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1 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Weil die Pantomimen nichts reden durften, und nur Gebehrden zu machen hatten, so begreiftman leicht, daß alle ihre Bezeigungen viel lebhafter, und alle ihre Action viel feuriger müssegewesen seyn, als die Action gewöhnlicher Komödianten zu seyn pflegte. Diese letztern konnten nur einen Theil ihrer Aufmerksamkeit undihrer Kräfte auf die Gebehrden wenden, weil siein den Gesprächen selbst redten, und in den Modu Bos,nologen, die ein andrer für sie sagte, bedacht seynmußten, ihr stummes Spiel mit der Recitationdieses andern, welcher für sie redte, den Takthalten zu lassen. Der Pantomime hingegen warvon seiner Action völlig Meister, und seine einzige Sorge ging bloß dahin, das, was er ausdrücken wollte, verständlich zu machen. Dahernennt Cassiodorus die Pantomimen auch Leute, deren beredte Hände, so zu reden, an der Spitzeeines jeden Fingers eine Zunge hätten; Leute,welche redten, indem sie stille schwiegen, und eineganze Erzehlung machen könnten, ohne den Mundaufzuthun; kurz, Leute, welche die Polyhymnia, die Muse, welche der Musik vorstand, selbstgebildet habe, um zu zeigen, daß man eben nichtWorte articuliren müsse, um seine Gedankenzu verstehen zu geben. So drückt er sich nehmlich in dem Briefe aus, welchen er im Namendes Theodoricus, Königs der Ostrogoten, an denSymmachus, Präfectus von Rom, schreibet, umihn zu besehlen, das Theater des Pompejus aufUnkosten dieses Monarchen wieder ausbessern zulassen. Nachdem er nehmlich von den Tragödien und Komödien, die auf diesem Theater vorgestellt wurden, geredet, so fügt er hinzu: (*)Orchestarum loquacissimæ manus, linguosidigiti, silentium clamosum, expositio tacita,quam Musa Polyhymnia reperisse narratur,ostendens homines posse sine oris afflatu vellesuum declarare.


2 - Des Abts du Bos Ausschweifung von den theatralischen Vorstellungen der Alten /

Einige Jahre darauf mußte man die Pantomimen aus Rom verjagen. Der ausserordentlicheGeschmack, den das Volk an ihren Vorstellungen fand, gab Gelegenheit zu Cabalen, um dem einen mehr Beyfall als dem andern zuverschaffen, und diese Cabalen wurden zu Meutereyen. Wir sehen sogar aus einem Briefedes Cassiodorus, (**) daß die Pantomimen, zuNachahmung derjenigen, welche in den Rennspielen des Circus die Wagen führten, verschiedneLivreen gewählt hatten. Einige hiessen dieBlauen; und andre die Grünen. Das Volktheilte sich also seiner Seits gleichfalls, und alle(*) Tacit. Ann. lib. pr.(**) Variar. Epist. libr. pr. ep. 20.von den theatr. Vorstell. der Alten.die Zusammenrottungen des Circus, deren so oftin der römischenGeschichte gedacht wird, nahmensich gewisser Banden von Pantomimen an. Diese Zusammenrottungen wurden nicht seltenzu Partheyen, die auf einander so ergrimmt waren, als es vielleicht nur jemals die Welfen undGibelliner unter den deutschen Kaysern gewesensind. Man mußte also zu einem Entschlusseschreiten, der zwar der Regierung, welchebloß das Volk bey gutem zu erhalten suchte,indem es ihm Brod austheilen und Schauspieleanstellen ließ, sehr verdrießlich fiel, gleichwohlaber durchaus nothwendig geworden war; nehmlich alle Pantomimen aus Rom zu verjagen.