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Man nahm also das Kreuz um die Wette an; es war nur die Frage, an wem man seine Güter verkaufen sollte, um nach dem gelobten Lande gehen zu können. Die Kirchen und Klöster kauften damals viele Ländereyen der Adelichen, die nur etwas wenig Geld und ihre Waffen nöthig zu haben glaubten, um Königreiche in Asien erobern zu können. Gottfried von Bouillon, Herzog von Brabant, verkaufte zum Exempel sein Land Bouillon an das Capitel von Lüttich, und Stenay an den Bischof von Verdun.Balduin, Gottfrieds Bruder, verkaufte an eben denselben Bischof das wenige, was er in diesem Lande besaß: die geringsten Burgvoigte reiseten auf ihre Unkosten. Die armen Edelleute traten als Stallmeister in der andern ihre Dienste. Man warb eine unzählbare Infanterie, und gemeine Reuter unter tausend verschiedenen Standarten, an. Dieser Schwarm von Leuten, die mit dem Kreuze bezeichnet waren, wollten sich zu Constantinopel wieder vesammlen, ohne daß die meisten noch wußten, wo es hingieng, noch was man für einen Weg nehmen mußte. Mönche, Weiber, Kaufleute, Marketender, Künstler und Handwerksleute, alles machte sich auf die Reise, weil es auf dem Wege nichts als Christen, die durch ihre Unterhaltung den Ablaß gern würden gewinnen wollen, anzutreffen glaubte. Mehr als achtzig tausend dieser Landstreicher machten das Heer des Kukupieters, den ich künftig allezeit den Einsiedler Peter nennen werde, aus. Er Geschichte der Kreuzzüge. marschirte in hölzernen Pantoffeln und mit einem Stricke um den Leib, an der Spitze der Armee.
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Mit den übrigen Häuptern der Kreuzfahrer, die verschlagener, weniger enthusiastisch, und zum Commando tüchtiger waren, auch etwas ordentlichere Truppen anführeten, gieng es etwas anders. Gottfried von Bouillon hatte siebenzig tausend Mann zu Fuß, und zehn tausend zu Pferde unter seinem Commando, die alle mit vollkommener Rüstung versehen waren, und von verschiedenen Vornehmen von Adel angeführet wurden, die insgesammt von ihm ihre Befehle erhielten. Er marschirte durch eben dieses Ungarn, in dem sich der Schwarm des Einsiedlers hatte erwürgen lassen, glücklich durch.
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Wie groß der unbändige Stolz der kreuzfahrenden Ritter gewesen sey, kann man unter andern auch aus dem Zuge abnehmen, den die Prinzeßinn Anna Comnena von einem gewissen französischen Grafen erzählet, der sich bey einer öffentlichen Ceremonie neben den Kaiser auf seinem Throne niedersetzte. Da Bal duinus, der Bruder Gottfrieds von Bouillon, diesen unbescheidenen Menschen bey dem Arme nahm, und ihn beyseite ziehen wollte, sagte er in seiner gebrochenen Mundart ganz laut: Seht doch! was dieser Grieche für ein Lümmel ist, daß er sich unterstehen darf, vor Leuten, wie wir seyn, sich nieder zu setzen. Diese Worte wurden dem KaiserAlexius ausgeleget, der aber nur darüber lachte. Geschichte der Kreuzzüge. Eine oder zwo solche Unbesonnenheiten sind zureichend, eine ganze Nation in einen übeln Ruf zu bringen; allein die Kreuzfahrer hatten aller dieser Tollkühnheiten nicht nöthig, um von den Griechen gehasset zu werden, und dem Kaiser verdächtig zu seyn.
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Es war wahrscheinlicher maßen unmöglich, daß nicht solche Gäste die Lebensmittel sollten mit Strenge gefordert, und daß nicht die Griechen sie mit Hartnäckigkeit sollten verweigert haben. Das gab zu beständigen Händeln, zwischen dem Volke und der Armee des Gottfrieds, die nach den Streifereyen der Kreuzfahrer des Einsiedlers Peters zum ersten er schien, Anlaß. Gottfried gieng so weit, daß er die Vorstädte von Constantinopel angriff, und der Kaiser vertheidigte sie in Person. Der Bischof von Puy in Auvergne, Namens Monteil, Legat des Pabstes bey den Armeen, wollte durchaus, daß man die Feldzüge wider die Ungläubigen mit Belagerung der Stadt, wo der erste Fürst der Christen seinen Sitz hatte, eröffnen sollte. Das war auch die MeynungBohemunds, der damals in Sicilen war, und einen Curier über den andern an Gottfried abschickte, zu verhindern, daß er sich nicht mit dem Kaiser vertrü ge. Hugo der Bruder des Königs von Frankreich, begieng damals die Unvorsichtigkeit, Sicilien, wo er mit dem Bohemund war, zu verlassen, und fast allein auf das Gebieth des Alexius zu kommen. Zu dieser Unbesonnenheit kam noch eine andere, indem er Briefe von einem Stolze, die einem, der keine Armee hatte, sehr schlecht anstund, an ihn abgehen ließ. Die Frucht dieser Handlungen war, daß er einige Zeit, als ein Gefangener, angehalten wurde. End Geschichte der Kreuzzüge.lich kam die Politik des griechischen Kaisers zum Zweck, alle diese Stürme abzuwenden. Er ließ Lebensmittel reichen; er ließ sich von allen vornehmen Herren versprechen, daß sie wegen der Länder, die sie erobern würden, ihm den Lehnseid ablegen wollten; er ließ sie insgesammt, nachdem er sie mit Geschenken überhäufet hatte, nach einander nach Asien übersetzen.
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Es war wahrscheinlicher maßen unmöglich, daß nicht solche Gäste die Lebensmittel sollten mit Strenge gefordert, und daß nicht die Griechen sie mit Hartnäckigkeit sollten verweigert haben. Das gab zu beständigen Händeln, zwischen dem Volke und der Armee des Gottfrieds, die nach den Streifereyen der Kreuzfahrer des Einsiedlers Peters zum ersten er schien, Anlaß. Gottfried gieng so weit, daß er die Vorstädte von Constantinopel angriff, und der Kaiser vertheidigte sie in Person. Der Bischof von Puy in Auvergne, Namens Monteil, Legat des Pabstes bey den Armeen, wollte durchaus, daß man die Feldzüge wider die Ungläubigen mit Belagerung der Stadt, wo der erste Fürst der Christen seinen Sitz hatte, eröffnen sollte. Das war auch die MeynungBohemunds, der damals in Sicilen war, und einen Curier über den andern an Gottfried abschickte, zu verhindern, daß er sich nicht mit dem Kaiser vertrü ge. Hugo der Bruder des Königs von Frankreich, begieng damals die Unvorsichtigkeit, Sicilien, wo er mit dem Bohemund war, zu verlassen, und fast allein auf das Gebieth des Alexius zu kommen. Zu dieser Unbesonnenheit kam noch eine andere, indem er Briefe von einem Stolze, die einem, der keine Armee hatte, sehr schlecht anstund, an ihn abgehen ließ. Die Frucht dieser Handlungen war, daß er einige Zeit, als ein Gefangener, angehalten wurde. End Geschichte der Kreuzzüge.lich kam die Politik des griechischen Kaisers zum Zweck, alle diese Stürme abzuwenden. Er ließ Lebensmittel reichen; er ließ sich von allen vornehmen Herren versprechen, daß sie wegen der Länder, die sie erobern würden, ihm den Lehnseid ablegen wollten; er ließ sie insgesammt, nachdem er sie mit Geschenken überhäufet hatte, nach einander nach Asien übersetzen.
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Unterdessen wurde doch Gottfried von Bouillon, nicht zwar zum Könige, sondern zum Herzoge von Jerusalem erwählet. Einige Monate darnach kam ein päbstlicher Legat, Namens Daimbarto, an, der sich durch die Geistlichkeit zu einem Patriarchen ernennen ließ. Das erste, was dieser Patriarch that, war, Jerusalem für sich selbst zu nehmen. Gottfried von Bouillon, der die Stadt mit Aufsetzung seines Blutes erobert hatte, mußte sie diesem Bischofe abtreten. Er behielt sich den Hafen Joppe und einige Rechte in Jerusalem vor; ziemlich mittelmäßige Rechte in diesem verwüsteten Lande. Sein Vaterland, das er verlassen hatte, war weit mehr werth, als er in dem gelobten Lande erworben hatte.
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Unterdessen wurde doch Gottfried von Bouillon, nicht zwar zum Könige, sondern zum Herzoge von Jerusalem erwählet. Einige Monate darnach kam ein päbstlicher Legat, Namens Daimbarto, an, der sich durch die Geistlichkeit zu einem Patriarchen ernennen ließ. Das erste, was dieser Patriarch that, war, Jerusalem für sich selbst zu nehmen. Gottfried von Bouillon, der die Stadt mit Aufsetzung seines Blutes erobert hatte, mußte sie diesem Bischofe abtreten. Er behielt sich den Hafen Joppe und einige Rechte in Jerusalem vor; ziemlich mittelmäßige Rechte in diesem verwüsteten Lande. Sein Vaterland, das er verlassen hatte, war weit mehr werth, als er in dem gelobten Lande erworben hatte.
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Die Sachen der Christen waren so wenig sicher und gegründet, daß Balduin, erster König von Je rusalem, der nach dem Tode seines Bruders Gottfried regierte, fast an den Thoren der selbst von einem türkischen Prinzen gefangen wurde, dessen Witwe ihn kurz darnach lieber für eine gute Summe Geldes loslassen, als durch seinen Tod die Verwüstung Jerusalems rächen wollte. Die Eroberungen der Christen nahmen von Tag zu Tag ab; die ersten Bezwinger waren nicht mehr vorhanden; ihre Nachfolger waren verzärtelt; das Ländgen Edessa hatten die Türken 1140 wieder eingenommen, und bedroheten nunmehr Jerusalem. Die griechischen Kaiser, die in den Fürsten von Antiochia, ihren Nachbarn, nichts als unrechtmäßige Besitzer sahen, führeten mit ihnen, nicht ohne Gerechtigkeit, Krieg. Die Christen in Asien, die von allen Seiten bedrohet wurden, hielten in Europa um eine neue Kreuzfahrt an. Die Päbste hatten nicht geringere Ursache, so viele Kirchen, die ihre Rechte und Reichthümer vermehren sollten, zu schützen.