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16 - Hercules /

Doch Herkules hält den Theseus zurück, entreißt sich den Umarmungen seines Vaters und seiner Gemahlin, und eilet zur Rache.Es bringe Lycus dem Pluto die Nachricht, daß ich angekommen sey — — So sagt er und geht ab. Theseus wendet sich hierauf gegen den Amphitryo, und ermuntert ihn, sein Von den Trauerspielen Gesicht aufzuheutern, und die herabfallenden Thränen zurück zu halten. Wenn ich, sagt er, den Herkules kenne, so wird er gewiß an demLycus des ermordeten Creons wegen Rache üben. Er wird? Nein er übt sie schon. Doch auch dieses ist für ihn zu langsam: er hat sie bereits geübt. — — Hierauf wünscht der alte Amphitryo, daß es Gott also gefallen möge, und wendet auf einmal die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf eine andere Seite. Er verlangt nehmlich von dem Gefehrten seines unüberwindlichen Sohnes nähere Umstände von dem unterirrdischen Reiche und dem gebändigten Cerberus zu wissen. Theseus weigert sich Anfangs; endlich aber, nachdem er die vornehmsten Gottheiten um Erlaubniß gebethen, fängt er eine lange und prächtige Beschreibung an, welche an einem jeden andern Orte Bewunderung verdienen würde. Das letzte Stück derselben besonders, welches den Kampf des Herkules mit dem höllischen Ungeheuer schildert, ist von einer ausserordentlichen Stärke. Die gantze deutscheSprache, — — wenigstens so wie ich derselben mächtig bin, — — ist zu schwach und zu arm, die meisterhaften Züge des Römers mit eben der kühnen und glücklichen Kürze auszudrücken. Das starrende Wasser des Styx, der darüber hangende fürchterliche Fels, der alte scheusliche Fuhrmann schrecken in den traurigsten Farben — — Charon war eben an des Seneca. dem dißeitigen Ufer mit dem leeren Nachen angelangt; als sich Herkules durch die Schaar wartender Schatten drengte, und zuerst hinüber gesetzt zu werden begehrte. Wohin Verwegener? schrie der gräßliche Charon. Hemme die eilenden Schritte! Doch nichts konnte den Alcides aufhalten; er bändigte den alten Schiffer mit dem ihm entrissenen Ruder, und stieg ein. Der Nachen, der Völkern nicht zu enge, sank unter der Last des einzigen tiefer herab, und schöpfte überladen mit schwankendem Rande letheische Fluth — — Endlich näherten sie sich den Wohnungen des geitzigen Pluto, die der Stygische Hund bewacht. Die Gestalt dieses dreyköpfigten Wächters ist die gräßlichste, und der Gestalt gleicht seine Wuth. Fähig auch den leisen Schritt wandelnder Schatten zu hören, horcht er mit gespitzten Ohren auf das Geräusche nahender Füsse. Er blieb ungewiß in seiner Höle sitzen, als der Sohn des Donnergottes vor ihm stand; und beyde furchten sich. Doch jezt erhebt er ein brüllendes Bellen, die Schlangen umzischen das dreyfache Haupt, die stillen Wohnungen ertönen und auch die seeligen Schatten entsetzen sich. Herkules löset unerschrocken den cleonäischen Raub von der linken Schulter, und schützt sich hinter dem noch schreckenden Rachen des Löwen. Er schwingt mit siegender Hand die Keule, und Schlag auf Schlag trift das endlich ermüdende Ungeheuer. Es läßt Von den Trauerspielen ein Haupt nach dem andern sincken, und räumet seinem Ueberwindern den Eingang. Die unterirrdischen Gottheiten entsetzen sich, und lassen den Cerberus abfolgen, und auch mich, spricht Theseus, schenkte Pluto dem bittenden Alciden. Dieser sträuchelt des Ungeheuers gebändigte Nacken und fesselt sie mit diamantenen Ketten. Es vergaß, daß es der Wächter der Höllen sey, ließ furchtsam die Ohren sinken, und folgte dem Bändiger demüthig nach. Doch als es an den Ausgang des Tänarus kam, und der Glatz<Glantz> des ihm unbekannten Lichts die Augen traf, sträubte es sich, faßte neue Kräfte, schüttelte wüthend die tönenden Ketten, und fast hätte es den Sieger zurück geschleppt. Doch hier nahm Herkules die Fäuste des Theseus zu Hülfe, und so rissen beyde den vergebens rasenden Cerberus auf die Welt heraus. Noch einen Zug setzt der Dichter zu diesem Bilde, der gewiß wenige seines gleichen hat. Er sagt nehmlich, der Höllenhund habe die Köpfe in den Schatten des Herkules verborgen, um das Tageslicht so wenig als möglich in die verschloßenen Augen zu lassen:


17 - Thyest /

Nunmehr wäre es ohne Zweifel billig, daß der Erzehler sogleich zur Sache käme, und diese geschwind in wenig kurzen und affectvollen Worten entdeckte, ehe er sich mit Beschreibung kleiner Umstände, die vielleicht ganz und gar unnöthig sind, beschäftige. Allein was glaubt man wohl, daß er vorher thut? Er beschreibet in mehr als vierzig Zeilen vor allen Dingen den heiligen Hayn, hinter der mitternächtlichen Seite des Pelopeischen Pallasts, in welchem Atreus die blutigen Opfer geschlacht hatte, ohne dieser mit einer Sylbe zu gedenken. Er sagt uns, aus was für Bäumen dieser Wald bestehe, zu welchen Handlungen ihn die Nachkommen des Tantalus geweihet; mit was für gelobten Geschenken und Denkmählern er ausgeziert und behangen sey. Er meldet, daß es darinne umgehe, und mahlt fast jede Art von Erscheinungen, die den Tag sowohl als die Nacht darinne schrecklich machten. — — Jch begreife nicht, was der Dichter hierbey muß gedacht haben; noch vielweniger begreife ich, wie sich dieZuschauer eine solche Verzögerung können gefallen lassen. Eine kleine Vorbereitung, wenn etwas sehr wichtiges zu erzehlen ist, wird gar wohl erlaubt; sie reitzt die Zuhörer, ihre Aufmerk Von den Trauerspielen samkeit auf das, was folgen soll, gefaßt zu halten. Allein sie muß diese Aufmerksamkeit nicht vorweg ermüden; sie muß das, was in einer Zeile eine sehr gute Wirkung thun würde, nicht in vierzig ausdehnen. — — Doch damit ich auch meinen Tadel nicht zu weit ausdehne, so will ich das Gemählde des Hayns an seinen Ort gestellt seyn lassen, und mit dem Dichter wieder weiter gehen. Als nun, läßt er den Erzehler fortfahren, der rasende Atreus in Begleitung derKinder seines Bruders in den Hayn gekommen war, wurden die Altäre sogleich geschmückt. Aber nun, wo werde ich Worte finden? — Die Hände werden den edlen Jünglingen auf den Rücken gebunden, und um ihre Stirne wird die traurige Opferbinde geschlagen. Da fehlt kein Weihrauch, kein geheiligter Wein; das Opfer wird mit Saltzmehl bestreuet, ehe es das Schlachtmesser berühren darf. AlleOrdnung wird beybehalten, damit ja eine solcheLasterthat nicht anders als auf die beste Weise geschehe.


18 - Thyest /

Nunmehr wäre es ohne Zweifel billig, daß der Erzehler sogleich zur Sache käme, und diese geschwind in wenig kurzen und affectvollen Worten entdeckte, ehe er sich mit Beschreibung kleiner Umstände, die vielleicht ganz und gar unnöthig sind, beschäftige. Allein was glaubt man wohl, daß er vorher thut? Er beschreibet in mehr als vierzig Zeilen vor allen Dingen den heiligen Hayn, hinter der mitternächtlichen Seite des Pelopeischen Pallasts, in welchem Atreus die blutigen Opfer geschlacht hatte, ohne dieser mit einer Sylbe zu gedenken. Er sagt uns, aus was für Bäumen dieser Wald bestehe, zu welchen Handlungen ihn die Nachkommen des Tantalus geweihet; mit was für gelobten Geschenken und Denkmählern er ausgeziert und behangen sey. Er meldet, daß es darinne umgehe, und mahlt fast jede Art von Erscheinungen, die den Tag sowohl als die Nacht darinne schrecklich machten. — — Jch begreife nicht, was der Dichter hierbey muß gedacht haben; noch vielweniger begreife ich, wie sich dieZuschauer eine solche Verzögerung können gefallen lassen. Eine kleine Vorbereitung, wenn etwas sehr wichtiges zu erzehlen ist, wird gar wohl erlaubt; sie reitzt die Zuhörer, ihre Aufmerk Von den Trauerspielen samkeit auf das, was folgen soll, gefaßt zu halten. Allein sie muß diese Aufmerksamkeit nicht vorweg ermüden; sie muß das, was in einer Zeile eine sehr gute Wirkung thun würde, nicht in vierzig ausdehnen. — — Doch damit ich auch meinen Tadel nicht zu weit ausdehne, so will ich das Gemählde des Hayns an seinen Ort gestellt seyn lassen, und mit dem Dichter wieder weiter gehen. Als nun, läßt er den Erzehler fortfahren, der rasende Atreus in Begleitung derKinder seines Bruders in den Hayn gekommen war, wurden die Altäre sogleich geschmückt. Aber nun, wo werde ich Worte finden? — Die Hände werden den edlen Jünglingen auf den Rücken gebunden, und um ihre Stirne wird die traurige Opferbinde geschlagen. Da fehlt kein Weihrauch, kein geheiligter Wein; das Opfer wird mit Saltzmehl bestreuet, ehe es das Schlachtmesser berühren darf. AlleOrdnung wird beybehalten, damit ja eine solcheLasterthat nicht anders als auf die beste Weise geschehe.


19 - Thyest /

Nunmehr wäre es ohne Zweifel billig, daß der Erzehler sogleich zur Sache käme, und diese geschwind in wenig kurzen und affectvollen Worten entdeckte, ehe er sich mit Beschreibung kleiner Umstände, die vielleicht ganz und gar unnöthig sind, beschäftige. Allein was glaubt man wohl, daß er vorher thut? Er beschreibet in mehr als vierzig Zeilen vor allen Dingen den heiligen Hayn, hinter der mitternächtlichen Seite des Pelopeischen Pallasts, in welchem Atreus die blutigen Opfer geschlacht hatte, ohne dieser mit einer Sylbe zu gedenken. Er sagt uns, aus was für Bäumen dieser Wald bestehe, zu welchen Handlungen ihn die Nachkommen des Tantalus geweihet; mit was für gelobten Geschenken und Denkmählern er ausgeziert und behangen sey. Er meldet, daß es darinne umgehe, und mahlt fast jede Art von Erscheinungen, die den Tag sowohl als die Nacht darinne schrecklich machten. — — Jch begreife nicht, was der Dichter hierbey muß gedacht haben; noch vielweniger begreife ich, wie sich dieZuschauer eine solche Verzögerung können gefallen lassen. Eine kleine Vorbereitung, wenn etwas sehr wichtiges zu erzehlen ist, wird gar wohl erlaubt; sie reitzt die Zuhörer, ihre Aufmerk Von den Trauerspielen samkeit auf das, was folgen soll, gefaßt zu halten. Allein sie muß diese Aufmerksamkeit nicht vorweg ermüden; sie muß das, was in einer Zeile eine sehr gute Wirkung thun würde, nicht in vierzig ausdehnen. — — Doch damit ich auch meinen Tadel nicht zu weit ausdehne, so will ich das Gemählde des Hayns an seinen Ort gestellt seyn lassen, und mit dem Dichter wieder weiter gehen. Als nun, läßt er den Erzehler fortfahren, der rasende Atreus in Begleitung derKinder seines Bruders in den Hayn gekommen war, wurden die Altäre sogleich geschmückt. Aber nun, wo werde ich Worte finden? — Die Hände werden den edlen Jünglingen auf den Rücken gebunden, und um ihre Stirne wird die traurige Opferbinde geschlagen. Da fehlt kein Weihrauch, kein geheiligter Wein; das Opfer wird mit Saltzmehl bestreuet, ehe es das Schlachtmesser berühren darf. AlleOrdnung wird beybehalten, damit ja eine solcheLasterthat nicht anders als auf die beste Weise geschehe.


20 - Thyest /

Nunmehr wäre es ohne Zweifel billig, daß der Erzehler sogleich zur Sache käme, und diese geschwind in wenig kurzen und affectvollen Worten entdeckte, ehe er sich mit Beschreibung kleiner Umstände, die vielleicht ganz und gar unnöthig sind, beschäftige. Allein was glaubt man wohl, daß er vorher thut? Er beschreibet in mehr als vierzig Zeilen vor allen Dingen den heiligen Hayn, hinter der mitternächtlichen Seite des Pelopeischen Pallasts, in welchem Atreus die blutigen Opfer geschlacht hatte, ohne dieser mit einer Sylbe zu gedenken. Er sagt uns, aus was für Bäumen dieser Wald bestehe, zu welchen Handlungen ihn die Nachkommen des Tantalus geweihet; mit was für gelobten Geschenken und Denkmählern er ausgeziert und behangen sey. Er meldet, daß es darinne umgehe, und mahlt fast jede Art von Erscheinungen, die den Tag sowohl als die Nacht darinne schrecklich machten. — — Jch begreife nicht, was der Dichter hierbey muß gedacht haben; noch vielweniger begreife ich, wie sich dieZuschauer eine solche Verzögerung können gefallen lassen. Eine kleine Vorbereitung, wenn etwas sehr wichtiges zu erzehlen ist, wird gar wohl erlaubt; sie reitzt die Zuhörer, ihre Aufmerk Von den Trauerspielen samkeit auf das, was folgen soll, gefaßt zu halten. Allein sie muß diese Aufmerksamkeit nicht vorweg ermüden; sie muß das, was in einer Zeile eine sehr gute Wirkung thun würde, nicht in vierzig ausdehnen. — — Doch damit ich auch meinen Tadel nicht zu weit ausdehne, so will ich das Gemählde des Hayns an seinen Ort gestellt seyn lassen, und mit dem Dichter wieder weiter gehen. Als nun, läßt er den Erzehler fortfahren, der rasende Atreus in Begleitung derKinder seines Bruders in den Hayn gekommen war, wurden die Altäre sogleich geschmückt. Aber nun, wo werde ich Worte finden? — Die Hände werden den edlen Jünglingen auf den Rücken gebunden, und um ihre Stirne wird die traurige Opferbinde geschlagen. Da fehlt kein Weihrauch, kein geheiligter Wein; das Opfer wird mit Saltzmehl bestreuet, ehe es das Schlachtmesser berühren darf. AlleOrdnung wird beybehalten, damit ja eine solcheLasterthat nicht anders als auf die beste Weise geschehe.


21 - Thyest /

Alle Ausleger übergehen diese Stelle, und gleichwohl zweifle ich, ob sie von allen gehörig ist verstanden worden. Das exigere corpus ist mir ungemein verdächtig. Jch weis wohl, was bey demVirgil exigere enſem per corpus heißt; allein ob schlechtweg exigere corpus eben dieses heissen könne, daran zweifle ich, und glaube nicht, daß man bey irgend einem Schriftsteller ein ähnliches Exempel finden werde. Jch erkühne mich daher, eine kleine Veränderung zu machen, und anstatt infeſta manu zu lesen infeſtam manum; so daß ultra, welches man vorher adverbialiter nehmen mußte, nunmehr zur Präposition wird, die zu corpus gehöret. Was aber manum exigere heisse, und daß es gar wohlaushohlen heissen könne, wird man leicht einsehen. Vielleicht könnte auch die Bedeutung, da exigere versuchen, probiren heißt, hier zu Statten kommen.


22 - Thyest /

Alle Ausleger übergehen diese Stelle, und gleichwohl zweifle ich, ob sie von allen gehörig ist verstanden worden. Das exigere corpus ist mir ungemein verdächtig. Jch weis wohl, was bey demVirgil exigere enſem per corpus heißt; allein ob schlechtweg exigere corpus eben dieses heissen könne, daran zweifle ich, und glaube nicht, daß man bey irgend einem Schriftsteller ein ähnliches Exempel finden werde. Jch erkühne mich daher, eine kleine Veränderung zu machen, und anstatt infeſta manu zu lesen infeſtam manum; so daß ultra, welches man vorher adverbialiter nehmen mußte, nunmehr zur Präposition wird, die zu corpus gehöret. Was aber manum exigere heisse, und daß es gar wohlaushohlen heissen könne, wird man leicht einsehen. Vielleicht könnte auch die Bedeutung, da exigere versuchen, probiren heißt, hier zu Statten kommen.


23 - Thyest /

Alle Ausleger übergehen diese Stelle, und gleichwohl zweifle ich, ob sie von allen gehörig ist verstanden worden. Das exigere corpus ist mir ungemein verdächtig. Jch weis wohl, was bey demVirgil exigere enſem per corpus heißt; allein ob schlechtweg exigere corpus eben dieses heissen könne, daran zweifle ich, und glaube nicht, daß man bey irgend einem Schriftsteller ein ähnliches Exempel finden werde. Jch erkühne mich daher, eine kleine Veränderung zu machen, und anstatt infeſta manu zu lesen infeſtam manum; so daß ultra, welches man vorher adverbialiter nehmen mußte, nunmehr zur Präposition wird, die zu corpus gehöret. Was aber manum exigere heisse, und daß es gar wohlaushohlen heissen könne, wird man leicht einsehen. Vielleicht könnte auch die Bedeutung, da exigere versuchen, probiren heißt, hier zu Statten kommen.


24 - Thyest /

Alle Ausleger übergehen diese Stelle, und gleichwohl zweifle ich, ob sie von allen gehörig ist verstanden worden. Das exigere corpus ist mir ungemein verdächtig. Jch weis wohl, was bey demVirgil exigere enſem per corpus heißt; allein ob schlechtweg exigere corpus eben dieses heissen könne, daran zweifle ich, und glaube nicht, daß man bey irgend einem Schriftsteller ein ähnliches Exempel finden werde. Jch erkühne mich daher, eine kleine Veränderung zu machen, und anstatt infeſta manu zu lesen infeſtam manum; so daß ultra, welches man vorher adverbialiter nehmen mußte, nunmehr zur Präposition wird, die zu corpus gehöret. Was aber manum exigere heisse, und daß es gar wohlaushohlen heissen könne, wird man leicht einsehen. Vielleicht könnte auch die Bedeutung, da exigere versuchen, probiren heißt, hier zu Statten kommen.


25 - Thyest /

Nunmehr folgt eine sehr gräßliche Beschreibung, die aber so eckel ist, daß ich meine Lesern damit verschonen will. Man sieht darinne, wie Atreus die todten Körper in Stücken zerhackt; wie er einen Theil derselben an die Spiesse gesteckt, und den andern in Kessel geworfen, um jene zu braten und diese zu kochen; wie das Feuer diesen grausamen Dienst verweigert, und wie traurig der fette Rauch davon in die Höhe gestiegen. Der Erzehler fügt endlich hinzu, daß Thyest in der Trunkenheit wirklich von diesen abscheulichen Gerichten gegessen; daß ihm oft die Bissen in dem Schlunde stecken geblieben; daß sich die Sonne, obgleich zu spät, darüber zurück gezogen; daß Thyest sein Unglück zwar noch nicht kenne, daß es ihm aber schwerlich lange verborgen bleiben werde.


26 - Thyest /

Mehr hat der Erzehler nicht zu sagen. Er geht also wieder fort und die vorhin abgegangene Helfte des Chors tritt herein, ihren Gesang an des Seneca. zustimmen. Er enthält lauter Verwunderung und Entsetzen über das Zurückfliehen der Sonne. Sie wissen gar nicht, welcher Ursache sie dasselbe zuschreiben sollen, und vermuthen nichts geringers, als daß die Riesen einen neuen Sturm auf den Himmel müßten gewagt haben, oder daß gar der Untergang der Welt nahe sey. Hieraus also, daß sie nicht wissen, daß die Sonne aus Abscheu über die Verbrechen desAtreus zurückgeflohen, ist es klar, daß sie bey der vorhergehenden Unterredung nicht können gegenwärtig gewesen seyn. Da aber doch allerdings der Chor eine unterredende Person dabey ist, so muß man entweder einen doppelten Chor annehmen, oder, wie ich gethan habe, ihn theilen. Es ist erstaunend, daß die Kunstrichter solcher Schwierigkeiten durchaus nicht mit einem Worte gedencken, und alles gethan zu haben glauben, wenn sie hier ein Wörtchen und da einen Umstand, mit Auskrahmung aller ihrerGelehrsamkeit, erklären — — Vielleicht könte man auch sagen, daß der einzige Coryphäus nur mit dem Erzehler gesprochen, und daß ausser ihm der gantze Chor abgegangen seye. Vielleicht könnte man sich dieserwegen unter andern darauf berufen, daß der Erzehler selbst ihn als eine einzelne Person betrachtet und in der einfachen Zahl mit ihm spricht; als Zeile 746.


27 - Thyest /

Kurz vorher redet er ihn zwar in der vielfachen Von den Trauerspielen Zahl an, wenn er ihn in der 744. Zeile fragt: exhorruiſtis? Allein dieses exhorruiſtis wäre sehr leicht in exhorruiſti zu verwandeln, welches ohnedem der Gleichförmigkeit wegen höchst nothig ist. — — Von dem Chore selbst will ich nicht viel sagen, weil er fast aus nichts, als aus poetischen Blümchen bestehet, die der befürchtete Untergang der Welt, wie man leicht vermuthen kann, reichlich genug darbiethet. Unter andern geht der Dichter den ganzen Thierkreiß durch, und betauert gleichsam ein jedes Zeichen, das nunmehr herabstürzen und in das alte Chaos zurück fallen würde. Zum Schlusse kömmt er wieder auf einige moralische Sprüche. So sind wir denn, nach einer unzehligen Menge von Sterblichen, die, welche man für würdig erkannt hat, von den Trümmern der Welt zerschmettert zu werden? So sind wir es, die auf die lezten Zeiten verspart wurden? Ach, wie hart ist unser Schicksal; es sey nun, daß wir die Sonne verlohren, oder sie vertrieben haben! Doch, weg ihr Klagen! weg Furcht! Der ist auf das Leben zu begierig, der nicht einmahl sterben will, wenn die Welt mit ihm untergeht.


28 - Thomson's Agamemnon /

Rising steht im Englischen; ich weiß nicht, warum es mein Vorgängerübersetzt hat: in einer starken Gemüthsbewegung. So lange hatte sie gesessen, und nunmehr steht sie auf. Freilich zeigt diese Bewegung zugleich ihre innerliche Verfassung mit an; deswegen aber kann man hier nicht Eines für das Andere setzen. Diese kleine Erinnerung ist für die Schauspielerin, welche die Meinung des Dichters schlecht erfüllen würde, wenn sie sich nur in einer heftigen Gemüthsbewegung zeigte und nicht zugleich aufstünde. - Lessing

29 - Thomson's Agamemnon /

Given to the beasts a prey, or wilder famine. Dieses hat mein Vorgänger ganz falsch übersetzt: Dich gab ich den Thieren preis; ihr wilder Hunger hat längst meinen Freund verdauet.Vgl. hierzu die Stelle im Leben des Herrn Jakob Thomson (Werke, Th. XI. 1. Abth. S. 247): Zum Exempel in der ersten Scene des ersten Aufzuges werden die Worte given to the beasts a prey, or wilder famine übersetzt: Dich gab ich den Thieren preis; ihr wilder Hunger hat längst meinen Freund verdauet . Ich will hier nicht erinnern, daß zwar Aegisthus, aber nicht Klytämnestra den Melisander auf die wüste Insel setzen lassen, auch nicht, daß der Ausdruck: der wilde Hunger der Thiere hat ihn schon längst verdauet, der schönste nicht sei, sondern nur dieses muss ich anmerken, daß wilder famine gar nicht auf beasts gehet, und daß der Dichter die Klytämnestra eigentlich sagen läßt: entweder die Thiere haben ihn umgebracht, oder er hat verhungern müssen. — A. d. H. — Erstlich ist es falsch, daß ihn Klytämnestra den Thieren preisgegeben habe; Aegisthus war es der ihn in die wüste Insel verwies. Zum Andern bezieht sich wilder famine nicht auf beasts, sondern sie will sagen: entweder die Thiere haben ihn daselbst umgebracht, oder er hat verhungern müssen. Drittens ist der Ausdruck: die Thiere haben meinen Freund verdauet, sehr niedrig und ekel. Ich bin kein Spötter, sonst würde ich fragen, warum der Uebersetzer nicht noch einen Schritt weiter über die Verdauung gegangen sei. Alsdann wäre es vielleicht noch nachdrücklicher. Doch sollte ich nicht bedenken, daß dergleichen Redensarten von unsern neuern Dichtern einen nicht geringen Platz unter dem Erhabenen bekommen haben? Wenigstens ist: die Thiere haben meinen Freund verdauet, nicht schlechter als ein: sie sind mir ein Gestank in der Nase. — L.

30 - Thomson's Agamemnon /

At farthest east. Mein Vorgänger hat es übersetzt: am allerersten Ost. Eine sehr gezwungene Undeutlichkeit. — L.