Predigt Nr. 15 – Vetter 11 – F 1v-6r/W1 125va-128va (vereinheitlicht); F 1r-v; W1 128va-130rb; Str1 36-43; Str2 81-90
Überschrift
[125va]
1 dj"Si quisA sitit, veniata
et bibat bet de ventre
eius fluent aque viveb."
Abschnitt 1
1 Inc deme lesten dage
eyns grozen hogezides
riefd unse herre bit eynre
grozer, luder stimmen so:
2 "Wene durstet, der kuͦme
zuͦ mir und drinkef."
3 Daz
minnekliche liden guns
hereng, daz wir nuͦ vuͦr
han, daz insal kein
mensche van sime
hertzen nuͦh lazen kuͦmen
sonder groze bewe-
gungeund bitimide-
liden und danknemicheit
[b]
jin sin hertze nemenj.
4 Ouch sint unser ewi-
gek god und unsel herre
so groze smaheit und
manchveldige pine
geliden hait, so in-
sollent alle, die sine
vrunt gerne weren,
niet noͤde liden.
5 So
waz uf si vellet zuͦ
rechte obe zuͦ unrecht,
si vreuwent sich der
eren und der selicheit
billichen, daz si yme
da ane glich mogen
werden und ime also
na volgen mogenm sins
selves wek, den he
selver gink.
Abschnitt 2
1 Son"wen
durstet", waz iz diser
durst?
2 Anders niet
dano so wanne der heilige
geist kuͦmet in die
sele und intphenget
da eyn minnenvuͦir,
eynen minnenkolen.
3 Van
deme wirt eyn minnen-
brant in der selen.
[126ra]
4 Die hitze wirfit
uz minnenvuͦnken,
dazp eynen durst gebirt
na gode und eyne
minnekliche begerunge.
5 Und inweiz etzwan
niet der mensche, waz
ime wirretq, dan he
vuͦlet eyns jamers
in ime und eyn verdriͤz
alre kreaturen.
6 Dise
begerunge iz drierleire
in drierlei luden, und sint
vil ungelich:
7 Die erste
iz in an hebenden ludenr,
die ander izs in zuͦ nemen-
den luͦden, die dritten
in den, die vollenkomen
lude heizent, alse izt
hie mogelich izu in diseme
leben.
Abschnitt 3
1 Der heilige Davidv
sprach in deme selter:
2 "Rechte alse denw hirtz
durst zuͦ deme burne
xder wazzerx, also durst,
herre, mine sele zuͦ dir,
god."
3 Alse der hirtz wirt
gejaget van den hunden
[b]
sterklichen durch die
welde und durch die
bergey, van der grozer
hitzen so wirt in ime
erwecket eyn groz
durst und eyne beger-
ungezzuͦ deme wazzerz,
vil me danaa ander
deir.
4 Rechte alse der
hirtz wirt gejaget
van den hunden, also
rechte wirt der an hebende
mensche gejaget van
den bekorungen, alse he
alreerst abe kert
van der werilde.
5 Und
sonderlichen van sibenab
starken, groben, losenac, grozen
geburenad, so wirt der
mensche sterkelichen
gejaget, daz sint die
siben heubetsunden.
6 Die
jagent ime na bit gro-
zen swinden bekorungen
vil me dan da man
waz in der werilde,
wan da vuͦr quam
heae die bekorungen, mer
[126va]
nuͦ wirt man ire ja-
gungen gewar.
7 Also sp-
rachSalomon:
8 "Son
min, wan du in trides,
gode zuͦ diͤnen, dan
altzuͦ hantaf bereit
din hertze intgein die
bekorunge."
9 So nuͦ
dise jagit starker und
swinder iz, so der durst,
den wir zuͦ gode hantag, und
die hitze ungelichesah
mere sulde sin und die
begerunge.
10 Nuͦai geschit
underwilen, daz der hunde
eyn den hirtz ervol-
get und vert ime bit
den zenen in den buch.
11 So der hirtz des hun-
des niet inkan quit
werden, so sleift he sinenaj
hunt naak biz an eynen
boum und sleit in vilal
harte amwider denam boum
und brichet ime den
kop und wirt sin also
loizan.
12 Rechte also sal
der mensche duͦn:
13 Wanne
he sinre hunde
sinreao bekorungenap
inkan uͦberwinden,
so sal he loufen bit
grozer ilungen an
den boum des krutzez
und des lidens uns
heren Jhesu Cristi.
14 Und aldaaq
sleit he simear hundeas,
sinre bekorungen, den
kop inzwei, daz iz, he
verwintat aldaau alle
bekorungen und wirt
ir altzuͦ male lozav.
15 Also
nuͦ der hirtz sich der
grozer hunde intwertaw,
so kumment die kleine
hundechen undax under
den hirtz und ayruchent
imeay da und da azeyn lom
uzaz, und da vur inhut
sich der hirtz alse
gar vaste niet und
doch intrenent si in
also, daz der hirtz dan
abe vuͦlen muͦz.
16 Rechte
also geschit deme
menschen:
17 Alse he sich
[127ra]
der grozer sonden int-
wertba und uͦberwint,
so kuͦment dan die klei-
ne hundechen, vuͦr den
dazbb he sichbc neit inhŭt,
sobd sint beiz diebe gespelen
obebf diebg kleinode obe diebh
geselschaf obe diebikur-
tzewile und der menschebj
gutlicheit, und bkda rizitbk
ime hie und da bldie loimmenbl
uz, daz ist, si zuͦziͤhentbm
yme sin hertze undbn sine
innewendicheit, daz he
van not vervuͦlen muͦz
in alme gotlichen leben
und genaden und andacht
und allen gotlichen
ernst und gevuͦlen gotz
und heiliger andacht.
18 Und iz yme dicke vil
schedelicher wan die
groze bekorungen.
19 Wan
vur den huͦt he sich
und hait si vur unrec-
ht und dizbo inacht he
niet.
20 Alse alle die dink
vil schedelicher sint,
der man niet bekennet,
wan die sin, die man
bekennit, also iz dit
geverde, da man niet
uf achtenbp wil, alse
diebq gespilschaf obebr
die kleider obebs die
kleinode.
21 Alse der
hirtz van iklicher
jaget ungelichesbt
me erhitzit wirt
undbu me sin durst weischetbv
und mere wirt, also
in der warheitbw sulde
der mensche van bxzit
zuͦ zitbx in warme durste
na gode gereizit werdinby
van eyme iklichen, rec-
htebz alse he gereizit
und gtwungen wurde
zuͦ gode, daca he niet
invunde dan warheit
und vridecb, gerechtich-
eit und trost.
Abschnitt 4
1 Nuͦ dunt
etzwanne die ieger,
alse der hirtz zuͦ durre
und zuͦ muͦde wirtcc, so
zesserentcd si die hunde
eyn wenich und werdent
uf gehalden, alse si des
[127va]
hiretzisce sicher sint in
deme deirgarten, und
lazent sich in eyn we-
nich erposencf eyne
klene stunde und wirtcg
also gesterket etzwazch
vil und mak danci die
baz die jaget ander
werbe erliden.
2 Rechte
also duͦt unse liebecj
herre:
3 Alse he sihet, daz
demeck menschen cldie jagitcl,
die bekorungecm, zuͦ
groz und zuͦ swerre wirt,
so helt he si eyn wen-
ich uf.
4 Und wirt deme
menschen dancn eyn troppe
in den munt sinscohert-
zen, eynencp smak van
suscheit van gotlichen
dingen.
5 Die sterketcq in
also, daz ime alle dink
versmehentcr, die got
niet insint.
6 Und dunketcs
in dan alsoct, he habe alle
sine not verwundencu.
7 Dit iniz niet dan eyn
ersterken zuͦ eynre nuͦ-
wer jaget.
8 Und alse he
iz alreminst wenit,
so sint ime die hunde uf
deme halse und ligentcv ime
vil me ancw dan ee, cxund
wirt vil me ane gevochten,
ungliches me dan eecx.
9 Aber he iz nuͦ gesterket
und vermakcy ouch un-
glichescz me dan e.
10 Aber
dit duͦt got van wunder-
licher truwen und grozer,
unmezzigerda minnen, daz
he die jaget dbalse grozdb
lezit kuͦmen uͦber den
menschen, want van der
jaget wirt dcdie hitzedc
bilichen zuͦ godedd und inde
durstdf zuͦ deme, da alle
vride, alledg warheit
und gantz trost iz in der
warheit, und umb daz,
daz eynendh menschen der
drankdi, der na demedjeudurste
geit, die suzer und diedk
gelustelicher und die min-
neklicherdl werde hie in
der zit und her na in der
ewicheit, da man den
alresusten burne drinken
[128ra]
sal bit vollen munde
uz sime eygenen urspr-
unge und uz sime ve-
derlichendm hertzen, und
hie in alsolcheme troste,
daz ime alle dink klei-
ne werden dnund nietdn
durch got zuͦ liden.
Abschnitt 5
1 Dando
alse der hirtz dise hun-
de alle uͦberwunden
hat und zuͦ demedp wazzer
kuͦmet, so leyt he sich
bit vollenklichen mun-
dedqintgein demedq wazzer
und drinket bit gantzer
gnugden, wie he izdr mak.
2 Also duͦt der mensche,
alse he sich bit der helven
unz herends quitdtgemac-
het alle diz gezoges der
grozerdu un der
klenredv hunde
und dandw bit diseme
durste kuͦmet zuͦ gode.
3 Waz wil he dan duͦn,
he intzihedx alse vil in sich
und drinke bitdy vollen
munde, daz he wol drun-
ken wirt und wirt gotz
[b]
alse vol, daz he in wunnen
und in weildendz sins selves
vergisit undea in dunket,
daz he wunder vermoge.
4 In dunket, he sulle wol
und vrolichen gan durch
vŭir, durch wazzer, du-
rch dusent swert, ja
durch die spitze des
swertis.
5 He invorcht
noch leben noch doit,
noch lieb noch leit.
6 Daz iz dieeb scholtec:
7 Si edsint
drunkened worden.
8 Dit
heizit jubeliren:
9 Under-
wilen schrihent si, under-
wilen lachent si, danee
singent si.
10 Dan kuͦment
die vernunftigenef, die
hin abe niet inwizzint,
waz der heilige geist
wunders und werkes
hait bit den sinen.
11 Wan
si inhant noch inwizzent
niet dan in die nature
giet.
12 Dise sprechent:
13 "Got sene, wie sit ireg alse
ungesaist und alse un-
gestomich!"
14 Iz duͦt in, daz
[128va]
sieh drunken sint, dan abeei
wizzint dise niet.
15 Her
na kuͦment si in eyneej
unsprechliche vreude,
daz in alle dink eyne
vreude und eyne wunne
sintek.
16 Wie iz in geit, waz
man in deit, alle wege
sint si in wareme vriden
und vreuden, want dizel
minnenkole lit in in und
glimtem und kulten und losc-
het.
17 Alse wazzer, daz
da eosuit, also suiteo inep ineq
daz vuir erder minnen
under duit si wallenes in
wunnen undet in vreuden.
18 Die dreu[1v]itte, die
ev sterbent.
19 Den bric-
[2r]het rehte
ew ir herze inzwei, daz sie die grose
werke gotz nút erliden
ex enkúnnen, daz so star-
ke in in ist und
ey so gros.
20 Wissent, daz hin ab
manig mensche gestorben ist, daz man sich dise-
me wunderlicheme grosen werke also sere
ergab, daz es die nature nút erliden enmoͤ-
hteund der under brach.
Abschnitt 6
1 Als unser lieber
herre diz siht, daz sie alsus diz
ez dinges zuͦ vil
wellent machen und sich alsus ertrinkent
fa,
so tuͦt er reht als ein guͦt bederbe husman,
der vil edelen guͦten win
hetfb bi ime stande
fcund
leit sich nider und slaffet.
2 Und gant dan sine
kint dar und trinkent des edelen wines als
vil, daz sie wol trunken werdent.
3 So der guͦ-
te man uf stat und daz sihet, er machet ein
guͦte ruͦte und durchslehet
fd sie wol, daz sie
als trurig werdent, als si ie
fe fro wurden, und
git in des wassers als vil, daz sie als nuͤh-
tern werdent, als sie ie
ff trunken wurden.
4 fgAlsus
rehte
fg tuͦt unser herre:
5 Er geboret reht, als
fh er
slaffe, und lot
fi sine frúnt rehte von den
fj sinen
nemen und nútzen, wie vil sie es
fkgerent
[2v]und
fk múgen.
6 Aber als er siht, daz es in nút
nútze enwil werden und es in zuͦ vil wil werden,
so enzúhet
fl er in daz bevinden und den trost
und den starken win und maht sie, daz sie
als trurig werdent, als sie ie
fm fro wurden,
und als núhteren, als sie ie
fn trunken wurden,
so
fo in diser trost und dis bevinden begin-
net froͤmede werden.
7 Und oͧch leider waz mo-
hten sie nu dis, daz sie alsus trunken wor-
den sint?
8 Sie túrste sere und man gab es
fpin die
fq vollen.
9 Aber hie mit locket und loste
frer sie usser
fs in selber und usser alleme leide
der gevengnisse der leiden creaturen.
10 Aber
nu
sintft si
fu zuͦ vil
fvwilt worden
fv, nu wil er sie
wider zuͦ in
fw selber bringen
fxin nuͤhterin
fx.
11 Dan
werden sie also wol getempert und al gesast
und sehent nu, wer sie sint und waz sie vermú-
gen, die wil sie zuͦ in selber kumen sint.
12 Die zuͦ
vorderest nieman inkunde
fyhan gebunden
fy,
sie inwolten
fz alles me dan in ieman mohte
han gesaget, sie wolten me liden
ga, me wir-
ken, die werdent nu als getempert
gb, wil sie in
[3r]ire eigenre maht stent.
13 gcSie kúnden nu
gcku-
me ein kleine werg getuͦn sunder grose swer-
heitund ein kleine woͤrteli kume vertragen
gd.
14 In diseme so sehent sie, welich
ge sie selber
gf sint
und waz sie vermugen mit ire kost und
ggei-
genre maht
gg.
15 Und in diseme so werdent sie
dan als gesast, als weselich geloͧbig und al-
so stille.
Abschnitt 7
1 Und daz
gh ist noch alles in den nider-
sten kreften gewesen, alle dise
gi wisen und dis
gjgestúrme und dis
gk werg.
2 Und in den en-
wil got keine wis nút wonen, noch sine
stat enist do nút
glmit núte.
3 Es ist ime do
zuͦ enge und zuͦ kleine.
4 Er enkan sich do nút
bekeren, er enkan sins werkes do nút beku-
men.
5 Er wil und muͦs wonen in den obersten
gmund da wirken goͤtlichen und eigenlichen.
6 Da al-
leine ist sine stat, da vint er sin eigen bilde
und sin
gn gelichnisse.
7 Da wonet got und wir-
ket do.
8 Und wer got eigenliche vinden wil, der
suͦche
go do und niergen anders.
9 Der dar kummet,
der vindet, daz er verre und lange umbe-
wege gesuͦchet hat.
10 Do wirt dan der geist
[3v]gezogen úber alle die krefte in eine wuͤste
wilde, do nieman ab enkan gesprechen, in daz
verborgen vinsternisse dez wiselosen guͦtz.
11 Da wirt der geist also gemach
gp gefuͤret in
die einikeit in
gq der simpelen wiselosen eini-
keit, daz sie verlust alle underscheit
gr, ver-
liese
gs sunder fúrwúrflichen und bevintlich-
en.
12 Wan in einikeit verlúst man alle mani-
gvaltikeit.
13 Und die einikeit, die einiget
gtalle manigvaltikeit.
14 gvMer nút enwenent,
wan sie sint in ire gewoͤnlicher wisen, sie
guenhaben
gv.
15 Als die menschen kument zuͦ in selber,
so hant sie schoͤnre, wonnenklicher
gw underscheit
gx,
wan ieman hat von allen dingen.
16 Daz
ist geboren in der einveltigen
gy einikeit:
clar
gz, war underscheit von allen articu-
len des lúteren geloͧben, wie der vatter und
der sun und der heilige geist ein got sint, und
fúrbas von alre warheit.
17 Daz
ha enverstet
nieman bas war
hbunderscheit dan die, die
hcgeratent
hd in einikeit.
18 Dis heisset und ist
ein unsprechlich vinsternisse und ist doch
[4r]daz weseliche lieht und ist und heisset ein un-
begriffenliche wilde wuͤste,
dahe nieman inne
hfinvint wege
hgnoch wise,
hhwan es ist úber alle
wise
hh.
19 Dis
hi vinsternisse, daz
hj sol man also verstan:
20 Es ist ein lieht, der
hk enkein
hl geschaffen verstent-
nisse zuͦ gelangen noch verstan enmag von
naturen und ist dar umbe wilde, wan es en-
keinen zuͦganc enhat.
21 In dis wirt der geist
gefuͤrt úber sich selber und
hm al ir
hnbegrif-
fenund verstan.
22 Do wirt der burne getrun-
ken us sime eigenen grunde, us der ware we-
selicher quellen.
23 Oͧch
ho, do ist er so suͤsse und so
vrisch und
hp so luter, als alle burnen alresuͤsse-
ste sint in irme sprunge und
hq luter und vris-
ch,
jbmer in den flússen
hrso werdent
hr sie warm und
sur.
24 Oͧch
hs, welich
ht ein luter wunenclich burne
wirt ir hie geschenket us der
hu quellen!
25 Her
in versinket sie zuͦ male
hv mit alle deme, daz
es
hw ist und vermag
hx.
26 Mit vollen munde wolten
hysie gerne trinken, aber des
hz enmag ir hie
nút geschehen.
27 Aber sie sinkent und entsinkent
in den grunt reht als ein wasser, daz uf
[4v]eime ertriche gestuͤnde und in sinket in daz
ertriche.
Abschnitt 8
1 Wolte
ia nu der mensche, als er her kummen
ist, und wolte nach den nidersten kreften muͤ-
sig ligen und nút tuͦn, dan lasen die nider-
ste krefte ligen slaffen, slaffen
ib, so inwurt
icnút drus.
2 Die niderste krefte sol man halten
nach ire wise, oder de
rid heilige geist
ie gienge
zuͦ male enweg.
3 Und da wurde geboren
geistliche hofart und ungeordende friheit
und velt in die vernúnftige bevellikeit
ifund
enwurde nút drus und verblibe alzuͦ male.
4 Sunder mit groser demuͤtikeit sol man sich le-
genunder den goͤtlichen willen, und der heis-
set
ig dan in den mensch groser abgeschei-
denheitdan hie
ih, ab ie in einre edelicher wisen,
viel edelicher dan ie oder ie, und mere luter-
keit, blosheit, unverbildet friheit und einik-
eitund
ii innerlicher
ijund usserlicher
ik swigen
und tiefer demuͤtikeit und alle túgende in
den nidersten kreften.
5 Und da wirt dan der mensche
gotte heimelich und wirt ein goͤtliche mensche
dar us.
Abschnitt 9
1 Sehent ir nu, wie und was?
2 Hant
[5r]ir út gebruͤfet, wie wunderliche wege er
sie gefuͤrt hat und sin spil hie gewiset ist?
3 Zuͦ dem ersten, do sie dis
il sine in sich nam in
ire krefte, wie es ir entwohse und des sinen
inkonde sie in ir nút inthalten:
4 Sie enwur-
de entsast und entordent
imund vertrungen.
5 Aber nu fuͤrt er si alhie und hat sie ge-
holt úber sich selber und úber al ir krefte in
sich selber und git ir alhie sich selber unge-
lich dem ersten.
6 Und hie wirt sie wunnenklic-
hen geordent
in.
7 Dis ist rehte, daz die brut
sprach in der minnen buͦche:
8 "
ioIntroduxit me
rex in cellarium
io."
9 "Der kúnig hat mich in
gefuͤrt oder in geleit in sinen winkelre und
da hat er sine minne
ipin mir
ip geordent
iq."
10 Sic-
her, er hat sie hie alzuͦ
ir wol geordent und
hat
is durch wunderliche wilde wege sie gefuͤrt
und geleit und úber gefuͤrt in daz tieffe
abgrúnde in sich selber.
11 Waz sie da vint, daz
ist úber alle sinne.
12 Vernunft enkan es nút
erlangen
it.
13 Nieman enmag es begriffen
iu,
verstan.
14 Es ist ein war vúrsmag des ewigen
[5v]lebens.
Abschnitt 10
1 Sehent, wie die minnenkliche guͤte
gotz mit sinen userwelten spilen kan.
2 Daz er
unz her in bringen muͤge und daz unz her
nach tursten woͤlle, dar nach túrst in mit
grosseme turste und dar umbe
iv rief er mit
groser, luter stimmen:
3 "Ist ieman, den duirst, der ku-
me zuͦ mir und trinke."
4 Ime waz so noͤte in
túrste dar nach, daz er in uns einen túrst
vinden moͤhte und das wir uns wolten túr-
sten lasen.
5 Und so wolte er uns also richlic-
hen trenken, daz von des libe, die des tran-
kes
iw trinken solten, lebende wassere fliesen
und die da sprungen in daz ewige leben.
Abschnitt 11
1 Waz
ist daz: "von des libe"?
2 Gelicher wiz als der lic-
ham nútzet
ix die lipliche spise, so entphahet
sie der mage und wirt dan al umbe geteilet
in ein ieklich gelit des lichams und wirt dan
abe gesterket der licham alzuͦ male, reht
also enphahet hie der geist die edele goͤtlic-
he spise in diseme trinkenne und wirt daz von
der ware goͤtlicher hitziger minnen alle umbe
geteilt in alle die glidere, in alle des menschen leben
[6r]und wesen, daz alle sine werk bas geor-
dent werdent, daz sie nút bas geordent mo-
hten sin.
3 Und allen menschen besserlicher oͧch wirt
von der inwendiger ware ordenunge, so
wirt oͧch da der usere mensche wol geordent und
wirt bluͤgent und gros und starke zuͦ alle de-
me, dar
iy in got haben wil, und springet
iz rehte
jain daz ewige leben.
jb
4 Daz uns dis allen gesche-
he, des helfe uns
jc got.
5 Amen.