Suchbegriff: dietrichstein_rudolph
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1 - Zum vorliegenden Bande / Zum vorliegenden Bande

An dieser Stelle konnten nur einige Anhaltspunkte für die Einschätzung der weiteren Entwicklung gegeben werden. Sie lassen wohl erahnen, daß eine solche Bündelung weitgesteckter Ziele nicht von einzelnen Gelehrten, Höflingen und mißverstandenen Talenten zu erwarten war, wohl aber von Fürsten, welche die auf Ausgleich und Nutzbarmachung ausgerichteten Interessen des Hofs, die sich in der Konfiguration einer neuen Aristokratie zu kristallisieren vermochten, auf die Organisation einer ständeübergreifenden Sozietät lenken konnten. Diese nicht mehr allein vom Adel dominierte Aristokratie konnte sich allerdings nur dann im historischen Prozeß als Nukleus einer nationalen Führungsschicht erweisen, in der konfessionelle, regionale, ständische, berufliche, selbst geschlechtliche Unterschiede unter der Devise Alles Zu Nutzen aufgehoben wurden, wenn ein patriotisches, ethisches und kulturelles Programm wie das der Fruchtbringenden Gesellschaft die Mitglieder in dem zunächst einzugren- zenden Tätigkeitsbereich zu einem Verhalten ermunterte, das nicht durch die jeweilige partikuläre politische, dynastische, ständische, konfessionelle oder andere Motivation gefesselt war. Fürst Ludwig drückte dies am 18. 1. 1648 in seiner Antwort an den adelsstolzen Herrn Rudolph von Dietrichstein aus, der unmittelbar nach seinem Eintritt in die Akademie deren Verwandlung in einen Ritterorden und daneben die Errichtung einer zweiten Fruchtbringenden Gesellschaft für Nichtadlige vorgeschlagen hatte. Ludwig wies dieses Ansinnen mit der Erklärung der alten Gesellschaftsziele zurück: Der Zweck ist alleine auf die Deutsche sprache und löbliche tugenden, nicht aber auf Ritterliche thaten alleine gerichtet, wiewohl auch solche nicht ausgeschlossen, Und wie die eintrettung, auf gebürliches angeben, allen ehr- und tugendliebenden vergönnet, also wird ihnen, sie kommen Zeitlich oder langsam hienein, dadurch an ihren würden und hoheit nichts benommen, nur das die Zeit der eintrettung beachtet, und wan sich ieder hienein begeben, bey gewißer feyerligkeit erinnert wird, [...]. Das fürnemste aber ist, das von anfang her und noch, bis nun in das einund dreyssigste Jhar, in der geselschaft wol erwogen und betrachtet gewesen das von wegen der freyen künste wissenschaft, die gelehrten, auch edel, sowol als die erfarnen in waffen gehalten werden können, so doch die feder am meisten führen müßen, nicht möchten ausgeschlossen sein, und man ihrer nützlich, Zu fortpflantzung der Muttersprache, Zu gebrauchen, inmassen auch solches vielfältig von ihnen geschehen, und an den Tag gekommen. [KE 98]. Dieser vertiefte Arte-et-Marte-Gedanke bezeichnet somit einen Anspruch, an dessen Erfüllung die geschichtliche Leistung der Fruchtbringenden Gesellschaft gemessen sein will. Die hier angeführten Briefe Hübners, Buchners, Werders, Opitz' und Christians II. heben zwar noch nicht die Grenze zwischen einer Hof- und Gelehrtenkunst auf, jedoch lassen auch sie schon die Tendenz erkennen, die in späteren Schreiben und deren Beilagen Aussagen und Werke einer entstehenden nationalen Literatur- und Sprachpflege zeitigte.