Suchbegriff: augu
Treffer: 49

31 - Discours historique sur l'apocalypse /

Aber diese Stücke, wird man sagen, waren durchaus bekannt; sie dienten den Zuschauern, so zu reden, anstatt der Programmen, die wir von unsern Balleten austheilen; der Zuschauer wußte sie auswendig, und konnte also dem Schauspieler ohne Mühe folgen, ja ihn schon errathen, ehe er sich noch ausdrückte. Werden wir diesen Vortheil nicht auch haben, wenn wir die berühmtesten Stücke unsers Theaters in Tänze bringen? Und sollten wir wohl schlechter organisirt seyn, als die Tänzer in Rom? Sollte das heut zu Tage nicht mehr möglich seyn, was es zu den Zeiten des Augustus war? So etwas zu glauben, würde den Menschen sehr erniedrigen, und den Geschmack und den Geist unsers Jahrhunderts sehr gering schätzen heissen.


32 - Discours historique sur l'apocalypse /

Fossan, der angenehmste und sinnreichste von allen komischen Tänzern, hat den Schülern der Terpsichore den Kopf verrückt; alle haben ihm nachahmen wollen, wenn sie ihn auch schon nicht gesehen hatten. Man hat die edle Gattung der niedrigen aufgeopfert; man hat das Joch der Regeln abgeschüttelt; man hat sich der Sprünge, der gewaltsamen Hebungen und Wendungen, beflissen; kurtz, man hat aufgehört zu tanzen, und hat sichPantomime zu seyn eingebildet: als ob man sich so nennen könnte, wenn man ganz und gar keinen Ausdruck hat; wenn man schlechterdings nichts mahlt; wenn der Tanz durch die gröbsten Uebertreibungen gänzlich entstellt wird; wenn er sich auf die häßlichstenVerrenkungen einschränkt; wenn das Gesicht widersinnige Grimassen schneidet; wenn endlich die Handlung, die durchaus Reitz und Anstand begleiten sollte, nichts als eine Folge wiederholter Anstrengungen ist, die dem Zuschauer so viel unangenehmer sind, da er bey der mühsamen und gezwungnen Arbeit des Ausführers nicht anders als selbst leiden kann. Gleichwohl, mein Herr, ist das die Gattung, die im Besitze des Theaters ist; und von der wir, welches nicht zu leugnen, so viele und mancherley Muster haben. Diese Raserey nachzuahmen was nicht nachzuahmen ist, hat uns schon um so viele Tänzer und Balletmeister gebracht, und wird uns noch um mehrere bringen. Eine vollkommneNachahmungverlangt, daß man selbst den nehmlichen Geschmack, die nehmlichen Fähigkeiten, den nehmlichen Bau, die nehmliche Einsicht, die nehmlichen Organa habe, welche das Original hat, das man sich zur Nachahmung vorstellet. So wenig man also zwey Wesen finden kann, die einander vollkommen gleich sind, so selten werden sich auch zwey Menschen finden, deren Talente, Art und Manier völlig eben dieselben wären. Die Vermischung der Kabriole mit dem schönern Tanze, hat den Charakter desselben verdorben und seinen Adel erniedriget; durch diesen Zusatz wird sein Werth nothwendig geringer, denn er ist, wie ich in dem Folgenden erweisen werde, denn lebhaften Ausdrücken und der beseelten Handlung gänzlich zuwider, die er haben könnte, wenn er sich von allen den unnützen Dingen frey machte, die er mit zu seinen Vollkommenheiten rechnet. Es ist nicht erst seit gestern Mode, daß man den Namen eines Ballets figürlichen Tänzen giebt, die weiter nichts als Lustbarkeiten zu heissen verdienen; man hat schon vor längst diesen Titel an die Prungfeste verschwendet, welche an den verschiednen Europäischen Höfen angestellet wurden. Ich habe aber diese Feste untersucht, und bin überzeugt, das er ihnen nicht zukömmt. Ich habe den Tanz in Handlung nie darinn wahrgenommen; weitläuftige Erzehlungen mußten den Mangel des Ausdrucks der Tänzer ersetzen, um den Zuschauer von dem, was vorgestellet werden sollte, zu unterrichten; und dieses zeiget genugsam von der Unwissenheit ihrer Angeber, und von den kalten nichts sagenden Bewegungen ihrer Ausführer. Bereits im dritten Jahrhunderte fing man an, die Monotonie dieser Kunst und die Nachläßigkeit ihrer Künstler zu spüren. Der H. Augustinus selbst sagt, wenn er von Balletten redet, das man genöthiget gewesen, jemanden vorne an die Scene zu stellen, welcher die Handlung, die gemahlet werden sollen, mit lauter Stimme erklären müssen. Und mußten nicht auch unter Ludewig dem XIV.Erzehlungen, Gespräche, Monologen, dem Tanze auf gleiche Weise zu Auslegungen dienen? Der Tanz stammelte nur. Seine schwachen und unartikulirten Töne brauchten noch von der Musick unterstützt, und von der Poesie erklärt zu werden, welches ohne Zweifel nicht viel besser war, als der Gebrauch des Herolds oder Ausrufers, dessen Augustinus erwähnet. Es ist wirklich sehr zu verwundern, mein Herr, daß die ruhmreiche Epoche des Triumphs der schönen Künste, der Nacheiferung und des Fortganges der Künstler, nicht zugleich auch die Epoche einer glücklichen Verbesserung des Tanzes und der Ballette gewesen ist; und daß unsere Meister, die der Beyfall, den sie sich in einem Jahrhunderte versprechen konnten, in welchem alles dem Genie aufhelfen zu wollen schien, nicht weniger hätte ermuntern und reitzen sollen, gleichwohl in ihrer Kraftlosigkeit und in dem Stande einer schimpflichen Mittelmäßigkeit verblieben sind. Sie wissen, daß die Sprache der Mahlerey, derPoesie, der Bildhauerkunst, bereits alle ihre Beredsamkeit, allen ihren Nachdruck hatte. Selbst die Musik, ob sie schon noch in der Wiege war, fing an sich mit Würde auszudrücken. Nur der Tanz war ohne Leben, ohne Charakter und ohne Handlung. Wenn das Ballet der ältere Bruder der übrigen Künste ist, so ist er es nur in so fern, als er die Vollkommenheit von ihnen allen in sich vereinigen kann. In dem elenden Zustande aber, in welchem er sich itzt befindet, kann man ihm diese Ehrenbezeugung unmöglich bewilligen; vielmehr müssen Sie mir zugestehen, mein Herr, das dieser ältere Bruder, so sehr ihn auch dieNatur zu gefallen bestimmte, eine sehr jämmerliche Figur macht, weder Geschmack, noch Geist, noch Einbildungskraft zeigt, und auf alle Weise die Gleichgültigkeit und Verachtung seiner Schwestern verdienet.


33 - /

Tite-Live remarque ici que les affairesRéflexionde Tite Li-ve sur lesaffairesd'Espagne.Liv.XXVIII.12. d'Espagne, par rapport aux Carthaginois, étoient à peu près dans la même situation que celles d'Italie. Car les Carthaginois aiant été vaincus dans un combat où leur Chef fut pris, avoient été obligés de se retirer aux extrémités de la province, & jusques sur les bords de l'Océan. Toute la différence qu'il y avoit, c'est que l'Espagne, tant par le génie des habitans, que par la nature & la situation des lieux, étoit beaucoup plus propre à renouveller la guerre, non seulement que l'Italie, mais que toutes les autres parties de l'Univers. Aussi, quoique ce soit la prémiére des provinces qui sont en terre-ferme où les Romains sont entrés, c'est cependant la derniére qui ait été tout-à-fait soumise: ce qui n'arriva que sous Auguste.


34 - /

Titus Livius merket hierbey an, daß dieAnmerkung des Titus Livius über die Sachen in Spanien. LiviusXXVIII. 12.Sachen der Carthaginenser in Spanien sich fast in eben den Umständen befanden, wiedie in Jtalien. Denn die Carthaginenserwaren nach dem Verlust einer Schlacht, worinnen ihr Oberhaupt gefangen wurde, gezwungen worden, sich bis in den äusserstenWinkel dieser Provinz, und bis an das Meer zurück zu ziehen. Der einzige Unterschied bestund noch darinnen, daß Spanien so wohl wegen der Gemüthsart der Einwohner, als wegen der Beschaffenheit und Lage der Oerter viel bequemer war, den Krieg wieder zuerneuern, als Jtalien und alle andere Theile der Welt. Also ob es gleich die erste Provinz des festen Landes ist, in welche die Römer eingebrochen sind, so ist es doch auch dieletzte, die gänzlich unter das Joch gebracht worden. Solches geschahe nicht eher, als unter dem Käyser August.


35 - /

Die ausnehmende Gunst, womit Augustus denCinna beehrte, hatte den letztern doch nicht abhalten können, sich in eine Verschwörung wider seinen Wohlthäter einzulassen. Das Vorhaben des Cinna wird entdeckt. Augustus läßt ihn vor sich fordern, um ihm zu entdecken, daß er alle seine Untreue wisse. Wer sieht nicht sogleich ein, daß dieser Kayser um so vielmehr Ehrfurcht erwecken muß, je weniger er seinen Unwillen auslassen wird? Und je mehr er Ursache hat über die Undankbarkeit eines Verräthers erbittert zu seyn, den er mit Wohlthaten überschüttet hat, und der ihm gleichwohl nach Thron und Leben steht, desto mehr wird man erstaunen, die Majestät eines Regenten, welcher richtet, und nicht den Zorn eines sich rächenden Feindes in ihm zu bemerken. — — Eben so deutlich fällt es in die Augen, daß je weniger man über die Grösse seiner entworfnen Unternehmungen erstaunt scheint, desto grösser der Begrif ist, den man bey andern von seinen Vermögen, sie auszuführen, erweckt. Mithri=Schauspieler.dat muß daher einen weit grössern Eindruck machen, wenn er seinen Söhnen die Entwürfe, die er den Stolz der Römer zu erniedrigen gemacht hat, mit einer ganz gelassenen und einfältigen Art mittheilet, als wenn er sie mit Schwulst und Pralerey auskrahmet, und in dem Tone eines Menschen vorträgt, welcher den weiten Umfang seines Genies und die Grösse seines Muths gern möchte bewundern lassen.

36 - /

Die ausnehmende Gunst, womit Augustus denCinna beehrte, hatte den letztern doch nicht abhalten können, sich in eine Verschwörung wider seinen Wohlthäter einzulassen. Das Vorhaben des Cinna wird entdeckt. Augustus läßt ihn vor sich fordern, um ihm zu entdecken, daß er alle seine Untreue wisse. Wer sieht nicht sogleich ein, daß dieser Kayser um so vielmehr Ehrfurcht erwecken muß, je weniger er seinen Unwillen auslassen wird? Und je mehr er Ursache hat über die Undankbarkeit eines Verräthers erbittert zu seyn, den er mit Wohlthaten überschüttet hat, und der ihm gleichwohl nach Thron und Leben steht, desto mehr wird man erstaunen, die Majestät eines Regenten, welcher richtet, und nicht den Zorn eines sich rächenden Feindes in ihm zu bemerken. — — Eben so deutlich fällt es in die Augen, daß je weniger man über die Grösse seiner entworfnen Unternehmungen erstaunt scheint, desto grösser der Begrif ist, den man bey andern von seinen Vermögen, sie auszuführen, erweckt. Mithri=Schauspieler.dat muß daher einen weit grössern Eindruck machen, wenn er seinen Söhnen die Entwürfe, die er den Stolz der Römer zu erniedrigen gemacht hat, mit einer ganz gelassenen und einfältigen Art mittheilet, als wenn er sie mit Schwulst und Pralerey auskrahmet, und in dem Tone eines Menschen vorträgt, welcher den weiten Umfang seines Genies und die Grösse seines Muths gern möchte bewundern lassen.

37 - /

Le second âge est celui de César & d'Auguste, dé- signé encore par les noms de Lucrece, de Ciceron, de Tite-Live, de Virgile, d'Horace, d'Ovide, de Varron, de Vitruve.


38 - /

Enfin, le quatriéme siécle est celui qu'on nomme le siécle de Louïs XIV, & c'est peut-être celui des quatre, qui approche le plus de la perfection. Enrichi des dé- couvertes des trois autres, il a plus fait en certain genre, que les trois ensemble. Tous les Arts à la vérité n'ont point été poussez plus loin que sous les Médicis, sous les Augustes & les Alexandres; mais la raison humaine en général s'est perfectionnée. La saine Philosophie n'a été connue que dans ce tems: Et il est vrai de dire, qu'à commencer depuis les dernieres années du Cardinal de Richelieu, jusqu'à celles qui ont suivi la mort de Louïs XIV, il s'est fait dans nos Arts, dans nos esprits, dans nos mœurs, comme dans notre Gouvernement, une révolu- tion générale, qui doit servir de marque éternelle à la vé- ritable gloire de notre Patrie. Cette heureuse influence ne s'est pas même arrêtée en France; elle s'est étendue en Angleterre; elle a excité l'émulation dont avoit alors besoin cette Nation spirituelle & profonde; elle a porté le goût en Allemagne, les Sciences en Moscovie; elle a même ranimé l'Italie qui languissoit, & l'Europe a dû sa politesse à Louïs XIV.


39 - /

Das andre Jahrhundert ist das Jahrhundert desCäsars und Augustus, welches auch nach dem Namen eines Lucretius, eines Cicero, eines Livius, einesVirgils, eines Horaz, eines Ovids, eines Varro, einesVitruvs kann bezeichnet werden.


40 - /

Das vierte Jahrhundert endlich ist dasjenige, welches man das Jahrhundert Ludewigs des XIV nennt, und es ist vielleicht von allen vieren dasjenige, welches der Vollkommenheit am nächsten kommt. Durch die Entdeckungen der drey andern bereichert, hat es in gewissen Stücken mehr als alle dreye zusammen gethan. Zwar sind in der That nicht alle Künste weiter getrieben worden, als unter den Medicis, unter dem August und unter dem Alexander; der menschlicheVerstand aber überhaupt ist vollkommner geworden. Die gesunde Philosophie ward erst zu dieser Zeit be Versuch über das Jahrhundertkannt; und man kann mit Wahrheit sagen, daß, von den letzten Jahren des Kardinals von Richelieu anzufangen, bis auf die Jahre welche auf den Tod Ludewigs des XIV folgten, in unsern Künsten, in unsern Geistern, in unsern Sitten, wie in unsrer Regierung eine allgemeine Veränderung vorgegangen ist, welche zum ewigen Beweise der wahren Ehre unsers Vaterlandes dienen wird. Dieser glückliche Einfluß blieb nicht allein in Frankreich eingeschlossen; er hat sich auch so gar in England ausgebreitet; er hat die Nacheiferung erwecket, welche diesem geistigen und gründlichen Volke damals nöthig war; er hat den Geschmack nach Deutschland, die Wissenschaften nach Rußland gebracht; er hat so gar Italien, welches matt zu werden begonnte, wieder angefeuert, und Europa ist seine Feinheit dem XIVten Ludewig schuldig.


41 - /

Die vornehmsten Thaten, auf welche Ludewig der XIV seine Ehre gründete, waren, daß er zu Anfange seiner Regierung den spanischen Zweig des Hauses Oesterreich, welcher seit hundert Jahren unsern Königen den Vorsitz streitig machte, gezwungen habe, selbigem im Jahr 1661 auf ewig zu entsagen; daß er im Jahre 1664 die Verbindung der zwey Meere unternommen habe, daß er im Jahre 1667 die Gesetze verbessert; in eben dem Jahre das französische Flandern in sechs Wochen erobert; das Jahr darauf, mitten im Winter, die Franche Comte in weniger als einem Monate weggenommen, und Straßburg und Dünkirchen zu Frankreich gebracht habe. Zu diesen Stücken, die ihm nothwendig schmeicheln mußten, setze man noch eine Seemacht von beynahe zweyhundert Schiffen, 60000 im Jahre 1681 einrollirte Matrosen, außer denen, welche damals schon in Diensten waren; die Häfen zu Toulon, zu Brest und zu Rochefort, die er bauen ließ, mehr als 50 angelegte Citadellen; die Stiftung des Invalidenhauses von St. Cire; den Orden des heil. Ludewigs; das Observatorium; die Akademie der Wis von Ludewig dem XIV.senschaften; die Abschaffung des Zweykampfes; die Aufrichtung der Polizey; die Verbesserung der Gesetze; so wird man sehen, daß sein Ruhm gegründet genug war. Er that nicht alles, was er thun konnte, er that aber doch ungleich mehr, als ein anderer. Wann ich sage, daß alle die großen Denkmaale den Staat nichts gekostet haben, den sie gleichwohl verschönerten, so sage ich nichts als die lautere Wahrheit. Das Volk glaubet, daß ein König, welcher viel auf Gebäude und Auszierungen wendet, sein Reich ruinire; er bereichert es vielmehr, indem er das Geld unter eine unzähliche Menge Künstler bringt; alle Profeßionen gewinnen dabey, und die Aemsigkeit und der Umlauf des Geldes wird vermehret. Der König, welcher seine Unterthanen am meisten arbeiten läßt, der macht sein Reich am meisten blühend. Er liebte die Lobeserhebungen, aber nicht die groben, und diejenigen Gemüthsarten, welche gegen gerechte Lobsprüche unempfindlich sind, verdienen meistentheils keine. Wenn er die Prologen in den Opern, worinne ihn Quinault erhob, zuließ, so geschah es deßwegen, weil diese Lobeserhebungen der Nation gefielen, und die Ehrfurcht, welche sie gegen ihn hatten, vermehreten. Die Lobsprüche, welche Virgil, Horaz, Ovidius gegen den August verschwendeten, waren weit stärker; und wenn man an die Verbannungen gedenket, so hatte sie August weit weniger verdienet.


42 - /

Die vornehmsten Thaten, auf welche Ludewig der XIV seine Ehre gründete, waren, daß er zu Anfange seiner Regierung den spanischen Zweig des Hauses Oesterreich, welcher seit hundert Jahren unsern Königen den Vorsitz streitig machte, gezwungen habe, selbigem im Jahr 1661 auf ewig zu entsagen; daß er im Jahre 1664 die Verbindung der zwey Meere unternommen habe, daß er im Jahre 1667 die Gesetze verbessert; in eben dem Jahre das französische Flandern in sechs Wochen erobert; das Jahr darauf, mitten im Winter, die Franche Comte in weniger als einem Monate weggenommen, und Straßburg und Dünkirchen zu Frankreich gebracht habe. Zu diesen Stücken, die ihm nothwendig schmeicheln mußten, setze man noch eine Seemacht von beynahe zweyhundert Schiffen, 60000 im Jahre 1681 einrollirte Matrosen, außer denen, welche damals schon in Diensten waren; die Häfen zu Toulon, zu Brest und zu Rochefort, die er bauen ließ, mehr als 50 angelegte Citadellen; die Stiftung des Invalidenhauses von St. Cire; den Orden des heil. Ludewigs; das Observatorium; die Akademie der Wis von Ludewig dem XIV.senschaften; die Abschaffung des Zweykampfes; die Aufrichtung der Polizey; die Verbesserung der Gesetze; so wird man sehen, daß sein Ruhm gegründet genug war. Er that nicht alles, was er thun konnte, er that aber doch ungleich mehr, als ein anderer. Wann ich sage, daß alle die großen Denkmaale den Staat nichts gekostet haben, den sie gleichwohl verschönerten, so sage ich nichts als die lautere Wahrheit. Das Volk glaubet, daß ein König, welcher viel auf Gebäude und Auszierungen wendet, sein Reich ruinire; er bereichert es vielmehr, indem er das Geld unter eine unzähliche Menge Künstler bringt; alle Profeßionen gewinnen dabey, und die Aemsigkeit und der Umlauf des Geldes wird vermehret. Der König, welcher seine Unterthanen am meisten arbeiten läßt, der macht sein Reich am meisten blühend. Er liebte die Lobeserhebungen, aber nicht die groben, und diejenigen Gemüthsarten, welche gegen gerechte Lobsprüche unempfindlich sind, verdienen meistentheils keine. Wenn er die Prologen in den Opern, worinne ihn Quinault erhob, zuließ, so geschah es deßwegen, weil diese Lobeserhebungen der Nation gefielen, und die Ehrfurcht, welche sie gegen ihn hatten, vermehreten. Die Lobsprüche, welche Virgil, Horaz, Ovidius gegen den August verschwendeten, waren weit stärker; und wenn man an die Verbannungen gedenket, so hatte sie August weit weniger verdienet.


43 - /

Indem ich den Corneille wieder vornahm, be merkte ich in dem Briefe an den großen Scudery, den Gouverneur unsrer L. Fr., daß er sich in Ansehung des Kardinals von Richelieu folgender Gestalt ausdrücke: Der Herr Kardinal euer und mein Gebiether. So lange in der Welt Minister, Könige und Schmeichler gewesen sind, ist es vielleicht das erstemal, daß man von einem Minister auf diese Art gesprochen hat. Eben dieser Peter Corneille, der Verfasser des Cinna, eignet diesen Cinna dem Herrn von Montauron, königlichen Schatzmeister, zu, welchen er ohne Umstände mit dem Augustus vergleicht. Es ärgert mich, daß er nicht den Montauron Monseigneur genannt hat. Man erzählet, ein alter Officier, welcher sich wenig um das Protocol der Eitelkeit Von Titeln. bekümmert, habe an den Marquis von Louvois,Monsieur geschrieben; als er keine Antwort erhalten, habe er ihn Monseigneur genannt, aber eben so wenig dadurch ausgerichtet, weil der Minister noch das Monsieur auf dem Herzen gehabt. Endlich schrieb er ihm: An meinen Gott, mein Gott Louvois, und zu Anfange des Briefes setzte er:mein Gott und mein Schöpfer. Beweiset dieses nicht alles, daß die guten alten Römer groß und bescheiden gewesen, und daß wir klein und eitel sind?


44 - /

Die Eitelkeit der Titel schlich sich in unsere mitternächtliche Gegenden Europens nicht eher ein, als die Römer mit dem asiatischen Uebermuthe Bekannt Von Titeln.schaft gemacht hatten. Alle Könige in Asien waren, und sind noch bis itzo leibliche Vettern der Sonne und des Mondes: diese Verbindung mußten sich ihre Unterthanen aus dem Sinne schlagen, und der Gouverneur einer Provinz, welcher sich die Muscatennuß des Trostes und die Rose des Vergnügens nennet, würde gespießet werden, wenn er sich für einen Anverwandten der Welt, des Mondes oder der Sonne ausgäbe. Constantius war, so viel ich weiß, der erste römische Kaiser, welcher die christliche Demuth mit einer ganzen Seite der hochmüthigsten Titel belustigte. Es ist wahr, vor seiner Zeit nannte man die Kaiser Gott. Allein, dieses Wort Gott hatte damals gar nicht die Bedeutung, die wir ihm itzo geben. Divus Augustus, Divus Trajanus hieß nichts als der heiligeAugust, der heilige Trajan. Man glaubte, es sey der Würde des römischen Reiches anständig, daß die Seele seines Hauptes sogleich nach dem Tode in Himmel fahre, und oft gab man den Titel des heiligen oder Divus einem Kaiser im voraus. Bey nahe aus eben diesem Grunde nannten sich die ersten Patriarchen der christlichen Kirche alle Ew. Heiligkeit. Man nannte sie also, um sie an das zu erinnern, was sie seyn sollten.


45 - /

Die Eitelkeit der Titel schlich sich in unsere mitternächtliche Gegenden Europens nicht eher ein, als die Römer mit dem asiatischen Uebermuthe Bekannt Von Titeln.schaft gemacht hatten. Alle Könige in Asien waren, und sind noch bis itzo leibliche Vettern der Sonne und des Mondes: diese Verbindung mußten sich ihre Unterthanen aus dem Sinne schlagen, und der Gouverneur einer Provinz, welcher sich die Muscatennuß des Trostes und die Rose des Vergnügens nennet, würde gespießet werden, wenn er sich für einen Anverwandten der Welt, des Mondes oder der Sonne ausgäbe. Constantius war, so viel ich weiß, der erste römische Kaiser, welcher die christliche Demuth mit einer ganzen Seite der hochmüthigsten Titel belustigte. Es ist wahr, vor seiner Zeit nannte man die Kaiser Gott. Allein, dieses Wort Gott hatte damals gar nicht die Bedeutung, die wir ihm itzo geben. Divus Augustus, Divus Trajanus hieß nichts als der heiligeAugust, der heilige Trajan. Man glaubte, es sey der Würde des römischen Reiches anständig, daß die Seele seines Hauptes sogleich nach dem Tode in Himmel fahre, und oft gab man den Titel des heiligen oder Divus einem Kaiser im voraus. Bey nahe aus eben diesem Grunde nannten sich die ersten Patriarchen der christlichen Kirche alle Ew. Heiligkeit. Man nannte sie also, um sie an das zu erinnern, was sie seyn sollten.