Suchbegriff: foss
Treffer: 6

1 - Lettres sur la danse /

Fossan,

2 - Lettres sur la danse /

Fossan,

3 - Lettres sur la danse /

Fossan,

4 - Discours historique sur l'apocalypse /

Ich glaube, mein Herr, daß ein Balletmeister, welcher das Tanzen nicht vollkommen verstehet, nur mittelmäßig komponiren wird. Ich rede von dem ernsthaften Tanzen; es ist die Grundlage des Ballets. Wenn man mit seinen Grundsätzen unbekannt ist, wird man sich sehr oft gar nicht zu helfen wissen und wird genöthiget seyn, dem Grossen, der Geschichte, der Fabel, den nationalen Gattungen zu entsagen, und sich mit den Bauerballeten abzugeben, an denen man sich seit dem Fossan, diesem vortrefflichen komischen Tänzer, welchen die Raserey zu springen nach Franckreich brachte, so satt und eckel gesehen. Ich vergleiche den schönen Tanz einer Hauptsprache, und die vermischten und verdorbnen Gattungen, die daraus herkommen, mit den Dialekten, die man kaum versteht, und die immer verschiedner werden, je weiter man sich von der Residenz entfernet, wo die gereinigte Sprache herrschet.


5 - Discours historique sur l'apocalypse /

Fossan, der angenehmste und sinnreichste von allen komischen Tänzern, hat den Schülern der Terpsichore den Kopf verrückt; alle haben ihm nachahmen wollen, wenn sie ihn auch schon nicht gesehen hatten. Man hat die edle Gattung der niedrigen aufgeopfert; man hat das Joch der Regeln abgeschüttelt; man hat sich der Sprünge, der gewaltsamen Hebungen und Wendungen, beflissen; kurtz, man hat aufgehört zu tanzen, und hat sichPantomime zu seyn eingebildet: als ob man sich so nennen könnte, wenn man ganz und gar keinen Ausdruck hat; wenn man schlechterdings nichts mahlt; wenn der Tanz durch die gröbsten Uebertreibungen gänzlich entstellt wird; wenn er sich auf die häßlichstenVerrenkungen einschränkt; wenn das Gesicht widersinnige Grimassen schneidet; wenn endlich die Handlung, die durchaus Reitz und Anstand begleiten sollte, nichts als eine Folge wiederholter Anstrengungen ist, die dem Zuschauer so viel unangenehmer sind, da er bey der mühsamen und gezwungnen Arbeit des Ausführers nicht anders als selbst leiden kann. Gleichwohl, mein Herr, ist das die Gattung, die im Besitze des Theaters ist; und von der wir, welches nicht zu leugnen, so viele und mancherley Muster haben. Diese Raserey nachzuahmen was nicht nachzuahmen ist, hat uns schon um so viele Tänzer und Balletmeister gebracht, und wird uns noch um mehrere bringen. Eine vollkommneNachahmungverlangt, daß man selbst den nehmlichen Geschmack, die nehmlichen Fähigkeiten, den nehmlichen Bau, die nehmliche Einsicht, die nehmlichen Organa habe, welche das Original hat, das man sich zur Nachahmung vorstellet. So wenig man also zwey Wesen finden kann, die einander vollkommen gleich sind, so selten werden sich auch zwey Menschen finden, deren Talente, Art und Manier völlig eben dieselben wären. Die Vermischung der Kabriole mit dem schönern Tanze, hat den Charakter desselben verdorben und seinen Adel erniedriget; durch diesen Zusatz wird sein Werth nothwendig geringer, denn er ist, wie ich in dem Folgenden erweisen werde, denn lebhaften Ausdrücken und der beseelten Handlung gänzlich zuwider, die er haben könnte, wenn er sich von allen den unnützen Dingen frey machte, die er mit zu seinen Vollkommenheiten rechnet. Es ist nicht erst seit gestern Mode, daß man den Namen eines Ballets figürlichen Tänzen giebt, die weiter nichts als Lustbarkeiten zu heissen verdienen; man hat schon vor längst diesen Titel an die Prungfeste verschwendet, welche an den verschiednen Europäischen Höfen angestellet wurden. Ich habe aber diese Feste untersucht, und bin überzeugt, das er ihnen nicht zukömmt. Ich habe den Tanz in Handlung nie darinn wahrgenommen; weitläuftige Erzehlungen mußten den Mangel des Ausdrucks der Tänzer ersetzen, um den Zuschauer von dem, was vorgestellet werden sollte, zu unterrichten; und dieses zeiget genugsam von der Unwissenheit ihrer Angeber, und von den kalten nichts sagenden Bewegungen ihrer Ausführer. Bereits im dritten Jahrhunderte fing man an, die Monotonie dieser Kunst und die Nachläßigkeit ihrer Künstler zu spüren. Der H. Augustinus selbst sagt, wenn er von Balletten redet, das man genöthiget gewesen, jemanden vorne an die Scene zu stellen, welcher die Handlung, die gemahlet werden sollen, mit lauter Stimme erklären müssen. Und mußten nicht auch unter Ludewig dem XIV.Erzehlungen, Gespräche, Monologen, dem Tanze auf gleiche Weise zu Auslegungen dienen? Der Tanz stammelte nur. Seine schwachen und unartikulirten Töne brauchten noch von der Musick unterstützt, und von der Poesie erklärt zu werden, welches ohne Zweifel nicht viel besser war, als der Gebrauch des Herolds oder Ausrufers, dessen Augustinus erwähnet. Es ist wirklich sehr zu verwundern, mein Herr, daß die ruhmreiche Epoche des Triumphs der schönen Künste, der Nacheiferung und des Fortganges der Künstler, nicht zugleich auch die Epoche einer glücklichen Verbesserung des Tanzes und der Ballette gewesen ist; und daß unsere Meister, die der Beyfall, den sie sich in einem Jahrhunderte versprechen konnten, in welchem alles dem Genie aufhelfen zu wollen schien, nicht weniger hätte ermuntern und reitzen sollen, gleichwohl in ihrer Kraftlosigkeit und in dem Stande einer schimpflichen Mittelmäßigkeit verblieben sind. Sie wissen, daß die Sprache der Mahlerey, derPoesie, der Bildhauerkunst, bereits alle ihre Beredsamkeit, allen ihren Nachdruck hatte. Selbst die Musik, ob sie schon noch in der Wiege war, fing an sich mit Würde auszudrücken. Nur der Tanz war ohne Leben, ohne Charakter und ohne Handlung. Wenn das Ballet der ältere Bruder der übrigen Künste ist, so ist er es nur in so fern, als er die Vollkommenheit von ihnen allen in sich vereinigen kann. In dem elenden Zustande aber, in welchem er sich itzt befindet, kann man ihm diese Ehrenbezeugung unmöglich bewilligen; vielmehr müssen Sie mir zugestehen, mein Herr, das dieser ältere Bruder, so sehr ihn auch dieNatur zu gefallen bestimmte, eine sehr jämmerliche Figur macht, weder Geschmack, noch Geist, noch Einbildungskraft zeigt, und auf alle Weise die Gleichgültigkeit und Verachtung seiner Schwestern verdienet.


6 - Discours historique sur l'apocalypse /

Die italiänischen Tänzer machen es seit einiger Zeit gerade umgekehrt, wie ihre Geiger. Da sie das Auge nicht angenehm beschäftigen können, und des Fossans zierliche Art nicht ihr Erbtheil geworden: so machen sie viel Lermen, indem sie alle Noten mit den Füßen angeben, dergestalt, daß man die Geiger dieser Nation mit Bewunderung sieht, und ihre Pantomimen mit Vergnügen tanzen hört. Das ist nicht das Ziel, das sich die schönen Künste ausgesteckt haben; sie sollenmahlen, sie sollen nachahmen; ein kunstloser Schmuck kleidet ihre Reitze am besten. Die Schönheit geht allemal unter dem Prunktkrame der Mode verlohren; das Simple ist ihre Schminke; Natur ihr Schmuck; Grazie verschönert ihre Züge, Verstand belebt sie, und giebt ihnen einen neuen Glanz. So lange, wie man den Geschmack den Schwierigkeiten aufopfert, wie man ohne Ueberlegung verfährt, wie man bloß ums Geld tanzt, und aus einer freyen Kunst ein elend Handwerk macht, so lange wird die Tanzkunst nicht in die Höhe kommen, sondern vielmehr ausarten, und wieder in die Dunkelheit zurückfallen, worinn sie vor noch nicht hundert Jahren begraben lag.