein schöneres, vollkommneres und das mehr Bewunderung verdiente; man könnte ihn den Protheus unserer Zeit nennen, denn er spielt alle Gattungen von Rollen, und zwar mit einer Vollkommenheit und Wahrheit, die ihm nicht allein den Beyfall seiner Nation, sondern auch von allen Fremden Lob und Bewunderung erwerben. Er ist so natürlich, sein Ausdruck ist so mannichfaltig, seine Gestus, seine Physionomie und seine Blicke sind so rednerisch, so überzeugend, daß ihn selbst der versteht, der kein Englisch weiß; es wird einem nicht schwer, ihm zu folgen. Er rührt im Pathetischen; im Tragischen erregt er die auf einander folgenden Bewegungen der heftigstenLeidenschaften, er wühlt, wenn ich so sagen darf, im Eingeweide des Zuschauers>, zerreißt ihm das Herz, durchbohrt ihm dieSeele, und preßt ihm blutige Thränen aus. Im hohen komischen gefällt und entzückt er; er ergötzt und belustigt in der niedern Gattung, und weiß sich mit solcher Kunst fürs Theater einzurichten, daß ihn oft diejenigen verkennen, die täglich mit ihm umgehen. Sie kennen die unendliche Zahl von Charakteren, welche das englische Theater aufzuweisen hat: er spielt sie alle mit gleich großer Geschicklichkeit; er hat gleichsam zu jeder Rolle ein eigenes Gesicht. Er versteht die Kunst, nach Erforderniß der Charaktere gelegentlich an den Stellen der Physionomie, die gruppiren oder ein Gemählde machen sollen, einige Pinselstriche anzubringen; das Alter, die Situation, der Charakter, die Lebensart und der Rang der Person, die er vorzustellen hat, schreiben ihm die Farben und Züge vor. Glauben Sie nicht, daß dieser große Akteur niedrig und gemein sey, oder Grimassen mache; er ist ein getreuer Nachahmer der Natur, und weiß aus derselben allemal das Schönste zu wählen; er zeigt sie beständig in glücklichen Stellungen und in einem vortheilhaften Lichte: selbst in solchen Rollen, welche Grazie und Anmuth am wenigsten leiden, weiß er die, dem Theater wesentliche Wohlanständigkeit beyzuhalten. Er ist niemals weder unter noch über seiner vorzustellenden Person. Er trift den richtigen Punkt der Nachahmung, welchen die Komödianten fast beständig verfehlen; dieses glückliche Gefühl, ohne welches keiner ein großer Akteur werden kann, und welches zum Wahren leitet, ist die seltene Eigenschaft, welche Garrick besitzt; dieses Talent ist um desto schätzbarer, weil es den Akteur abhält, sich zu verirren und sich in den Tinten zu betriegen, die er zu seinen Gemählden anwenden soll; denn man hält oft das Frostige für Würde, Eintönigkeit fürvernünftiges Wesen, Aufgeblasenheit für edles Ansehn, Mienenspielerey für Anmuth, Schreyen für Heftigkeit, vieles Herumtummeln für Aktion, Klotzigkeit für ungekünstelteNatur, schnelles Plappern für Feuer, und eine verzerrte Physionomie für einen lebendigen Ausdruck der Seele. Bey Garrick ist es ganz anders; er studirt seine Rollen, noch mehr aber die Leidenschaften. Er liebt seine Kunst so sehr, daß er sich an den Tagen, da er wichtige Rollen zu spielen hat, in der Einsamkeit vorbereitet, und keinen Menschen zu sich läßt. Sein Genie erhebt ihn zu den Prinzen, den er vorstellen soll; er nimmt seine Tugenden und Schwachheiten an; er dringt in ihren Charakter und Geschmack; er schmilzt sich um; es ist nicht mehr Garrick, welcher hört oder spricht; wenn die Verwandelung einmal vorgegangen, steht der Held da, und der Komödiant verschwindet; er nimmt seinen natürlichen Charakter nicht eher wieder, als nach geendigter Rolle. Sie können leicht denken, m. H., daß er wenig frey ist; daß er den Kopf beständig voll hat; daß seine Gedanken immerfort arbeiten; daß er drey Viertheile von seinem Leben in einem abmattenden Enthusiasmus hinbringt, der seine Gesundheit um desto mehr angreifen muß, weil er vier und zwanzig Stunden vorher anfängt, sich zu quälen und in eine traurige und unglückliche Situation zu versetzen, ehe er sie mahlt und vorstellt. Hingegen kann man niemand munterer sehen, als ihn, die Tage, wo er einen Poeten zu machen hat, einen Künstler, einen gemeinen Mann, einen wichtigen Zeitungsschreiber, einen Petitmaitre; denn dieser Art Leute giebts in England eben sowol, obgleich unter einer andern Gestalt, als bey uns inFrankreich; das Genie ist verschieden, das geb' ich Ihnen zu, aber der Ausdruck des Lächerlichen und der Unverschämtheit ist sich gleich. In dieser Art von Rollen, sag' ich, entfaltet sich seine Physionomie gleichsam von selbst; seine Seele ist immer darauf sichtbar; seine Gesichtszüge sind so viel Vorhänge, die er sehr geschickt aufzuziehen weiß, um jeden Augenblick neue Gemählde voller Wahrheit und Empfindung sehen zu lassen. Man kann ihn ohne Partheylichkeit Englands Roscius nennen, weil er mit der Diction, der Deklamation, dem Feuer, der Natur, dem Geiste und der Feinheit, diese Pantomime und diesen seltenen Ausdruck der stummen Scene verbindet, welche den großen Akteur und den vollkommnen Schauspieler auszeichnen. Ich will nur noch ein Wort von diesem vortrefflichen Akteur sagen, woraus die Größe seiner Talente erhellen wird. Ich sah ihn eines Tages in einem Trauerspiele agiren, welches er nach seiner eigenen Veränderung wieder aufs Theater gebracht hatte, denn er ist nicht allein ein großer Schauspieler, sondern er hat auch das Verdienst, ein bey seiner Nation sehr beliebter Dichter zu seyn; ich sah ihn, sag ich, einen Tyrannen vorstellen, welcher vollerSchrecken über die Abscheulichkeit seiner Verbrechen in der heftigsten Gewissensangst stirbt. Der ganze letzte Akt war zu dieser angstvollen Reue angewendet; die Menschlichkeit siegte über Mordsucht und Blutdurst; der Tyrann empfand ihre Stimme, verabscheuete seineLaster; stuffenweise ward er sein Richter und sein Henker; jeden Augenblick zeigte sich derTod auf seinem Gesichte; seine Augen wurden dunkel; seine Stimme wollte kaum dem Bestreben gehorchen, das er anwendete, seine Gedanken in Worte zu fassen; seine Gestus, ohne von ihrem Ausdrucke zu verlieren, verkündigten die Annäherung des letzten Augenblickes; seine Kniee schlotterten; seine Gesichtszüge verlängerten sich; Quaal und Reue hatten ihn mit Todesblässe übermahlt. In diesem Augenblicke sank er endlich auf den Boden nieder; seine Schandthaten stellten sich seiner Einbildung unter den furchtbarsten Gestalten vor. Voller Entsetzen über das schreckliche Gemählde, welches ihm seine Blutschulden vorhielten, rang er mit dem Tode; die Natur schien ihre letzten Kräfte anzustrengen: diese Situation erregte Schaudern. Er kratzte auf der Erde, und scharrte gleichsam sein Grab auf; aber der Augenblick rückte heran, man sah den Tod vor Augen; alles mahlte den Zeitpunkt, der alle Ungleichheit aufhebt; endlich verschied er; das Todesschluchsen und die konvulsivischen Bewegungen der Gesichtsmuskeln, der Arme und der Brust, gaben diesem graunvollen Gemählde den letzten Pinselzug


9 - Discours historique sur l'apocalypse /

Der berühmte englische Comödiant, Garrick, ist das Muster, das ich aufstellen will. Ich weiß kein schöneres, vollkommneres und das mehr Bewunderung verdiente; man könnte ihn den Protheus unserer Zeit nennen, denn er spielt alle Gattungen von Rollen, und zwar mit einer Vollkommenheit und Wahrheit, die ihm nicht allein den Beyfall seiner Nation, sondern auch von allen Fremden Lob und Bewunderung erwerben. Er ist so natürlich, sein Ausdruck ist so mannichfaltig, seine Gestus, seine Physionomie und seine Blicke sind so rednerisch, so überzeugend, daß ihn selbst der versteht, der kein Englisch weiß; es wird einem nicht schwer, ihm zu folgen. Er rührt im Pathetischen; im Tragischen erregt er die auf einander folgenden Bewegungen der heftigstenLeidenschaften, er wühlt, wenn ich so sagen darf, im Eingeweide des Zuschauers>, zerreißt ihm das Herz, durchbohrt ihm dieSeele, und preßt ihm blutige Thränen aus. Im hohen komischen gefällt und entzückt er; er ergötzt und belustigt in der niedern Gattung, und weiß sich mit solcher Kunst fürs Theater einzurichten, daß ihn oft diejenigen verkennen, die täglich mit ihm umgehen. Sie kennen die unendliche Zahl von Charakteren, welche das englische Theater aufzuweisen hat: er spielt sie alle mit gleich großer Geschicklichkeit; er hat gleichsam zu jeder Rolle ein eigenes Gesicht. Er versteht die Kunst, nach Erforderniß der Charaktere gelegentlich an den Stellen der Physionomie, die gruppiren oder ein Gemählde machen sollen, einige Pinselstriche anzubringen; das Alter, die Situation, der Charakter, die Lebensart und der Rang der Person, die er vorzustellen hat, schreiben ihm die Farben und Züge vor. Glauben Sie nicht, daß dieser große Akteur niedrig und gemein sey, oder Grimassen mache; er ist ein getreuer Nachahmer der Natur, und weiß aus derselben allemal das Schönste zu wählen; er zeigt sie beständig in glücklichen Stellungen und in einem vortheilhaften Lichte: selbst in solchen Rollen, welche Grazie und Anmuth am wenigsten leiden, weiß er die, dem Theater wesentliche Wohlanständigkeit beyzuhalten. Er ist niemals weder unter noch über seiner vorzustellenden Person. Er trift den richtigen Punkt der Nachahmung, welchen die Komödianten fast beständig verfehlen; dieses glückliche Gefühl, ohne welches keiner ein großer Akteur werden kann, und welches zum Wahren leitet, ist die seltene Eigenschaft, welche Garrick besitzt; dieses Talent ist um desto schätzbarer, weil es den Akteur abhält, sich zu verirren und sich in den Tinten zu betriegen, die er zu seinen Gemählden anwenden soll; denn man hält oft das Frostige für Würde, Eintönigkeit fürvernünftiges Wesen, Aufgeblasenheit für edles Ansehn, Mienenspielerey für Anmuth, Schreyen für Heftigkeit, vieles Herumtummeln für Aktion, Klotzigkeit für ungekünstelteNatur, schnelles Plappern für Feuer, und eine verzerrte Physionomie für einen lebendigen Ausdruck der Seele. Bey Garrick ist es ganz anders; er studirt seine Rollen, noch mehr aber die Leidenschaften. Er liebt seine Kunst so sehr, daß er sich an den Tagen, da er wichtige Rollen zu spielen hat, in der Einsamkeit vorbereitet, und keinen Menschen zu sich läßt. Sein Genie erhebt ihn zu den Prinzen, den er vorstellen soll; er nimmt seine Tugenden und Schwachheiten an; er dringt in ihren Charakter und Geschmack; er schmilzt sich um; es ist nicht mehr Garrick, welcher hört oder spricht; wenn die Verwandelung einmal vorgegangen, steht der Held da, und der Komödiant verschwindet; er nimmt seinen natürlichen Charakter nicht eher wieder, als nach geendigter Rolle. Sie können leicht denken, m. H., daß er wenig frey ist; daß er den Kopf beständig voll hat; daß seine Gedanken immerfort arbeiten; daß er drey Viertheile von seinem Leben in einem abmattenden Enthusiasmus hinbringt, der seine Gesundheit um desto mehr angreifen muß, weil er vier und zwanzig Stunden vorher anfängt, sich zu quälen und in eine traurige und unglückliche Situation zu versetzen, ehe er sie mahlt und vorstellt. Hingegen kann man niemand munterer sehen, als ihn, die Tage, wo er einen Poeten zu machen hat, einen Künstler, einen gemeinen Mann, einen wichtigen Zeitungsschreiber, einen Petitmaitre; denn dieser Art Leute giebts in England eben sowol, obgleich unter einer andern Gestalt, als bey uns inFrankreich; das Genie ist verschieden, das geb' ich Ihnen zu, aber der Ausdruck des Lächerlichen und der Unverschämtheit ist sich gleich. In dieser Art von Rollen, sag' ich, entfaltet sich seine Physionomie gleichsam von selbst; seine Seele ist immer darauf sichtbar; seine Gesichtszüge sind so viel Vorhänge, die er sehr geschickt aufzuziehen weiß, um jeden Augenblick neue Gemählde voller Wahrheit und Empfindung sehen zu lassen. Man kann ihn ohne Partheylichkeit Englands Roscius nennen, weil er mit der Diction, der Deklamation, dem Feuer, der Natur, dem Geiste und der Feinheit, diese Pantomime und diesen seltenen Ausdruck der stummen Scene verbindet, welche den großen Akteur und den vollkommnen Schauspieler auszeichnen. Ich will nur noch ein Wort von diesem vortrefflichen Akteur sagen, woraus die Größe seiner Talente erhellen wird. Ich sah ihn eines Tages in einem Trauerspiele agiren, welches er nach seiner eigenen Veränderung wieder aufs Theater gebracht hatte, denn er ist nicht allein ein großer Schauspieler, sondern er hat auch das Verdienst, ein bey seiner Nation sehr beliebter Dichter zu seyn; ich sah ihn, sag ich, einen Tyrannen vorstellen, welcher vollerSchrecken über die Abscheulichkeit seiner Verbrechen in der heftigsten Gewissensangst stirbt. Der ganze letzte Akt war zu dieser angstvollen Reue angewendet; die Menschlichkeit siegte über Mordsucht und Blutdurst; der Tyrann empfand ihre Stimme, verabscheuete seineLaster; stuffenweise ward er sein Richter und sein Henker; jeden Augenblick zeigte sich derTod auf seinem Gesichte; seine Augen wurden dunkel; seine Stimme wollte kaum dem Bestreben gehorchen, das er anwendete, seine Gedanken in Worte zu fassen; seine Gestus, ohne von ihrem Ausdrucke zu verlieren, verkündigten die Annäherung des letzten Augenblickes; seine Kniee schlotterten; seine Gesichtszüge verlängerten sich; Quaal und Reue hatten ihn mit Todesblässe übermahlt. In diesem Augenblicke sank er endlich auf den Boden nieder; seine Schandthaten stellten sich seiner Einbildung unter den furchtbarsten Gestalten vor. Voller Entsetzen über das schreckliche Gemählde, welches ihm seine Blutschulden vorhielten, rang er mit dem Tode; die Natur schien ihre letzten Kräfte anzustrengen: diese Situation erregte Schaudern. Er kratzte auf der Erde, und scharrte gleichsam sein Grab auf; aber der Augenblick rückte heran, man sah den Tod vor Augen; alles mahlte den Zeitpunkt, der alle Ungleichheit aufhebt; endlich verschied er; das Todesschluchsen und die konvulsivischen Bewegungen der Gesichtsmuskeln, der Arme und der Brust, gaben diesem graunvollen Gemählde den letzten Pinselzug


10 - Discours historique sur l'apocalypse /

Der berühmte englische Comödiant, Garrick, ist das Muster, das ich aufstellen will. Ich weiß kein schöneres, vollkommneres und das mehr Bewunderung verdiente; man könnte ihn den Protheus unserer Zeit nennen, denn er spielt alle Gattungen von Rollen, und zwar mit einer Vollkommenheit und Wahrheit, die ihm nicht allein den Beyfall seiner Nation, sondern auch von allen Fremden Lob und Bewunderung erwerben. Er ist so natürlich, sein Ausdruck ist so mannichfaltig, seine Gestus, seine Physionomie und seine Blicke sind so rednerisch, so überzeugend, daß ihn selbst der versteht, der kein Englisch weiß; es wird einem nicht schwer, ihm zu folgen. Er rührt im Pathetischen; im Tragischen erregt er die auf einander folgenden Bewegungen der heftigstenLeidenschaften, er wühlt, wenn ich so sagen darf, im Eingeweide des Zuschauers>, zerreißt ihm das Herz, durchbohrt ihm dieSeele, und preßt ihm blutige Thränen aus. Im hohen komischen gefällt und entzückt er; er ergötzt und belustigt in der niedern Gattung, und weiß sich mit solcher Kunst fürs Theater einzurichten, daß ihn oft diejenigen verkennen, die täglich mit ihm umgehen. Sie kennen die unendliche Zahl von Charakteren, welche das englische Theater aufzuweisen hat: er spielt sie alle mit gleich großer Geschicklichkeit; er hat gleichsam zu jeder Rolle ein eigenes Gesicht. Er versteht die Kunst, nach Erforderniß der Charaktere gelegentlich an den Stellen der Physionomie, die gruppiren oder ein Gemählde machen sollen, einige Pinselstriche anzubringen; das Alter, die Situation, der Charakter, die Lebensart und der Rang der Person, die er vorzustellen hat, schreiben ihm die Farben und Züge vor. Glauben Sie nicht, daß dieser große Akteur niedrig und gemein sey, oder Grimassen mache; er ist ein getreuer Nachahmer der Natur, und weiß aus derselben allemal das Schönste zu wählen; er zeigt sie beständig in glücklichen Stellungen und in einem vortheilhaften Lichte: selbst in solchen Rollen, welche Grazie und Anmuth am wenigsten leiden, weiß er die, dem Theater wesentliche Wohlanständigkeit beyzuhalten. Er ist niemals weder unter noch über seiner vorzustellenden Person. Er trift den richtigen Punkt der Nachahmung, welchen die Komödianten fast beständig verfehlen; dieses glückliche Gefühl, ohne welches keiner ein großer Akteur werden kann, und welches zum Wahren leitet, ist die seltene Eigenschaft, welche Garrick besitzt; dieses Talent ist um desto schätzbarer, weil es den Akteur abhält, sich zu verirren und sich in den Tinten zu betriegen, die er zu seinen Gemählden anwenden soll; denn man hält oft das Frostige für Würde, Eintönigkeit fürvernünftiges Wesen, Aufgeblasenheit für edles Ansehn, Mienenspielerey für Anmuth, Schreyen für Heftigkeit, vieles Herumtummeln für Aktion, Klotzigkeit für ungekünstelteNatur, schnelles Plappern für Feuer, und eine verzerrte Physionomie für einen lebendigen Ausdruck der Seele. Bey Garrick ist es ganz anders; er studirt seine Rollen, noch mehr aber die Leidenschaften. Er liebt seine Kunst so sehr, daß er sich an den Tagen, da er wichtige Rollen zu spielen hat, in der Einsamkeit vorbereitet, und keinen Menschen zu sich läßt. Sein Genie erhebt ihn zu den Prinzen, den er vorstellen soll; er nimmt seine Tugenden und Schwachheiten an; er dringt in ihren Charakter und Geschmack; er schmilzt sich um; es ist nicht mehr Garrick, welcher hört oder spricht; wenn die Verwandelung einmal vorgegangen, steht der Held da, und der Komödiant verschwindet; er nimmt seinen natürlichen Charakter nicht eher wieder, als nach geendigter Rolle. Sie können leicht denken, m. H., daß er wenig frey ist; daß er den Kopf beständig voll hat; daß seine Gedanken immerfort arbeiten; daß er drey Viertheile von seinem Leben in einem abmattenden Enthusiasmus hinbringt, der seine Gesundheit um desto mehr angreifen muß, weil er vier und zwanzig Stunden vorher anfängt, sich zu quälen und in eine traurige und unglückliche Situation zu versetzen, ehe er sie mahlt und vorstellt. Hingegen kann man niemand munterer sehen, als ihn, die Tage, wo er einen Poeten zu machen hat, einen Künstler, einen gemeinen Mann, einen wichtigen Zeitungsschreiber, einen Petitmaitre; denn dieser Art Leute giebts in England eben sowol, obgleich unter einer andern Gestalt, als bey uns inFrankreich; das Genie ist verschieden, das geb' ich Ihnen zu, aber der Ausdruck des Lächerlichen und der Unverschämtheit ist sich gleich. In dieser Art von Rollen, sag' ich, entfaltet sich seine Physionomie gleichsam von selbst; seine Seele ist immer darauf sichtbar; seine Gesichtszüge sind so viel Vorhänge, die er sehr geschickt aufzuziehen weiß, um jeden Augenblick neue Gemählde voller Wahrheit und Empfindung sehen zu lassen. Man kann ihn ohne Partheylichkeit Englands Roscius nennen, weil er mit der Diction, der Deklamation, dem Feuer, der Natur, dem Geiste und der Feinheit, diese Pantomime und diesen seltenen Ausdruck der stummen Scene verbindet, welche den großen Akteur und den vollkommnen Schauspieler auszeichnen. Ich will nur noch ein Wort von diesem vortrefflichen Akteur sagen, woraus die Größe seiner Talente erhellen wird. Ich sah ihn eines Tages in einem Trauerspiele agiren, welches er nach seiner eigenen Veränderung wieder aufs Theater gebracht hatte, denn er ist nicht allein ein großer Schauspieler, sondern er hat auch das Verdienst, ein bey seiner Nation sehr beliebter Dichter zu seyn; ich sah ihn, sag ich, einen Tyrannen vorstellen, welcher vollerSchrecken über die Abscheulichkeit seiner Verbrechen in der heftigsten Gewissensangst stirbt. Der ganze letzte Akt war zu dieser angstvollen Reue angewendet; die Menschlichkeit siegte über Mordsucht und Blutdurst; der Tyrann empfand ihre Stimme, verabscheuete seineLaster; stuffenweise ward er sein Richter und sein Henker; jeden Augenblick zeigte sich derTod auf seinem Gesichte; seine Augen wurden dunkel; seine Stimme wollte kaum dem Bestreben gehorchen, das er anwendete, seine Gedanken in Worte zu fassen; seine Gestus, ohne von ihrem Ausdrucke zu verlieren, verkündigten die Annäherung des letzten Augenblickes; seine Kniee schlotterten; seine Gesichtszüge verlängerten sich; Quaal und Reue hatten ihn mit Todesblässe übermahlt. In diesem Augenblicke sank er endlich auf den Boden nieder; seine Schandthaten stellten sich seiner Einbildung unter den furchtbarsten Gestalten vor. Voller Entsetzen über das schreckliche Gemählde, welches ihm seine Blutschulden vorhielten, rang er mit dem Tode; die Natur schien ihre letzten Kräfte anzustrengen: diese Situation erregte Schaudern. Er kratzte auf der Erde, und scharrte gleichsam sein Grab auf; aber der Augenblick rückte heran, man sah den Tod vor Augen; alles mahlte den Zeitpunkt, der alle Ungleichheit aufhebt; endlich verschied er; das Todesschluchsen und die konvulsivischen Bewegungen der Gesichtsmuskeln, der Arme und der Brust, gaben diesem graunvollen Gemählde den letzten Pinselzug


11 - Discours historique sur l'apocalypse /

Der berühmte englische Comödiant, Garrick, ist das Muster, das ich aufstellen will. Ich weiß kein schöneres, vollkommneres und das mehr Bewunderung verdiente; man könnte ihn den Protheus unserer Zeit nennen, denn er spielt alle Gattungen von Rollen, und zwar mit einer Vollkommenheit und Wahrheit, die ihm nicht allein den Beyfall seiner Nation, sondern auch von allen Fremden Lob und Bewunderung erwerben. Er ist so natürlich, sein Ausdruck ist so mannichfaltig, seine Gestus, seine Physionomie und seine Blicke sind so rednerisch, so überzeugend, daß ihn selbst der versteht, der kein Englisch weiß; es wird einem nicht schwer, ihm zu folgen. Er rührt im Pathetischen; im Tragischen erregt er die auf einander folgenden Bewegungen der heftigstenLeidenschaften, er wühlt, wenn ich so sagen darf, im Eingeweide des Zuschauers>, zerreißt ihm das Herz, durchbohrt ihm dieSeele, und preßt ihm blutige Thränen aus. Im hohen komischen gefällt und entzückt er; er ergötzt und belustigt in der niedern Gattung, und weiß sich mit solcher Kunst fürs Theater einzurichten, daß ihn oft diejenigen verkennen, die täglich mit ihm umgehen. Sie kennen die unendliche Zahl von Charakteren, welche das englische Theater aufzuweisen hat: er spielt sie alle mit gleich großer Geschicklichkeit; er hat gleichsam zu jeder Rolle ein eigenes Gesicht. Er versteht die Kunst, nach Erforderniß der Charaktere gelegentlich an den Stellen der Physionomie, die gruppiren oder ein Gemählde machen sollen, einige Pinselstriche anzubringen; das Alter, die Situation, der Charakter, die Lebensart und der Rang der Person, die er vorzustellen hat, schreiben ihm die Farben und Züge vor. Glauben Sie nicht, daß dieser große Akteur niedrig und gemein sey, oder Grimassen mache; er ist ein getreuer Nachahmer der Natur, und weiß aus derselben allemal das Schönste zu wählen; er zeigt sie beständig in glücklichen Stellungen und in einem vortheilhaften Lichte: selbst in solchen Rollen, welche Grazie und Anmuth am wenigsten leiden, weiß er die, dem Theater wesentliche Wohlanständigkeit beyzuhalten. Er ist niemals weder unter noch über seiner vorzustellenden Person. Er trift den richtigen Punkt der Nachahmung, welchen die Komödianten fast beständig verfehlen; dieses glückliche Gefühl, ohne welches keiner ein großer Akteur werden kann, und welches zum Wahren leitet, ist die seltene Eigenschaft, welche Garrick besitzt; dieses Talent ist um desto schätzbarer, weil es den Akteur abhält, sich zu verirren und sich in den Tinten zu betriegen, die er zu seinen Gemählden anwenden soll; denn man hält oft das Frostige für Würde, Eintönigkeit fürvernünftiges Wesen, Aufgeblasenheit für edles Ansehn, Mienenspielerey für Anmuth, Schreyen für Heftigkeit, vieles Herumtummeln für Aktion, Klotzigkeit für ungekünstelteNatur, schnelles Plappern für Feuer, und eine verzerrte Physionomie für einen lebendigen Ausdruck der Seele. Bey Garrick ist es ganz anders; er studirt seine Rollen, noch mehr aber die Leidenschaften. Er liebt seine Kunst so sehr, daß er sich an den Tagen, da er wichtige Rollen zu spielen hat, in der Einsamkeit vorbereitet, und keinen Menschen zu sich läßt. Sein Genie erhebt ihn zu den Prinzen, den er vorstellen soll; er nimmt seine Tugenden und Schwachheiten an; er dringt in ihren Charakter und Geschmack; er schmilzt sich um; es ist nicht mehr Garrick, welcher hört oder spricht; wenn die Verwandelung einmal vorgegangen, steht der Held da, und der Komödiant verschwindet; er nimmt seinen natürlichen Charakter nicht eher wieder, als nach geendigter Rolle. Sie können leicht denken, m. H., daß er wenig frey ist; daß er den Kopf beständig voll hat; daß seine Gedanken immerfort arbeiten; daß er drey Viertheile von seinem Leben in einem abmattenden Enthusiasmus hinbringt, der seine Gesundheit um desto mehr angreifen muß, weil er vier und zwanzig Stunden vorher anfängt, sich zu quälen und in eine traurige und unglückliche Situation zu versetzen, ehe er sie mahlt und vorstellt. Hingegen kann man niemand munterer sehen, als ihn, die Tage, wo er einen Poeten zu machen hat, einen Künstler, einen gemeinen Mann, einen wichtigen Zeitungsschreiber, einen Petitmaitre; denn dieser Art Leute giebts in England eben sowol, obgleich unter einer andern Gestalt, als bey uns inFrankreich; das Genie ist verschieden, das geb' ich Ihnen zu, aber der Ausdruck des Lächerlichen und der Unverschämtheit ist sich gleich. In dieser Art von Rollen, sag' ich, entfaltet sich seine Physionomie gleichsam von selbst; seine Seele ist immer darauf sichtbar; seine Gesichtszüge sind so viel Vorhänge, die er sehr geschickt aufzuziehen weiß, um jeden Augenblick neue Gemählde voller Wahrheit und Empfindung sehen zu lassen. Man kann ihn ohne Partheylichkeit Englands Roscius nennen, weil er mit der Diction, der Deklamation, dem Feuer, der Natur, dem Geiste und der Feinheit, diese Pantomime und diesen seltenen Ausdruck der stummen Scene verbindet, welche den großen Akteur und den vollkommnen Schauspieler auszeichnen. Ich will nur noch ein Wort von diesem vortrefflichen Akteur sagen, woraus die Größe seiner Talente erhellen wird. Ich sah ihn eines Tages in einem Trauerspiele agiren, welches er nach seiner eigenen Veränderung wieder aufs Theater gebracht hatte, denn er ist nicht allein ein großer Schauspieler, sondern er hat auch das Verdienst, ein bey seiner Nation sehr beliebter Dichter zu seyn; ich sah ihn, sag ich, einen Tyrannen vorstellen, welcher vollerSchrecken über die Abscheulichkeit seiner Verbrechen in der heftigsten Gewissensangst stirbt. Der ganze letzte Akt war zu dieser angstvollen Reue angewendet; die Menschlichkeit siegte über Mordsucht und Blutdurst; der Tyrann empfand ihre Stimme, verabscheuete seineLaster; stuffenweise ward er sein Richter und sein Henker; jeden Augenblick zeigte sich derTod auf seinem Gesichte; seine Augen wurden dunkel; seine Stimme wollte kaum dem Bestreben gehorchen, das er anwendete, seine Gedanken in Worte zu fassen; seine Gestus, ohne von ihrem Ausdrucke zu verlieren, verkündigten die Annäherung des letzten Augenblickes; seine Kniee schlotterten; seine Gesichtszüge verlängerten sich; Quaal und Reue hatten ihn mit Todesblässe übermahlt. In diesem Augenblicke sank er endlich auf den Boden nieder; seine Schandthaten stellten sich seiner Einbildung unter den furchtbarsten Gestalten vor. Voller Entsetzen über das schreckliche Gemählde, welches ihm seine Blutschulden vorhielten, rang er mit dem Tode; die Natur schien ihre letzten Kräfte anzustrengen: diese Situation erregte Schaudern. Er kratzte auf der Erde, und scharrte gleichsam sein Grab auf; aber der Augenblick rückte heran, man sah den Tod vor Augen; alles mahlte den Zeitpunkt, der alle Ungleichheit aufhebt; endlich verschied er; das Todesschluchsen und die konvulsivischen Bewegungen der Gesichtsmuskeln, der Arme und der Brust, gaben diesem graunvollen Gemählde den letzten Pinselzug


12 - Discours historique sur l'apocalypse /

Sehn Sie, m. H., was ich gesehn habe, und was die Schauspieler sehen sollten. Das ist der Mann, den ich zum Muster aufstelle; schlimm genug für diejenigen, die es nicht der Mühe wehrt halten, ihm zu folgen! Wenn man diesem großen Manne nachahmte, würde es nicht schwer seyn, die Masken abzuschaffen, weil alsdann die Physionomien beseelt wären und sprächen, und man das Talent besäße, sie mit eben der Einsicht und Kunst zu charakterisiren, als Garrick selbst.


13 - Discours historique sur l'apocalypse /

Die Faunen hatten keine runde- und die Nymphen, Venus und die Grazien keine Reifröcke. Ich hatte die Masken verbannt, weil sie sich allem Ausdrucke widersetzt hätten;Garricks Methode hat mir große Dienste geleistet; in den Augen und auf der Physiognomie meiner Faunen las man alle Bewegungen der Leidenschaften, die sie empfanden. Unterkleider und eine Art von Schuhen, die aus Baumrinde gemacht zu seyn schienen, zog ich nach meinem Bedünken den Tanzschuhen vor; weder weisse Strümpfe, noch weisse Handschuh, ich hatte die Farbe nach der natürlichen Fleischfarbe dieser Waldbewohner gewählt; eine simple Draperie von Tigerfell bedeckte ihnen einen Theil des Körpers, und mit den Köpfen gingen sie ganz bloß; und damit das Kostume nicht zu hart scheinen und nicht zu sehr gegen die zierliche Kleidung der Nymphen abstechen möchte, hatte ich den Rand der Draperien mit einer Guirlande von Laubwerk mit Blumen untermischt besetzen lassen.


14 - The life of Jacob Thomson /

Mr. Thomson's last Tragedy, called Coriolanus, was not acted till after his death; the profits of it were given to his sisters in Scotland, one of whom is married to a minister there, and the other to a man of low circumstances in the city of Edinburgh. This play, which is certainly the least excellent of any of Thomson's, was first offered to Mr. Garrick, but he did not think proper to accept it. The prologue was written by Sir George Lyttleton, and spoken by Mr. Quin, which had a very happy effect upon the audience. Mr. Quin was the particular friend of Thomson, and when he spoke the following lines, which are in themselves very tender, all the endearments of a long acquaintance, rose at once to his imagination, while the tears gushed from his eyes.


15 - Leben des Jakob Thomson /

Die letzte Tragödie des Herrn Thomsons ist sein Coriolanus, welcher erst nach seinem Tode aufgeführet ward. Die dem Verfasser davon zukommenden Einkünfte wurden seinen Schwestern in Schottland gegeben, davon eine mit einem Geistlichen daselbst, und die andre mit einem Manne von geringem Stande inEdinburgh verheyrathet ist. Dieses Trauer Leben des Herrnspiel, welches unter allen Trauerspielen desThomsons, ohne Zweifel, das am wenigsten vollkommne ist, ward zuerst dem Herrn Garrik angebothen, der es aber anzunehmen nicht für gut befand. Der Prologus war von demHerrn George Lyttleton, verfertiget worden, und von dem Herrn Quin wurde er gehalten, welches einen sehr glücklichen Eindruck auf die Zuhörer machte. Herr Quin war ein besonder Freund des Herrn Thomson gewesen, und als er folgende Zeilen, die an und für sich selbst sehr zärtlich sind, aussprach, stellten sich seiner Einbildungskraft auf einmal alle Annehmlichkeiten des mit ihm lange gepflogenen Umganges dar, und wahrhafte Thränen flossen über seine Wangen.