Predigt Nr. 9 – Pr. 104A (DW IV,1) – St2(E) 24r-33v (vereinheitlicht); DW IV,1 565-610
Überschrift
[24r]
1 aDiz ist oͧch
meister
Eckehart, der lerte dú warheit alle vart.
a
Abschnitt 1
1 "Ez ist not, das ich si in den dingen, dú
mins vatters sint."
Abschnitt 2
1 Dis wort kumet
uns gar ebene zuͦ unserre reden
b, du wir
cnú sprechen súllent
c von der ewigen geburt, du nú
dein der zit
e ist worden und noch tegelich ge-
born wirt in der selen innegesten
f und in ir-
me grunde one allen zuͦval.
2 Wer dirre ge-
búrt sol gewar werden in im, des ist vor al-
len dingen not, das er in den dingen si, du
des vatters sint.
Abschnitt 3
1 Was eigenschefte het der
vatter?
2 Men zelt im zuͦ den gewalt fur
dú andern person.
3 Also enmag niemer kein
mensche sicherlicher
g bevinden dise geburt
noch der zuͦ genohen, ez engeschehe denne
mit grozser gewalt.
4 Der mensche enmag nút
komen zú dirre geburt, er enziehe sich den-
ne aller siner sinne von
h allen dingen.
5 Und das
muͦz geschehen mit grozser gewalt, das
alle dú
i crefte zúrúcke sullent getriben
werden und irs werckes ab gon.
6 Disem allem
[024v]sament
j muͦz gewalt geschehen, ez engat an-
ders nút zuͦ
k.
7 Her umbe sprach
lCristus:
8 "Das himmelriche
lidet gewalt, und dú gewaltigen, dú
m zúckent
ez hin
n."
Abschnitt 4
1 Nu vellet eine
o vroge
p von der geburt
q, ob
su geschehe one underloz oder underwilent, so
sich der mensche dar zuͦ fuͤget und alle sine
maht her
r zuͦ tuͦ, das er aller dinge vergesze
und sich alleine hie inne wússe.
Abschnitt 5
1 Nu nim
das underscheit:
2 Der mensche het eine wirkende
vernunft und eine lidende vernunft und eine
vermúgende
s vernunft.
3 Dú wirkende vernunft,
dú
t stet allewege gegenwertig, iemer etwas
ze wirkende, ez si in gotte oder in der creatu-
ren.
4 Wenne sú sich vernunftecliche uͤbe
tu in
vden
creaturen
v zuͦ goͤtlicher eren und zuͦ goͤtli-
cheme lobe, diz
w stet noch alles wol in ire
maht und irre gewalt und heizset
xwirc-
kende.
5 Wenne
y sich aber got des werckes unn-
derwindet, so muͦz der geist sich halten in
einre lidelicheit.
6 Aber dú muͦgeliche vernunft
zloͧget zuͦ den
aa beiden: was got gewirken
múge und der geist geliden, das
aber wol gonde
abwerde nach múgelicheit.
7 Eins het er in
aceinre
[25r]wirckungen
ac, das ist, so der geist selber
ad pfliget.
8 Daz ander het er in
aeeinre lidungen
ae, das ist, so sich
got des werckes underwindet, so sol und muͦz
sich der geist stille halten und got lozsen wir-
ken.
9 Und e denne
af diz angevangen werde von
deme geiste und von gotte vollebroht, so
het der geist ein
ag ansehen der zuͦ und ein
muͦgelich erkennen, das ez alles wol gesche-
hen mag
ah.
10 Und das heiszet dú múgeliche ver-
nunft, allein
ai sin
aj doch vil versumet wúrt und
niemer zú frúhte
ak enkumet.
11 alUnd wenne
al sich
aber der geist uͤbet
am in rehter
an truwen, so under-
windet sich
aogot des geistes
ao und des werckes
und denne so schoͤwet und lidet der geist gotte.
12 Und
ap wen aber das liden und das schoͧwen
aqgotte und
aqdeme geiste uberlestig ist allein
ar in disem libe,
der umbe underzúhet sich got deme geiste
underwilent.
13 Und das ist, das er do sprichet
as:
14 "Ein klei-
ne sehent nú
at mich, und aber
au ein kleine sehent
ir mich nút."
Abschnitt 6
1 Do unser herre dú drie iungern
mit im hette gefuͤret uf den berg und in
alleine bewisete dú clorheit sines libes,
dú er hette von der einungen der gotheit und
[25v]wir oͧch sullent haben nach der urstende
avdes
libes
av, alzehant do sancte
Peter das ersach, do weer
er gerne iemerme do bliben.
Abschnitt 7
1 In
aw der worheit: wo
der mensche guͦt vindet,
axvon deme
ax mag er sich
aynút wol
ay gescheiden, also verre als ez guͦt
ist.
2 Wo das bekantnuzse das vindet, do muͦz
dú minne nach volgen und das gehúgnisse
und dú sele alzemole.
3 Und wen das unser herre
wol weiz, der umbe muͦz er sich underwilent
v
erbergen
az.
4 Wan dú sele ist ein einvaltige for-
me des libes, und wo sú sich hin keret, der
bakert sú sich alzemole
bb.
5 Were ir denne das guͦt,
das got ist, alles one mittel und one underlaz
bekant, so enmoͤhte sú sich in
bc keine wis
dan abe gekeren, das sú dem libe dekeinen
influz gebe
bd.
6 Also geschach oͧch
bePaulo:
7 Were er hundert ior do bliben, do er das guͦt
bekante, er enwere dú wile niemer zuͦ deme
libe gekeret.
8 Er hette sin zemole vergessen.
9 Her umbe wan das zuͦ diseme lebenne nút
enfuͤget noch zuͦ behoͤret, dar umbe be-
decket es der getruͦwe got, so er wil, unde
zoͧget
bf ez oͧch, so er wil und so er weis, das
[26r]ez dir
bg allernutzest ist und dir
bh allerbest fuͤ-
get, als ein getruͦwer artzot.
10 Diz enziehen
ist din nút, sunder des, des oͧch das werg ist.
11 Der
mag oͧch tuͦn und lon, so
bi er wil und
bj er wol
weiz, wen es dir
bkallernútzest ist
bk.
12 Ez stet
in sinre hant ze wiszende und ze lazsen-
de, und als er weiz, das es dir lidelich ist.
13 Wen
got enist nút ein zerstoͤrer der naturen,
mer: er vollebringet su.
14 Und das duͦt got ie me
und ie me, ie
bl der nach das
bm dú dich
bn me der zú fuͤ-
ge
st
bo.
Abschnitt 8
1 Nu moͤhtestu sprechen:
2 "Ach, herre, sit das men her
zuͦ bedarf eins lidigen gemuͤtes von allen
bilden und von allen wercken, dú nochdenne in
den kreften sint ioch von naturen, wie sol
ez den ergon von den uzsern wercken, dú men
doch underwilet muͦz tuͦn, als minnewerc,
dú alle uzsenwendig geschehent, als leren
und troͤsten dú dúrftigen?
3 Sol men in diseme
beroͧbet werden, als dú iungern unsers herren
sich dicke unmuͤzsig mahtent, alse
bpPaulusso sere mit den lúten beladen und bekumbert
was, als ob er
bqir aller vater were
bq?
4 Sol men diz-
ses grozsen guͦtes her umbe beroͧbet sin, das
[26v]men sich also uͤbet an tugentlichen wercken?"
5 Nu mercke hie underscheit dirre fragen
br:
6 Eins
ist gar edel, das ander ist sere nútze.
7 Mariawas sere gelobet, das sú das beste hette erwelt.
8 So was oͧch
Marten leben gar nútze, wan
sú diende
Cristo und sinen iungern.
9 bsDer heilige
bsThomas sprichet, do si das wurken
bt leben beszer
denne das schowende
bu, do men in der wirclich-
heit uz gúzset von minnen, das men in geno-
men het an
bv der schoͧwungen.
10 Do enist denne einz.
11 Wan men engrifet niergent denne in deme
selben grunde der schoͧwungen und machet das
frúhtber in der wirckungen.
12 Und aldo
bw wurt
dú meinunge der schoͧwunge vollebroht.
13 Alleine
beschehe
bx do bewegunge, ez enist doch
by nút
denne eins:
14 Ez kumet uz eime ende,
dasbz got ist,
und get wieder in das selbe, als ob ich gien-
ge in das
ca húz von eime ende an das andere.
15 Das
were wol bewegunge und were doch nút denne
eins in eime.
16 Als in dirre wurclicheit enhet
men anders nút denne eine schoͧwelicheit in
gotte:
17 Das eine ruͦwet in deme andern und
vollebringet das andere.
18 Wan got, der
cb meinet in der
[27r]einekeit der schoͧwungen dú frúhtberkeit der
wurckungen.
19 Wan in der schoͧwungen dienestú
alleine dir selber, aber in den
cc tugentlichen werc-
ken
cd do dienestu der menige.
20 Her zú mant uns
Cristus mit allem sime lebenne und mit deme leben-
ne aller siner heiligen, dú er alle het uz getri-
ben
ce der menige
cfzú einre lere
cf.
21 Sanctus
Paulus sprach
cg zuͦ
Thymotheo:
22 "Lieber frunt
ch, dú solt
ci uz predien das wort."
23 cjEr meinde
cj das uzser wort, das den luft sleht?
24 Nein,
sicherliche!
25 Er meinde
ck das indewendige
clgebor-
ne und doch das
cm verborgene wort, das do lit bedec-
ket in der selen.
26 Das hiez
cn er in her
co uz predien, das es
den kreften kunt wurde
cp und oͧch
cq gespiset
cr unde
sich
cs der
ct mensche her uz gebe in alles das uzser leben,
do es der oͤbenmensche bedúrfte
cu, das men das al-
les an dir vinde nach diner maht vollefuͤ-
rende.
27 Ez sol in dir sin in deme gedancke, in der
vernunft
cv, in deme willen, und sol oͧch uz lúhtenn
an den wercken.
28 Also sprach
Cristus:
29 "Uwer lieht sol
lúhten vor den lúten."
30 Er meinde dú lúte, dú
alleine ahtent der schowelicheit und nút ah-
tent túgentlicher uͤbungen
cwund sprechent, sú bedurf-
fent sin nút, sú sint dar úber komen.
31 Dú meinde
[27v]Cristus nút, do er sprach:
32 "Der some viel in ein guͦt ert-
riche und brohte hundertveltige fruͦht
cx."
33 Ez
sint dú, dú er meinde, do er sprach:
34 "Der boͧm, der
nút fruht enbringet, den sol men abe hoͧwen."
Abschnitt 9
1 Nu moͤhtestú sprechen:
2 "Ach, herre, was sol es denne
sin mit dem stilleswigende, von deme ir uns
so vil hant geseit?
3 Her
cy zuͦ hoͤrent vil bilde
cz:
4 Ein
iegelich werc muͦz geschehen in sime eigen
bilde, es sin indewendige oder uzsewendige
werc, ez si, das ich disen lere oder den troͤste und
diz und das berihte.
5 Was stillú mag ich do ge-
haben?
6 Wan so dú vernunft bekennet und bildet
und das der wille wil und denne das gehúcnúze
sich dar an hoͤftet, sint dis nút alles bilde?"
7 Nu merckent:
8 Wir hant do vor gesprochen von
einre wurkende vernunft und von einre liden-
der kraft
da.
9 Dú wurckende vernunft, dú
db hoͧwet
dú bilde abe von den uzsern dingen und en-
cleidet sú von matieren und von zuͦvalle und set-
zet sú in dú lidende vernunft, und dú gebirt ir
geistlich
dc bilde in sú.
10 Und so dú lidende vernunft
von
dddem wurckende
dd swanger worden ist, so be-
hebet und bekennet sú dú ding mit helfe der
[28r]wurckende vernunft.
11 Nochdenne enmag dú liden-
de vernunft dú ding nút behalten in bekantnúz-
se, dú wurckende muͦzse sú anderwerbe erlúhten.
12 Seht, alles das dú wurckende vernunft tuͦt in
de eime
naturlichen menschen, das selbe und verre me
tuͦt got in
df eime abegescheidem menschen:
13 Er
nimet ime abe dú wurckende vernunft und
setzet sich selber wider an ir stat und wirc-
ket selber do alles das, das dú wurckende vernunft
solte wircken.
14 Eya, wen sich der mensche zuͦ-
mole muͤzsiget und dú wurckende vernunft an
ime geswiget
dg, so muͦz sich got
dh des werckes un-
derwinden und muͦz selber do wercmeister sin und
sich selber do
di gebern in dú lidende vernunft.
15 Und das merc-
kent, ob es also si.
16 Dú wirckende vernunft en-
mag nút geben, das sú nút enhet, noch sú en-
mag nút zwei bilde mittenander gehaben.
17 Sú het wol einz fúr und das ander nach.
18 Der lúft
und das lieht zeͧgent wol vil bilde und vil wer-
men
dj mittenander, doch enmahtú nút gesehen
dkden eins nach dem andern.
19 Also tuͦt dú wirc-
kende vernunft, wan sú oͧch also ist.
20 Aber so got
wircket an der stat der wirckenden vernunft, so ge-
[28v]birt er manig bilde mitteinander in eime punte.
21 Wan also got dich beweget zuͦ eime guͦten werc-
ke, alzehant
dl erbietent sich alle dine krefte
zuͦ allen guͦten dingen
dm:
22 Din gemuͤte get zehant
dnuf alles guͦt.
23 Was du guͦtes vermaht, das erbildet
sich und erbútet sich do alles mittenander in
eime blicke und in eime punten.
24 Entruwen, das
offenbort und bewert, das es der vernunfte werck nút
enist, wan sú enhet des adels noch der richeit
nút, mer: ez ist des werc und des geburt, der alle
bilde mittenander in ime selber het.
25 Also
sprach
doPaulus:
26 "Ich vermag alle ding in deme, der mich sterc-
ket
dp."
27 Und in im
dqbin ich
dq ungescheiden.
28 Hie bi
soltú das
dr wizsen, das dise bilde dirre wercke
nút din sint
ds, sú sint des wercmeisters der naturen,
der das werc und das bilde der in het geleit.
29 Nút en-
nim dich sin an, wan es ist
dt sin und nút din.
30 Alleine ez zitlich von dir wurt enphangen,
so
du wurt ez doch
dv von gotte geborn und gege-
ben uber zit
dwund in ewikeit uber alle bilde.
Abschnitt 10
1 Nu moͤhtestú frogen:
2 "Sit dem mole das sich mi-
ne vernunft het beroͧbet irs naturlichen werc-
kes und das sú kein eigen bilde noch wircken
dx[29r]nút enhet, war uf ist denne ir ent
halten
dy?
3 Wan
sú muͦz sich iemer uf etwas enthalten.
4 Dú kref-
te wellent sich iemar etwar
dz an hoͤften und
der inne wircken, es si gehúcnúzse, vernunft
oder
ea wille."
5 Nu merckent disú berihtunge:
6 Der ver-
nunft fúrwurf und ir enhalten ist wesen und
nút zuͦval, sunder das blozse luter wesen in im
selber.
7 Wen das
eb dú vernunft erkennet eine wor-
heit eins wesennes, alzohant
ec so neiget sú
sich der uf und lot sich do in ein ruͦwe, und do
sprichet sú ir wort vernunftecliche von dem fúwur-
fe, den su do het
ed.
8 Also lange dú vernunft des we-
senes worheit eigenliche nút envindet, noch
das sú den grunt nút enruͤrret, also das sú moͤge
sprechen "diz ist diz und ist also und anders nút",
als lange stet sú alles in eime suͦchende und
in eime beitende und neiget sich nút noch en-
ruͦwet
ee, sú erbeitet noch alles und leit abe also
efsuͦchende und
eg beitende.
9 Und also ist sú etwen
ein ior oder me in
eh erbeiten und in einer naturli-
chen worheit, was es si
ei.
10 Sú muͦz ioch
ej lange er-
beiten in eime abelegenne, was es nút ensi.
11 Reh-
te
ek also lange stet sú one allen enthalt unde
[29v]ensprichet oͧch kein wort von denkeinen dingen,
dú wile sú den grunt der worheit nút het fun-
den mit worem bekantnúzse.
12 Dar umbe ge-
ruͦwet
el dú vernunft niemer in disem lebende
em.
13 Got geoffenbort sich niemer so sere in disem
lebenne, ez ensi nochdenne ein niht wider
deme, das er ist.
14 enAlleine si denne
en worheit
eo in dem
grunde, sú ist aber bedecket und verborgen der
vernunft
ep.
15 Alle dú wile
eq das ist, so enwirt dú ver-
nunft nút enthalten, das sú út
er ruͦwen habe
als in eime unwendellichem fúrwurfe.
16 Sú enruͦwet noch nút
es, sú beitet und berei-
tet sich noch zuͦ eime, das noch bekant sol wer-
den und noch verborgen ist.
17 Also enmag der
mensche zemole nút wussen, was got ist
et.
18 Etwas weis er wol, was got nút enist
eu.
19 Das
selbe sleht
ev der vernunftige mensche alles a-
be.
20 Dú wile enwirt dú vernunft nút enthal-
ten in keime weselicheme fúrwurfe
ew, sú
beitet
ex alse dú materie dú formen
ey.
21 Alse dú
materie nút geruͦwet, sú werde
ez erfullet mit
allen formen, also geruͦwet dú vernunft nie-
mer
fa denne alleine in der weselichen wor-
[30r]heit, dú alle ding in ir beslozsen het.
22 fbDas we-
sen
fb begnuͤget sú alleine.
23 Und das entzúhet
fc ir
got alles
fd fúrbas und fúr
fe, umbe das er iren
fliz erwecke und gereizse
ff, fúrbas ze gonde
und me ze ervolgende und ze begrifende das
wore grundelose guͦt, und das sú ir nút lozse
begnuͤgen mit dekeinen dingen
fgund iemerme
iomer habe
fg nach deme allerhoͤhesten guͦte
fh.
Abschnitt 11
1 Nu moͤhtestú sprechen:
2 "Ach, herre, ir hant uns gar
vil geseit, das alle krefte sullent swigen, und
alle ding setzen
tfi ir
fj in ein iomer
fk und in ein
begeren hie in dirre stille.
3 Das were ein michel
ruͦfen und ein groz gebrehte
fl uf etwas, des
men nút enhette, das beneme dise ruͦwe und
diese stillú.
4 Ez were begerunge oder meinunge
oder loben oder danken oder was sich der inne er-
zuͤgen
fm oder
fnerbilden moͤhte
fn, das enwere
fo nút luter
ruͦwe noch gantze stille."
5 Des nement ein
underscheit:
6 Wen du dich alzemole enploͤzset
hest von dir selber und von allen dingen und
fpaller eigenschefte in aller wise und du dich
gotte hest
fq uf getrage
nfr und geeigent
fsund gelozsen hest mit aller truͦwen und in
[30v]ganzer minnen, was denne in dir geborn wirt
und dich begrifet
ft, ez si
fu uzserlich oder innerlich,
es si liep oder leit, sur oder suͤzse, das enist
fvalzemo-
le nút din
fw, es ist alzemole dins gottes, dem
dú dich gelozsen hest.
7 Sage mir:
8 Weder ist das
wort, das do gesprochen wurt, des, der es sprichet,
oder des, der es hoͤret?
9 Alleine
fxsi es in deme val-
le des
fx, der es hoͤret, es ist doch eigenlichen des,
der es sprichet oder gebirt.
Abschnitt 12
1 Nim ein glichnúz-
se:
2 Dú sunne wurfet iren schin in den lúft
und der lúft entphohet das lieht und git ez
deme ertriche und git uns in deme selben,
das wir erkennent underscheit aller varwen.
3 fyNu wie
fy das liht si foͤrmelich in deme lúfte,
fzez ist
fz doch weselich in der sunnen.
4 Der schin
get eigenlich uz der sunnen und entspringet in
der sunnen und nút in deme lúfte
ga.
5 Ez wurt von
deme lufte entphangen und von dem lufte
fúrbaz gebotten allem dem, das liehtes
entphenlich ist.
6 Rehte als ist es in der selen:
7 Got, der
gb gebirt in der selen sine geburt und sine
gcwort und dú sele entphohet ez und bútet
gdes fúrbas bi
ge den kreften in maniger wi-
[31r]se, nú in einer begerunge, nu in guͦter mei-
nunge, nú in minnewercken, nu in dangber-
keite oder wie es dich beruͤrret
gf.
8 Es ist alles
sin und nút din bi
gg núte.
9 Was got do wurcket,
das nim alles alse das
gh sine und nút
als das dine, als geschrieben ist:
10 "Der heilige geist
heischet in ungestuͤme unzalliche súfzen."
11 Er bettet in uns,
giwir nút
gi.
12 Sanctus
Paulus sprichet:
13 "Nieman
mag gesprechen 'herre
Jhesu Criste' wan in deme
heiligen geiste."
Abschnitt 13
1 Dir ist not vor allen dingen,
das du dich nihtes nút
gj an nemest
gk.
2 Lo dich al-
zomole und loz got
gl dir wirken und in dir,
wie
gm er wil.
3 Diz werc ist sin, dis wort ist
sin, dise geburt ist sin und alles das
gn, das dú bist
alzemole.
4 Wan du hest dich gelozsen unde
bist uz gegangen dinen kreften und iren werc-
ken und dins wesennes eiginschaft.
5 Dar um-
be muͦz got alzemole in gan in wesen und in
krefte umbe das, wan dú dich aller eigenschef-
te
go hest beroͧbet und verwuͤstet, alse geschrie-
ben stet:
6 "Dú stimme ruͤfet in der wuͤste."
7 Lo dise ewige stimme in dir ruͦfen, als es
ir wol
gp behaget, und
gqsist dins selbes
gq unde
[31v]aller dinge wuͤste.
Abschnitt 14
1 Nu moͤhtest du sprechen:
2 "Ach, herre,
wie sol sich dirre
gr mensche halten, der sin selbes
und aller dinge zemole sol lidig und wuͤste wer-
den?
3 Weder sol dirre
gs mensche alle zit in eime
wartende sin des werckes gottes und
gtenwirc-
ke er zú mole nút
gt oder sol er selber etwenne etwas
wircken als betten und lesen und ander tugentli-
che werc wircken, ez si predie hoͤren oder dú
schrift uͤben, sit das dirre mensche nút nemen
ensol von
guuzsen herin, nein
gu alles von indewendi-
keitevon sime gotte?
4 Und ob dirre mensche
dirre wercke nút entuͦt, versumet er
gvdar um-
be
gv út?"
5 Das
gwmerckent hie
gw:
6 Alle uzsewendige werc,
du
gx sint der umbe uf
gy gesetzet und geordent, das
der uzser mensche do mitte werde in got gereh-
tet und geordent und zuͦ geistlicheme lebenne
und zuͦ guͦten dingen, das er ime selber nút ent-
gange zuͦ denkeiner unglicheit, das er hie mit-
te gezuͤmet
gz werde, das er im selber ut entloͧffe
in froͤmede ding,
hadas ist
ha, wenne got sin
hb werc
welle wircken, das er den menschen bereit
vinde und in nút durfe
hc von verren und von gro-
ben dingen endurfe wieder ziehen.
7 Wen so
[32r]der gelust zuͦ uzsern dingen ie groͤzser weer, so das
vonkeren ie swerrer were.
8 Wan so ie grozser liep,
ie swerrer
hd leit, so ez an ein scheiden get.
9 Sehent,
dar umbe ist alles wircken funden und
heuͤbun-
ge der tugende,
hfez si
hf betten, lesen, singen, wachen,
vasten,
hgpenitencie tuͦn
hgund was tugentlicher
uͤbungen
hh ist, das der mensche do mitte werde ge-
vangen und enthalten vor
hi froͤmeden
hjungoͤtte-
lichen dingen.
10 Dar umbe, wen der mensche ge-
war wurt, das der geist gottes in im nut enwir-
ket und das der inner mensche von gotte geloz-
sen ist, so ist
hk alzesere
hl not, das sich der uzser men-
sche in allen tugenden uͤbe und sunderlichen
an den, dú im allermúgelichest sint und al-
lernútzest
hm und aber
hn nút in keiner eigen-
schaft im selber, me der worheit zuͦ
ho eren, umbe
das, das er nút gezogen noch verleitet werde von
groben dingen
hp, das er also gotte an hafte,
das in got nohe vinde, wen er wieder komen wil
und sin werc wirken welle
hq in der selen, das er su
hrnút verre dúrfe suͦchen.
11 Wen sich aber der mensche
vindet
hs zuͦ worer innerkeite, so loz ser
ht kuͤnliche
abe aller uzsewendikeite, und werent ez ioch
[32v]soliche uͤbunge, zuͦ den du dich mit gelúbede verbun-
den hettest, dú dir ioch
hu bobest ioch
hv bischof ab
genemen enmoͤhtent.
12 Wan dú geloͧbede, dú ein
mensche gotte getuͦt, dú enmag im nieman
ab genemen
hw, man wandelt sú ime
hx wol in ein
anders.
13 Wan ein iegeliche gelubede ist sich
hyein verbinden
hz zuͦ gotte.
14 Hette nú ein mensche
vil gelobet, als
ia betten, vasten, bilgerinsverte,
vert er
ib in ein orden, so ist er der geloͧbede
icdar
nach
ic ledig
id.
15 Wan in dem orden wirt er aller
túgende und gotte zuͦ gebunden.
16 Rehte also
spriche ich oͧch hie:
17 Wie vil sich ein mensche verbun-
den hette zuͦ manigen dingen, kumet er reh-
te in dú ware innerkeit, er ist ir aller lidig,
alle dú wile das
ie dú innerkeit wert.
18 Und were, daz
es werte eine woche, einen monet oder
if ein ior,
alle dú wile versumet noch munnch noch
nunne niemer keine zit.
19 Wan got, von dem sú
gevangen sint
ig, der muͦz fúr sú gelten
ih.
20 So der
mensche wieder zuͦ ime selber kumet, so volle-
bringet er dú gelúbede von
iiden ziten
ii, in den
ijer sich nú vindet.
21 Aber von den
ik vergangen ziten
il,
was dar inne versumet si, des dich dunket, dem
[33r]endarftu niemer nach gedenken, das du ez erfúl-
lest.
22 Wan got erfúllet ez, dú wile er dich unmuͤ-
zig mahte.
23 Noch dú ensoltest nút wellen, das
es mit aller creaturen wercke erfúllet were, wan
das allerminneste von gotte geton, das
im ist bezser
wan aller creaturen werc.
24 Das
in ist geseit gelerten
und erlúhteten lúten, dú von gotte und von der
schrift
io erlúhtet sint.
Abschnitt 15
1 Waz sol ez aber sin von
eime lúter leigen, der nút enweiz noch verstet
von liplicher úbungen und er doch etwas ge-
lúbede
iphet geton
ip und uf sich
iqhet genomen
iq,
ez si gebet oder ander ding?
2 Ich spriche also:
3 Vindet
er
ir, das ez in hindert und das in das noher in got set-
zet, das er sin
is lidig si, so sist sin
it kuͤnlich lidig.
4 Wan ein
iuiegelich werc
iu, das dich
ivgotte noher
iv bringet
iw,
das ist das allerbeste.
5 Und das meinde
ixPaulus, do er
sprach:
6 "Wenne das kumet, das do vol ist, so verget, das
do halber ist."
7 Ez ist verre
iy ungelich ein ander dú
gelúbede, dú men tuͦt
iz in einre einvaltikeite.
8 So einre also gotte iht gelobet, das ist eine guͦ-
te meinunge, das er sich zuͦ gotte also verbinden
wil, und
jadas het er
ja dú wile fúr das beste.
9 Ist aber,
das dem menschen ein bezser wirt bekant, do
jb[33v]er weiz und befindet, das ez bezser ist, so si des
ersten zuͦ mole lidig und zuͦ friden.
10 Diz ist gar
liht zuͦ bewerende:
11 Wan men sol me an sehen
dú frúht und dú inner worheit denne das uz-
ser werc, alse
jcPaulus sprichet
jc:
12 "Dú schrift tuͦtet", das
ist alle uzserliche uͤbunge, "aber der geist ma-
chet lebende
jd", das ist ein innerlich bevinden der wor-
heite.
13 Des soltú vil listecliche war nemen.
14 Und
was dich dar zuͦ allernoheste
jegefuͤgen mag
je,
dem soltú volgen vor allen dingen.
15 Dú solt haben
ein uferhaben gemuͤte, nút ein niderhangen-
des
jf, ein brinnedes und das
jges si
jg in einer lidigen
jhswigender stille.
16 Du endarft gotte nút sagen,
wes dú bedarft oder begerst.
17 Er weiz es allez
vor.
18 Cristusji sprach zuͦ sinen iungern:
19 "So ir
jj bettent, so en-
sullent ir nút vil worte han in uwerme gebet-
te alse dú pharisei, dú wenent erhoͤret werden
in
jk vil sprechende."
Abschnitt 16
1 Das wir hie dirre ruͦwe und
disem indewendigen swigenne also volgent,
das das ewige wort in uns gesprochen und ver-
standen werde und
jl wir eins werdent mit im,
des helfe uns der vatter und das selbe wort und
ir beider geist.
2 Amen.