Predigt Nr. 14 – Vetter 10 – BT 26vb–28va; LT 43ra–45rb; AT 34rb–36va; KT 73va–75ra
[26v]
Überschrift
Absatz 1
FN-Anzahl: 3
Am samstag vor der palmwochen, das ist nach mittfasten,1 werden wir in nachvolgender predig bescheidenlich underwisen, welchs die hinderniß sey, das man daz edel end nit ervolgt und nit darinn kompt. Item wie der mensch widerkommen solt in seinen ersten ursprung und welchs der weg sey und das mittel oder die weiß, darin zuͦ kommen, auch was underscheid sy der waren und falschen gottes freünd. Uff die wort Christi; "Ego sum lux mundi."2 Joannis .viij. capituluma.
Am Samstag vor der Woche, die mit dem Palmsonntag beginnt, das ist [der Samstag] nach dem mittleren [= vierten] Sonntag in der Fastenzeit, werden wir in der folgenden Predigt unterwiesen, welches die Hindernisse dabei sind, das edle Ziel zu verfolgen und es zu erreichen. Außerdem [werden wir unterwiesen], wie der Mensch in seinen anfänglichen Ursprung zurückgelangen soll und was der Weg dorthin ist und die Hilfsmittel oder die Art und Weise, wie man dorthin gelangt, auch was der Unterschied zwischen den echten und den falschen Gottesfreunden ist. [Sie ist bezogen] auf die Worte Christi "Ego sum lux mundi" aus dem [Evangelium des] Johannes im 8. Kapitel.
Abschnitt 1
Absatz 2
FN-Anzahl: 9
dUnser herbJesus Christusc spricht d: "Ich binn ein liecht der welt."3 heDie juden sprachene, er wer von Galilea,4 und die leüt von dannen hetten nüt mit im zuͦ schaffen fund zuͦ thuͦnf.5 Und er sprach: "Eüch sey nit darumb. Ich binn ein liecht der welt gund aller menschengh."6
Unser Herr Jesus Christusc spricht: "Ich bin ein Licht für die Welt." Die Juden sagten, er sei aus Galiläa, und die Leute von dort hätten überhaupt nichts mit ihm zu tun. Und er sagte: "Das geht euch nichts an. Ich bin ein Licht für die Welt und alle Menschen."
Abschnitt 2
Absatz 3
FN-Anzahl: 0
Voni disem liechtA seint alle liecht erleüchtet uff dem erdtrichj als die sonn kund der monk und die sternen und ldie lyblichen sinn desl menschen und auch daz liebstm geistlichn liecht als die vernunfft pdero menschen, durch die alle creatur p wider in iren ursprung sollenq fliessen.7 Und obr sie nit wider infliessent, so seint sie sin inen selbers ein ware vinsternyß gegenn disem waren wesenlichen liecht.
Durch dieses Licht werden alle Lichter auf der Erde erleuchtet wie die Sonne und der Mond und die Sterne und die körperlichen Sinne des Menschen und auch das hochgeliebte geistliche Licht wie die Vernunft des Menschen, mittels derer alle Kreaturen wieder in ihren Ursprung strömen sollen. Und falls sie nicht wieder hineinfließt, so bleibt sie in sich selbst eine echte Finsternis im Gegensatz zu diesem wahren wesenhaften Licht.
Abschnitt 3
FN-Anzahl: 4
Nuͦn sprach unser herr: "tVerzeycht dich deins liechtst, das da in der warheit ein finsterniß ist ge[27ra]gen meynem liecht unnd uwider michu. Wann ich das war liecht binn, so will ich dir umb dein vinsternyß mein ewigs liecht eygnen, das es dein seyv unnd alles mein wesen und leben und seligkeit und freüd."8 Als er auch batt seinen himlischen vatter, das sie mitt unß eins seyen – "Ich bin in dir und du in mir, nit vereinet sunder gantzw eins"9 –, das sie also eins seyen in unß, doch nit von natur, aberx von gnaden nach unbegreifflicher weyß.10 Und B darumby seydtmal dasz alle element in irem ursprung widerumm eylen, der stein und das feüwr und darnachaa alle dingab, wie mag dennac ymmer gesein, das die edel creatur, adder menschad, die da ein wunder ist aller wunderae, durch der willenaf gott geschaffen hat alle dingag, hymmel und erd ahund darinn alle dingah, das die allein dem menschen zuͦ einer notdurfft dienen sollen, darumb das der mensch allein dem ewigen gott dienen müg.11 Ist diß nit ein ellend erbaͤrmlich ding, das der vernunfftig mensch darinn bleybt kleben und hafften unnd nit wider inkeren ist in seinen edlen ewigen ursprung in das end und in das war liecht gottes?
Nun sprach unser Herr: " Gib dein Licht auf, das gegenüber meinem Licht und mir selbst wirklich [nur] eine Finsternis darstellt. Weil ich das wahre Licht bin, werde ich dir im Austausch für deine Finsternis mein ewiges Licht übereignen, damit es dir zusammen mit meinem Sein und Leben und Seligkeit und Freude gehört." [Das tat er,] wie er auch seinen himmlischen Vater darum bat, dass sie [beide] mit uns [Menschen] eins sein sollten – "Ich bin in dir und du in mir, nicht vereinigt, sondern gänzlich ein einziges" –, dass sie auf diese Weise eins sein sollten in uns, jedoch nicht aufgrund [unserer] Natur, sondern auf unfassbare Weise aus Gnade. Und deswegen: Weil alle Elemente, der Stein und das Feuer und dementsprechend alle Dinge, wieder zurück in ihren Ursprung drängen, wie kann es dann überhaupt sein, dass die edle Kreatur, der Mensch, der ein Wunder über alle Wunder darstellt und um dessentwillen Gott alle Dinge gemacht hat, Himmel und Erde und in ihnen alle Dinge, nur damit sie dem Menschen zum Leben dienen sollen und der Mensch so allein dem ewigen Gott dienen kann, [wie kann es also sein] – dass der vernünftige Mensch an ihnen hängt und in ihnen verhaftet bleibt und nicht zurückkehrt in seinen edlen ewigen Ursprung, in sein Ziel und in das wahre Licht Gottes? – Stellt das nicht eine beklagenswerte erbarmungswürdige Sache dar?
Abschnitt 4
Absatz 4
FN-Anzahl: 3
Darumbaiseind zwey ding hie zuͦ mercken: Das ein ist, welche die hindernyß sey, dasaj man das edel end nit ervolgt und nit darin kumpt. Das ander, wie der mensch widerkommen solt in seinen ursprung und welchs der weg sey und die weiß, darin zuͦ kommen.12
Deshalb soll man hier zwei Dinge beachten: Das eine ist, welches das Hindernis ist, dessentwegen man das edle Ziel nicht erreicht und hineingelangt. Das zweite [ist], wie der Mensch zurückkommen kann in seinen Ursprung und welches der Weg und die [Art und] Weise ist, dorthinein zu kommen.
Abschnitt 5
Absatz 5
FN-Anzahl: 11
Nuͦ von dem ersten von der hindernyß: Dasak muͦß alvon notal sein, dadurch der mensch dises unsprechlichen guͦts gehindert wirt. Wiß, dasam dise hindernyß ist in zweyerley menschen: Die erstenan seind weltliche hertzen, dieao iren lust C und ir genuͦgde nemen und lieben in den creaturen und in den ussern sinnen. Und damit verzeren sieap ir macht und alle ir sinn. Und alle ir zeit get damit hinweg. Diseaq menschen seindar zuͦmal in der vinsterniß13 und seind widerwertig dem goͤttlichen liecht.14
Zunächst zu dem ersten, dem Hindernis: Es muss eine dringende Sache sein, durch die der Mensch von diesem unaussprechlichem höchsten Gut abgehalten wird. Du sollst wissen, dass sich dieses Hindernis in zwei Sorten von Menschen findet: Bei der ersten handelt es sich um weltliche Menschen, die ihre Freude und ihre Befriedigung in der Kreatur und in den äußeren Sinnen finden und lieben. Und dafür wenden sie ihre Kraft und alle ihre Sinne[swahrnehmungen] auf. Und ihre ganze [Lebens-] Zeit geht ihnen damit verloren. Diese Menschen befinden sich stets in der Finsternis und in einem Gegensatz zum göttlichen Licht.
Abschnitt 6
Absatz 6
Absatz 7
Absatz 8
FN-Anzahl: 75
Die anderenas sind sunst geistliche menschen, dieat in grossem schein steend undau[27rb]grossen namen haben. Die selbenav seind ferr über die ussern vinsternniß kommen, alsaw sie dunckt, aberax in iren inwendigen verborgen grundt seind aysie warlichay phariseier15 und seind da by ir selbs voll eyggner lieb und eygens willens und seint recht ir selbs gegenwurffaz. Dise menschen seindba boͤß zuͦ erkennen under den waren freündenbb16 außwendig. Wan sie wol von mer uͤbungen underwylen seind dannbc die waren gottes freünd von ussen. Daz ist in betten, in vasten, in wachen, in hertigkeitbd lebens, das sie dadurch also nit seind zuͦ erkennen dann allein bedie, in den der geist gottesbe ist, die erkennen es.17 Aberbf einen warenbg underscheid haben sie von den waren lautern freünden gotts inwendig18. Daz ist, die selben menschen seint voll urteils ander menschenbh, der freünd gotts und ir selberbi nicht.19 Aber die waren freünd gots urteilen niemant dann bloßbj sich selber. Undbk die besessnen gründbl suͦchen in allen dingen das ir an gott und an allen creaturen.20 10 Auchbm dise phariseische weiß, das siebn lieben undbo meinen und suͦchen in allen dingen das ir, das istbp so tieff und sobq gründtlich bevestetbr in die armen lustigen natur21, das allebs winckel des menschen gantzbt vol seind. 11 Und esbu wer gar nahe also leycht durch yßnin berg zuͦ brechen,22 als bvdise menschenbv mit der natur zuͦ überwinden. 12 Aberbw diß ist nit leycht zuͦ überwinden dann allein mitbx eim ding: 13 Soby der ewigbz guͤtig gott zuͦmal in dem menschen überhandt nem und die statt allein besaͤß mit im selber. 14 Diß geschicht aber in wenig menschen caund seltenca23. 15 Wann die schuld ist unser und nit gotts. 16 Undcb das ist, daz wir den creaturencc in unß stund und statt geben, dadurch wir denn gotts warlichen entperen cdund mangelcd muͤssen. 17 Wann der vernünffDtig mensch solt keince ruͦw haben, dann alle zeit durch alle creaturen cfdurch uß hinweg tringen, biß daz er warlich kem in daz ewig lebencf.24 18 Und hievon so ist die welt voll daz merer teil des cgverruͦchten lebenscg,[27va]davon dises übertrefflich schadench kompt. 19 Darumbci moͤcht den lautern warencj fründen gottes ir hertzck doͤrren und clir marckcl erkalten in irem gebeincm, socn sie das sehen und hoͤren, das irem getrüwenco ewigencp gott so groß unrecht cqund schadcq geschicht von vyl menschen incr disem grossenE faͤrlichen schadenn. 20 Darumbcs muͦß der mensch auff disen grundt groß fleyß haben, alle diect weyl cuder menschcu in diser zeit lebt, wanncv disercw grundt württ nymmer in dem menschen gantz und gar getoͤdt und überwundencx25. 21 Und darummcy ist diß ein groß schwer hindernyß, in das war goͤttlich czliecht zuͦ kommen unnd in den waren ursprung gottescz. 22 Darumbda so fallen soͤlliche menschen uff ir eygen natürlich liecht und beleibendb also darinn, wann darinn ist so grosser übertefflicherdc lust in der natürlichen vernunfft, das aller lust, dann die gantzen welt hat, nichtdd ist gegen disem lust, der in dem natürlichen liecht verborgen ist. 23 Und diß natürlich liecht haben die heiden bekant und lieb gehabt Aber sie seint darinn belyben undde nicht fürbaß kommen, alsodf das sie dadurch in ewiger finsterniß blyben muͤssendg.26
Die zweite [Sorte] sind solche geistliche Menschen, die in großem Ansehen stehen und sich einen großen Namen gemacht haben. Diese sind weit über die äußere Finsternis hinausgekommen, wie sie meinen, aber in ihrem inneren verborgenen Grund sind sie in Wahrheit Pharisäer und sind dort in sich selbst voller Eigenliebe und und Eigenwillen und sind so ihr eigenes Hindernis. Diese Menschen lassen sich äußerlich schlecht unterscheiden von den wahren Freunden [Gottes], weil sie durchaus zuweilen mehr äußeren Eifer an den Tag legen als die wahren Gottesfreunde, das bedeutet beim Beten, beim Fasten, beim Wachen, bei der Strenge der Lebensführung, so dass sie daran nicht zu erkennen sind außer von denen, in denen der Geist Gottes ist; die erkennen es. Jedoch im Inneren haben sie ein Merkmal, das sie von den wahren aufrichtigen Gottesfreunden unterscheidet: Das ist, dass diese Menschen davon erfüllt sind, andere Menschen und die Freunde Gottes zu verurteilen, sich selbst aber nicht. Die wahren Freunde Gottes jedoch urteilen über niemanden als nur über sich selbst. Und sie, deren [Herzens-]Grund [von anderen Dingen] besetzt ist, suchen in allen Dingen, in Gott und in aller Kreatur das Ihre. 10 Auch diese Art der Pharisäer, in allen Dingen das Ihre lieb zu haben und [nur] es im Sinn zu haben und es zu suchen, ist so tief und so gründlich verankert in der armen gierigen Natur, dass jeder Winkel des Menschen voll davon ist. 11 Und es wäre ungefähr genauso leicht, durch einen eisernen Berg zu brechen, wie über diese Menschen mit Hilfe der [erschaffenen] Natur die Oberhand zu gewinnen. 12 Aber es ist kaum möglich, die Oberhand zu gewinnen außer mit einer [einzigen] Sache: 13 Wenn der ewige gute Gott einmal in dem Menschen überhand nähme und den Ort ausschließlich mit sich selbst besetzen würde. 14 Dies erfolgt aber nur in wenigen Menschen und selten, 15 denn es ist unsere Schuld und nicht die Gottes. 16 Und das ist [unsere Schuld], dass wir der Kreatur in uns Zeit und Platz geben, wodurch wir auf Gott – das ist wahr – verzichten und ohne ihn sein müssen. 17 Denn der verständige Mensch sollte nicht ruhen und immerzu durch alle Kreatur hindurch nach außen hinaus dringen, bis er wahrhaftig in das ewige Leben käme. 18 Und aus diesem Grund ist der größte Teil der Welt angefüllt mit diesem abscheulichen Leben, durch welches dieser außerordentliche Schaden entsteht. 19 Deswegen könnte den aufrichtigen wahren Gottesfreunden das Herz verdorren und das Mark in ihren Knochen erkalten, wenn sie sehen und hören, dass ihrem beständigen ewigen Gott von vielen Menschen so großes Unrecht und [solche] Verletzung zugefügt wird durch diese große gefährliche Schädigung. 20 Deshalb soll der Mensch auf diesen inneren Grund sehr achten während er auf dieser Erde lebt, denn dieser Grund wird im Menschen niemals gänzlich abgetötet und überwunden. 21 Und deswegen stellt dies ein großes beschwerliches Hindernis dar, um in das wahre göttliche Licht zu gelangen und in den wahren Ursprung Gottes. 22 Und werden solche Menschen zurück auf ihr eigenes natürliches Licht geworfen und bleiben in ihm, denn in ihm findet sich so große außergewöhnliche Freude in der natürlichen Vernunft, dass alle Lust der ganzen Welt nichts ist gegen diese Lust, die in dem natürlichen Licht verborgen liegt. 23 Und dieses natürliche Licht kannten auch die Heiden und schätzten es. Aber sie verharrten darin und kamen nicht [aus ihm] heraus, so dass sie deswegen in ewiger Finsternis bleiben müssen.
Abschnitt 7
Absatz 9
Absatz 10
FN-Anzahl: 44
Der ander teil, der hie zuͦ mercken ist, das ist die wyß und der warest kürtzest weg zuͦ kommen in disen ursprung und in diß war liecht. Das ist ein war verleügnen sein selbs und ein lauter gruntlich blosse lieb und meinung gottes und nichts des seinen in keinen dingen, dann allein die eredh glori gotts begeren und suͦchen on alles mittel, und das der mensch alle ding uffnem von gott und von niemant anders, es sey lieb oder leid, saur oder suͤß,27 das er das alles wider ufftrage in den goͤttlichen freyen willen gottes, von wannen es haͤrkumpt unnd on alle umbwegdi28. Dißdj ist der war recht weg der hoͤchsten vollkommenheitdk. Und Fin disem weg scheidenn sich die freündt gottes und die falschen besessnen gründe von einander. Wann die selben keren alle ding uff sich selber und meinendl[27vb]sich allezeyt mit eygenschafft an der gaben gottes und tragendm dieselben gnad nit allezeyt lauterlich wider uff in got mit liebe unddn mit einem lautern ledigen verzeyhen unnd mit danckbarkeit in einem gantzem verlaugnen sein selbs doim geist und in natur von innen und von aussendo29. Welcher mensch disenn grundt aller eygenlichst an im hatt, der ist amdp allermeist ein rechter warer freünd gottes. Aber welcherdq diß nitt warlich liebet und an im hatt drunnd darinnedr besteet, sunder auff seyner eygen lieb seyn selbs und der creaturen30, würtds er darinne gefunden, er gesicht das war goͤttlich liecht nymmermer ewigklich. dtUnnd merckdt, das offt diser falscher grundt in verdeckter weyß sodu sorgklich und schaͤdlich mit dem goͤttlichen liecht vermischt württ, das eadves gardv sorgklich unsicher ding ist. Das ist, sodw der mensch nicht leüterlich war nimpt, noch in im selbs erkundetdx, ob er gott allein suͦche unnd nictdy anders.31 10 Das ist, das die natur offt gantz und gar ist und regiert, da man dzin gott scheynen meintdzea. 11 Unnd desselben würt maneb gewar in disem widerwurff: 12 ecIst das daec grosse schwere leyden uff den menschen fallent, mitted dem selben leyden so fliehen die waren freünde gottesee zuͦ unserm herren und leyden diß guͤtlich durch seynen willen unnd nemen es allein von im unnd von niemant anders und egverlassenef sich zuͦmal mit klagen eg aneh gott den herrren, dadurch in denn gott so gar innig und lieb würt, das in leyden nit leyden ist, sunder es ist in groß freüd unnd wunn durch gotts willen zuͦ leiden. 13 Aber die falschenei gründe in iren phariseischen weysen, so auffG dieselben leyden fellet, so wissen sieej nitt recht, wo sie hynlauffenn sollen unndek suͦchen, elder inel hilff unnd rat unnd trost unnd ergetzlicheitt thetem, unnd woͤllen in in selbs verzweyflen unnd verderbennen. 14 Und wissent, das grosse angst und sorg daruff zuͦ haben ist, das es disen mensch[28ra]en sorgklich an irem todt geen werde. 15 Wann sie haben gott nit leüterlich gesuͦcht unndeo gemeint und geliebet in allem irem leben.32 16 Unnd wen sieep kommen an ir letst zeyt, so finden sie den gott nit leüterlich in irem grundt. 17 Wann sie haben ir gebeüwe ires lebens nit auff den stein, der da christus ist,33 gezymmert. 18 Und darumm so muͤssen sie in den grundt darHnyderfallen.34
Die zweite Sache, auf die hier geachtet werden soll, ist die Art und Weise und der wahrhaftigste und kürzeste Weg, um in den Ursprung und das wahre Licht zu gelangen. Dies besteht in einer echten Selbstverachtung und in einer aufrichtigen tiefgehenden reinen Liebe Gottes und [darin], seinen Sinn auf ihn zu richten und in keinen Dingen etwas Eigenes, sondern allein ohne Hindernis die Ehre und den Ruhm Gottes zu wünschen und zu verfolgen, und dass der Mensch alle Dinge von Gott empfange und von keinem anderen, es sei Lieb oder Leid, bitter oder lieblich, und dass er das wieder unmittelbar dem göttlichen freien Willen Gottes anempfehle, von dem es seinen Ausgang genommen hat. Dieses ist der wahre richtige Weg zur höchsten Vollkommenheit. Und auf diesem Weg trennen sich die Freunde Gottes von denen, deren [Herzens-]Grund [von anderen Dingen] besetzt ist. Denn diese beziehen alle Dinge auf sich selbst und bereichern durch die Aneignung der göttlichen Gaben und empfehlen diese Gaben nicht immer wieder reinen Sinnes Gott in Liebe an und in einer reinen entblößten Selbstverachtung ihrer selbst und in einer vollständigen Nichtachtung ihrer selbst in Geist und Natur, innerlich und äußerlich. Der Mensch, der diesen inneren Grund sein Eigen nennen kann, der ist in höchstem Maße ein richtiger wahrer Freund Gottes. Aber wer dies nicht wirklich liebt und an sich hat und darin bleibt, sondern in der Eigenliebe seiner selbst und der Kreatur, der erblickt das wahre göttliche Licht niemals, wenn er in dieser Haltung gefunden wird. Und merke dir, dass dieser falsche innere Grund oft heimlich so bedenklich und Schaden bringend mit dem göttlichen Licht vermischt wird, dass daraus eine bedenklich unsichere Sache entsteht. Das geschieht, wenn der Mensch nicht gänzlich empfindet, noch in sich selbst erforscht, ob er allein Gott sucht und nichts anderes. 10 Es geschieht, dass die Natur häufig ganz und gar dort ist und herrscht, wo man beabsichtigt, in Gott zu leuchten. 11 Und dasselbe bemerkt man in folgender Reaktion: 12 Wenn es geschieht, dass einen Menschen große beschwerliche Leiden treffen, so nehmen die wahren Freunde Gottes bei diesem Leiden ihre Zuflucht zu unserem Herren und erdulden es gutwillig um seinetwillen und nehmen es nur von ihm alleine und keinem anderen an und befehlen sich dann mit Jammer Gott, dem Herrn, an, wodurch Gott so in ihr Inneres einzieht und ihnen so lieb wird, dass für sie das Leiden kein Leiden mehr ist, sondern es ihnen zu einer großen Freude und Glückseligkeit wird, um Gottes Willen zu leiden. 13 Aber wenn die falschen inneren Gründe, die in ihrer pharisäischen Weise beharren, von Leiden getroffen werden, so wissen sie gerade nicht, wo sie hinlaufen sollen und wo sie [nach jemandem] suchen sollen, der ihnen Hilfe und Rat und Trost gibt und sie belohnt, und [dann] werden sie in sich selbst verzweifeln und zugrunde gehen. 14 Und ihr müsst wissen, dass man große Angst und Furcht davor haben muss, dass es diesen Menschen bei ihrem Tod kummervoll ergehen könnte. 15 Denn sie haben nicht ihre ganzes Leben lang Gott in aufrichtiger Weise gesucht, ihren Sinn auf ihn gerichtet und ihn geliebt. 16 Und wenn ihre letzte Stunde naht, so finden sie Gott nicht in vollkommener Weise in ihrem inneren Grund. 17 Denn sie haben das Haus ihres Lebens nicht auf den Fels, der Christus ist, gebaut. 18 Und deswegen werden sie in den Abgrund stürzen.
Abschnitt 8
Absatz 11
FN-Anzahl: 21
Diseeq menschen seind zuͦ tausentmal soͤrgklicher daran dann die gemeinen weltlichen menschen, wanner dieselben menschenes halten sich selber für sünder unnd seind allezeyt in einer demuͤtigen vorcht gotts, als da thet das gemein volck, das daet nachvolgt unseremeu herren Jesu Christo. Aber die phariseyen und die bischoff unnd die schreyber, die da heylig scheyneten an irem leben, die widerstuͦnden unserem ev herren in allem seinem leben und waren in zuͦletst eins ewschmelichen ellendenew todts toͤdten. Disen darff man nicht sagen, wannex wenn man iney ir gebrechen sagt, so widersten sieez stercklich unnd zornigklich, oderfa sie fliehen als die juden theten, do Christusfb schrib an die erden ir missethat.35 Aberfc sie wolten ir eygen gebrechen nit erkennen fdund wissenfd. Also huͦb sich die flucht under in von dem meisten biß zuͦ dem minsten, biß daz sie allsampt auß dem tempel gefluhen. Und darumm feso istfe den einfaͤltigen menIschen vil ffee undff bessernfg zuͦ helffen unnd zuͦ raten fhdann disenfh. Wann dieselben bekennen ir gebrechen. Und derselben menschen ding würt offt guͦttfi, die sich doch für sündig und gebresthafftig haltten und allezeyt in vorchten und in demuͦtigkeit steen gegen unserem herren.
Diese Menschen sind tausendmal gefährdeter als die einfachen weltlichen Menschen. Denn diese [weltlichen ] Menschen halten sich selbst für Sünder und befinden sich jederzeit in einer demütigen Gottesfurcht wie das einfache Volk, das unserem Herrn Jesus Christus nachlief. Die Pharisäer, die Bischöfe und die Schriftgelehrten, die wegen ihrer Lebensführung scheinbar heilig waren, wehrten sich sein ganzes Leben lang gegen unseren Herrn und ließen ihn schließlich einen schmachvollen einsamen Tod sterben. Diese darf man nicht belehren, denn wenn man sie auf ihre Schwächen hinweist, widersprechen sie heftig und zornig, oder sie laufen davon, wie es die Juden taten, als Christus ihre Vergehen auf die Erde schrieb. Sie wollen nämlich ihre eigenen Schwächen nicht wahrnehmen und erkennen. Deswegen suchten sie alle, vom Angesehensten bis zum Unbedeutendsten, die Flucht, bis sie alle aus dem Tempel geflohen waren. Und aus diesem Grund kann man den einfachen Menschen viel leichter und besser helfen und sie beraten als die anderen, denn sie gestehen ihre Schwächen ein. Und um die Sache dieser Menschen, die sich für sündig und fehlerhaft halten und sich stets in Furcht und Demut unseres Herrn befinden, ist es häufig gut bestellt.
Abschnitt 9
Absatz 12
FN-Anzahl: 16
Unnd darumbfj hat unß gottfk wider diß großfl hindernyß geben grossen trost und hilfffm, fodas derfn hymlisch vatter von liebe seines goͤttlichen hertzen hat fo gesandt synenfp eingebornen sun, unsern herren Jesum Christum undfq sein heiligs leben und frdarzuͦ sein grossefr vollkommen tugend und sein lauter edelfs bild und ler und sein[28rb]manigfaltig bitter leyden undft verschmechtnyß ellend und armuͦt, das er alles unßfu in gantzer ewiger lieb durch unsersfv heils willenfw vorgetragen hat unß fyallen zuͦ eim exempel, das wir im also warlich nachvolgenfx nach allem unserm vermügen inwendig und ußwendig fy,36 darumm das wir unser vinster liecht liessent undfz warlich kaͤmen in das war liecht gotts.
Und deswegen hat uns Gott zur Überwindung dieses großen Hindernisses große Unterstützung und Hilfe gewährt, indem uns der himmlische Vater aus Liebe seines göttlichen Herzens seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus und seine heilige [vorbildliche] Lebensweise geschickt hat und darüber hinaus seine große vollkommene Tugendhaftigkeit, sein reines edles Vorbild und Lehre und sein vielfältiges bitteres Leiden und Verachtung, Einsamkeit und Armut, die er uns allesamt in vollkommener immerwährender Liebe zu unserer Errettung zu einem Beispiel vorgelebt hat, damit wir ihm aufrichtig nachfolgen, so gut wir können, innerlich und äußerlich, und wir so unser dunkles Licht aufgeben und wahrhaftig in das wahre Licht Gottes kommen.
Abschnitt 10
Absatz 13
Absatz 14
FN-Anzahl: 32
Und darzuͦ hat unß gottga die heiligen sacrament gebengb. Von ersten den heiligen glauben37 und den heiligen tauff und dengc chrisam38. gdDiß alles hat er unß darumm gegebengd, geob das geschechge, das wir uß der gnad gottes fielentgf, das wir denn widerumb in gott und in sein gnad kommen moͤgengg, das heilig sacrament der ggpenitentz reüw, beycht und buͦß39 und unsers herrengh fronleychnamm und an dem letsten das heilig oͤl40. Dißgi seind unßgj starcke stüren und hilff widerumb zuͦ kommen in den ursprung gotsgk und in unsern ersten anfanggl, als santgmAugustinus spricht: "DieJ groß edel sonn hat under ir gemacht ein minder sonn, und die beschattet mit iren wolcken die grossen sonn nit zuͦ einem bedecken, sunder zuͦ einem temperieren, das wir die grossen sonn gesehen mügen."41 Die groß sonn ist der himlisch vatter. Der hat under im gemacht die mindern sonngn. Daz ist das vaͤtterlich wortt, gott der sun.42 Wie gpwol es istgogp, daz er im an der gotheit glich ist, so hat er sich selber doch demuͤtiglich genidert nach der menscheit:43 nit sich unß zuͦ verbergen, sunder das er unß getemperiert würde, dazgq wir in warlich gesehen moͤchten, wann er ist daz wargr liecht, daz da warlich erleüchtet einen yeglichen menschen, der da kompt in dise welt.44 10 "Dißgs goͤttlich liecht leüchtet in die vinsternyß, und die vinsternyß enpfieng das liecht nit."45 11 Nugt, diß goͤtlich liecht entpfacht niemant dan allein die menschen, diegu armes geiKstes seint und die ir selbs in eigner lieb und willen ledig undgv arm und bloß worden seint. gw 12 Darauß volgtgw, daz der menschen vil seindgx, die an dem guͦt .xl. jar. arm gewesen seint[28va]und dises edlen grunds nie ein tropffen enpfunden noch geschmeckt haben.46 13 Aber sie haben es wol in dem sinn und in der vernunfft. 14 Aber in dem grund ist es in wild und theür, frembd und ferr.
Und darüber hinaus schenkte uns Gott die heiligen Sakramente, zunächst das heilige Glaubensbekenntnis, die heilige Taufe und den Chrisam. Das alles schenkte er uns für den Fall, dass wir die Gnade Gottes verlören, dass wir dann erneut seine Gnade erlangen könnten. Das heilige Sakrament der Poenitentia, [bestehend aus] Reue, Beichte und Buße, und [das Sakrament] der Hostie unseres Herren und schließlich das heilige Öl: sie stellen für uns starke Stützen und Hilfe dar, um zurück in den Ursprung Gottes und in unseren ersten Anfang zu kommen, wie der heilige Augustinus sagt: "Die große edle Sonne hat unter sich eine kleinere Sonne erschaffen, die mit ihrer Trübung vor der großen Sonne steht, nicht um sie zu verdecken, sondern um sie [= ihren Lichtschein] zu mäßigen, damit wir die große Sonne erblicken können." Die große Sonne ist der himmlische Vater. Dieser hat unter sich die kleinere Sonne erschaffen. Das ist das Wort des Vaters, Gott, der Sohn. Obwohl es stimmt, dass er [= der Sohn] ihm [= dem Vater] in der göttlichen Natur gleich ist, so hat er sich doch selbst demütig zur menschlichen Natur erniedrigt: nicht um sich vor uns zu verbergen, sondern, dass er für uns gemäßigt würde, damit wir ihn wahrhaftig sehen können. Denn er ist das wahre Licht, das wirklich jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt. 10 "Das göttliche Licht leuchtete in die Finsternis, und die Finsternis nahm es nicht auf." 11 Dieses göttliche Licht nun entzündet keinen anderen als allein die Menschen, die geistlich arm sind und die durch ihre eigene Liebe und eigenen Willen arm und entblößt von ihrem eigenen Selbst sind. 12 Das heißt, dass es viele Menschen gibt, die 40 Jahre lang arm an Gütern waren und von diesem edlen Grund [doch] nie einen Tropfen gespürt, noch gekostet haben. 13 Doch sie besitzen es [= das göttliche Licht] im Verstand und in der Vernunft, 14 aber in dem inneren Grund ist es ihnen unbekannt, und es fehlt ihnen, ist fremd und weit entfernt.
Abschnitt 11
FN-Anzahl: 14
Darummgy so kerent hie zuͦ euwern gantzengz fleyß und ernst und alles, das ir geleisten mügen im geist und in natur, uffha das euch das war liecht leüchtehb in schmeckender weyß, darumb das ir warlich kommen moͤgen in disen ursprung, da daz warhc goͤttlich liecht allzeit leüchtet hdin dem inwendigen grund des menschenhd.47 Darumbhe so begerent und L bittent. Und darzuͦ setzend alles, das ir geleisten moͤget ußwendig und inwendig und bittenthf die lieben freünd gotts, das sie eüch darzuͦ helffen. Und henckt euch hfdenn allein bloß und lauter an gott48 unnd anhg die ußerwoͤlten freünde gotts, das sie euch mit in zuͦhh got ziehen. hi Das verleych unß gott. Amen.hi
Deswegen verwendet euren ganzen Eifer und Ernsthaftigkeit und alles, was ihr mit eurem Geist und eurer Natur aufbringen könnt, darauf, dass euch das wahre Licht in einer Weise leuchten möge, die ihr verspürt, damit ihr wahrhaftig in den Ursprung kommen könnt, wo das wahre göttliche Licht immerzu in dem inwendigen Grund des Menschen leuchtet. Danach verlangt und darum bittet. Und setzt alles daran, was ihr äußerlich und innerlich aufbringen könnt, und bittet die lieben Freunde Gottes, dass sie euch dabei zur Hilfe kommen. Und klammert euch dann rein und aufrichtig an Gott und an die auserwählten Freunde Gottes, damit sie euch mit sich zu Gott ziehen. Das schenke uns Gott. Amen.

Variantenapparat

afehlt LT AT KT
bher] lieber herre LT
cChristus fehlt LT
d–dUnser her Jesus Christus spricht fehlt KT
e–eDie juden sprachen] sprach Jesus Joh. viij. Unnd die Juden widersprachen im und sagten KT
f–fund zuͦ thuͦn fehlt KT
g–gund aller menschen fehlt KT
h–hDie juden sprachen ... und aller menschen fehlt LT
iVon] und von LT AT, Aber im heutigen evangelio do er sie wunderlich gespeyset hat mit vunff gersten broͤtten und zweien fischen sprachen sie Er wer der ware prophet der zuͦkunfftig ist in der welt Nuͦn woͤllen wir von disem liecht reden Dan KT
jerdtrich] ertrich lieplich den menschen LT
k–kund der mon fehlt LT
l–ldie lyblichen sinn des] dis alles ist lieplich dem LT
mliebst fehlt KT
ngeistlich fehlt LT
oder] des AT
p–pder menschen durch die alle creatur] der unvornufftigen creaturen die do alle leuterlich LT
qsollen fehlt KT
rob sie nit wider infliessent] thun sie des nicht LT
s–sin inen selber fehlt LT
t–tVerzeycht dich deins liechts] begib deine liecht LT AT
u–uwider mich] mir zu wider KT
vsey] sey als mein KT
wgantz] czumal LT
xaber] mer LT
ydarumb] darumb Kinder LT
zdas] daz doch LT
aadarnach fehlt KT
abding] dingk und LT
acdenn] dan das LT
ad–adder mensch] die do der mensch ist LT
aewunder] wunder und LT
afwillen] selben creatur willen der ewig minnigliche LT
agding] dingk daz ist LT
ah–ahund darinn alle ding] was darin ist LT
aiDarumb] Unnd darumb so LT
ajdas] warumb LT
akDas] kinder daz LT
al–alvon not] von not ein grosz ding LT AT, ye ein groß dinc KT
amdas fehlt LT AT
anersten] ersten das LT
aodie] die do LT
apsie] sie dan LT
aqDise] Kinder dise LT
arseind] sein czu mall LT
asanderen] andern menschen LT
atdie] die do LT
auund] und vil LT
avselben] selben menschen LT
awals] das LT AT
axaber] Aber kinder LT
ay–aysie warlich] die warlichen LT
azgegenwurff] vorwurff LT AT
baseind] seyn recht vast LT
bbfreünden] freunden gotes LT AT KT
bcdann] wan LT
bdhertigkeit] hertikeit des LT AT
be–bedie in den der geist gottes] der geist gotes in den er LT
bfAber] Aber kinder LT
bgwaren fehlt KT
bhmenschen] menschen und LT
biselber] selber urtelen KT
bjbloß fehlt KT
bkUnd] Aber LT
blgründ] grunde die LT
bmAuch] und do durch LT, Aber AT, Kinder KT
bnsie] sie do LT
bound fehlt KT
bpist] ist dan LT
bqso fehlt KT
brbevestet] geworczelt KT
bsalle] alle die LT
btgantz] czu mall LT AT
bues] wysset es LT, fehlt KT
bv–bvdise menschen] disz LT AT
bwAber] Aber kinder LT
bxmit] mtt BT
bySo] daz LT
bzewig fehlt KT
ca–caund selten] selten LT AT, fehlt KT
cbUnd] Wan LT
cccreaturen] sundenn KT
cd–cdund mangel fehlt KT
cekein] keyn ander LT
cf–cf hinweg tringen in got KT
cg–cgleidigen gefuches LT, leidigen geruͦches AT
chschaden] schade dem menschen LT
ciDarumb] Und darumb szo LT
cjwaren fehlt KT
ckhertz] hercz do von LT
cl–clir marck] ir marck darzu LT, fehlt KT
cmgebein] leibe KT
cnso] darumb das LT
cogetrüwen fehlt LT
cpewigen fehlt KT
cq–cqund schad fehlt KT
crin] mit irs selbs KT
csDarumb] unnd darumb Kinder szo LT
ctdie fehlt AT
cu–cuder mensch] er KT
cvwann] so LT AT
cwdiser] diser falsche KT
cxüberwunden] uberwunden ym sey noch mer czu thun LT
cydarumm] darumb so LT
cz–czliecht zuͦ kommen ... waren ursprung gottes] und in disen ursprung zuͦ komen KT
daDarumb] Und darumb kinder LT
dbbeleiben] bleibenn dan LT
dcübertrefflicher fehlt KT
ddnicht] nichts nicht LT
deund] und sein LT
dfalso fehlt KT
dgmuͤssen] mussen Das sein die grossen hindernisz disz waren liechtes LT
dhere] ere und LT AT KT
diumbweg] umbwege und mittel Das da sey eyn gantz unmittelich außfluͦs unnd wider fluͦß in got KT
djDiß] kinder disz LT
dkvollkommenheit] volkommenheit gotes LT
dlmeinen] nemen LT
dmtragen] tragen dan LT
dnund] und auch KT
do–doim geist und ... und von aussen] und ein gantz ingan in got lauterlich KT
dpam] auch LT
dqwelcher] welcher mensch LT
dr–drunnd darinne] und dan dar inneLT, sunder KT
dswürt] wisset nu wirt LT
dt–dtUnnd merck] als lange als got der herre dan ewig ist Und wisset kinder LT
duso fehlt KT
dv–dves gar] do gar ein LT, gar ein AT
dwso] das LT
dxerkundet] prufet LT AT
dynicht] nickt BT
dz–dzin gott scheynen meint] dan got scheinet inne meinen LT
ea–eaes gar sorgklich ...gott scheynen meint] men es nitt war nempt Dar umb ist oft die natuer gantzlich da men dunckt das man got meine KT
ebman] man auch LT
ec–ecIst das da] wenn KT
edmitt] kinder mit LT
eegottes] gottes inwartz KT
efverlassen] vorliesen LT AT
eg–egverlassen sich zuͦmal mit klagen] leiden es mit im unnd in im oder sie verlierenn es all zuͦ mal KT
ehan] in LT AT KT
eifalschen] falschenn eigenwillige KT
ejsie] sie dan LT
ekunnd] unnd lauffen alles außwartz KT
el–elder in fehlt KT
emthet LT AT, fehlt BT
enverderbenn] czubrechen LT, erbrechen AT
eounnd fehlt KT
epsie] sie dan LT
eqDise] Wisset dise LT
erwann] dan LT, fehlt AT
esmenschen fehlt KT
etda fehlt KT
euunserm] unserm lieben LT
evunserm] unserm lieben LT
ew–ewschmelichen ellenden] schemlichen elenden bitteren LT
exwann] wan wisset LT
eyin] disen menschen LT
ezsie] sie dem menschen LT
faoder] ader aber LT
fbChristus] christus jesus LT
fcAber fehlt KT
fd–fdund wissen fehlt KT
fe–feso ist] kinder wisset vorwar das LT
ff–ffee und fehlt KT
fgbessern] besser ist LT
fh–fhdann disen fehlt LT
figuͦtt] guͦtt ratt KT
fjdarumb] darumb so LT
fkgott] der ewig gotLT, der liebliche gott KT
flgroß fehlt KT
fmhilff] hilfft LT
fnder] ist daz unsz der ewig LT
fo–fodas der hymlisch ... goͤttlichen hertzen hat] unnd hatt von liebe KT
fpsynen] seinen ewigen LT
fqund] das KT
fr–frdarzuͦ sein grosse fehlt KT
fsedel fehlt KT
ftund fehlt KT
fuunß fehlt KT
fvunsers] unsers ewigen LT
fwwillen] willen allen menschen LT, willen uns KT
fxnachvolgen] nachvolgen sollen LT
fy–fyallen zuͦ eim ... inwendig und ußwendig] ausser uns selbs leiten unnd locken solte unnd KT
fzund] umb daz wir LT
gagott] der ewig got LT, gott auch KT
gbgeben] geben daz ist LT
gcden] den heiligen LT AT
gd–gddiß alles hat er unß darumm gegeben] Darnach KT
ge–geob das geschech] wan daz sey LT
gffielent] fallen LT AT
ggmoͤgen] mogen daz ist lauter beicht und LT, moͤchten durch KT
ghpenitentz reüw beycht ... und unsers herren] rew und darczu unseres herren czarten miniglichen LT
giDiß] Kinder disz alle mit einander LT
gjunß] unsz grosze LT
gkgots fehlt KT
glanfang] begine LT
gmsant] do der liebe LT
gnsonn fehlt KT
goist] sey LT
gp–gpwo es ist] daz sey LT
gqdaz] darumb daz LT
grwar] war gotlich LT
gsDiß] Kinder disz LT
gtNu] Nu wist kinder LT
gudie] die do LT
gvund fehlt KT
gw–gwDarauß volgt] und darumb so wist LT
gxseind] ist LT
gyDarumm] Und darumb lieben kinder LT
gzgantzen] allen LT
hauff] darumb LT
hbleüchte LT AT KT, fehlt BT
hcwar fehlt KT
hd–hdin dem inwenigen grund des menschen fehlt KT
heDarumb] Und darumb LT
hfbittent] bitet darzu LT
hgdenn allein bloß ... gott unnd an] an den die got anhenckenn KT
hhzuͦ] in LT AT
hi–hiDas verleych unß gott Amen] Das unß daz allen widerfare daz helff uns got der vater got der sun got der heilig LT

Marginalien

A Vom liecht Christi seind alle liecht erleüchtet.
B Alle element eylent wider in iren ursprung.
C Weltliche hertzen.
D Der mensch soll allweg fürbaß tringen, biß er das best erlangt.
E Des falschen grundes soll man fleyßlich war nemen.
F Die scheident sich die frommen und die falschen von einander.
G Die falschen grundt.
H Merck
I Den einfeltigen ist vil buß zuͦ raten dann disen phariseischen.
J Glychnyß Augustini von der grossen und kleinen Sonnen.
K Wer diß goͤttlich liecht enpfahe.
L Ein guͦter rat.

Stellenkommentar

1 Der Begriff "palmwoche" bezeichnet hier die Woche vor dem Palmsonntag, dem sechsten Fastensonntag, der Begriff "mittfasten" den vierten Fastensonntag, den Sonntag Laetare. Gemeint ist also ebenso wie in den Handschriften des 14. Jahrhunderts der Samstag vor dem fünften Fastensonntag, dem Sonntag Judica.
2 Io 8,12. - Io 8,12-20 wurde am Samstag vor dem fünften Fastensonntag, dem Sonntag Judica, als Evangelium gelesen (vgl. Ordinarium, S. 161, Nr. 634; zum Text der dort abgekürzt zitierten Perikope vgl. Missale [1484], Bl. 62vb-63ra).
3 Io 8,12.
4 Vgl. Io 7,41.
5 Vgl. Io 7,52
6 Vgl. Io 8,12.
7 Vgl. Pseudo-Dionysius, De divinis nominibus IV,4-6 (PG 3, Sp. 697 B-702 B; PTS 33, S. 146,13-150,14; Dionysiaca 1, S. 159-177; lateinische Übersetzung durch Johannes Sarracenus in: Albertus Magnus, Editio Coloniensis 37,1, S. 145,69-175,80). Zu dem an der vorliegenden Stelle wie auch im weiteren Verlauf der Predigt (vgl. unten #,#, S. #, Z. #-#) aufgegriffenen neuplatonischen Gedanken einer Rückkehr in den Ursprung (Remanation) vgl. auch Pr. 1, #,#, oben S. #, Z. #-# mit Anm. #.
8 Vgl. Io 8,12; vgl. auch Io 1,4f.9.
9 Vgl. Io 17,22f.; vgl. auch Io 17,21.
10 Zu der in den Predigten Taulers mehrfach aufgegriffenen Formel, dass der Mensch aus Gnade werden könne, was Gott von Natur ist, vgl. Pr. 10, #,#, oben S. #, Z. #-# mit Anm. #.
11 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts enthalten die frühen Drucke hier zusätzliche Erläuterungen zum Zweck der Schöpfung.
12 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts werden die beiden Aspekte in den frühen Drucken in umgekehrter Reihenfolge genannt.
13 Vgl. Io 1,5.
14 Vgl. Io 3,20.
15 Zur Charakterisierung der "Pharisäer" vgl. auch Pr. 13, #,#, oben S. #, Z. #-#.
16 Gemeint sind die Gottesfreunde. Zu diesem Begriff vgl. oben S. #, Anm. # in Predigt 4.
17 Vgl. I Cor 12,10f.; I Io 4,1-4.
18 Anders als in den frühen Drucken ist in den Handschriften des 14. Jahrhunderts an dieser Stelle von einem äußeren Unterschied die Rede.
19 Zu diesem Merkmal der "Pharisäer" vgl. auch Pr. 13, #,#, oben S. #, Z. #-#.
20 Der Text der frühen Drucke ist hier im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts etwas kürzer.
21 Gemeint ist die durch die Sünde verdorbene Natur. In Predigt 11 betont Tauler, dass die Natur an sich gut sei (vgl. Pr. 11, #,#, oben S. # mit Anm. #).
22 Zu dieser Redensart, die "Unmögliches tun" bedeutet, vgl. FWB-online, Art. 1berg, Nr. 2.
23 In den Handschriften des 14. Jahrhunderts findet sich stattdessen die Aussage, dass dies nur bei den Gottesfreunden geschehe.
24 Die drei Sätze, die die Verantwortung des Menschen hervorheben, finden sich nicht in den Handschriften des 14. Jahrhunderts.
25 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts fehlt hier im AT, BT und KT eine kurze Textpassage, die im LT noch vorhanden war.
26 Vgl. Rm 1,19-32. - Der in den Handschriften des 14. Jahrhunderts anschließend folgende Satz, der die vorangegangenen Ausführungen abschließt, fehlt in den frühen Drucken.
27 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts ist der Text der frühen Drucke an dieser Stelle durch Erläuterungen erweitert.
28 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts fehlt an dieser Stelle im LT, AT und BT Text, der im KT wieder ergänzt wurde.
29 Während im LT, AT und BT hier die Selbstverleugnung näher erläutert wird, ist in den Handschriften des 14. Jahrhunderts und auch wieder im KT vom Eingehen in Gott die Rede.
30 Von der Liebe zu den Kreaturen ist in den Handschriften des 14. Jahrhunderts an dieser Stelle nicht die Rede.
31 Im Vergleich zu den Handschriften des 14. Jahrhunderts sind dieser und der vorausgehende Satz syntaktisch einfacher konstruiert und durch erläuternde Zusätze erweitert.
32 Dieser Satz findet sich nicht in den Handschriften des 14. Jahrhunderts.
33 Vgl. Eph 2,20.
34 Vgl. Mt 7,24-27 par. Lc 6,47-49.
35 Vgl. Io 8,6-9.
36 Während im LT, AT und BT die Rezipienten dazu aufgefordert werden, dem Beispiel Christi nach Kräften nachzufolgen, sprechen die Handschriften des 14. Jahrhunderts und auch wieder der KT an dieser Stelle davon, dass das Vorbild Christi die Menschen aus sich selbst führen soll.
37 Der Glaube des Täuflings, der bei Kindern durch den stellvertretenden Glauben der Kirche ersetzt wird, bildet die Voraussetzung für die Taufe (vgl. u. a. Ripelin, Compendium theologicae veritatis VI,9 [in: Albertus Magnus, Opera 34, S. 207]). In den Handschriften des 14. Jahrhunderts wird der Glaube an dieser Stelle nicht erwähnt.
38 Chrisam ist ein vom Bischof geweihtes aromatisiertes Olivenöl, das bei der Taufe für die Salbung nach der Wassertaufe und bei der Firmung verwendet wurde (vgl. zusammenfassend Dudley, Salbung, S. 714-716).
39 Reue (compunctio, contritio), Beichte (confessio) und Genugtuung (satisfactio) sind die drei Bestandteile des Bußsakraments (vgl. u. a. Petrus Lombardus, Sententiae IV d. 16 c. 1 Nr. 86 [SpicBon 5, S. 336f.]; Ripelin, Compendium theologicae veritatis VI,23 [in: Albertus Magnus, Opera 34, S. 222]). Sie werden im LT nicht erwähnt. In den Handschriften des 14. Jahrhunderts wird an dieser Stelle die Beichte genannt. Sie wird in der Handschrift W 1 als Bezeichnung für das gesamte Bußsakrament und in den Straßburger Handschriften offenbar als Oberbegriff für die ersten beiden Bestandteile des Bußsakraments verwendet.
40 Gemeint ist das Sakrament der Krankensalbung, das seit Ende des 12. Jahrhunderts als letzte Ölung bezeichnet wurde (vgl. Vorgrimler, Krankensalbung, S. 666f.).
41 Vgl. Augustinus, In Iohannis euangelium tractatus CXXIV, XXXIV,4 (CChr.SL 36, S. 313,39-41): "Factum est, inquam, propter nos sub sole lumen quod fecit solem. Noli contemnere nubem carnis: nube tegitur, non ut obscuretur, sed ut temperetur." Die Wiedergabe des ersten Teils des Zitats in der Predigt und die sich daran anschließende Interpretation (vgl. unten #,#, S. #, Z. #-#) weichen deutlich vom ursprünglichen Text ab: Anders als Augustinus thematisiert Tauler nicht das Verhältnis zwischen Christus und der Sonne, sondern zwischen Gottvater und Sohn.
42 Vgl. Io 1,14.
43 Vgl. Phil 2,6-8.
44 Io 1,9.
45 Io 1,5.
46 Nach Tauler vollzieht sich eine wirkliche Lebenswende oft erst nach dem Erreichen des vierzigsten Lebensjahres; vgl. oben S. #, Anm. # in Pr. 11.
47 Vgl. Io 1,9. - In den Handschriften des 14. Jahrhunderts ist an dieser Stelle ebenso wie im KT nicht vom Grund die Rede.
48 In den Handschriften des 14. Jahrhunderts ist hier ebenso wie im KT nur davon die Rede, dass man denen anhängen solle, die Gott anhängen.
Jesus Christus
Anm.: biblische Person
weiterführende Informationen
Johannes
Anm.: Evangelist
weiterführende Informationen
Augustinus von Hippo
Anm.: Kirchenvater
weiterführende Informationen
Ordinarium juxta ritum sacri ordinis fratrum praedicatorum, hg. von Franciscus-M. Guerrini, Rom 1921Missale ordinis praedicatorum, Venedig: Nikolaus von Frankfurt 14848° [Digitalisat]Pseudo-Dionysius Areopagita, Opera onmia quae exstant, hg. von Balthasar Cordier, Bd. 1, Paris 1889 ( PG 3)Pseudo-Dionysius Areopagita, Corpus Dionysiacum 1: De divinis nominibus, hg. von Beate Regina Suchla, Berlin/New York 1990 ( PTS 33)Pseudo-Dionysius Areopagita, Dionysiaca. Recueil donnant l'ensemble des traductions latines des ouvrages attribués au Denys de L'Aréopage [...], Bd. 1, [Paris] [1937]Albertus Magnus, Opera omnia, Bd. 37,1: Super Dionysium de divinis nominibus, hg. von Paulus Simon, Münster 1972Reichmann, Oskar u. a. (Hg.), Frühneuhochdeutsches Wörterbuch online, GöttingenAlbertus Magnus, Opera omnia 34: Compendium theologicae veritatis in septem libros digestum. Prima pars summae de creaturis, hg. von Auguste Borgnet, Paris 1895Dudley, Martin, Salbung. IV. Kirchengeschichtlich und praktisch-theologisch, in: Krause, Gerhard / Müller, Gerhard u. a. (Hg.), Theologische Realenzyklopädie, Bd. 29, Berlin/New York 1998, S. 714-717Petrus Lombardus, Sententiae in IV libris distinctae, Bd. 2: Liber III et IV, Grottaferrata (Rom) 1981 ( SpicBon 5)Vorgrimler, Herbert, Krankensalbung, in: Krause, Gerhard / Müller, Gerhard u. a. (Hg.), Theologische Realenzyklopädie, Bd. 19, Berlin/New York 1990, S. 664-669Augustinus Aurelius, Opera 8: In Iohannis evangelivm tractatvs CXXIV, hg. von Radbodus Willems, 2. Aufl., Turnhout 1990 ( CChr.SL 36)
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