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1 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Der Abt du Bos war einer von denVierzigern, und beständiger Sekretär der französischen Akademie. Der Herr von Voltaire hat ihn mit unterdie Schriftsteller gezehlet, welche das Jahrhundert Ludewigs des XIV. erleuchtet haben. Er hat sich der Welt als ein Geschichtschreiberund als ein Kunstrichter gezeigt. Als jenerin seiner Histoire de la ligue de Cambrai, weldu Bos,cher der Herr von Voltaire das Lob zugestehet, daß sie ein Muster in ihrer Art sey. Alsdieser, in seinen critischen Betrachtungenüber die Dichtkunst und Mahlerey,(Reflexions critiques sur la Poesie & sur laPeinture) von welchen ich hier etwas mehrersmelden muß. Ich kann es jetzt nicht gleichwissen, in welchem Jahre sie zu erst ans Lichttraten. Ich habe blos die fünfte Ausgabe vormir, welche von 1746 ist. Es ist die letzte, meines Wissens, und auf den Titel wird gesagt, daß sie von dem Verfasser selbst durchgesehen, verbessert und vermehrt worden. Sieist in Paris in groß Duodez gedruckt, und bestehet aus drey Theilen, deren stärkster ein Alphabet hat. Der Inhalt, wie ihn der Verfasser selbst entwirft, ist kurz dieser. In demersten Theile erklärt er, worinn die Schönheit eines Gemähldes und die Schönheit einesGedichts vornehmlich bestehe; was für Vorzüge so wohl das eine, als das andere, durchdie Beobachtungen der Regeln erlange, undendlich was für Beystand sowohl die Werkeder Dichtkunst, als der Mahlerey, von andernKünsten erborgen können, um sich mit von den Theatr. Vorstel. der Alten.desto grössern Vortheile zu zeigen. In demzweyten Theile handelt er von den Theils natürlichen, Theils erworbenen Eigenschaften, welche sowohl grosse Mahler, als grosse Dichter,haben müssen, und forscht den Ursachen nach, warum einige Jahrhunderte so viele, und einigefast gar keine berühmte Künstler gesehen haben. Hierauf untersucht er, auf welche Weisedie Künstler zu ihrem Ruhme gelangen; anwelchen Kennzeichen man es voraussehen könne, ob der Ruhm, in welchem sie zu ihren Zeitenstehen, ein wahrer Ruhm sey, oder ob sie nurein flüchtiges Aufsehen machen; und endlichaus welchen Merkmalen man es zuverläßigschliessen dürfe, daß der Name eines von seinen Zeitgenossen gerühmten Dichters oderMahlers, immer mehr und mehr wachsen,und in den folgenden Zeiten noch grösser seynwerde, als er selbst zu seiner Zeit gewesen ist.In dem dritten Theile endlich trägt unser Abtverschiedene Entdeckungen vor, die er in Ansehung der theatralischen Vorstellungen der Alten gemacht zu haben glaubet. In den erstenAusgaben seines Werks, war diese Materiedem ersten Theile mit eingeschaltet. Weil sie du Bos, v. d. theat. Vorst. d. Alten.aber doch nichts anders als eine Ausschweifungwar, durch die man die Hauptsache allzulangeaus den Augen verlohr, so folgte er dem Rathe einiger Freunde, und machte einen besondern Theil daraus. Dieser besondre Theil nun, oder diese Ausschweifung ist es, welche ich hiermeiner theatralischen Bibliothek einverleibenwill. Ich werde aber dabey für diesesmalnichts, als die Pflichten eines getreuen Uebersetzers beobachten; und meine Gedanken überverschiedene besondere Meinungen des Verfassers auf eine andere Gelegenheit versparen.


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Von der Action kömmt nunmehr der Verfasser in dem vierten Hauptstücke auf die Recitation und derselben Wahrheit. Nach einigen Stellen bey den Alten muß man glauben, daß sie die Declamation ihrer dramatischen Werken nach Noten abgemessen haben. Wenn dieses harmonische Noten gewesen sind, so haben sich ihre Schauspieler in eben den Umständen befunden, in welchen sich die heutigen Opersänger in Ansehung der Recitative befinden, allein die Wahrheit der Recitation kann dabey nichts ge Auszug aus demwonnen haben, weil die Musik keine an und vor sich bestimmten Mittel hat, die verschiednen Leidenschaften auszudrücken. Sollen aber diese Noten bloß die Töne der gemeinen Unterredung angegeben haben, wie der Abt du Bos behauptet, so muß man voraussetzen, daß sich dergleichen Töne, in Vergleichung mit andern gegebenen Tönen wirklich ausdrücken lassen, und daß jede Empfindung nur einen Ton habe, welcher ihr eigentlich zukomme. Allein beydes ist falsch. Die verschiednen Veränderungen der Stimme, welche aus einerley Eindrücken entstehen, haben zwar mit einander etwas gemein; allein sie sind auch wegen der verschiednen Sprachwerkzeuge nothwendig unterschieden. Wer daher die Kunst zu recitiren methodisch abhandeln wollte, der müßte eben so vielerley Regeln geben, als Arten von Stimmen sind. Kurz, es gehört allein der Natur zu, die Töne, welche sich am besten schicken, vorzuschreiben, und die Empfindung ist die einzige Lehrerin in dieser bezaubernden Beredsamkeit der Schalle, durch welche man in den Zuhörern alle beliebige Bewegungen erregen kann. Das vornehmste Geheimniß ist dabey dieses, daß man diejenigen Töne, welche dem Anscheine nach einerley sind, in der That aber unterschieden werden müssen, nicht unter einander verwechsele, und die einen für die andern brauche. Man betrachtet zum Exempel den naifen Ton und den aufrichtigen Ton als zwey Töne, die unter einer Schauspieler.ley Art gehören, allein es würde ganz unrecht gethan seyn, wenn man den einen anstatt des andern nehmen wollte. Der eine gehört derjenigen Person zu, welche nicht Witz oder Stärke genug hat, ihre Gedanken und ihre Gesinnungen zu verbergen, sondern die Geheimnisse ihrer Seele wider ihren Willen, und wohl gar zu ihrem Schaden, entwischen läßt. Der andre ist vielmehr das Zeichen der Redlichkeit, als der Dummheit oder Schwachheit, und gehört für diejenigen Personen, welche Geschicke und Herrschaft über sich selbst genug hätten, um ihre Art zu denken und zu empfinden zu verbergen, gleichwohl aber sich nicht entschliessen können, der Wahrheit Abbruch zu thun. Es giebt übrigens auch Töne, welche zu mehr als einer Art gehören. DieJronie kann, zum Exempel, aus Zorn, aus Verachtung, und aus blosser Munterkeit gebraucht werden. Allein der ironische Ton, welcher sich bey dem einen Falle schickt, schickt sich ganz und gar nicht bey dem andern, und so weiter.