1 - Tobias Hübner an Augustus Buchner / 250218A 250218A.1 250218A.2 250218A.3 250218A.4 250218A.5 250218A.6 250218A.7
Der Aufzug bezieht seine Einfälle aus der Argonautensage,
die hauptsächlich aus den
Argonautika des
Apollonios v. Rhodos bekannt war.
Vgl. Ov. met. 7. Kf. Friedrich V. v. der Pfalz trug in dem Zug die Maske Jasons. Die
Rollen seiner Gefährten Peleus und Telamon sind wahrscheinlich von den beiden anderen
Manitenatoren des Ringelrennens, Pgf. Johann II. v. Zweibrücken und F. Christian
I. v. Anhalt-Bernburg, übernommen worden. Vgl. Beschr., 167ff. und sechs Tafeln
(numeriert 1- 11; alle bis auf eine Tafel zeigen den Aufzug in zwei Reihen). Dieser
Aufzug und die sieben folgenden Inventionen zum Ringelrennen wurden im Hofgarten
am 10. bzw. 11. Juni jeweils vor dem Beginn der entsprechenden Wettkämpfe vorgeführt.
Vgl. hier Beschr., 167f.:
Vnd kam zum ersten auf die Bahn gefahren die hocherleuchte
vnd weiseste Göttin Pallas/ auf einem sehr schönen/ gantz mit Gold vnd Silber überzogen/
vnd kunstreich auß geschnitztem wagen/ von zweyen Drachen geführet. An den
Rädern deß kunstreichen Wagens/ zur rechten/ war abgemahlet die ankunft deß Ritters
lasonis mit seiner Argonautischen gesellschafft in dem Königreich Colchos. Welcher anlendung
vnd außsteigen zu Land/ begerten zu hindern der grausame fewrige Drach/
vnd die vngehewre/ wilde/ Ertzfüssige vnd fewer außwerffende Ochssen/ Darüber war
geschrieben: INVIA VIRTVTI NVLLA EST VIA: [...] Auf der lincken Seiten deß Wagens/ war
an dem rad gemahlet der streitbare Ritter Iason, der zwischen dem überwundenen Drachen/
vnd vnder das joch gebrachten wilden Ochssen/ ohn fernere hindernüß/ frey
herbey tratte/ das güldene Flüß [...] an einem schönen grünen bäum aufgehengt/
abzuholen. Vnd war darunder geschrieben: PRETIVM NON VILE LABORVM [...]. Die zugehörige
Tafel zeigt in der oberen Reihe (Nr. 1) zwei Greifen, die — gefolgt von Mercurius
— den prächtigen Wagen mit Pallas ziehen. Dahinter auf einem Felsen Chiron mit Keule
und geöffnetem Buch. Am linken Rade des Wagens erkennt der Betrachter die beschriebene
Darstellung. Nr. 2 führt acht Reiter mit Fanfaren und einen Pauker zu Pferde vor.
Die Abbildungen vereinfachen oder lassen aus, versagen naturgemäß auch bei der Hervorhebung,
Erklärung der Bedeutung oder Bezeichnung des Gegenstands. So heißt es
in Beschr., 168:
Zur rechten am Wagen Palladis, stund ein Low mit flügeln/ der führet
in seinem rechten fuß ein bloß Schwert: auf der Lincken ein anderer Löw/ auch mit
flüttigen/ der hatte in seinem Fuß einen grünen Palmenzweig. Chirons Buch zeigt in
der Darstellung nur Text und nicht
des himmels lauff in einem runden Globo. Nur
zum Teil ist dem Bilde die Mitteilung zu entnehmen:
Darauff kamen acht Trommeter
zu pferd/ mit spitzen blawen hüten in roht eingefaßt/ oben auff mit taffeten fliegenden
binden/ von färben/ blaw/ gelb vnd roht/ vnd silbernen Trommeten/ auch taffeten
Fahnen von gemelten färben/ in blawen wafen röcklein/ mit roten schürtzlein vnd
aufgestülpten ärmeln (dann deren arm vnd schenckel bloß waren) blawen stiefeln vnd
blawen satteln: Sampt einem schwartzen Mohren/ der die Heerbaucken schlug/ gantz
nackend/ mit einem Jndianischen schürtz vnd Vngerischen hütlein mit federn gezieret:
vnd ware die Heerpaucken auch mit taffet bekleidet/ wie die Fahnen der Trommeter.
Andererseits geht erst aus der Abbildung die genaue Bedeutung gewisser Bezeichnungen
wie z. B. der
Trommeten oder des
Vngerischen hütlein[s] hervor, so daß die Aufführung
bzw. die Erfindung, der auch die hier vor allem interessierenden Gedichte
Hübners dienen, nur aus beiden Medien, den Graphiken und den Texten, erahnt werden
kann. Da die Quellen des Berichts und der Abbildungen (Autopsie, Visierungen oder
Beschreibungen der Erfindung, Augenzeugenberichte?) im einzelnen unbestimmt sind,
ist mit Diskrepanzen und Ungenauigkeiten zu rechnen, im Falle des Autors der Beschreibung
auch mit mancher Hübner fremden Interpretation. — Auf die
Trommeter
und den Pauker folgt in der Beschreibung der von zwei Pfauen gezogene Wagen Junos
(Nr. 3), neben dem
Jhre Dienstjungfraw Iris (Beschr., 169) schreitet.
War mit jhrem
Regenbogen bedecket/ vnd führet in jhrer Rechten hand ein grünen Palmzweig/ vnd
auf dem haupt ein grünen Lorbeerkrantz. Neptun erscheint auf einer von drei Meerpferden
gezogenen Muschel, dahinter Glaucus (Nr. 4).
Der war fornen her biß vnder
den Nabel ein Mansperson/ trug einen schönen Spiegel in der Rechten hand: hinden
auß war er ein Fisch/ vnd saß auf einem felsen deß Meers. (Beschr., 169). Die im
Aufzug folgenden sechs Ritter mit türkischen Säbeln sind
die Sechs Patrini, mit namen/
Meleager, Castor, Oileus, Pollux, Anceus, Admetus, die dem Iasoni beystand geleistet. Nr. 5
und 6 zeigen in zwei Reihen drei, von je zwei Kriegern in antiker Rüstung geführte
Stierpaare (
Tauri Subiugati) mit je einem Pflug, gefolgt von drei aneinandergeketteten
Personifikationen (Timiditas, Pigritia und Hypocrisis). Auf den Rüstungen der Krieger
und dem Acker erblickt man Zähne (
Dentes Serpentini). Zu Nr. 6(-7) heißt es:
Vnd
weil bey den triumphirenden breuchlich/ die vberwundene Feind zu einem spectackel
aufzuführen/ Als folgeten erstlich die überwundene Sechs Ochssen/ die füsse von Ertz
hatten/ so alle in die Pflüge eingespant/ vnd vnder das güldene Joch gebracht worden/
deren jeder begleitet mit einem Soldaten/ [...]. Welche mit schlangen Zähnen behengt/
die jhnen theils vnderwegen abfielen. Darauff folgten die auß den gesäeten schlangen
Zähnen erwachsene Neun erschreckliche Laster/ welche gleichwol alle in ketten gefesselt/
vnd also überwunden geführet worden: als da waren Hypocrisis, Pigritia, Timiditas,
Avaritia, Intemperantia, Adulatio, Superbia, Stultitia, & Luxuria[ ...]. (Beschr., 169f.; Nr. 6-7).
Ein riesiger
Drach (Beschr., 170) /
Draco (Greif; Nr. 7), die drei Sirenen (
Pisinoe,
Aglaope, vnd Thelxiope S. 170) und Orpheus auf einem Einhorn (Nr. 8) schließen sich
an.
Endlich kam der Siegreiche Ritter Iason, sampt seinen streitbaren Helden/ Peleo
vnd Thelamone/ auff dem herrlichen Schiff Argo: alle drey besammen/ in dem hindern
theil deß Schiffs/ in Jhrer Ritterlichen vergülten Rüstungen stehende/ vnd führten
vergülte Regiment. Vnd war das Schiff also zugericht. Jn der lenge hatte es 41. schuch:
die breite war 22. schuch. Der mittelste Maßbaum war in die höhe 34. schuch/ der
förder vnd hinder waren etwas niedriger. (Beschr., 170). In der Radierung (Nr. 9)
erkennt man auf den Schilden dieser Argonauten und ihrer
Boßknecht ein ganzes
heraldisches Programm, am mittleren Mast auch eine verzierte Kugel — das in den
Texten des Anhangs vertretene
oraculum, darauß eine lebendige singende stimm sichhören
[!] Hesse/ vnd zukünfftige ding zuverstehen gabe (Beschr., 170). Mitten im
Schiff hing an einer Eiche das Goldene Vlies. Am mittleren Mastbaum gewahrt der
Betrachter, dazu auch von der Beschreibung angeleitetet, das kurpfälzische Wappen,
welches vom Hosenbandorden umwunden ist.
Hinden am Schiff/ vnder dem Ancker/
ward an einer Ketten angeschmiedet nachgeführet/ der trewloß Pelias, der vor neid sein
eigen hertz fraß. (Beschr., 171; Nr. 9). Den Aufzug beschließen in zwei Abbildungsreihen
(Nr. 10- 11) vier bzw. fünf Rösser, welche jeweils einer oder zwei Gewappnete
tummeln. Die Beschreibung (S. 171) spricht nur von fünf Leibrössern und ihren
Soldaten.
Ergänzungen, Berichtigungen, aber auch Mißverständnisse in dem Bericht eines
unbekannten Augenzeugen: The Magnificent, Princely, and Most Royall Entertainments
Given to ... Frederick, Count Palatine ... and Elizabeth, Sole Daughter to ... King of
England, James, Our Soveraigne Lord (London: Nathaniel Butler 1613), in: Nichols, a.
a. O., II, 612ff., hier S. 618f.:
The first that entered into the Tilt-yard was the
Palsgrave, accompanied with others [...]. Formost of all came Jupiter, riding in a very
rich chariot, drawne by two griffons guided by Mercury, who sate as coachman. Next
followed Juno in another chariot, drawne by peacockes, and driven by Iris. After her
came the God of Husbandry, with three ploughs. After him entered Neptune, the God
of the Sea, in a chariot [...] drawne by three sea-horses; upon Neptune attended a
Merman, sitting on a rocke, with a glasse in his hand, and behind him, on another
rocke, sate three Mermaides, singing and playing on instruments. After these Mermaides,
the next that entered was a Centaur, hälfe a man, halfe a horse, holding in one
hande a book, and in the other a mace. Then followed Arion, playing on a lute, and
sitting on a sea-unicorne. After all these came in the Seaven Deadly Sinnes, all of them
chained, and driven forward by a dragon, who continually spet fire. Immediately after
which entered the Palsegrave, with two more, in a ship, he himselfe resembling Jason,
attended by sixe Squires, bearing shields and lances; in the ship was to be seene the
Golden Fleece [...] and at the sterne Envy was dragged, eating her owne heart.