Predigt Nr. 9 – Pr. 104B (DW IV,1) – BT 14vb–19rb; LT 22ra–26vb und 26vb–27va; AT 18ra–22va; KT 33va–36rb
[14vb]
Überschrift
Absatz 1
Absatz 2
FN-Anzahl: 3
Die ander1 predig am suntag zwischen der octave der heiligen drey künig2 gibt berichtung, ob die geistliche geburt allwegen geschee oder underweilen und wie das gemuͤt soll ledig sein von allen bilden und wercken unnd wie es sey in der stille in dem schweigen und was der vernunfft gegenwurff sey. Item wie sich der mensch halten sol, der gern aller ding ledig wer, auch wie sich ein ley halten sol, der nit weißt dann von leiblicher uͤbung und doch etwas gelobt hat zuͦ thuͦn. Alles in frag wiß gestelt uff die wort Christi Luce ii: "bIn his que patris mei sunt oportet mea."3 "Es ist not, das ich sy in den dingen, die meins vatters seind."
Die zweite Predigt am Sonntag in der Oktav des Dreikönigsfestes erklärt, ob sich die geistliche Geburt immerzu vollziehe oder nur manchmal und wie das Innere [des Menschen] von allen bildlichen Vorstellungen und Werken frei sein soll und wie es sich mit dem Stillschweigen verhält und was es ist, womit sich die Vernunft befasst. Weiterhin, wie sich der Mensch verhalten soll, der gerne frei von allen Dingen wäre, und auch wie sich ein Ungelehrter verhalten soll, der nichts anderes kennt als körperliche Werke und doch ein Gelübde abgelegt hat. Alles dies bezieht sich in Form von Fragen auf die Worte Christi im 2. Kapitel bei Lukas: "In his que patris mei sunt oportet me." "Ich muss in den Dingen sein, die meinem Vater gehören."
Abschnitt 1
Absatz 3
FN-Anzahl: 7
Dise wort dienent uns gar eben zuͦ unser red, wann ich willen hab zuͦ reden von der ewigen geburtt, die zeytlichen ist worden4 und in der seel taͤglichen geboren würtb in irem innigstenc in dem grund on allen ussernd zuͦfall. Das ist vor allen dingen not. Wer diser geburt soll gewar werden in im, das er sey in den dingen, die deseA vatters seindf.5
Diese Worte passen sehr gut für unsere Predigt, denn ich möchte von der ewigen Geburt sprechen, die in das irdische Leben gekommen ist und täglich ohne äußere Einwirkung im innersten Grund der Seele erfolgt. Das Folgende ist dazu unabdingbar: Wer diese Geburt in sich erfahren will, der muss in den Dingen sein, die dem Vater gehören.
Abschnitt 2
Absatz 4
FN-Anzahl: 7
Was eygentschafft hat der vatter? Man eygnet im zuͦ vor anderen personen den gewalt.6 Also mag nimmer kein mensch in das befinden diser geburt sicherlichg kommen, esh geschech dann mitt grossem gewalt. Der mensch mag nit für basser kommen dann mit einem grossen gewalt thuͦn dem ussern menschen allen synnen sinnen in allen dingen abbrechen.7 Da muͦß grosser gewalt sein, da alle krefft8 hindertruckt sollen getriben und gezempt werden und irs wercks absteen und abgeeni. Disen allensampt muͦß gewalt geschehen, es get nit anders zuͦ dann mit gewalt. Davon sprach Christus selber: "Das rych gotts leydt gewalt, und die gewaltigen rauben es."9
Welche Eigenheit hat der Vater? Man spricht ihm, anders als den andern [göttlichen] Personen die Gewalt zu. Dementsprechend kann niemals ein Mensch diese Geburt mit Gewissheit erfahren, wenn es nicht mit großer Gewalt geschieht. Der Mensch kann nicht weiter voran kommen, als dass er mit vehementer Gewalt alle Sinneswahrnehmungen des äußeren Menschen in jeder Hinsicht verhindert. Dazu gehört vehemente Gewalt, weil alle Kräfte zurückgetrieben, eingepfercht und gezähmt werden müssen, damit sie von ihrem Werk ablassen und und verschwinden. Ihnen allen muss Gewalt angetan werden, es geht nicht anders als mit Gewalt. Darüber sagte Christus selbst: "Das Reich Gottes erleidet Gewalt, und die, die Gewalt tun, reißen es an sich."
Abschnitt 3
Absatz 5
FN-Anzahl: 24
Nuͦ felt hie in ein frag von der geburt, da wir vor von geredt haben, ob dise geburt alBwegen geschee oder underweilen. Da sag ich euch: Als sich der mensch darzuͦ schicktj und [15ra] muͤssiget sich offtk tag unnd nacht lunnd thuͦt all sein macht darzuͦl, daz er aller ding vergesse unnd sich hierinn allein wiß.10 Hiem nimm ein underscheidt von diser frag: Der mensch hat ein wyrckende vernunfft und ein leydende und ein mügliche.11 Die wyrckend vernunfft steet in irem werck allwegen mitt einer gegenwertigkeit etwasn zuͦ wyrcken. Aber die mügliche steeto in einer haltung poder habungp also, das ein mensch vor zehen jaren sprach, das hatt er bey im wol in gedenchen. Es ist yetzund nit noch dann: So ist es im als nahe, als do er yetzund an gedenckt unnd wyrckt. 10 Eins hat er in einer habung, das ander in einer gegenwertiger wyrckung.12 11 Syheq, also ist es mit disem. 12 Unser herr sprach: 13 "Ein klein solt ir mich yetzund nit sehen und aber ein kleinC solt ir mich sehen."13 14 Also der getreüw gott etwan so zeigtr er sich unnd etwan so verbürgt er sich. 15 Do unser herr die drey jünger mit im uff dem berg hett und in anzeigts die klarheit seynes leybs, die er hett von der vereinigungt der gottheitt unnd die wir sollen haben nach der urstend. 16 Zuͦhand do sanct Peter diß sach, do were er gern ymmer do beliben.14 17 Also in der warheit: 18 wo der mensch guͦts findt, von dem mag er sich bey nicht gescheyden als ferr, als es guͦt ist. 19 Wo nuͦn die bekentniß das findt, da muͦß die liebe nachvolgen15 in die gedechtnyß und die selb alleinu.16 20 Bey nicht mag sie sichv scheiden, sie finde dann etwas boͤß daran.17 21 Sow das unser herr wol weißt, darumb muͦß er underweilen sichx verbergen und bedecken.
Nun stellt sich hier eine Frage in Bezug auf die Geburt, von der wir zuvor gesprochen haben: ob sich diese Geburt immerzu vollziehe oder nur manchmal. Dazu antworte ich euch: [Die Geburt vollzieht sich,] wenn sich der Mensch dazu bereit macht und tagsüber und in der Nacht Zeit darauf verwendet und sein ganze Kraft dazu gebraucht, alle [anderen] Dinge zu vergessen und nichts anderes zu kennen als sie allein. Hierzu höre eine Erklärung [zur Beantwortung dieser] Frage: Der Mensch hat ein wirkende Vernunft und ein leidende und eine mögliche. Die wirkende Vernunft befindet sich bei ihrem Werk stets in einer bestimmten Zeit, um etwas zu bewirken. Die mögliche [Vernunft] jedoch findet sich in einer Haltung oder in Gedanken bewahrt, so dass ein Mensch das, was er vor zehn Jahren sagte, noch gut in seiner Erinnerung behält. Es gehört weder dem jetzigen [Zeitpunkt] an, noch dem späteren: Und [doch] ist es im genauso vertraut wie das, woran er jetzt denkt und tut. 10 Das eine gehört seiner [inneren] Haltung an, das andere dem Tun in der Gegenwart. 11 Schau genau hin, denn so verhält es sich mit dieser Sache: 12 Unser Herr sagte: 13 "Eine kurze Zeit werdet ihr mich jetzt nicht mehr sehen, und wieder nach einer kurzen Zeit werde ihr mich sehen." 14 Genau so zeigt sich der verlässliche Gott manchmal, und manchmal verbirgt er sich. 15 So [war es auch, als] unser Herr auf dem Berg die drei Jünger bei sich hatte und ihnen die Verklärung seines Körpers offenbarte, die er durch die Einheit mit der göttlichen Natur besaß und die wir [erst] nach der Auferstehung haben werden: 16 Als der heilige Petrus das sah, wollte er sofort für immer an diesem Ort bleiben. 17 Es stimmt nämlich: 18 Wo der Mensch auf etwas Gutes stößt, kann er sich durch nichts davon trennen, solange dieses gut ist. 19 Wo also die Erkenntnis auf so etwas [Gutes] stößt, da wird die Liebe in die Erinnerung einziehen und nur in diese. 20 Durch nichts kann sie sich [von dem Guten] trennen, es sei denn, sie entdeckt etwas Böses darin. 21 Weil unser Herr das sehr gut weiß, muss er sich manchmal verbergen und verhüllen.
Abschnitt 4
Absatz 6
Absatz 7
FN-Anzahl: 13
au Mercky ein anderen synn zdiser fragz:18 Der mensch hat ein wyrcklich vernunfft und ein mügliche und einaa leydende. Die wircklich vernunfft steet alle zeit gegenwertig allweg etwas zuͦ wircken, es sey in gott oder in der creatur. Wann sie sich vernünfftigklich uͤbt in der creatur als in einer ordnung und widertragung der creatur in irenn ursprung. Oder sich selber ußtragende zuͦ goͤttlicher ere und zuͦ goͤttlichem lob, das steet noch alles wol in irer macht und in irem gewalt [15rb] und heißt noch wyrckende. So sich aber gott des wercks underwindt, so muͦß sich der geist halten in einer leidligkeit19. Aber die müglich vernunfft die sicht zuͦ in beiden, was gott gewyrcken mag und der geist gelyden, das das ervolgt werd nach müglicheit. Eins hat er in einem wyrcken, das ist, so der geist selb des wercks pfligt. Das ander hat er in eim leyden, das ist, so sich gott des wercks underwyndt, so soll und muͦß sich der geist still halten D und gott lassen wyrcken. 10 Unnd ee diß angefangen württ von dem geist unnd von gott volbracht, so hat der geist ein ansehen darzuͦ und ein müglich erkennen, das es alles wol geschehen mag und moͤcht. 11 Und das heißt 'die mügliche vernunfftt', allein das sie doch vil versaumpt werd und nimmer zuͦ frucht komme. 12 So sich aber der geist uͤbet nach seiner vermüglicheit oder nach seyner machtab in rechten treüwen, so underwindt sich sein gottes geist und des wercks. 13 Unnd dennac schouwet unnd leidet der geist gottes geist. 14 Wenn aber das leyden und das schauwen gotts dem geist überlestigad ist –sunderlichen in disem lyb –, darumm so underzeucht sich gott dem geist underweylen. 15 Und das ist, das er sprach: 16 "Ein klein weile werdentae ir mich yetzund nit sehen, und aber ein klein, so werdenaf ir mich sehen."20 17 Das ist als vil, das sich der getreüwe gott etwan beweißt unnd etwan verbirget der wissenheitagahund dem inwendigen gesichtah.21
Merke dir noch eine andere Erklärung zu dieser Frage: Der Mensch hat eine wirkende Vernunft und eine mögliche und ein leidende. Die wirkende Vernunft ist jederzeit bereit, auf beliebige Weise etwas zu bewirken, es sei in Gott oder in der Kreatur. Wenn sie in vernünftiger Weise ihr Werk in der Kreatur durch eine Verweis und einen Rückbezug der Kreatur auf ihren Ursprung vollbringt oder aus sich selbst herausgeht, um Gott zu ehren und zu loben, liegt das alles in ihrer Macht und in ihrer Gewalt und wird noch 'wirkend' genannt. Wenn aber Gott sich dieses Werkes annimmt, dann muss der Geist empfänglich [= leidend, passiv] bleiben. Die mögliche Vernunft jedoch blickt in beide Richtungen, was Gott bewirken kann und der Geist empfangen kann, damit das je nach Möglichkeit erfüllt werde. Eine Möglichkeit besteht im Wirken, wenn der Geist selbst das Werk ausübt. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass er [der Geist] es geschehen lässt, wenn Gott selbst das Werk übernimmt, dann soll und muss der Geist still halten und Gott wirken lassen. 10 Und bevor dieses [Werk] durch den Geist in Angriff genommen und von Gott vollbracht wird, betrachtet es der Geist und hat die Möglichkeit zu erkennen, ob es einen guten Verlauf nehmen kann und wird. 11 Und dieses wird 'die mögliche Vernunft' genannt, doch wird sie sehr häufig vernachlässigt und bringt keinen Nutzen. 12 Wenn sich aber der Geist mit aller seiner Kraft und seiner ganzen Macht pflichtbewusst anstrengt, so nimmt sich der Geist Gottes seiner und seines Werkes an. 13 Und dann sieht unnd erfährt der Geist den Geist Gottes. 14 Wenn jedoch diese Erfahrung und das Erblicken Gottes für den Geist zu viel werden – insbesondere in diesem [menschlichen] Körper –, entzieht sich Gott dem Geist manchmal. 15 Und das bedeutet es, dss er sagte: 16 " Eine kurze Zeit werdet ihr mich jetzt nicht mehr sehen, und wieder nach einer kurzen Zeit werdet ihr mich sehen." 17 Das bedeutet soviel wie, dass sich der zuverlässige Gott der Erkenntnis und dem inneren Sehen manchmal zeigt und manchmal entzieht.
Abschnitt 5
Absatz 8
FN-Anzahl: 8
Und daai ist aber ein ander ursachaj: Do unser herrak die drey jünger mit im uff den berg fuͦrt und beweyßt in allein die klarheit seins leybs, die er het von der vereinungal der gottheit, die wir an dem jüngsten tag seyns urteils werdenam sehen, do sant Peter und die anderenan auch das gesicht sahen, doao weren sie gern da beliben von des gesichts wegen.22
Und dann gibt es wiederum noch einen zweiten Grund: Als unser Herr die drei Jünger mit sich auf den Berg nahm und ihnen die Verklärung seines Körpers offenbarte, die er durch die Einheit mit der göttlichen Natur besaß und die wir [erst] nach der Auferstehung haben werden: als der heilige Petrus und die anderen diese Offenbarung sahen, da wären sie gerne wegen dieser Offenbarung dort geblieben.
Abschnitt 6
FN-Anzahl: 22
Also in der warheit: wo der mensch guͦttsap findt, da mag er sich mit nicht davon gescheiden, als ferr als es guͦtaq ist. Wo nuͦn die bekentnyß daz findet, da muͦß die lieb unnd gedechtnyß nachvolgen.23 Und davon mag sie arbey ni[15va]chtenar gescheiden, sie finde dann etwas boͤß daran.24 Soas das unser herr weißt, darumm muͦß er sich vor dem menschen beyweylen verbergen unnd verdeckenatau. Wann die seel ist ein einfeltig form des leibs und wo sie sich hinkert, da kert sie sich gantzav hin. AlsE ir dann das guͦt istaw bekant,25 so moͤcht sie sich nicht davon gekeren, also das sie dem lyb keinen influß oder hilff thet, als dem heiligen Paulo beschach: Wer er da hundertax jar bliben, da er das guͦtt bekant, er wer die weil nimmer zuͦ dem leib gekert. Er het sein gantzay vergessen.26 10 Hierumb soaz das disem leben nitt fuͤgt noch zuͦgehoͤrt, das bekent27 der ewigba getreüw gott, als er will undbbbcals erbc weißt, das es unß allerbest ist unnd unß fuͤget, als ein getreuwer artzet thuͦt einem siechen. 11 Diß entpfinden ist dein nit, sunder gottes, des auch diß werck ist. 12 Der mag thuͦn und lassen, als er will und als er wol weißt, wenn es dir allerbast fuͤget. 13 Zuͦ seiner handt steet zuͦ wyrcken und zuͦ lassen: 14 Er weißt, das es dir unlydenlich ist, wann er nit ein zerstoͤrer ist der natur. 15 Er volbringtbd sie28beaber nummebe als vil, alsbf du dich mer und mer hie zuͦheltst unnd fuͤgst.
Das zeigt, dass es stimmt: Wo der Mensch auf etwas Gutes stößt, kann er sich durch nichts davon trennen, solange dieses gut ist. Wo also die Erkenntnis auf so etwas [Gutes] stößt, da wird die Liebe in die Erinnerung einziehen und nur in diese. Und durch nichts kann sie sich [von dem Guten] trennen, es sei denn, sie entdeckt etwas Böses darin. Weil unser Herr das weiß, wird er sich manchmal vor diesem Menschen verbergen und verhüllen. Denn die Seele ist eine einfache auf den Körper bezogene Form und wenn sie sich einer Sache zuwendet, wendet sie sich ganz und gar dorthin. Wenn sie dann [dort] das Gute erkennt, so kann sie sich nicht wieder abwenden, so dass sie keine Gewalt mehr über den Körper hat oder ihm helfen kann, wie es dem heiligen Paulus erging: Wäre er hundert Jahre dort geblieben, wo er das Gute erkannt hatte, wäre er in dieser Zeit niemals wieder zu seinem Körper zurückgekehrt. Er hatte ihn gänzlich vergessen. 10 Weil aber so etwas nicht zu diesem [irdischen] Leben passt und nicht zu ihm gehört, lässt uns der ewige und treue Gott – wie es ihm gefällt und wie [nur] er es versteht – das erkennen, was für uns das Allerbeste und für uns geeignet ist, wie es ein zuverlässiger Arzt bei einem Kranken tut. 11 Diese Wahrnehmung ist nicht deine, sondern die Gottes, dessen Werk sie auch ist. 12 Er kann tun und lassen, wie es ihm gefällt und wie [nur] er es versteht, wenn es für dich am allerbesten geeignet ist. 13 Es liegt in seiner Hand, was er tut oder sein lässt. 14 Er weiß, was dir unerträglich ist, denn er ist kein Zerstörer der Natur, 15 sondern er vollendet sie, jedoch nur in dem Maße, in dem du dich immer stärker dem zuwendest und dich einfügst.
Abschnitt 7
Absatz 9
FN-Anzahl: 26
Nuͦn moͤchtst du fragenbg: "Seidtenmal das man hierzuͦ bedarff eines ledigen gemuͤts von allen bilden29 und von allen wercken, die in den krefftenn auch von natur seint, was sol dann sein in den ussern wercken, die man von lieb underweilen thuͦn muͦß als zuͦ leren unnd zuͦ troͤsten die notdurfftigen? Soll man in disem des muͤssen beraubt sein, als sich die jünger unsers herren offt ußgaben, als sanct Augustinus schreybt, das sanct Paulus als vast mit den leüten beladen was, als ob er sie alle zuͦ der welt bracht het und sie in seinem leib getragen het.30 Soll man dises grossen guͦts hierumb beraubt sein umb ein mynder guͦt?31" Hie merck: Eins ist wol edler und das ander loͤblicher oder nützer. Allein Maria was gelobt, das sie das beste hat erwoͤlt. Doch was Marthen leben in einem teil nützer, wann sie dienet unserem herrenbh unnd seynen jüngern.32 SantbiThomas spricht, das das wyrcklich leben denn [15vb] besser sey dann das schawende, so man in der wyrcklicheitt ußgeüßt von liebe, das man in der schawung hat ingenommen.33 10 Daran ist nicht dann eins. 11 Wann bjman gryfft nit fürbasserbj dann in den selben grunt der beschawung undbk macht fruchtbar an der wyrckung. 12 Da württ die meinung der beschawung vollbracht unnd alleinbl da geschehen bewegung. 13 Es istbm nit dann eins: 14 Es kumpt uß eim end und geet wider in das selb, als ob ich gieng in disem huß von einem end zuͦ dem andern, das were F ein bewegung und wer doch nit dann eins in eim. 15 Also in diser wyrcklicheit hat man nicht vorders noch vorderes dann die beschawlicheit in im, das ein ruͤret in dem andern und vollbringt das ander. 16 Wann gott meint an der einigkeit der schawung diß ußleüchtung der wyrckung. 17 Wann da dienest du allein dir, hie dienest du der menige, daz auchbnChristus, unserbo herr, vollbracht hatt unnd uns hiezuͦ vermandt bpunnd hattbp in allem seynem leben groͤßlichen beweyßt unnd all sein heiligen, die er all hat ußgetriben, der menigebq zuͦ dienen. 18 Sant Paulus spricht: 19 "Lieber sun Thimothee, predig uß dasbr wort."34 20 Meint er das usser wortt, dasG der lufft schlecht?35 21 Nein, sicherlich! 22 Er meinet das inwendig gegeben wort, das da ligt bedeckt in der inwendigkeitt der seel. 23 Das heißtbs er in ußpredigen, das das den krefften kundt würd und darab gespyßt wuͤrden. 24 Und auch den ussern menschen inbt aller beweysung und hat sich zuͦgebenbu an allesbv ausser leben, da es der nechst bedarff, das man das an dirbw finde unverborgenbx. 25 Es soll ußleüchten an dem gedanckby, an der vernunfft und an dem willen und an den sinnen,36 als unser herr sprach: 26 "Also soll euwer liecht leüchten vor den menschen, bzdas sie sehen euwer guͦte werck und also glorificieren den hymelischen vatterbz."37 27 Das ist wider etlich menschen, die nurca achten der schawlicheit unnd nittcb achten der würcklicheit und sprechen, sie bedoͤrffen der uͤbung der tugend nit, sie seyen darüber kommen. 28 Von den sprach unser herr [16ra] nitt, do er sprach: 29 "Da dißcc wort viel in das guͦt erdtreych, do bracht es hundertfaͤltige frucht."38 30 Und anderßwo spricht er: 31 "Der baum, der nitt frucht bringt, den soll man abhauwen."39
Nun könntest du fragen: "Da man hierzu ein Inneres braucht, das von allen äußeren Eindrücken und von allen Werken, die den [Seelen-]Kräften schon angeboren sind, frei ist, was soll dann mit den äußeren Werken passieren, die man aus [Nächsten-]Liebe manchmal tun muss, wie z. B. die zurechtzuweisen und zu trösten, bei denen es nötig ist? Wird man dadurch um das Kontemplieren gebracht, so wie sich die Jünger unseres Herren häufig verausgabten, wie der heilige Augustinus schreibt, dass der heilige Paulus so sehr von den Menschen belastet wurde, also ob er sie alle selbst zur Welt gebracht und sie in seinem Leibe getragen hätte. Muss man auf diesen großen Nutzen verzichten aufgrund einer weniger nützlichen Sache?" Hierzu merke dir: Das eine ist zwar edler, das andere jedoch[anerkennungswerter oder nützlicher. Obwohl Maria gelobt wurde, dass sie den besten Teil erwählt hatte, war doch Marthas Leben in einer Beziehung von größerem Nutzen, denn sie diente unserem Herren und seinen Jüngern. Der heilige Thomas sagt, dass das tätige Leben dann [15vb] besser sei als das kontemplative, wenn man in sein Handeln die Liebe einfließen lässt, die man man in der Kontemplation in sich aufgenommen hat. 10 Das ist [aber] nichts anderes als ein und dasselbe. 11 Denn man gelangt nicht weiter als in denselben Grund der Kontemplation und macht diesen durch das Handeln fruchtbar. 12 So wird das Ziel der Kontemplation erreicht und nur so kommt es zu [innerer] Bewegung. 13 Es ist nichts anderes als ein und dasselbe: 14 Es kommt aus einem Ort und geht wieder in denselben zurück, so wie wenn ich in diesem Haus von einem Platz zu einem anderen ginge, das wäre eine Bewegung und wäre doch nicht anderswo als in dem selben [Ort]. 15 Genauso gibt es bei diesem Handeln weder etwas, das [räumlich] davor noch das früher ist als die in ihm innewohnende Kontemplation, das eine wirkt in dem anderen und bringt das andere zur Vollendung. 16 Denn Gott hat mit der Einheit der Kontemplation die Strahlkraft des Handelns im Sinn. 17 Denn dort [in der Kontemplation] dienst du nur dir allein, hier [jedoch] dienst du vielen anderen, wie es auch Christus, unser Herr, getan hat und uns dazu aufrief; und er hat dies mit seinem ganzen Leben in beeindruckender Weise gezeigt und hat alle seine Heiligen angespornt, anderen zu dienen. 18 Sankt Paulus sagt: 19 "Lieber Sohn Timotheus, predige das Wort hinaus!" 20 Meint er das gesprochene Wort, das auf die Luft trifft? 21 Nein, wirklich nicht! 22 Er meinet das innere [von Gott] inspirierte Wort, das im Inneren der Seele verborgen liegt. 23 Dieses befiehlt er ihm hinaus zu predigen, damit die [Seelen-]Kräfte es erfahren und von ihm genährt werden 24 und es auch dem äußeren Menschen in seinem Verhalten zu eigen ist, und es hat sich an das ganze äußere Leben geheftet, so dass man es an dir erkennen kann, wenn dein Nächster es braucht. 25 Es soll mit Strahlkraft aus dem Denken, der Vernunft, dem Willen und den Sinnen leuchten, wie unser Herr sagte: 26 "So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und dadurch den Vater im Himmel preisen." 27 Das richtet sich gegen solche Menschen, die nur der Kontemplation Aufmerksamkeit schenken und nicht dem Handeln und behaupten, sie hätten die tatkräftige Umsetzung der Tugend nicht nötig, sie seien darüber hinaus. 28 Diese meinte unser Herr nicht, als er sagte: 29 "Als das Wort auf gutes Land fiel, da brachte es hundertfache Frucht." 30 Und an anderer Stelle spricht er: 31 "Den Baum, der keine Frucht hervorbringt, soll man fällen."
Abschnitt 8
Absatz 10
Absatz 11
FN-Anzahl: 17
Nuͦn moͤchtst du sprechen: "Herr, wasH soll dann sein mit der stille von dem schweygen, von dem ir unß gesagt hant?40 Wann hie zuͦ gehoͤren vil bild, wann ein yegklich werck muͦß geschehen in seynem eygen bild,41 es sey inwendig oder ußwendig, das ich ler oder diß oder das thuͦ, was stille mag ich haben? Wann als die vernunfft bekennet und der wille will und die gedechtnyß daruff gedenckt, das seint alles bild?" Diß verstee alsocd: Die meister schreiben von einer wyrckenden vernunfft und von einer leydenden.42 Die wyrckend schauwet die bild vonce ussern dingen43 unndcf hauwet bild ab von ussern dingen unnd kleidt sie von materien und von zuͦfellen und setzt sie in die leydende vernunfft unnd die gebyrt dann ir als geistliche bild in sie.44 Wenn dann die leydend vernunfft von der wyrckenden schwanger worden ist, so behelt sie sie und bekennet die ding mit dem intragen der wyrckende vernunfft. Dannocht socg mag sie die ding nit erkennen, die wyrckende muͦß sie anders erleüchten und ir liecht uff sie uff ein neüwes ergiessen. 10 Sihe, alles dasch hie thuͦt die wyrckende vernunfft an eim natürlichen menschen, das selbig45 thuͦt auch gott gantz in aller weyßI an einem abgescheiden menschen: 11 Er nimpt hie ab die wyrckend vernunfft unnd setzt sich selber widerci an die statt und wyrckt mit im selber, was die wyrckend vernunfft solt wyrcken. 12 Wann diser mensch hat sich selber gemuͤssiget und die wyrckende vernunfft all cjgeschweigt an imcj. 13 Hierumb ist es not,46 das sich gott dises wercks underwind und muͦß selber da werckmeister sein und geber in die leydende vernunfft.47 14 Das magst du mercken, als es ist. 15 Die wyrckend vernunfft mag nit48 zwey bild mit einanderck gehaben: 16 Sie hat eins vor unnd ein anders nach.49 17 Als der lufftt weyßt die farb, doch magst du nit sehen dann eine nach der andern. 18 Also thuͦt die wyrckend vernunfft, [16rb] also sichst du auch: 19 Die weil gott gebyrt in der statt der wyrckendencl vernunfft, so gebyrt er mancherley bild miteinander in J eim puncten. 20 Wann socm got dich bewegt zuͦ eim guͦten werck zuͦhandt, so erbieten sich da alle guͦte werck. 21 Dein gemuͤt geet mit dem fürbaß uff tausentmal vester50 unnd auff alles guͦt. 22 Was du guͦts vermagst, das erbeüt sich und erbildet da alles mitteinander in einem blick in einem puncten miteinander. 23 Unndcn das anzeigtco, das escp der vernunfft werck nitt ist noch ir geburt. 24 Wann sie hat des selben nitt, aber es ist des werck und des geburt, der alle bild hat miteinander in im selber. 25 Also sprachcq sant Paulus: 26 "Ich vermag alle ding in im, der mich sterckt."51 27 In im vermag ich nit allein diß oder das, sunder alle ding in im ungescheiden.52 28 Hie bey solt du wissen, das dise bild diser werck nit dein seind noch der natur, sundercr sie seind des meisters der natur, der das werck und das bild darin gelegt hat. 29 Nit nimm dich sein an, wann es istcs seyn ctund nitct dein. 30 Allein würt es zeytlich von dir entpfangen und genommen, doch würt es von gott geboren und gegeben überzeitlich in ewigkeit über alle bild.
Nun sagst du vielleicht: "Herr, wie ist es dann mit dem Stillschweigen, über das Ihr zu uns gesprochen habt? Denn hierzu braucht man viele [bildhafte] Vorstellungen, weil jedes Werk – egal ob es ein inneres oder ein äußeres Werk ist, ob ich andere unterrichte oder dies oder das tue – wird nach den zugehörigen Vorstellungen gestaltet – wo kann ich [dann noch] Ruhe finden? Denn wenn die Vernunft erkennt und der Wille etwas möchte und die Gedanken etwas planen, sind das alles Vorstellungen." Das musst du folgendermaßen verstehen: Die Meister schreiben über eine wirkende Vernunft und über eine leidende. Die wirkende prüft die Vorstellungen äußerer Dinge und verwirft sie und nimmt ihnen alles Gegenständliche und alle Zusätze und pflanzt sie [dann] in die leidende Vernunft, und diese gebiert sie dann als [reine] Vorstellungen des Geistes in sie [= die wirkende Vernunft] zurück. Wenn die leidende Vernunft so von der wirkenden schwanger geworden ist, dann bewahrt sie sie und erkennt die Dinge dadurch, dass sie von der wirkenden Vernunft in sie hineingebracht wurden. Trotzdem kann sie die Dinge nicht erkennen, wenn die wirkende [Vernunft] sie nicht ein zweites Mal erleuchtet und ihr Licht noch einmal in sie wirft. 10 Schau, alles, was die wirkende Vernunft auf diese Weise bei einem normalen Menschen vollbringt, dasselbe vollbringt Gott in ganz derselben Weise bei einem Menschen, der sich von allen Äußerlichkeiten getrennt hat. 11 Er [= Gott] nimmt die wirkende Vernunft weg und setzt sich selbst an ihre Stelle und bewirkt durch sich selbst, was die wirkende Vernunft tun sollte. 12 Denn ein solcher Mensch hat sich selbst von allem frei gemacht, und die wirkende Vernunft ist in ihm ganz still geworden. 13 Deswegen muss Gott der Meister dieses Werks sein, um ihre Aufgabe zu übernehmen und in die leidende Vernunft zu gebären. 14 Das kannst du [so] verstehen, wie es ist: 15 Die wirkende Vernunft kann nicht zwei Vorstellungen gleichzeitig in sich aufnehmen: 16 Sie nimmt eines früher auf und das andere später. 17 Wenn sich dir in der Luft Farbe zeigt, kannst du sie doch nicht anders wahrnehmen als nacheinander. 18 So wie es sich mit der Wahrnehmung der wirkenden Vernunft verhält, verhält es sich auch mit deinem Sehen. 19 Solange Gott anstelle der wirkenden Vernunft gebiert, gebiert er viele unterschiedliche Vorstellungen auf einmal. 20 Denn wenn Gott dich zu einem guten Werk bewegt, so bieten sich gleich alle guten Werke zu tun an. 21 Dein Denken und Empfinden wird dadurch tausendfach gestärkt und zu allem, was gut ist, hingewendet. 22 Was du an Gutem leisten kannst, das zeigt sich und formt sich alles gleichzeitig in einem einzigen Augenblick in einem einzigen Punkt. 23 Und das zeigt, dass dies weder das Werk der Vernunft sein kann, noch die von ihr bewirkte Geburt. 24 Denn sie verfügt über diese Eigenschaften nicht, sondern es ist das Werk und die von dem bewirkte Geburt, das alle Vorstellungen auf einmal in sich selbst trägt. 25 Und so sagte der heilige Paulus: 26 "Mir sind alle Dinge möglich durch den, der mir die Kraft dazu gibt. " 27 Durch ihn kann ich nicht nur dieses und jenes tun, sondern unterschiedslos alle Dinge. 28 Im Hinblick auf diese Sache musst du aber wissen, dass die Vorstellungen dieser Werke nicht deine eigenen sind, noch in der Natur enthalten sind, sondern sie sind die [Vorstellungen] des Meisters der Natur, der das Werk und die Idee davon hineingelegt hat. 29 Nimm es dir nicht [einfach], denn es gehört ihm und nicht dir. 30 Zwar empfängst du es während deines Lebens und nimmst es an, aber es wird unvergänglich in Ewigkeit und jenseits aller Vorstellungen von Gott geboren und [dir] geschenkt.
Abschnitt 9
Absatz 12
FN-Anzahl: 19
Nuͦn moͤchtst du fragen: "Seyder sich mein vernunfft hat beraubt irs natürlichenK wercks und das sie kein eygen werck noch bild nitt hatt, waruff soll sich denn die vernunfft enthalten, die allwegen ein gegenwurffcu und ein uffenthalt will haben? Moͤchten die krefft die weil sich ettwer anhefften unnd darin wyrcken, es sey gedechtnyß, vernunfftt oder will?53" Nuͦn verstee dises hie ein berichtung: Der vernunfftt gegenwurffcv unnd ir auffenthaltt ist wesen und nit zuͦfall, sunder das bloß lauter wesenn in im selber.54 Wann nuͦn die vernunfft erkennet ein warheit eines wesens zuͦhandt, so neyget sie sich darauff unnd will darauff ruͦwen, da spricht sie ir wortt vernünfftigklich vonn dem gegenwurff, den sie da hat. Mer: als lang die vernunfft nit findet warheit des wesens eygentlich, also das sie denn grundt nitt ruͤret, also das sie müg sprechenn "das ist diß unnd ist also unnd anders nitt", als lang steet [16va] sie allweg in einem suͦchen unnd in einem beiten und neigt sich nit noch ruͦwet nit, aber sie arbeit noch allweg und legt ab alles suͦchen in einem beiten. Unnd also ist sie etwan ein jar oder mer arbeitten in einer natürlichen warheit, was es sey. Ja, vil lenger arbeit sie in einem abscheiden, was die warheit nit ist, als lang steet sie oncw sunder vernunfft unnd oncx enthaltt noch sprichtcy kein wort von im, wann sie hatt noch kein end diser bekentnyß der warheitcz. 10 Also ergründt die vernunfft nimmer in disem leben55 den grundt der übernatürlichen warheit, die gott istda. 11 Darumb so steet sie als in einem beiten und in einem arbeiten und muͦß mer sein oder heissen ein unwissen denn ein wissen, als das sie hie mag haben von gott. 12 Wann gott offenbaret sich nymmer so fast seynen freünden in disem leben, es sey dennocht nichts gegen dem, das er ist. 13 Wol ist die warheit in dem grund, aber sie ist verdeckt und verborgen der venunfft. 14 Und all die weil, so würt die vernunfft nitt enthalten, das sie ruͦwe als in einem vorwurff, sie endet noch nit, aber sie beitetdb und arbeitetdc sich noch zuͦ einem, das noch bekant sol werden und noch verborgen ist,56 also das der mensch nit wissen mag zuͦmal, was gott ist. 15 Aber er weißt wol, was er nit ist57 unnd scheidt das alles ab. 16 Die weil so württ die vernunfft nit enthalten in einem vorwurff, aber sie beytet als die materia der form. 17 Wann als die materia nit ruͦwet, sie werd dann erfült mit allen formen,58 also ruͦwet auch nit die vernunfft dann in der warheit, die alle ding in sich beschlossen hat. 18 Des wesens benuͤgt sie allein59 und das enthelt ir gott alles vor und verzeücht es ir umm das, das er iren fleyß erweck und reitze siedd für zuͦ geen und mer zuͦ ervolgen und mer grosse ware guͦter60 zuͦ überkommende und sich nit laß mit kleinen dingen benuͤgen, dfsunder stelldf nach dem hoͤchsten.
Nun könntest du fragen: "Da sich doch meine Vernunft um das Werk gebracht hat, welches ihrer Natur entspricht, und da sie weder über ein eigenes Werk noch über eigene Vorstellungen verfügt, worauf soll sich die Vernunft dann stützen, die immer einen Bezugspunkt und einen Ort haben will? Können sich die [Seelen-]Kräfte in dieser Zeit irgendwo anhängen und dort wirken, etwa an das Denken, die Vernunft oder den Willen?" Dazu vernimm folgende Erklärung: Der Bezugspunkt und der Ort der Vernunft ist ihr Wesen selbst und nicht, was darüber hinausgeht, sondern ihr nacktes reines Wesen in ihr selbst. Wenn nun die Vernunft die [innere] Wahrheit eines Wesens erkennt, lehnt sie sich sofort auf sie und will dort Ruhe finden, dann spricht sie ihr Wort als Vernunft von diesem Bezugspunkt aus, den sie dort [gefunden] hat. Des weiteren: Solange die Vernunft nicht die Wahrheit des eigentlichen Wesens ergründet in der Weise, dass sie den [innersten] Grund nicht so ergreift, dass sie sprechen könnte "Das ist das, und mit ihm verhält es sich so und nicht anders", solange befindet sie sich auf der Suche und wartet und lehnt sich auf nichts und ruht nicht, sondern müht sich noch immerzu ab und hört beim Warten auf zu suchen. Und so müht sie sich manchmal ein Jahr lang oder länger um die natürliche Wahrheit, was es mit ihr auf sich habe. Ja, viel länger noch müht sie sich an dem Unterscheiden dessen, was die Wahrheit nicht ist. Solange befindet sie sich ohne eigene Vernunft und ohne Bezugspunkt und äußert kein Wort darüber, denn sie ist noch nicht zu einer Erkenntnis der Wahrheit gelangt. 10 Und so ergründet die Vernunft niemals während dieses Lebens den [innersten] Grund der übernatürlichen Wahrheit, die Gott ist. 11 Deshalb harrt sie aus und wartet und müht sich, und das sollte besser 'Unwissen' genannt werden als 'Wissen', welches sie [nur] von Gott erhalten kann. 12  Denn Gott offenbart sich seinen Freunden in diesem Leben niemals auf diese Weise, so dass es im Verhältnis zu dem, wie er [eigentlich] ist, gar nichts wäre. 13 Zwar befindet sich die Wahrheit in dem [innersten] Grund, aber sie ist vor der Vernunft versteckt und verborgen. 14 Und während dieser Zeit findet die Vernunft keinen Halt, indem sie wie in einem Gegenstand ruhen könnte, sie ist noch nicht zu ihrem Ziel gelangt, sondern sie wartet und bemüht sich um das eine, welches noch erkannt werden muss, aber noch verborgen ist, so dass der Mensch gar nicht wissen kann, was Gott ist. 15 Aber er weiß sehr gut, was er [= Gott] nicht ist und verwirft das alles. 16 Während dieser Zeit befindet sich die Vernunft nicht in [irgendetwas] Gegenständlichem, sondern sie wartet wie die Materie auf die Form. 17 Denn so wie die Materie nicht zur Ruhe kommt, wenn sie nicht mit Formen gestaltet wird, so ruht auch die Vernunft in nichts anderem als in der Wahrheit, in der sich alle Dinge befinden. 18 Sie gibt sich nur mit dem Wesen [selbst] zufrieden, aber das enthält ihr Gott ganz und gar vor und verweigert es ihr, um ihren Ehrgeiz zu wecken und sie dazu zu bringen, aus sich heraus zu gehen und nach mehr zu streben und Größeres und wahrhaft Gutes zu erreichen und sich nicht mit kleinen Dingen zu begnügen, sondern nach dem Allerhöchsten zu streben.
Abschnitt 10
Absatz 13
FN-Anzahl: 7
Nuͦn moͤchstu sprechen: "Ach herr,L nuͦn hant ir uns vil gesagt, das alle krefft schweygen sollen61 und alle ding. Setzt ir nuͦn in nachstellendg und in begeren hie in diser stille, das wer ein groß beruͦff und ein gesprech, da also ein quellendh und harren wer uff eins, das man nit het, das benem dise stille [16vb] und dise ruͦw. Es were meinen oder woͤllen oder suͦchen oder dancken oder loben, was sich dainn erhuͦb oder erbildte, da were nitt gantz ware stille?" Des nimm ein underscheid: Wenn sich der mensch also gardi entbloͤßt von im selber und von allen dingen in einer eygentschafft und in aller weiß und in allen dingen, was denn in dir geboren würt,62 das ist nit dein, sunder gardj deines gotts, dem du dich gelassen hast. Nuͦn sag mir, weder ist das wort, das da wirt gesprochen, des, der es spricht, oder des, der es hoͤrt? Wie wol es in dem ist, der es hoͤrt, so ist es doch eygentlich des, der es gebirt und der es spricht, und nit des, der es hoͤrt.
Nun könntest du fragen: "Ach Herr, jetzt habt Ihr uns viel darüber erzählt, dass alle [Seelen-]Kräfte schweigen sollen, und alle Dinge zieht ihr nun dafür heran, dass sie in dieser Stille nach etwas streben und etwas begehren. Das wäre ein großes Geschrei und ein Gerede, wenn man sich dort so quälte und auf etwas wartete, das man nicht hat; das zerstörte diese Stille und diese Ruhe. Es würde [nämlich] bedeuten, eine Absicht zu haben oder etwas zu wollen oder zu suchen oder für etwas zu danken oder etwas zu loben; was damit ins Werk gesetzt würde und darin entstünde, das wäre doch nicht gänzliche wahre Stille?" Dazu vernimm folgende Erklärung: Wenn sich der Mensch so ganz frei macht von sich selbst und allen [äußeren] Dingen in ihren Eigenarten und in jeder Art und Weise und in allem, was sie betrifft, – was danach in dir geboren wird, das gehört nicht dir selbst, sondern [gehört] ganz und gar deinem Gott, dem du dich überlassen hast. Nun beantworte mir die Frage, wem das Wort gehört, das ausgesprochen wird: dem, der es spricht, oder dem, der es hört? Obwohl es sich in dem befindet, der es hört, so ist es doch das Eigentum dessen, der es gebiert und es ausspricht, und nicht dem, der es hört.
Abschnitt 11
FN-Anzahl: 9
Also nimm ein gleichnyß: Die sonn würfft iren scheyn in den lufft, und M der lufft entpfacht das liecht und gibt es dem erdtreych und gibt unß in dem selben, das wir erkennen die underscheid der farben. Wie wol nuͦn das liecht foͤrmlich ist in dem lufft, so ist es doch wesenlich in der sonnen, und es entspringt uß der sonnen und nit uß dem lufft. Mer: es würt in dem lufft wol empfangen und von dem lufft fürbaß erbotten allen, den das des liechts entpfenklich istdk. Also ist es in der sel, in der sich gott gebyrt mit der geburt seiner genaden, und die seel entpfacht es fürbaß in ir krefft in mancherley weiß in einer begerung in guͦter meinung in neüwer wyrckung63 und in danckbarkeit. Und wie es dich anruͤrt, sodl ist es dochdm alles sein und nit dein. Was gott da wyrckt, das nimm als das sein und nitt als das dein, als geschriben ist: "Der heilig geyst geystet in ungestümm in unzeliger senffter weiß."64 Er bett nit in uns, wir bettenN in im,65 als sant Paulus spricht: 10 "Niemant mag sprechen 'herr Jesu Christe' dann in dem heiligen geist."66
Das kannst du mit folgendem Bild vergleichen: Die Sonne strahlt ihren Lichtschein in die Luft, und die Luft nimmt das Licht auf und leitet es auf die Erde weiter und lässt uns dadurch die Unterschiede der Farben erkennen. Und obwohl das Licht in seiner Form in der Luft erscheint, so gehört es von seinem Wesen her der Sonne, und es kommt von der Sonne und nicht aus der Luft. Des weiteren: Es [= das Licht] wird von der Luft zwar aufgenommen und von der Luft weitergeleitet zu allem, das das Licht aufnehmen kann. Genauso verhält es sich mit der Seele, in der sich Gott [selbst] gebiert durch die Geburt seiner Gnade, und die Seele leitet das in ihre Kräfte in vielfacher Weise weiter: mit Verlangen, in guter Absicht, mit neuen Werken und in Dankbarkeit. Und so sehr es sich auch auf dich auswirkt, so gehört es doch alles ihm [= Gott] und nicht dir. Was Gott dort bewirkt, das musst du als sein Wirken verstehen und nicht als deines, wie geschrieben steht: "Der heilige Geist wirkt ungezügelt in unaussprechlich sanfter Weise." Er betet nicht in uns, sondern wir beten in ihm, wie der heilige Paulus sagt: 10 "Niemand kann sagen 'Herr Jesus Christus', wenn er nicht aus dem heiligen Geist redet."
Abschnitt 12
Absatz 14
FN-Anzahl: 5
Das ist dir not vor allen dingen, das du dich nichts annemest, sunder laß dich gantzdn und laß gott in dir wircken unnd mitt dir seynen willen haben. Wann diß werck ist sein, und diß wort gebirt seyne werck67 und alles, das zuͦ dir gehoͤrt.68 Wenn das ist, das du dich gelassen hast mit dem ußgangdo deiner krefft und der werck deines wesens mit der eygenschafft. Darumb muͦß gott ingen in wesen und in krefft umm daz, wann du dich aller diner eigenschaft hast [17ra] beraubt und verwuͤstet unnd vernichtet,69 als geschriben steet: "Die stymm ruͦfft in der wuͤste."70 Laß dise edle stymm in dir ruͦffen, als es ir gefelt, unnd hab dich selber indp huͦt in allen dingen.
Was für dich wichtiger ist als alles andere, ist dass du an nichts festhältst, sondern dich gänzlich loslässt und Gott in dir wirken lässt und es zulässt, dass er seinen Willen an dir erfüllt. Denn dieses Werk ist sein Werk und dieses Wort gebiert sein Wort und alles andere, was zu dir gehört, wenn es denn so ist, dass du dich [ganz] gelassen hast, indem du die Kräfte und das Werk deines Wesens, das zu dir gehört, vertrieben hast. Deswegen muss Gott dann einziehen in das Wesen und in die Kräfte, weil du dich von allem, was zu dir gehört, getrennt hast, es verwüstet und vernichtet hast, wie geschrieben steht: "Die Stimme ruft in der Wüste." Lass diese edle Stimme in dir so rufen, wie es ihr gefällt, und gib auf dich in jeder Beziehung acht.
Abschnitt 13
Absatz 15
FN-Anzahl: 28
Nuͦn moͤchtst du sprechen: "Achdq, wie soll sich der mensch halten, der synO selber in allen dingen drder wuͤstedr gern ledig wer oder der sein selbs und aller ding zuͦmal soll ledig unnd bloß werden. Wie soll der mensch alle zeit in einem warten seyn des wercks gottes und soll zuͦmal on wircken seyn, oder soll er etwan selber etwas wyrcken als betten, fasten, wachen,71 lesen und ander tugendtliche werck wyrcken,72 seydt das der mensch nichts nemen soll von ußwendig sunder alles von inwendig von seinem got. Und ob der mensch die werck nit thuͦt, versaumet er dann nichts?"73 Das merck: Er soll die außwendige werck nitt underwegen lassen,74 wann sie seind den menschen gesetzt von ordnung wegenn, also das der mensch dadurch in gott werd gericht durch ein geistlich leben und zuͦ guͦten dingen, das er im selber nitt boͤse statt geb zuͦ keiner ungleicheit, das er damit ge uͤbt werde unnd das er im selber nitt entlaufe in fremden dingen und das er got wol wyrcke. Wann er in woͤll haben, das er in bereit finde unnd das gott nit von im fliehe von seinen verren und groben dingen.75 Wann so der gelust der ussern dingen ye groͤsser ist, so des menschen seligkeit ye ferrer würt.76 Wann so ye groͤsser liebe, so ye groͤsser schwerer leid, so es an scheiden geet. 10 Secht darumb ist alles wyrcken funden unnd erdacht mitt guͦtter uͤbung der tugend als betten, lesen, singen, vasten, wachen und knyen77 und was der tugentlichen uͤbung ist. 11 Das der mensch damitt werde gefangen unnd uffenthalten vor frembden ungeschickten ungoͤttlichen dingen. 12 Unnd darumb wenn der mensch gewar würt, das der geist gottes in im nicht wircket und das der inner mensch von gott gelasssen ist, so ist im nichts bessers dann daz P er sich in allen tugenden uͤbe unnd in sunderheit die im allerbast mügen gedienen und im aller nützlichest seind unnd allernotdurfftigest unnd das er kein eygen[17rb]schafft in im selber suͦch, die nitds die recht warheit sey,78 unddt darumb, das er nicht in grobe sach gezogen werde, sunder das er in guͦten dingen gott anhafft, das in gott recht finde, wann er will kommen, seine werch in der seel zuͦ schauwen79, das er denn nitt lang doͤrff suͦchen. 13 Wenn aber der mensch woͤll80,Q das er in einer waren geordneten innikeit funden werd, so soll er allen unmuͦß von im legen der ußwendigkeit.81 14 Unnd weren es auch solche uͤbung, mitt denen du dich mit gelübd verbunden hettest, die dir auch weder babst noch byschoff abgenemmen moͤchten. 15 Wann so das ist, das ein mensch gott ein gelübt thuͦt, das mag im niemant R abgenemmen, man wandel es dann in ein hoͤhern stand.82 16 Wann ein yegklich gelübdt ist ein verbinden sich zuͦ got. 17 Het nuͦn ein mensch vil gelübdt gelobet zuͦ betten, zuͦ vasten, wallfart und dergleychen zuͦ thuͦn, der ist er aller ledig und loß, so er in einen orden kompt. 18 Wann in dem orden würt er allen tugendenn unnd gott verbunden.83 19 Recht also sprich ich auch hie: 20 Wie vil sich ein mensch gott verbunden hett, zuͦ manchen dingen: 21 Kompt er in die rechten waren liebdu84, er istdv aller ledig, all die weil die war innigkeit in im weretdw. 22 Unddx das sie ein wochen weret oder einen monet oder ein jar: 23 all die weil versaumpt weder münch noch nunn nymmermerdy kein zeit vor gott. 24 Dem sie verbunden seint, dem muͤssen sie vor allen dingen geltendz.85 25 Aber so der mensch wiSder zuͦ im selber kompt, so vollbring er daz, das er gelobt hat von der zeit, von dem er sich wol finden mag. 26 Aber von der vergangen zeit und was er darin versaumpt hat, das in dann dunckt, das er dem orden schuldig sey,86 so bedarff er sich nichts underwinden eanoch gedencken zuͦ thuͦnea. 27 Wanneb gottec erfüllt es selber, die weil er dich unmuͤssig macht. 28 Noch du soltest nit woͤllen, das es mitt aller creaturenn werck erfúllt were, wann das allerminst von gott gethan, das ist besser dann aller creaturen werck. 29 Und das ist gesagt von den gelerten und erleüchten menschen, die von got und von der geschrifft gelert und erleüchted seindee.
Jetzt könntest du fragen: "Ach, wie muss sich der Mensch verhalten, der sich selbst von allen Dingen befreien möchte, um wie eine Wüste zu sein, oder der nackt und frei von sich selbst und von allen Dingen wird? Inwieweit kann der Mensch immerzu das Werk Gottes erwarten und gleichzeitig nichts vollbringen, oder soll er nicht manchmal selbst etwas tun wie beten, fasten, wachen, lesen und andere tugendhaften Werke vollbringen, weil der Mensch ja nicht von außen Kommendes annehmen soll, sondern ausschließlich Inneres, das von Gott kommt? Und wenn der Menschen diese Werke nicht tut, versäumt er dann nichts? " Das sollst du so verstehen: Er soll die äußeren Werke nicht vernachlässigen, denn sie sind dem Menschen aufgetragen, um ihm Orientierung zu geben, so dass der Mensch durch sie, durch eine geistliches Leben, zu Gott findet und zu guten Werken, damit er in sich selbst dem Bösen keinen Raum lasse für sündhafte Verfehlungen und damit er durch sie [= die äußeren Werke] geschult wird und sich nicht in andere Dinge verrennt und damit er auf gute Weise für Gott arbeitet, wenn dieser ihn haben möchte, und damit er ihn bereit findet und damit Gott ihn nicht wegen seines abschweifenden und unangemessenen Verhaltens meidet. Denn je größer die Lust auf die äußeren [= nicht geistlichen] Dinge ist, um so weiter entfernt sich der Mensch von seiner Seligkeit. Denn je größer die Liebe ist, um so größer ist der bittere Schmerz, wenn man Abschied nehmen muss. 10 Schaut, deswegen wurden alle diese Tätigkeiten überlegt und ausgedacht zum sicheren Einüben der Tugenden wie Beten, Lesen, Singen, Fasten, Schlafentzug und auf den Knien Ausharren und was es noch für gute Übungen gibt, 11 damit der Mensch auf diese Weise vor anderen unangemessenen und nicht gottgefälligen Dingen bewahrt und behütet wird. 12 Wenn der Mensch feststellt, dass Gottes Geist nicht in ihm wirkt und dass sein Inneres sich von Gott entfernt hat, gibt es deshalb nichts Besseres für ihn, als sich in allen tugendhaften Dingen zu schulen und besonders in denen, die für ihn besonders förderlich sind und die er am nötigsten hat, und er darf keine Eigenart in sich suchen, die nicht die echte Wahrheit ist. Und wenn er sich nicht in unangemessene Dinge hineinziehen lässt, sondern sich in guten Dingen Gott anschließt, findet ihn Gott deswegen bereit, wenn er kommen wird, um sein [= Gottes] Werk in der Seele zu begutachten, so dass er dann nicht lange suche muss. 13 Wenn nämlich der Mensch in einer wahrhaftigen und Regeln unterworfenen inneren Andacht gefunden werden möchte, muss er alle Unruhe der äußeren Einflüsse abstreifen – 14 selbst wenn es Aufgaben solcher Art wären, zu denen du dich durch Gelübde verpflichtet hättest, von denen dich weder Papst noch Bischof entbinden könnten. 15 Wenn das der Fall ist, dass ein Mensch Gott ein Gelübde geleistet hat, kann ihn niemand davon entbinden, es sei denn, es würde in einen höheren Status verwandelt. 16 Denn jedes Gelübde ist eine Verbindung zu Gott. 17 Hat nun ein Mensch vielfach Gott versprochen, er werde beten, fasten, eine Wallfahrt tun oder Ähnliches, ist er von allem ledig und befreit, wenn er in einen Orden aufgenommen wird. 18 Denn durch den Orden stellt er eine Verbindung zu allen Tugenden und zu Gott her. 19 Dementsprechend urteile ich auch im vorliegenden Falle: 20 Wie sehr sich auch ein Mensch Gott gegenüber verpflichtet hat, eine Reihe von Dingen zu tun: 21 Gelangt er zur echten wahrhaftigen Liebe, ist er von ihnen allen frei, solange die wahrhaftige innere Andacht in ihm anhält. 22 Und wenn sie ein Woche anhält oder einen Monat oder ein Jahr: 23 Solange versäumen weder ein Mönch noch eine Nonne jemals eine Stunde vor Gott. 24 Wem gegenüber sie sich verpflichtet haben, dem vor allem anderen müssen sie sich verantworten. 25 Wenn dann der Mensch wieder zu sich kommt, so erfüllt er das, was er versprochen hat, in der Zeit, in der er sich gerade befindet. 26 Aber in Bezug auf die vergangene Zeit und auf das, was er während dieser Zeit versäumt hat, wovon er meint, dass er es dem Orden schulde, muss er sich nichts vorwerfen oder überlegen, es nachzuholen. 27 Denn Gott erfüllt es [= das Gelübde] selbst in der Zeit, in der er dich mit anderem beschäftigt. 28 Aber du sollst nicht einmal wünschen, dass es [= das Gelübde] durch die Werke aller Geschöpfe erfüllt würde, denn das Allerkleinste, das Gott tut, ist besser als das Werk aller Geschöpfe zusammengenommen. 29 Und dies wurde bestätigt von den gelehrten und erleuchteten Menschen, die durch Gott und die Heilige Schrift belehrt und inspiriert wurden.
Abschnitt 14
Absatz 16
FN-Anzahl: 23
Nuͦn wie soll es aber sein umb ein lau[17va]Ttern leyen, der nit weißt noch verstet dann von der leyplichen uͤbung und der doch etwas gelobt hat zuͦ thuͦn und uff sich genommen hatt, es sey gebett oder vasten87 oder andere ding derglychen? So sprich ich also: Vindet er an im, dasefegin hindert unnd das er es in gott setzet, das er ledig mit wissen sey der gelübdt oder sach, die er im hat fürgenommen oder gelobt zuͦ thuͦn,88 so sey er kuͤnlicheg ledig. Wann ein yeglich sache oder gelübdt, die dich zuͦ gott mag bringen und dich in gott naͤher schleusset, das solt du in gott suͦchen unnd ehdas dich selber das allerbest dunckt in deiner meinungeh,89 als sant Paulus, do er sprach: "Wann das kompt, das doei vollkommen ist, so vergeet das, dasej doek halb ist."90 Es ist gar Uungleych gegen einander die gelübdt, die man thuͦt91 an eines priesters hant als die ee oder ander verbunden sach.92 Das ist als vil, als so man es gott selber gelobt in einer einfaͤltigkeit. Wann das ist ein guͦt geloben und ein guͦt meinung, das sich der mensch also zuͦ gott verbinden will unnd das er daz die weil für das best hat. Ist aber, das der menschel in im ein bessers mag erkennen in seyner verstentnyß und das er es in seyner eygnen straff befindt als offt emund dickem wol kommet, so der ein sünd will thuͦn, das er den gedenck: 10 "Das ist wider gott unnd wider deiner sel heil." 11 Das ist das erst, das dich zuͦmalen darvon erlediget93 und das du dann dadurch einen sichern weg magst suͦchen, der dich zuͦ den ewigen freuden mag bringen, das ist gar leycht zuͦ beweren. 12 Wann man soll mer ansehen die frucht und die innern warheit dann das usser werck.94 13 Darumm spricht sanct Paulus: 14 "Litera occidit." 15 "Die scrifft toͤdt." 16 Das ist alle usserliche uͤbung. 17 "Als der geist macht lebendig"95, das ist ein innerlichs befinden der rechten warheit. 18 Das solt du gareo fleyssigklich warnemen in dir. 19 Und wasep dich aller nechst darzuͦ gefuͤgen mag, dem selben solt du eygentlichen volgen vor allen dingeneq: 20 Du solt haben ein uffgehaben gemuͤt und nit ein niderhangendes, sunderer ein brinnendes und das in einer schweygender stillheitt. 21 Du darffst gott nit sagen, wes du begerst oder [17vb] bedarffst: 22 Er weißt es als vor, als deres herr Jesus sprach zuͦ seinenet jüngern: 23 "So ir bettent, so solt ir nit vil wort machen und solt nit thuͦn als die phariseyer theteneu, die wolten erhoͤrt werden in irem vil sprechen und worten, die doch wider gott warent."96
Wie verhält es sich aber nun mit einem völlig Ungelehrten, der nichts weiß noch versteht abgesehen von körperlichen Übungen und der doch ein Gelübde abgelegt hat und versprochen hat, etwas zu tun, egal ob es ein Gebet oder Fasten oder andere ähnliche Dinge seien? Darauf antworte ich folgendermaßen: Stellt er an sich selbst fest, dass es ihm [bei der inneren Andacht] hinderlich ist, wenn er es Gott überlässt, so [antworte ich] soll er wissen, dass er von dem Gelübde befreit ist, oder von der Sache, die er sich vorgenommen hatte oder versprochen hatte zu tun, ist er befreit, ohne Angst haben zu müssen. Denn jede Sache oder jedes Gelübde, die dich zu Gott bringen kann und dich mit Gott enger verbindet, sollst du in Gott suchen und überhaupt alles, von dem du selbst meinst, dass es das Allerbeste sei, wie Paulus einmal sagte: "Wenn das eintritt, das vollständig ist, dann verschwindet das, was bruchstückhaft ist." Mit den Gelübden, die man vor einem Priester leistet wie das Ehegelübde oder andere rechtlich verpflichtende Sachen verhält es sich allerdings ganz anders. Das ist in derselben Weise verpflichtend, wie wenn man es Gott selbst ohne Hintergedanken verspricht. Denn das ist eine gute Art, ein Gelübde zu leisten, und eine löbliche Absicht, dass sich der Mensch auf eine solche Weise an Gott binden will und dass er das zu dieser Zeit für das Beste hält. Geschieht es dann, dass der Mensch in sich, in seinem eigenen Verstand etwas [noch] Besseres erkennt und dass er sein eigenes sträfliches Vergehen erkennt, wie es sehr häufig vorkommt, wenn jemand in Begriff steht, eine Sünde zu tun, dann soll er zu sich selbst sagen: 10 "Das ist nicht Gottes Wille und schadet deinem Seelenheil." 11 Das ist das erste, das dich unmittelbar davor bewahren kann. Und dass du auf diese Weise einen sicheren Weg suchen kannst, der dich zu den ewigen Himmelsfreuden führt, das lässt sich leicht beweisen. 12 Denn man soll dem, was daraus erwächst, und der inneren Wahrhaftigkeit mehr Aufmerksamkeit schenken als den äußeren Werken. 13 Deshalb sagt der heilige Paulus: 14 "Litera occidit." 15 "Der Buchstabe tötet." 16 Das steht für die äußeren Handlungen. 17 "So wie der Geist lebendig macht." Das steht für das innere Erkennen der echten Wahrheit. 18 Das sollst du begierig in dir wahrnehmen. 19 Und dem, was dich in die größte Nähe dazu bringt, dem sollst du vor allen anderen Dingen und ganz besonders Folge leisten. 20 Du sollst eine aufrechte Gesinnung haben und keine niedergedrückte, sondern eine brennende, die zugleich in Stille schweigt. 21 Du musst Gott nicht um etwas bitten, was du gerne hättest oder brauchst. 22 Er weiß es bereits, wie der Herr Jesus zu seinen Jüngern gesagt hat: 23 "Wenn ihr betet, so sollt ihr nicht viele Worte machen und sollt euch nicht so verhalten wie die Pharisäer, die wünschten, dass sie mit ihren langen Worten und Reden erhört würden, obwohl sie sich doch gegen Gott wandten."
Abschnitt 15
FN-Anzahl: 4
Das wir hie mit diser ruͦw und mit disem inwendigen schweygen also moͤgen nachvolgen, das wir das ewig wort in unß entpfahen mit dem insprechen des heiligen geists97 und das wir eins mit im werden, evdas verlych unßev gott ewdie heilig dryvaltigkeit gott der vatter und gott der sun und gott der heilig geistew. Amenex.
Dass wir in diesem Leben in dieser Ruhe und in diesem inneren Schweigen Nachfolge so leben, dass wir das ewige Wort in uns durch die Eingebung des Heiligen Geistes so empfangen, dass wir eins mit ihm werden, das gewähre uns der dreieinige Gott, Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Amen.

Variantenapparat

ame esse LT AT
b–bIn his que ... taͤglichen geboren würt] Querite dominum dum inveniri potest. Isai. lv. Suechent den herren weil er zu fynden ist etc. Der her ist eyns in mēschlicher natur von Marien geboren / Aber er wirt noch alle zeit geistlich in allen reinen seelen geboren / mit volheit aller gnaden / die im stat geben KT
ciungsten LT AT, innersten KT
dfehlt LT
e meins KT
fsey KT
gsicherlich bey nichte KT
hdas LT AT
iabghen sollen LT
jfuget
kofft under LT
l–lals er alle seine macht dar czu thut LT
mDa KT
nye LT
ohat LT
p–pfehlt LT, oder habitu KT
qSihe recht LT
rbeweiszet LT AT
sweyset LT
t eingunge LT
uallein czu mal LT
vsich nit LT
wWan LT
xfehlt LT
yHie volget LT
z–zder ersten frage disz obgeschriben sermons
aafehlt LT AT
abvolmacht LT
acdann szo LT
adüberlestigt BT
aesollet LT
afsollet LT
agbehegelikeyt LT
ah–ahdes ynnewendigen gesichtes LT AT
aifehlt LT
ajsache LT
aklieber herre ihesus christus LT
al eynunge LT
ammussen LT
anandern LT
aofehlt KT
apgutt LT, got KT
aqgot KT
ar–ar nicht KT
asWan LT
atvordecken etc. Sequitur ad propositum vide ubi supra. Wann die sele ist ein einfeldigk forme des leibes etc. LT
au–auMerck ein anderen synn ... beyweylen verbergen unnd verdecken folgt in LT am Schluss der Predigt
avczu mal LT
awwere LT
axhundert dert
ayczu mal LT
azwan LT
bafehlt LT
bbund er weiset es uns als er wil und LT AT
bc–bcfehlt KT
bdvorbrengt LT
be–beaber num̄ē BT, Aber nun LT AT, und dz thut er KT
bffehlt LT
bgfragen Ach lieber herre LT
bhherren iesu cristo LT
bi Meister LT
bj–bjdz wircken vor nit fruchtbarer ist KT
bkdan KT
blwiewol KT
bmist doch KT
bndz LT, fehlt AT
boiesus unser leiber LT
bp–bpdas hat er LT AT
bqgemeinte KT
brdie LT AT
bshiesz LT AT KT
btan LT
buauch ergeben KT
bvalles das LT
bwim KT
bxyn bēsorgē LT
bygedangk und LT AT
bz–bzfehlt LT
cado nur LT, mer KT
cbfehlt LT
ccdiß saem oder KT
cdfehlt LT
cevon den LT
cffehlt LT
cgfehlt KT
chdas das LT
cifehlt KT
cj–cjin im gestillet KT
ckeinander gelich
clwyrckende
cmals LT
cnTrawen LT
coweiszet LT AT
cpes doppelt
cqsprach der edel LT
crMer LT
cs ist nitt AT
ct–ctnoch AT
cuvorwurff LT AT
cvvorwurff LT AT
cwfehlt KT
cxon fehlt KT
cyspricht nit LT AT
czwarheit Sihe LT
daist. Und LT
dbbeitet noch LT
dcbereitet LT
ddye LT
deerkriegen LT AT
df–dfdan quellen LT
dg quellenn LT
dhquellen verlanghen KT
diczu mal LT AT
djczu mal LT AT
dkist Recht LT
dlfehlt LT
dmfehlt LT
dnalczu mal LT
do auffgange LT
dpin stediger KT
dqAch herre LT
dr–drfehlt KT
dsLT AT KT, fehlt BT
dt Und thuͦ sie KT
duliebe in den orden LT, und würt in Got uffgezogen KT
dvist ir LT AT
dwweret / das er mit allen kraͤfften ingeczogen und inn Got versuncken ist KT
dxUnd so
dynymmer LT AT
dzbezalen KT
ea–eafehlt KT
ebdan KT
ecGot leeret in dae inn / und KT
ederleüch
eeund mit S. Paulo in Got geczogen seind / Aber nit von ußwendigen ungestorben menschen KT
efdas es LT AT
eg–eg ware inleuchten des heiligen geistes in der warheit das ußwendige übung im hyndere / soe secz er sey in Gott / und seye KT
eh–ehhalten KT
eifehlt KT
ejfehlt KT
ekfehlt LT
elmensch eynn guͦten uffsacz machet / und darnach KT
em–emfehlt KT
enfehlt KT
eovil LT
epdz KT
eqdyngen. Süech aber rat (kanstu) an deinen oͤbersten / oder an eym̄ erleuchten Gots freud [!] / dz du nit uff dyr selb steest / so solt du auch nit betrogen werden / oder an deinem beicht vatter / so du eynen soͤlchenn gots freunt nit kanst überkommen KT
erMer LT AT
esunser LT
et seinen lieben LT
eufehlt KT
ev–evDes helff unsz LT, des helff uns der ewig KT
ew–ewfehlt LT KT
exfehlt LT

Marginalien

A Eygenschafft gottes vatters.
B Ob dise geburt allweg sey oder underweilen.
C Warumb sich Christus der liebhabenden seel verberg.
D Die múglich vernunfft.
E Die sel: wo sich hinkert, do keret sie sich gantz hin.
F Glychnysz.
G Predigen das gotts wort.
H In der usserlichen uͤbung der innigkeit wie man pflegen moͤg.
I Merck
J Nimm war des wunderbaren werkmeisters.
K Der beraubten vernunfft enthaltung.
L Ob disz nach wefern der vernunfft der waren stille nit hindernysz bring.
M Gleychnysz von der sonnen.
N Der heilig geist bettet nit in uns.
O Merck, warzuͦ die usserlichen werck dienent.
P So der inner mensch von gott gelassen ist.
Q So du der waren lieb und innigkeit gewar würst.
R Glychnysz von dem gelúbdt.
S So du wider zuͦ dir selber kumpst.
T Wie sich ein ungelerter ley in solchen gelúbpten halten soll.
U Offenlich gelúbdt.

Stellenkommentar

1 Mit Predigt acht geht im BT eine Predigt zum selben Anlass voraus.
2 Das am 6. Januar begangene Epiphaniasfest, das auch als Fest der Heiligen Drei Könige bezeichnet wurde (vgl. oben S. #, Anm. # in Pr. 4), wurde wie andere Hochfeste in der Oktav eine Woche lang nachgefeiert (vgl. Auf der Maur, Feiern 1, S. 160). Gemeint ist hier also der erste Sonntag nach dem Epiphaniasfest.
3 Lc 2,49: "Nesciebatis quia in his quae Patris mei sunt, oportet me esse?" - Lc 2,42-52 wurde am Sonntag in der Oktav von Epiphanias als Evangelium gelesen (vgl. Ordinarium, S. 152, Nr. 586; zum Text der dort abgekürzt zitierten Perikope vgl. Missale [1484], Bl. 15vb-16ra).
4 Vgl. Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101,DW IV,1, S. 335,2f.
5 Vgl. Lc 2,49.
6 Zur Zuordnung der potentia zum Vater vgl. Lombardus, Sententiae I d. 34 c. 3f. Nr. 147-148,1 (SpicBon 4,2, S. 252,9-253,5).
7 Vgl. auch Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101,DW IV,1, S. 357,131f.
8 Gemeint sind die Seelenkräfte. Zu Eckharts Lehre von diesen vgl. zusammenfassend Largier, Kommentar 1, S. 844-854. Die drei obersten Seelenkräfte sind Intellekt, Gedächtnis und Wille; zu den unteren Seelenkräften gehören die Sinne (vgl. auch unten, #,#, S. #, Z. #-#).
9 Mt 11,12.
10 Während dieser Satz in der Fassung A, die in der Handschrift St 2 (E) überliefert wird, noch zur Frage gehört, bildet er in der sekundären Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, den ersten Teil der Antwort.
11 Zur Unterscheidung zwischen wirkender und leidender Vernunft vgl. auch unten, #,#, S. #, Z. #-#. Die Differenzierung zwischen wirkender (intellectus agens), leidender (intellectus passibilis) und möglicher Vernunft (intellectus possibilis) geht auf Aristoteles zurück (vgl. Aristoteles, De anima III,4f. [ed. Ross, S. 69-72]). Aristoteles setzte wohl wirkende und mögliche Vernunft gleich und verstand die leidende Vernunft als rezeptive, materiale Vernunft (vgl. Seidl, Einleitung, S. XXIXf., XXXVI). In der Rezeption von "De anima" wurde die mögliche Vernunft aber im Sinne einer materialen Vernunft interpretiert und der wirkenden Vernunft gegenübergestellt (vgl. u. a. Thomas, Sentencia libri "De anima" c. 4 [Editio Leonina 45,1, S. 218,17-23; 220,76-80]; Summa contra gentiles II c. 78 [Editio Leonina 13, S. 494]; vgl. auch zusammenfassend Seidl, Einleitung, S. XXX-XLII). Thomas legte dabei dar, dass die mögliche Vernunft in gewissem Sinne als passibilis anzusehen sei (vgl. Thomas, Summa contra gentiles II c. 78 [Editio Leonina 13, S. 494]). Meister Eckhart unterscheidet in Predigt 37 nur zwischen wirkender und möglicher Vernunft (vgl. Eckhart, DW II, S. 220,1-223,5). In der vorliegenden Predigt nimmt er "eine Dreiteilung des Intellekts vor, weil er beim intellectus possibilis als dem übergeordneten Begriff eine mügelîche vernunft, die auf ihrer höchsten Stufe intellectus adeptus [...] genannt werden kann, von einer lîdenden vernunft unterscheidet, die bezogen sowohl auf das Verhältnis Gott und menschlicher Geist wie das Verhältnis Form und Materie als passibilis gesehen wird" (Eckhart, DW IV,1, S. 569, Anm 8). Vgl. auch ebd., S. 568-570, Anm 8. - Die im Text folgenden Ausführungen über die wirkende, leidende und mögliche Vernunft bietet der BT zunächst in einer im Vergleich zur Fassung A, die in der Handschrift St 2 (E) überliefert wird, stark verkürzten Gestalt, wie sie für die sekundäre Fassung B der vorliegenden Predigt (vgl. DW IV,1, S. 568,39-104) charakteristisch ist. Anschließend wird im BT eine ausführlichere Version der gleichen Passage nachgetragen (vgl. unten #,#-#, S. #, Z. #-# mit Anm. #).
12 Während die mögliche Vernunft in den unten folgenden Ausführungen der Fassung A (vgl. auch unten S. #, Anm. #) in ihrer Funktion beschrieben wird, das Wirken Gottes im menschlichen Geist zu ermöglichen, wird sie im hier vorliegenden Text der Fassung B allgemein als habitus definiert. Vgl. Thomas, Summa theologiae I-II q. 50 a. 4 (Editio Leonina 6, S. 321): "Ipse ergo intellectus possibilis est in quo est habitus scientiae, quo potest considerare etiam cum non considerat."
13 Vgl. Io 16,16: "Modicum, et iam non videbitis me; et iterum modicum, et videbitis me, quia vado ad Patrem."
14 Vgl. Mt 17,1-4 par. Mc 9,1-4; Lc 9,28-33.
15 Vgl. Eckhart, In Iohannem n. 642, LW III, S. 558,8f.: "Secundo, quia amorem semper praecedit notitia; nemo enim amare potest incognitum."; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 574f., Anm. 19.
16 Ab "in die gedechtnyß" weicht der Sinn der hier vorliegenden Fassung B deutlich von der unten folgenden Fassung A ab (vgl. unten #,#-#, S. #, Z. #-#).
17 Vgl. unten S. #, Anm. #.
18 Im Anschluss an die vorangehende Kurzversion der Ausführungen zur wirkenden, leidenden und möglichen Vernunft (vgl. auch oben S. #, Anm. #) trägt der BT im Folgenden eine längere Version dieser Darlegungen nach. Ihr erster Teil (vgl. #,#-#, S. #, Z. #-#) bietet den Text der Fassung A, die auch in der Handschrift St 2 (E) tradiert ist, ihr zweiter Teil (vgl. #,#-#, S. #, Z. #-#) den Text eines anderen Überlieferungszweiges der Fassung B. Der Nachtrag stand im LT noch am Ende der Predigt (vgl. Variantenapp. Anm. #), im AT und in allen folgenden frühen Drucken ist er an dieser Stelle in den Text eingeschoben (vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 543-546).
19 Der Terminus "leidligkeit/lîdelicheit", der im deutschen Werk Eckharts nur an dieser Stelle vorkommt, wird in den Predigten Taulers in vergleichbarer Bedeutung gebraucht (vgl. Vetter 37, S. 142,5-8; 48, S. 217,7-12; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 570f., Anm. 11).
20 Vgl. Io 16,16: "Modicum, et iam non videbitis me; et iterum modicum, et videbitis me, quia vado ad Patrem."
21 Dieser erläuternde Satz findet sich nicht in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
22 Vgl. Mt 17,1-4 par. Mc 9,1-4; Lc 9,28-33.
24 Dieser Satz findet sich nicht in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
25 Dieser Satzteil ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, ausführlicher als in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren.
26 Vgl. II Cor 12,2-4; vgl. auch Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101,DW IV,1, S. 355,122-356,126.
27 Im Unterschied zu den frühen Drucken, die die Lesart der Fassung B tradieren, ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, an dieser Stelle vom Bedecken die Rede.
28 Vgl. Wilhelm von Auvergne, De anima IV,20 (Opera 2,2, S. 175): "[...] neque gratia neque gloria naturam destruit aut laedit, quin potius illam incogitabiliter exornat, decorat ac perficit."; Thomas, Summa theologiae I q. 1 a. 8 ad 2 (Editio Leonina 4, S. 22): "Cum enim gratia non tollat naturam, sed perficiat [...]."; Eckhart, Die rede der underscheidunge 22, DW V, S. 288,10-289,10. Zur Geschichte des Axioms "Gratia (prae)supponit naturam" vgl. auch zusammenfassend Raffelt, Gratia, Sp. 986f. Zur Rezeption des Axioms in den Predigten Taulers vgl. Vetter 61, S. 329,18-22.
29 Zur Bedeutung der Bilder vgl. unten #,#-#, S. #, Z. #-# mit Anm. #.
30 Vgl. die Auslegung von Gal 4,19 ("Filioli mei, quos iterum parturio, donec formetur Christus in vobis.") in Augustinus, Expositio epistolae ad Galatas 38,7-9 (CSEL 84, S. 107,10-20): "Nisi parturitionem hanc pro curarum angoribus positam intelligamur, quibus eos parturivit, ut nascerentur in Christo, et iterum parturit propter pericula seductionis, quibus eos conturbari videt. Sollicitudo autem talium de illis curarum, qua se quodammodo parturire dicit, tamdiu esse poterit, donec perveniant in mensuram aetatis plenitudinis Christi, ut iam non moveantur omni vento doctrinae. Non ergo propter initium fidei, quo iam nati erant, sed propter robur et perfectionem dictum est: 'Quos iterum parturio, donec Christus formetur in vobis.'" - Anders als in den frühen Drucken wird in der Handschrift St 2 (E) wie in einem Teil der handschriftlichen Überlieferung (vgl. Eckhart, DW IV,1, texkrit. App. zu S. 578,142.143f.) auf den Beginn von Gal 4,19 Bezug genommen und Augustinus nicht zitiert.
31 Während der Fragesteller in der Fassung B, die in den frühen Drucken überliefert ist, stark wertend von einem geringeren Gut spricht, ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, stattdessen vom Vollbringen von Tugendwerken die Rede.
32 Vgl. Lc 10,38-42. Zu Eckharts Auslegung dieser Perikope vgl. auch Eckhart, Pr. 86, DW III, S. (472)481-492(503).
33 Vgl. Thomas, Summa theologiae III q. 40 a. 1 ad 2 (Editio Leonina 11, S. 398): "Ad secundum dicendum quod [...] vita contemplativa simpliciter est melior quam activa quae occupatur circa corporales actus: sed vita activa secundum quam aliquis praedicando et docendo contemplata aliis tradit, est perfectior quam vita quae solum contemplatur, quia talis vita praesupponit abundantiam contemplationis."; II-II q. 188 a. 6 (Editio Leonina 10, S. 529): "Sic ergo dicendum est quod opus vitae activae est duplex. Unum quidem quod ex plenitudine contemplationis derivatur: sicut doctrina et praedicatio. [...] Et hoc praefertur simplici contemplationi. Sicut enim maius est illuminare quam lucere solum, ita maius est contemplata aliis tradere quam solum contemplari. - Aliud autem est opus activae vitae quod totaliter consistit in occupatione exteriori: sicut eleemosynas dare, hospites recipere, et alia huismodi. Quae sunt minora operibus contemplationis, nisi forte in casu necessitatis [...]"; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 579f., Anm 29.
34 Vgl. II Tim 4,2: "Praedica verbum [...]."
35 Vgl. die Etymologie von "verbum" bei Isidor von Sevilla, Etymologiae I,9,1 (ed. Lindsay 1): "Verbum dictum eo, quod verberato aere sonat [...]."; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 582, Anm 35.
36 Im Unterschied zur Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, erwähnt die Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, an dieser Stelle auch die Präsenz des Wortes in den Seelenkräften und nennt dabei die Sinne nicht.
37 Mt 5,16: "Sic luceat lux vestra coram hominibus, ut videant vestra bona opera et glorificent Patrum vestrum, qui in caelis est."
38 Lc 8,8: "Et aliud [semen] cecidit in terram bonam et ortum fecit fructum centuplum."; par. Mt 13,8; Mc 4,8.
39 Vgl. Lc 3,9: "Omnis ergo arbor non faciens fructum exciditur et in ignem mittitur."; par. Mt 3,10; 7,19.
40 Vgl. Eckhart, Pr. 101, DW IV,1, S. 353,104-106; Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. # sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101, DW IV,1, S. 355,115-117; Pr. 6, #,#, oben S. #, Z. #; #,#, oben S. #, Z. # sowie die entsprechenden Passagen in Eckhart, Pr. 102, DW IV,1, S. 419,119-125; 425,161-163.
41 Vgl. den zum Teil sehr ähnlich formulierten Einwand in Eckhart, Die rede der underscheidunge 21,DW V, S. 276,13-15: "Nû möhtest dû sprechen: der mensche muoz sich ûzkêren, sol er ûzwendigiu dinc würken; wan kein werk kan gewürket werden dan in sînem eigenen bilde." - Zur Bedeutung der Bilder als intramentaler Repräsentationen der mit den Sinnen wahrgenommenen extramentalen Wirklichkeit vgl. Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. # mit Anm. #,  # sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101, DW IV,1, S. 346,56-348,65.
43 Diese Aussage findet sich nicht in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
44 Gemeint ist die Gewinnung allgemeiner Erkenntnis durch einen intramentalen Abstraktionsprozess, der bei Thomas als Überführung der species sensibilis in eine species intelligibilis beschrieben wird (vgl. oben S. #, Anm. # in Pr. 5). Vgl. auch Thomas, Summa theologiae I q. 88 a. 1 ad 2 (Editio Leonina 5, S. 365): "[...] quae intellectus agens facit intelligibilia actu, et recipiuntur in intellectu possibili."
45 Anders als in der Fassung B, die frühen Drucke überliefern, folgt in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, an dieser Stelle die Aussage, dass Gott noch weit mehr als die wirkende Vernunft tut.
46 Zur Notwendigkeit von Gottes Wirken vgl. Pr. 8, #,#, oben S. #, Z. #-# mit Anm. # sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 103,DW IV,1, S. 484,88-96.
47 Während sich in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, an dieser Stelle die Aussage findet, dass Gott sich selbst in die leidende Vernunft gebäre, ist in der in den frühen Drucken tradierten Fassung B nur davon die Rede, dass Gott gebäre (vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 589,248).
48 Im Vergleich zur Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, fehlt in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, an dieser Stelle die Aussage, dass die wirkende Vernunft nichts geben kann, was sie nicht hat.
49 Vgl. Eckhart, Pr. 10, DW I, S. 163,8-11: "Diu sêle ist als einveltic an ir selber, daz si in ir gegenwerticheit niht enverstât wan ein bilde. Als si des steines bilde verstât, sô enverstât si niht des engels bilde, und als si des engels bilde verstât, sô enverstât si kein anderz [...]."
50 In der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, ist an dieser Stelle nicht von einer Stärkung des Gemüts die Rede.
51 Phil 4,13.
52 Diese Aussage ist in der Handschrift St 2 (E) stark verkürzt.
53 Dieser Satz ist in der Fassung A, die in der Handschrift St 2 (E) überliefert ist, nicht wie in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, eine Frage, sondern eine Feststellung.
54 Vgl. Eckhart, In Iohannem n. 677, LW III, S. 591,6-11: "Obiectum autem intellectus proprie est ens nudum simpliciter et absolute [...]. Patet ergo quod nudam dei substantiam, plenitudinem esse, quae est nostra beatitudo, deus scilicet, consistit, invenitur, accipitur, attingitur et hauritur per intellectum."; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 592, Anm 54.
55 Im Folgenden fehlt in der Handschrift St 2 (E) eine Passage, die in anderen Handschriften, die die Fassung A überliefern, enthalten ist.
56 Vgl. Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101,DW IV,1, S. 361,159f.
57 Vgl. Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis I c. 2 n. 15 (ed. Armisen-Marchetti 1, S. 8): "Sic Plato, cum de τἀγαθῷ loqui esset animatus, dicere quid sit non ausus est, hoc solum de eo sciens, quod sciri quale sit ab homine non possit [...]." Eckhart zitiert diese Stelle aus dem Werk von Macrobius in Expositio libri Exodi n. 184, LW II, S. 158,11-13; Pr. 57, Eckhart, DW II, S. 602,6-603,1.
58 Zu Eckharts vorwiegend privativem Materiebegriff vgl. oben S. #, Anm. # in Pr. 8.
59 Vgl. die teils wörtlich übereinstimmende Passage in Pr. 8, #,#, oben S. #, Z. #-# mit Anm. # sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 103,DW IV,1, S. 479,54-480,57.
60 In der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, ist an dieser Stelle von dem wahrhaft grundlosen Gut die Rede.
61 Vgl. Pr. 2, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 101,DW IV,1, S. 344,43-345,52; Pr. 6, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 102,DW IV,1, S. 425,162f.
62 Im Vergleich zu der in der Handschrift St 2 (E) überlieferten Fassung A bietet die in den frühen Drucken tradierte Fassung B hier einen deutlich knapperen Text.
63 In der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, ist an dieser Stelle von Werken der Liebe die Rede.
64 Vgl. Rm 8,15: "Non enim accepistis spiritum servitutis iterum in timore, sed accepistis Spiritum adoptionis filiorum, in quo clamamus: 'Abba, Pater'." In der in der Handschrift St 2 (E) überlieferten Fassung A der Predigt wird an dieser Stelle hingegen Rm 8,26 zitiert: "Sed ipse Spiritus postulat pro nobis gemitibus inenarrabilibus."
65 Im Unterschied zu der in den frühen Drucken überlieferten Fassung B findet sich in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, an dieser Stelle die Aussage, dass der Heilige Geist in uns betet und nicht wir selbst.
66 I Cor 12,3.
67 Im Unterschied zur Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, enthält der Text der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, an dieser Stelle die Aussage, dass das Wort und die Geburt Gott zugehören.
68 Vgl. Eckhart, Die rede der underscheidunge 23,DW V, S. 307,2-4: "Lâz got würken in dir, dem gip daz werk und enruoche, ob er würke mit der natûre oder ob der natûre; beide ist diu nature und gnâde sîn."
69 Zur Notwendigkeit von Gottes Wirken im gelassenen Menschen vgl. Pr. 8, #,#, oben S. #, Z. #-# mit Anm. # sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 103,DW IV,1, S. 484,88-96.
70 Is 40,3, zitiert in Mt 3,3; Mc 1,3; Lc 3,4; Io 1,23.
71 Fasten und Wachen werden an dieser Stelle in den frühen Drucken, aber nicht in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, und auch nicht im ursprünglichen Text der Fassung B (vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 602,432f.) erwähnt. Vgl. auch unten S. #, Anm. #.
72 Im Unterschied zur Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, werden in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, an dieser Stelle als Beispiele für tugendhafte Werke das Hören von Predigten und die Übung in der Heiligen Schrift genannt.
73 Das gleiche Bedenken wird auch in Pr. 8 thematisiert (vgl. Pr. 8, #,#, oben S. #, Z. #-# sowie die entsprechende Passage in Eckhart, Pr. 103,DW IV,1, S. 489,141f.).
74 Die Aufforderung, äußere Werke nicht zu vernachlässigen, findet sich nur in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, nicht aber in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
75 Während in der Fassung B, die die frühen Drucke überliefern, hier von der Abkehr Gottes vom Menschen die Rede ist, spricht die Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, von der von Gott gewirkten Umkehr des Menschen.
76 Die Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, warnt hier vor dem Verlust der Seligkeit, die Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, vor der Schwierigkeit der Umkehr.
77 Im Unterschied zur Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, wird das Knien nicht in der Fassung A erwähnt, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
78 Der Sinn dieses Satzteils weicht in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, stark von dem in der Fassung A ab, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
79 Während die in den frühen Drucken überlieferte Fassung B hier vom Schauen spricht, ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, vom Wirken die Rede.
80 Anders als in der Fassung B, die die frühen Drucken überliefern, ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, hier nicht vom Wollen die Rede.
81 Vgl. auch den ähnlichen, allerdings mit deutlichen Einschränkungen versehenen Rat Taulers in Vetter 15, S. 68,8-17; vgl. auch Mösch, Geburt, S. 170, Anm. 33.
82 Nach der kirchlichen Tradition bestand neben der Möglichkeit zur Umwandlung (commutatio) eines Gelübdes auch die zum Dispens (redemptio/dispensatio) von dem Gelübde (vgl. u. a. Raimund von Peñafort, Summa de paenitentia I, 8 q. 3f. [ed. Ochoa/Diez, Sp. 341-345]; Thomas, Summa theologiae II-II q. 88 a. 10 [Editio Leonina 9, S. 262f.]). Diese Option wird hier für die Erleuchteten (vgl. unten, #,#, S. #, Z. #-#) ausgeschlossen. Die Aussage, dass ein Gelübde nur in ein anderes mit höherem Status umgewandelt werden könne, findet sich nur in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, nicht jedoch in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
83 Vgl. X 3. 34. 4 (CICan 2, Sp. 590): "Reus fracti voti aliquatenus non habetur, qui temporale obsequium in perpetuam noscitur religionis observantiam commutare."; vgl. auch die Auslegung dieser Bestimmung bei Raimund von Peñafort, Summa de paenitentia I, 8 q. 4 (ed. Ochoa/Diez, Sp. 343f.): "[...] omne tale votum potest commutari in votum religionis, quia illud indubitanter melius est [...]."
84 Während die in den frühen Drucken überlieferten Fassung B an dieser Stelle von der Liebe spricht, ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, von der wahren inneren Andacht ("innerkeit") die Rede.
85 Während die in den frühen Drucken überlieferte Fassung B hier unterstreicht, dass sich die Menschen vor allem vor Gott verantworten müssen, findet sich in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, die Aussage, dass Gott für die Menschen aufkomme.
86 Dieser Satzteil findet sich in der Fassung B, die die frühen Drucke tradieren, nicht aber in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert.
87 Das Fasten wird an dieser Stelle in den frühen Drucken erwähnt, aber nicht in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) überliefert, und auch nicht im ursprünglichen Text der Fassung B (vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 607,527).
88 Im Vergleich zu der in der Handschrift St 2 (E) tradierten Fassung A ist der Text der in den frühen Drucken überlieferten Fassung B hier ausführlicher und hat einen abweichenden Sinn.
89 Im Vergleich zu der in der Handschrift St 2 (E) tradierten Fassung A ist der Text der in den frühen Drucken überlieferten Fassung B hier deutlich ausführlicher.
90 I Cor 13,10.
91 In der Handschrift St 2 (E) fehlt an dieser Stelle Text, offenbar aufgrund von Homoioteleuton (vgl. Variantenapp. zu St 2 (E), Anm. #).
92 Vgl. Bruder Berthold, Rechtssumme G 61 (TUT 12, S. 1212,4-6): "Gelobt ein mensch etzwaz mit erwerkait in die hend der prelaten, daz hat grozzew chraft." Zur besonderen Bedeutung feierlicher Gelübde vgl. auch Raimund von Peñafort, Summa de paenitentia I, 8 q. 2 (ed. Ochoa/Diez, Sp. 340f.); Thomas, Summa theologiae II-II q. 88 a. 7 (Editio Leonina 9, S. 253f.).
93 Vgl. Thomas, Summa theologiae II-II q. 88 a. 10 (Editio Leonina 9, S. 263): "Similiter autem ille qui vovet quodammodo sibi statuit legem, obligans se ad aliquid quod est secundum se et in pluribus bonum. Potest tamen contingere quod in aliquo casu sit vel simpliciter malum, vel inutile, vel maioris boni impeditivum: quod est contra rationem eius quod cadit sub voto [...]. Et ideo necesse est quod determinetur in tali casu votum non esse servandum." - Im Vergleich zu dem in der Handschrift St 2 (E) tradierten Text der Fassung A ist der in den frühen Drucken überlieferte Text der Fassung B hier deutlich ausführlicher und berücksichtigt zusätzlich den bei Thomas erwähnten Fall, dass das Gelobte später als Sünde erkannt wird.
94 Vgl. Eckhart, In Iohannem n. 646, LW III, S. 561,9f.: "Secundo vult dicere quod fructum afferamus actuum non exteriorum, qui nos bonos non faciunt, sed actuum interiorum quos pater in nobis manens facit et operatur [...]." Dieser Satz aus Eckharts Johanneskommentar wurde in Artikel 18 der Bulle "In agro dominico" verurteilt (vgl. LW V, S. 599,65-67).
95 II Cor 3,6: "Littera enim occidit, Spiritus autem vivificat."
96 Vgl. Mt 6,7: "Orantes autem nolite multum loqui sicut ethnici, putant enim quia in multiloquio suo exaudiantur."
97 Im Unterschied zu der in den frühen Drucken überlieferten Fassung B ist in der Fassung A, die die Handschrift St 2 (E) tradiert, an dieser Stelle nicht vom Wirken des Heiligen Geistes die Rede.
Lukas
Anm.: Evangelist
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Jesus Christus
Anm.: biblische Person
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Aristoteles
Anm.: antiker Philosoph
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Simon Petrus
Anm.: Apostel
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Paulus von Tarsus
Anm.: Apostel
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Augustinus von Hippo
Anm.: Kirchenvater
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Maria von Bethanien
Anm.: biblische Person
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Marta von Bethanien
Anm.: biblische Person
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Thomas von Aquin
Anm.: mittelalterlicher Theologe
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Timotheus
Anm.: biblische Person
Eckhart, Meister
Anm.: Dominikaner; Theologe, Philosoph und Mystiker
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