Suchbegriff: hamilk
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Was die Soldaten anbelangt, so warendie Carthaginensischen mit den Römischengar nicht zu vergleichen; diese waren jenenweit an Tapferkeit überlegen. Unter den Generalen war Hamilkar Barkas unstreitigderjenige, welcher sich sowohl durch seinenMuth, als durch seine Klugheit am meistenhervor that. In diesem ganzen Kriege haben wir keinen einzigen General unter denRömern gesehen, dessen ausserordentliche Eigenschaften die Ursachen des Sieges gewesenwären. Rom triumphirte bloß durch dieEinrichtung seines Staats, und, wenn ich sosagen darf, durch Tugenden, die der Nation eigenthümlich waren.


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Lutatius und Valerius waren in Sicilien geblieben, der erste in der Würde einesProconsuls, der andre in der Würde einesProprätors. Sie machten mit einander die 172 Q. Lutat. Cerco, u. A. Manlius Atticus, Cons.d. 511. J. n. E. R. d. 241. J. v. C. G. Einrichtungen, welche nöthig waren, einegute Ordnung einzuführen, und bestimmtendie Gaben und Schutzgelder, welche eine jede Stadt den Römern erlegen sollte. Vornehmlich suchten sie allen Anlaß und alle Ursachen zu Unruhen und Empörungen aus demWege zu räumen. Sie nahmen deswegendenen Einwohnern in Sicilien, welche sichfür den Hamilkar erklärt hatten, die Waffen, und befahlen den Galliern, welche dieParthey des Hamilkars während der Zeit,daß sie in Eryx zur Besatzung gelegen, verlassen hatten, um sich zur Parthey der Römer zu schlagen, aus Sicilien wegzugehen,und sich an einem andern Orte niederzulassen, wozu sie ihnen in der That die dazu nöthigen Schiffe gaben. Der Vorwand zudiesem Befehle, der ihnen sehr hart vorkommen mußte, war das Verbrechen, daß siedurch die Plünderung des Tempels der Venus auf dem Berge Eryx begangen hatten;ein Verbrechen, wodurch sie bey allen Einwohnern der Insel verhaßt worden waren.Seit der Zeit wurde der Theil von Sicilien, welcher erst unter der Bothmäßigkeit derCarthaginenser gewesen war, eine RömischeProvinz. Der Rest der Insel machte dasKönigreich des Hiero aus. Nachdem allesin Ordnung gebracht war, kehrten Lutatius und Valerius nach Rom zurück. DieEhre des Triumphes wurde dem LutatiusQ. Lutat. Cerco, u. A. Manlius Atticus, Cons. 173 zuerkannt. Valerius stellte vor, daß er ebend. 511. J. n. E. R. d. 241. J. v. C. G.so viel zu dem glücklichen Fortgange der Römischen Waffen beygetragen hätte. Er setzte hinzu, es wäre billig, da er mit dem Lutatius die Sorgen und die Gefahren derSchlachten getheilt hätte, daß er auch dieBelohnung dafür mit ihm theilte. Wasder Sache des Prätors noch günstiger war,und was er auch geltend zu machen suchte,war dieses, daß der Consul in der Schlachtnicht hatte selbst die Flotte anführen können,weil er von seiner Wunde noch nicht völligwieder hergestellt war. Valerius hatte alsodie Verrichtungen des Generals über sichnehmen müssen. Lutatius widersetzte sich diesem Verlangen als einem ungewöhnlichenund ungerechten Verlangen. Er behauptete, es stritte wider den Gebrauch und widerdie Gesetze, daß zwey Würden, die einanderungleich und untergeordnet wären, eine gleiche Ehre bey dem Triumphe erhalten sollten.Als sich der Streit auf beyden Seiten erhitzte, so wurde man eins, den Attilius Calati nus zum Schiedsrichter zu nehmen, welcherdem Lutatius wegen der grössern Würdeund des grössern Ansehens, das ihmValerius nicht streitig machen konnte, gewonnen gab. Diesem Urtheil ungeachtetwurde dem Valerius, welcher in diesem Kriege nicht wenig Verdienste erworben hatte,die Ehre des Triumphes zugestanden.


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Lutatius und Valerius waren in Sicilien geblieben, der erste in der Würde einesProconsuls, der andre in der Würde einesProprätors. Sie machten mit einander die 172 Q. Lutat. Cerco, u. A. Manlius Atticus, Cons.d. 511. J. n. E. R. d. 241. J. v. C. G. Einrichtungen, welche nöthig waren, einegute Ordnung einzuführen, und bestimmtendie Gaben und Schutzgelder, welche eine jede Stadt den Römern erlegen sollte. Vornehmlich suchten sie allen Anlaß und alle Ursachen zu Unruhen und Empörungen aus demWege zu räumen. Sie nahmen deswegendenen Einwohnern in Sicilien, welche sichfür den Hamilkar erklärt hatten, die Waffen, und befahlen den Galliern, welche dieParthey des Hamilkars während der Zeit,daß sie in Eryx zur Besatzung gelegen, verlassen hatten, um sich zur Parthey der Römer zu schlagen, aus Sicilien wegzugehen,und sich an einem andern Orte niederzulassen, wozu sie ihnen in der That die dazu nöthigen Schiffe gaben. Der Vorwand zudiesem Befehle, der ihnen sehr hart vorkommen mußte, war das Verbrechen, daß siedurch die Plünderung des Tempels der Venus auf dem Berge Eryx begangen hatten;ein Verbrechen, wodurch sie bey allen Einwohnern der Insel verhaßt worden waren.Seit der Zeit wurde der Theil von Sicilien, welcher erst unter der Bothmäßigkeit derCarthaginenser gewesen war, eine RömischeProvinz. Der Rest der Insel machte dasKönigreich des Hiero aus. Nachdem allesin Ordnung gebracht war, kehrten Lutatius und Valerius nach Rom zurück. DieEhre des Triumphes wurde dem LutatiusQ. Lutat. Cerco, u. A. Manlius Atticus, Cons. 173 zuerkannt. Valerius stellte vor, daß er ebend. 511. J. n. E. R. d. 241. J. v. C. G.so viel zu dem glücklichen Fortgange der Römischen Waffen beygetragen hätte. Er setzte hinzu, es wäre billig, da er mit dem Lutatius die Sorgen und die Gefahren derSchlachten getheilt hätte, daß er auch dieBelohnung dafür mit ihm theilte. Wasder Sache des Prätors noch günstiger war,und was er auch geltend zu machen suchte,war dieses, daß der Consul in der Schlachtnicht hatte selbst die Flotte anführen können,weil er von seiner Wunde noch nicht völligwieder hergestellt war. Valerius hatte alsodie Verrichtungen des Generals über sichnehmen müssen. Lutatius widersetzte sich diesem Verlangen als einem ungewöhnlichenund ungerechten Verlangen. Er behauptete, es stritte wider den Gebrauch und widerdie Gesetze, daß zwey Würden, die einanderungleich und untergeordnet wären, eine gleiche Ehre bey dem Triumphe erhalten sollten.Als sich der Streit auf beyden Seiten erhitzte, so wurde man eins, den Attilius Calati nus zum Schiedsrichter zu nehmen, welcherdem Lutatius wegen der grössern Würdeund des grössern Ansehens, das ihmValerius nicht streitig machen konnte, gewonnen gab. Diesem Urtheil ungeachtetwurde dem Valerius, welcher in diesem Kriege nicht wenig Verdienste erworben hatte,die Ehre des Triumphes zugestanden.


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Sardinien und Ligurien empörten sichaufs neue. Ligurien fiel dem Fabius, undSardinien dem Pomponius durchs Loos zu.Weil man auf die Carthaginenser den Argwohn hatte, daß sie diese Völker heimlichzum Aufruhre anreizten, so schickte Rom unter dem Vorwande, die Summen, die sieauf verschiedne Zeiten zu zahlen, sich verbindlich gemacht hatten, einzufodern, Abgesandte an dieselben. Sie verboten ihnen insehr harten Ausdrücken, sich nicht in die Angelegenheiten der den Römern zugehörigenInseln zu mengen, mit der Bedräuung desKrieges, wenn sie nicht gehorchten. DieCarthaginenser hatten sich von ihrer Unruheerholt, und angefangen, wieder Muth zu bekommen, indem Hamilkar, ihr General,nicht allein die Afrikanischen Völker, die sichempört hatten, wieder befriedigt, sondernauch ihre Herrschaft durch verschiedne Siege in Spanien vergrössert hatte. Sie antworteten also den Abgesandten trotzig, und 218 Q. Fab. Max. Verr. u. M Pompon. Matho, Cons.d. 519. J. n. E. R. d. 233. J. v. C. G. wie diese, ihrem Befehle nach, ihnen einenWurfspieß und einen Schlangenstab, welche beyde Stücke Zeichen des Krieges unddes Friedens waren, gezeigt und hinzugesetzthatten, sie sollten eines von beyden wählen,so gaben sie zur Antwort, sie wollten nichtwählen, aber sie wollten das gern annehmen,was die Römer wählen würden. So erzählt Zonaras(*) diese Geschichte, der abernicht der glaubwürdigste Geschichtschreiberist, und wenig Ansehen hat. Die Römerwaren viel zu stolz, daß sie hätten zurückweichen sollen, nachdem ihnen die Carthaginenser so viel gesagt hatten. Dieses was Zonaras erzählt, hat so viel Aehnlichkeit mit derKriegserklärung der Römer wider Carthago nach der Einnahme von Sagunt, daßuns seine Erzählung vollends verdächtig wird.Sie schieden also von einander, ohne etwasauszumachen, alle beyde Republiken hattenden tödtlichsten Haß auf einander, und erwartete nur auf eine Gelegenheit, auszubrechen. Die Einwohner von Sardinien unddie Ligurier wurden von den Consuln leichtüberwunden, welchen dieser Sieg die Ehredes Triumphs zuwege brachte. Sie wurden überwunden, aber nicht gebändigt, undergriffen das folgende Jahr die Waffen von

(*)Zonaras lebte im 12. Jahrhunderte gegen das1120. Jahr.

M. Aemil. Lepidus, u. M. Publ. Malleolus, Cons. 219 neuem, aber wieder mit keinem bessern Erfolge.


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Hamilkar Barkas, der Vater des Hannibal, von dem in der Geschichte des Krieges in Sicilien so oft geredet worden ist,wurde, nachdem er in Spanien neun Jahrecommandirt und viele kriegerische Nationenseiner Republik in Spanien unterwürfig gemacht hatte, unglücklicher weise in einerSchlacht getödtet. Hasdrubal, sein Schwiegersohn und Nachfolger, der den Haß gegen die Römer von ihm geerbt hatte, trat inseine Fußtapfen, und vermehrte die Eroberungen seines Vorgängers mit neuen, brauchte aber mehr die List und Uberredung, alsdie Gewalt der Waffen. Einer von denwichtigsten Diensten, den er seiner Republikleistete, der nicht wenig dazu beytrug, dieMacht und Herrschaft derselben in Spanien 238 L. Posthum Albin. u. Cn. Fulvius Centinalus Cons.d. 523. J. n. E. R. d. 229. J. v. C. G. auszubreiten und zu befestigen war die Erbauung einer Stadt, die Neucarthago genannt wurde, und nach der Zeit Carthagena genannt worden ist. Ihre Lage war soglücklich als die Carthaginenser sie verlangenkonnten, um Spanien im Zaum zu halten.


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Allgemeine Vorstellung von dem andern Punischen Kriege. Unwille und Haß des Hamilkars wider dieRömer. Der Schwur, den er den noch ganz jungenHannibal thun lassen, einen unversöhnlichen Haßgegen die Römer zu haben. Gleicher Haß bey seinemNachfolger, dem Hasdrubal. Er läßt den Hannibalzur Armee kommen. Charakter des Hannibal. Hannibal erhält das Commando über die Truppen. Errüstet sich zum Kriege wider die Römer, durch die Eroberungen, die er in Spanien macht. Belagerungvon Sagunt durch den Hannibal. Gesandschaft derRömer erst an den Hannibal, denn erst nach Carthago. Alork versucht umsonst die Saguntiner zu einemfriedlichen Vergleiche zu bewegen. Einnahme undVerwüstung von Sagunt. Unruhe und Kummerin Rom wegen des Ruins dieser Stadt. Der Kriegwider Carthago wird in Rom beschlossen. Die Pro

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Hannibal brachte in diesen Krieg einenHaß wider die Römer, der weit herkam undvon seinem Vater auf ihn geerbt worden war.Er war ein Sohn des Hamilkar mit dem Zunahmen Barkas (*), welcher, durch diesefürchterlichen Feinde überwunden, selbst denschimpflichen aber nothwendigen Friedensvergleich unterzeichnet hatte, durch welchen dererste Punische Krieg sein Ende erreichte. Allein er hatte wohl aufgehört, Krieg mit ihnenzu führen, aber nicht aufgehört, sie zu hassen.Dieser stolze Geist(**) konnte sich wegen desVerlustes von Sicilien und Sardinien nichtzufrieden geben. Er wurde vornehmlichdurch die Art aufgebracht, mit welcher dieseso wohl ungerechten als eigennützigen Uberwinder die letzte von beyden Inseln an sichzogen; indem sie sich die schlimmen Umstände der Carthaginenser in Afrika zu Nutzemachten, sie zu zwingen, daß sie ihnen die

(*) Deswegen wurde die Parthey, welche in Carthago das Interesse des Hamilkars und seiner Familie vertheidigte, die Barcinische Faction genannt.

(**)Angebant ingentis spiritus virum Sicilia Sar diniaque amissae. Nam et Siciliam nimisceleri desperatione rerum concessam; et Sardiniam inter motum Africae, fraude Roma norum, stipendio etiam superimposito interceptam. Liu. XXI. 1.

Vom andern Punischen Kriege. 301selbe überlassen mußten, und indem sie ihnenso gar noch einen neuen Tribut auflegten.


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Hätte Hamilkar noch länger gelebt, sowürde er gewiß selbst den Krieg nach Italiengespielt haben, den Hannibal in der Folgedahin spielte. Er wurde nur wegen desschnellen Todes dieses Generals und wegen dernoch allzugrossen Jugend des Hannibals aufgeschoben.


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Während der Zeit bemächtigte sich Hasdrubal, welchem Hamilkar seine Tochter gegeben hatte, durch Hülfe des erstaunlichenAnsehens, welches die Barcinische Factionunter dem Volke und der Armee hatte, derRegierung, so viele Mühe sich auch die Großengaben, solches zu verhindern. Er war geschickter, Unterhandlungen zu pflegen, alsKriege zu führen, und er diente seinem Vaterlande nicht weniger, indem er mit den neuen Nationen, deren Häupter er gewann,durch seine Geschicklichkeit Bündnisse schloß,als wenn er durch die Gewalt der Waffenviele Siege nach einander davon getragenhätte. Hasdrubal machte einen Vertragmit den Römern, denn wir müssen hier zumehrerer Beqvemlichkeit der Leser einige Begebenheiten erzählen. Durch diesen Vergleich war ausgemacht worden, daß ohne vondem übrigen Theil Spaniens etwas zu ge Vom andern Punischen Kriege. 303denken, die Carthaginenser nicht über denEbro sollten gehen können, um allda Kriegzu führen. Es waren auch in einem Artikel die Saguntiner als Bundsgenossen derRömer von den Völkern ausgenommen,welche die Carthaginenser angreifen durften.


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Das Glück, das Hasdrubal genoß,brachte die Verbindlichkeit, die er gegen seinen Schwiegervater hatte, bey ihm nicht inVergessenheit. Er schrieb nach Carthago,Liv. XXI.3.wohin Hannibal nach dem Tode des Hamilkar zurück gekehrt war, und verlangte, daßman ihn zur Armee schicken sollte. Hannibal mochte ungefähr drey und zwanzigJahre alt seyn. (*) Die Sache war einigen Schwierigkeiten unterworfen. DerSenat war in zwo mächtige Partheyen getheilt, welche bey der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten des Staates ganzverschiednen Absichten folgten. Das Hauptder einen Parthey war Hanno, welcher wegen seiner Geburt, seiner Verdienste, undseines Eifers für das allgemeine Beste ein

(*)Titus Livius betrügt sich hier, indem er ihm nur14. Jahre giebt: vix dum puberem. NeunJahre war er, als er mit nach Spanien genommen wurde, wo Hamilkar sein Vater neunJahre war. Zu diesen muß man noch die fünfersten Jahre, da Hasdrubal commandirte, hinzu setzen, welche dann 22. oder 23. Jahre betragen.

304 Vom andern Punischen Kriege. großes Ansehen bey den öffentlichen Berathschlagungen hatte. Diese war bey allen Berathschlagungen der Meynung, daß man einen sichern Frieden,, der sie in dem ruhigenBesitze der in Spanien gemachten Eroberungen ließ, den ungewissen Erfolgen einesmislichen Krieges vorziehen sollte, weil sievorher sah, daß er sich endlich mit dem Untergange des Vaterlands endigen würde.Die andere Faction, welche die Barcinischehieß, weil sie das Interesse des Hamilkar Bar cas und seiner Familie unterstützte, erklärtesich beständig öffentlich für den Krieg. Daman also wegen der Foderung des Hasdrubal, der den jungen Hannibal nach Spanien verlangte, im Senate berathschlagte, sounterstützte die Barcinische Parthey, welcheden Hannibal in der Würde des Hamilkar,seines Vaters zu sehen wünschte, dieses Verlangen mit allem seinen Ansehen. Han no, das Haupt der Gegenparthey, gab sichhingegen alle Mühe, ihn in der Stadt zurückzubehalten. Es scheint, sagte er, daßdie Foderung des Hasdrubal groß ist,ich bin aber doch nicht der Meynung,daß man sie ihm verwilligen soll.Diese Rede, die sich selbst zu widersprechenschien, erweckte die Aufmerksamkeit der ganzen Versammlung. Hasdrubal, fuhrer fort, glaubt dem Hamilkar sein ganzesGlücke schuldig zu seyn, und scheint deswe Vom andern Punischen Kriege. 305gen Recht zu haben, seine Dankbarkeit dadurch an den Tag zu legen, daß er für dieErhebung seines Sohnes arbeitet; allein esist uns nicht anständig, Privatabsichtendem allgemeinen Besten vorzuziehen. Befürchten wir, daß Hannibal den tyrannischen Ehrgeiz seines Vaters nicht genugnachahmen werde? Befürchten wir, daßwir zu spät Sklaven des Sohnes seyn werden, nachdem wir gesehen haben, wie sichder Schwiegersohn nach dem Tode seinesSchwähers das Commando unsrer Armeen als ein Erbgut, das ihm vermöge einesRechtes der Erbfolge zugehört habe, bemächtiget hat? Mein Rath ist, diesen Jüngling in der Stadt zurück zubehalten, um ihmdie Unterwürfigkeit und den Gehorsam zulehren, den er den Gesetzen und dem Magistrate schuldig ist, aus Furcht, daß nichtdieser kleine Funke eine große Feuersbrunstanzünden möge. Die meisten rechtschaffneMänner waren dieser Meynung; allein wiees gemeiniglich zu gehen pflegt; die größteAnzahl überwog die vernünftigste Partey.


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(*)Titus Livius betrügt sich hier, indem er ihm nur14. Jahre giebt: vix dum puberem. NeunJahre war er, als er mit nach Spanien genommen wurde, wo Hamilkar sein Vater neunJahre war. Zu diesen muß man noch die fünfersten Jahre, da Hasdrubal commandirte, hinzu setzen, welche dann 22. oder 23. Jahre betragen.


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Das Glück, das Hasdrubal genoß,brachte die Verbindlichkeit, die er gegen seinen Schwiegervater hatte, bey ihm nicht inVergessenheit. Er schrieb nach Carthago,Liv. XXI.3.wohin Hannibal nach dem Tode des Hamilkar zurück gekehrt war, und verlangte, daßman ihn zur Armee schicken sollte. Hannibal mochte ungefähr drey und zwanzigJahre alt seyn. (*) Die Sache war einigen Schwierigkeiten unterworfen. DerSenat war in zwo mächtige Partheyen getheilt, welche bey der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten des Staates ganzverschiednen Absichten folgten. Das Hauptder einen Parthey war Hanno, welcher wegen seiner Geburt, seiner Verdienste, undseines Eifers für das allgemeine Beste ein

(*)Titus Livius betrügt sich hier, indem er ihm nur14. Jahre giebt: vix dum puberem. NeunJahre war er, als er mit nach Spanien genommen wurde, wo Hamilkar sein Vater neunJahre war. Zu diesen muß man noch die fünfersten Jahre, da Hasdrubal commandirte, hinzu setzen, welche dann 22. oder 23. Jahre betragen.

304 Vom andern Punischen Kriege. großes Ansehen bey den öffentlichen Berathschlagungen hatte. Diese war bey allen Berathschlagungen der Meynung, daß man einen sichern Frieden,, der sie in dem ruhigenBesitze der in Spanien gemachten Eroberungen ließ, den ungewissen Erfolgen einesmislichen Krieges vorziehen sollte, weil sievorher sah, daß er sich endlich mit dem Untergange des Vaterlands endigen würde.Die andere Faction, welche die Barcinischehieß, weil sie das Interesse des Hamilkar Bar cas und seiner Familie unterstützte, erklärtesich beständig öffentlich für den Krieg. Daman also wegen der Foderung des Hasdrubal, der den jungen Hannibal nach Spanien verlangte, im Senate berathschlagte, sounterstützte die Barcinische Parthey, welcheden Hannibal in der Würde des Hamilkar,seines Vaters zu sehen wünschte, dieses Verlangen mit allem seinen Ansehen. Han no, das Haupt der Gegenparthey, gab sichhingegen alle Mühe, ihn in der Stadt zurückzubehalten. Es scheint, sagte er, daßdie Foderung des Hasdrubal groß ist,ich bin aber doch nicht der Meynung,daß man sie ihm verwilligen soll.Diese Rede, die sich selbst zu widersprechenschien, erweckte die Aufmerksamkeit der ganzen Versammlung. Hasdrubal, fuhrer fort, glaubt dem Hamilkar sein ganzesGlücke schuldig zu seyn, und scheint deswe Vom andern Punischen Kriege. 305gen Recht zu haben, seine Dankbarkeit dadurch an den Tag zu legen, daß er für dieErhebung seines Sohnes arbeitet; allein esist uns nicht anständig, Privatabsichtendem allgemeinen Besten vorzuziehen. Befürchten wir, daß Hannibal den tyrannischen Ehrgeiz seines Vaters nicht genugnachahmen werde? Befürchten wir, daßwir zu spät Sklaven des Sohnes seyn werden, nachdem wir gesehen haben, wie sichder Schwiegersohn nach dem Tode seinesSchwähers das Commando unsrer Armeen als ein Erbgut, das ihm vermöge einesRechtes der Erbfolge zugehört habe, bemächtiget hat? Mein Rath ist, diesen Jüngling in der Stadt zurück zubehalten, um ihmdie Unterwürfigkeit und den Gehorsam zulehren, den er den Gesetzen und dem Magistrate schuldig ist, aus Furcht, daß nichtdieser kleine Funke eine große Feuersbrunstanzünden möge. Die meisten rechtschaffneMänner waren dieser Meynung; allein wiees gemeiniglich zu gehen pflegt; die größteAnzahl überwog die vernünftigste Partey.


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Das Glück, das Hasdrubal genoß,brachte die Verbindlichkeit, die er gegen seinen Schwiegervater hatte, bey ihm nicht inVergessenheit. Er schrieb nach Carthago,Liv. XXI.3.wohin Hannibal nach dem Tode des Hamilkar zurück gekehrt war, und verlangte, daßman ihn zur Armee schicken sollte. Hannibal mochte ungefähr drey und zwanzigJahre alt seyn. (*) Die Sache war einigen Schwierigkeiten unterworfen. DerSenat war in zwo mächtige Partheyen getheilt, welche bey der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten des Staates ganzverschiednen Absichten folgten. Das Hauptder einen Parthey war Hanno, welcher wegen seiner Geburt, seiner Verdienste, undseines Eifers für das allgemeine Beste ein

(*)Titus Livius betrügt sich hier, indem er ihm nur14. Jahre giebt: vix dum puberem. NeunJahre war er, als er mit nach Spanien genommen wurde, wo Hamilkar sein Vater neunJahre war. Zu diesen muß man noch die fünfersten Jahre, da Hasdrubal commandirte, hinzu setzen, welche dann 22. oder 23. Jahre betragen.

304 Vom andern Punischen Kriege. großes Ansehen bey den öffentlichen Berathschlagungen hatte. Diese war bey allen Berathschlagungen der Meynung, daß man einen sichern Frieden,, der sie in dem ruhigenBesitze der in Spanien gemachten Eroberungen ließ, den ungewissen Erfolgen einesmislichen Krieges vorziehen sollte, weil sievorher sah, daß er sich endlich mit dem Untergange des Vaterlands endigen würde.Die andere Faction, welche die Barcinischehieß, weil sie das Interesse des Hamilkar Bar cas und seiner Familie unterstützte, erklärtesich beständig öffentlich für den Krieg. Daman also wegen der Foderung des Hasdrubal, der den jungen Hannibal nach Spanien verlangte, im Senate berathschlagte, sounterstützte die Barcinische Parthey, welcheden Hannibal in der Würde des Hamilkar,seines Vaters zu sehen wünschte, dieses Verlangen mit allem seinen Ansehen. Han no, das Haupt der Gegenparthey, gab sichhingegen alle Mühe, ihn in der Stadt zurückzubehalten. Es scheint, sagte er, daßdie Foderung des Hasdrubal groß ist,ich bin aber doch nicht der Meynung,daß man sie ihm verwilligen soll.Diese Rede, die sich selbst zu widersprechenschien, erweckte die Aufmerksamkeit der ganzen Versammlung. Hasdrubal, fuhrer fort, glaubt dem Hamilkar sein ganzesGlücke schuldig zu seyn, und scheint deswe Vom andern Punischen Kriege. 305gen Recht zu haben, seine Dankbarkeit dadurch an den Tag zu legen, daß er für dieErhebung seines Sohnes arbeitet; allein esist uns nicht anständig, Privatabsichtendem allgemeinen Besten vorzuziehen. Befürchten wir, daß Hannibal den tyrannischen Ehrgeiz seines Vaters nicht genugnachahmen werde? Befürchten wir, daßwir zu spät Sklaven des Sohnes seyn werden, nachdem wir gesehen haben, wie sichder Schwiegersohn nach dem Tode seinesSchwähers das Commando unsrer Armeen als ein Erbgut, das ihm vermöge einesRechtes der Erbfolge zugehört habe, bemächtiget hat? Mein Rath ist, diesen Jüngling in der Stadt zurück zubehalten, um ihmdie Unterwürfigkeit und den Gehorsam zulehren, den er den Gesetzen und dem Magistrate schuldig ist, aus Furcht, daß nichtdieser kleine Funke eine große Feuersbrunstanzünden möge. Die meisten rechtschaffneMänner waren dieser Meynung; allein wiees gemeiniglich zu gehen pflegt; die größteAnzahl überwog die vernünftigste Partey.


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Das Glück, das Hasdrubal genoß,brachte die Verbindlichkeit, die er gegen seinen Schwiegervater hatte, bey ihm nicht inVergessenheit. Er schrieb nach Carthago,Liv. XXI.3.wohin Hannibal nach dem Tode des Hamilkar zurück gekehrt war, und verlangte, daßman ihn zur Armee schicken sollte. Hannibal mochte ungefähr drey und zwanzigJahre alt seyn. (*) Die Sache war einigen Schwierigkeiten unterworfen. DerSenat war in zwo mächtige Partheyen getheilt, welche bey der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten des Staates ganzverschiednen Absichten folgten. Das Hauptder einen Parthey war Hanno, welcher wegen seiner Geburt, seiner Verdienste, undseines Eifers für das allgemeine Beste ein

(*)Titus Livius betrügt sich hier, indem er ihm nur14. Jahre giebt: vix dum puberem. NeunJahre war er, als er mit nach Spanien genommen wurde, wo Hamilkar sein Vater neunJahre war. Zu diesen muß man noch die fünfersten Jahre, da Hasdrubal commandirte, hinzu setzen, welche dann 22. oder 23. Jahre betragen.

304 Vom andern Punischen Kriege. großes Ansehen bey den öffentlichen Berathschlagungen hatte. Diese war bey allen Berathschlagungen der Meynung, daß man einen sichern Frieden,, der sie in dem ruhigenBesitze der in Spanien gemachten Eroberungen ließ, den ungewissen Erfolgen einesmislichen Krieges vorziehen sollte, weil sievorher sah, daß er sich endlich mit dem Untergange des Vaterlands endigen würde.Die andere Faction, welche die Barcinischehieß, weil sie das Interesse des Hamilkar Bar cas und seiner Familie unterstützte, erklärtesich beständig öffentlich für den Krieg. Daman also wegen der Foderung des Hasdrubal, der den jungen Hannibal nach Spanien verlangte, im Senate berathschlagte, sounterstützte die Barcinische Parthey, welcheden Hannibal in der Würde des Hamilkar,seines Vaters zu sehen wünschte, dieses Verlangen mit allem seinen Ansehen. Han no, das Haupt der Gegenparthey, gab sichhingegen alle Mühe, ihn in der Stadt zurückzubehalten. Es scheint, sagte er, daßdie Foderung des Hasdrubal groß ist,ich bin aber doch nicht der Meynung,daß man sie ihm verwilligen soll.Diese Rede, die sich selbst zu widersprechenschien, erweckte die Aufmerksamkeit der ganzen Versammlung. Hasdrubal, fuhrer fort, glaubt dem Hamilkar sein ganzesGlücke schuldig zu seyn, und scheint deswe Vom andern Punischen Kriege. 305gen Recht zu haben, seine Dankbarkeit dadurch an den Tag zu legen, daß er für dieErhebung seines Sohnes arbeitet; allein esist uns nicht anständig, Privatabsichtendem allgemeinen Besten vorzuziehen. Befürchten wir, daß Hannibal den tyrannischen Ehrgeiz seines Vaters nicht genugnachahmen werde? Befürchten wir, daßwir zu spät Sklaven des Sohnes seyn werden, nachdem wir gesehen haben, wie sichder Schwiegersohn nach dem Tode seinesSchwähers das Commando unsrer Armeen als ein Erbgut, das ihm vermöge einesRechtes der Erbfolge zugehört habe, bemächtiget hat? Mein Rath ist, diesen Jüngling in der Stadt zurück zubehalten, um ihmdie Unterwürfigkeit und den Gehorsam zulehren, den er den Gesetzen und dem Magistrate schuldig ist, aus Furcht, daß nichtdieser kleine Funke eine große Feuersbrunstanzünden möge. Die meisten rechtschaffneMänner waren dieser Meynung; allein wiees gemeiniglich zu gehen pflegt; die größteAnzahl überwog die vernünftigste Partey.


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Hannibal wurde also nach Spaniengeschickt; laßt uns hören, wie Livius beydieser Gelegenheit sein Bild entwirft. (*)

(*)Missus Hannibal in Hispaniam primo statim adventu omnem exercitum in se con vertir. Amilcarem viventem sibi redditumveteres milites credere: eundem vigorem invultu, vimque in oculis, habitum oris, linea menta intueri. Deinde brevi effecit, ut paterin se minimum momentum ad favorem conci liandum esset. Nunquam ingenium idem adres diuersissimas parendum atque imperan dum habilius fuit. Itaque haud facile discer neres, utrum imperatori an exercitui carioresset. Neque Asdrubal alium quemquampræficere malle, ubi quid strenue ac fortiteragendum esset: neque milites alio duce plusconfidere aut audere. Plurimum audaciæ adpericula capessenda, plurimum consilii interipsa pericula erat. Nullo labore aut corpusfatigari aut animus vinci poterat. Caloris acfrigoris patientia par, cibi potionisque desi derio naturali non voluptate modus finitus:vigiliarum somnique nec die nec nocte discri minata tempora; id quod gerendis rebus su- peresset, quieti datum. Ea neque molli stratoneque silentio arcessita; multi sæpe militarisagulo opertum humi jacentem inter custodi as stationesque militum conspexerunt. Vesti tus nihil inter æquales excellens; arma atqueequi conspiciebantur. Equitum peditumqueidem longe primus erat. Princeps in præli um ibat; ultimus prælio conserto excedebat.Has tantas viri virtutes ingentia vitia æqua bant, inhumana crudelitas, perfidia plus quam Punica, nihil veri, nihil sancti, nullusDeum metus, nullum jusjurandum, nulla re ligio. Cum hac indole virtutum atquo viti orum triennio sub Asdrubale imperatore me ruit; nulla re, quae agenda videndaquemagno futuro duci essent, prætermissa Liv.XXI. 4.

306 Vom andern Punischen Kriege. Sobald er bey der Armee ankam, so zog erdie Augen des ganzen Kriegsheeres und dieGunst aller Truppen auf sich. Die altenSoldaten vornehmlich glaubten, daß sie in Vom andern Punischen Kriege. 307 ihm den alten Hamilcar wieder aufleben sahen. Sie bemerkten an ihm eben die Gesichtszüge, eben das martialische Ansehen inseinem Gesichte, und eben die Lebhaftigkeitin seinen Blicken. Bald aber wurde dieseAehnlichkeit mit seinem Vater der geringsteGrund, warum er aller Herzen gewann.In der That war auch niemals ein Charakter geschickter gewesen, als der seinige, zwoso verschiedne Dinge auszurichten, als derGehorsam und das Commando ist. Eswar deswegen auch schwer zu entscheiden, obihn der General, oder die Soldaten mehrliebten. Sollte eine Unternehmung ausgeführet werden, wobey Muth und Tapferkeitnöthig war, so erwählte ihn Hasdrubal vorallen andern, und die Truppen hatten niemals mehr Vertrauen zum Siege, als wenner sie anführte. Niemand war tapfrer, alser, wenn er sich in Gefahren begeben mußte,und niemand war in den Gefahren klüger,als er. Keine Beschwerlichkeit konnte weder die Kräfte seines Leibes noch die Standhaftigkeit seines Muthes schwächen. Er ertrug Frost und Hitze. Wenn er aß undtrank, so that er es bloß um die Bedürfnisse der Natur zu befriedigen, und nicht zumVergnügen. Er kannte keinen Unterschiedzwischen Nacht und Tag, was Arbeit undRuhe anbetraf, und dazu waren keine gewissen Stunden ausgesetzt. Er schlief zu der 308 Vom andern Punischen Kriege. Zeit, die nach ausgeführten Geschäften nochübrig blieb, und er brauchte, um zu schlafen,weder die Stille noch ein weiches Lager. Manfand ihn oft auf der Erde liegen, in einenSoldatenmantel eingewickelt zwischen denSchildwachen und der Hauptwache. Er unterschied sich nicht durch die Pracht der Kleidung von andern, sondern bloß durch dieSchönheit der Waffen und Pferde. Erwar zugleich der beste Infanterist und derbeste Reuter unter der Armee. Er fing allezeit zuerst den Streit an, und verließ auchdas Treffen zuletzt. Allein mit so großenEigenschaften, waren Fehler vereinigt, dienicht geringer waren, eine unmenschlicheGrausamkeit, eine noch mehr als PunischeTreulosigkeit; keine Ehrfurcht für das, waswahr und heilig war, keine Furcht vor denGöttern, keine Treue in Beobachtung derSchwüre, keine Religion. Mit diesemMischmasche von Tugenden und Lastern diente er drey Jahr unter dem Hasdrubal, binnen welcher Zeit er keine Gelegenheit vorbeyließ, zu sehen und zu thun; was einem künftigen großen Generale anständig war. Wirwollen im Folgenden untersuchen, ob er alledie lasterhaften Eigenschaften wirklich besaß,aus welchen Titus Livius einen Theil seinesCharakters bestehen läßt.