Predigt Nr. 3 – Vetter 2 – F 15r-18r/W1 60ra-61rb (vereinheitlicht); Str1 5-9; Str2 11-17
Überschrift
[15r]
1 "Accipe
a puerum et matrem eius
b, vade
cin terram
cIsrael"
det cetera
d.
Abschnitt 1
1 Das man die heilige wunnenkliche gesch-
riftin dem heiligen ewangelium tusent
werbe úberlese und brediete
eund úberdehte
f, so
vindet
g man ie
hiein nuwe
i worheit, die nie fun-
den wart von den
jmenschen.
2 "Nim dan
kdaz kint und
die muͦter und var wider in daz lant von
lIsrahel,
wan si sint dot, die dú sele des kindes suͦchten."
A
Abschnitt 2
[15v]
1 Es sint etteliche lúte, alzuͦhant als
m in in
ufstet ein guͦte begerunge eins nuwen wesens
und eins guͦten dinges, alzehant
n so sint sú al-
so kuͤne und vallent in der innikeit der gebu-
rt alzuͦhant daruf
omit eime swinden
perne-
ste, daz ze tuͦnde, und enwissent noch ensehent
nút, ob ir nature daz vermoͤgen oder
q ir gna-
dealso gros si, daz sú zuͦ dem ende des werkes
genuͦg si.
2 Der mensche solte daz ende
r anesehen,
e dan er sich uf keine
s wise kerte, und solte
fliehen
tund die innekeit
t des ufstandes alze-
hant in gotte und uf got legen.
3 So wellent
usú enweg louffen und vil nuwer wisen be-
ginnen.
4 Und in diser getúrstekeit so
v verdirbet
manig mensch, daz sú uf ir eigin gemach
w buwent.
Abschnitt 3
1 Do
Ioseph waz geflohen mit deme kinde und
mit
xder muͦter
Herodesyund ime der engel in de-
me slaffe seite, daz
Herodes dot were, do horte
Ioseph sagen, daz
Archelaus, sin sun, in
zdeme
lande
z richeset, und vorhte sich vil sere, daz
daz kint getoͤtet wurde.
Abschnitt 4
1 Der
aaHerodes, der
daz kint veriagete
abund
ac toͤten wolte, daz ist
[16r]die welt, die one allen zwifel daz kint toͤtent
ad,
der man von not fliehen muͦs und fliehen sol,
obe mans behalten welle.
2 Also
ae nu die welt us-
sewendig geflohen ist
af - es si in klosen oder in
kloͤstern -, so stet uf
Archilausund richeset den-
noch.
3 Ein ganze welt stet dannoch in dir, die du
niemer úberwindest, es ensi denne
ag daz
ahgrose uͤbun-
geund flis
ahund gottes gehelfe darzuͦ kome.
4 Wan
aivil starker grimiger
ai viende hastu in dir
zuͦ úberwinden, die kume iemer úberwun-
den werden.
Abschnitt 5
1 Die welt vihtet dich an mit gei-
stlicher hoffart, daz du wilt gesehen sin
aj, geah-
tet sin
ak, gehoͤhet
al sin und
amwol gevallen
am an klei-
dern, an wandelunge, an hohen worten, an gelesse,
an wisheit
an, an frúnden, an mogen, an guͦte und
aoan eren und
ap an
aq alsus gedanen geverte
ar.
Abschnitt 6
1 Der an-
der vient, daz ist din eigin fleisch.
2 Daz vihtet
dich an mit geistlicher unkúschekeit, also
wie alle die
as sint in der súnden, die do gebruc-
hent lust ir sinnelicheit, in welicher wise
daz sie.
3 Daz neme ein iegeliches
atmit flisse war,
wo in der gebreste
au ruͤre in allen sinen sinnen
[16v]und
av sinnelichen dingen, do mitte er vorun-
kúschet wirt, oͧch mit minnen der creaturen,
sú sint, welicher kunde
aw sint, und in deme herzen
mit willen gehabet
ax tage und naht
ay.
4 Und
als dis
az lipliche
ba enweg treit
bbdes lichamen
bbmaterien in irre kúschekeit
bc, also treit dis
die innerliche kúschekeit inweg dis
bdgei-
stes in der warheit
be.
5 Und also vil also der
geist edeler ist wanne
bf daz fleisch, also vil ist es
bgschedelicher wan die ander.
Abschnitt 7
1 Der dirte vient,
bhdaz ist der vient; der
bh vihtet dich an mit arg-
herzikeit
bi, mit bittern gedenken, mit arc-
wan, mit urteil, mit hasse und
bj roͤchen
bk.
2 Hie
blso hat man mir
bm daz getan und gesprochen
und
bnbewisest du dan
bnbodarumbe
bo swere antlitz
bp,
swer geberde und swere wort und wilt
bq daz
bran-
den
bs und verentwúrten
btund werken
bu, dis ist alles
des viendes same
bvund sine werk
bv one allen zwi-
fel.
Abschnitt 8
1 Wiltu iemer túre werden, so muͦstu disem
bwalzemale entfliehen, wan dis ist reht der
Archilaus, der argherzige
bx.
2 Voͤrhte dich
byund
sich fúr dich, in der warheit dis wil dir daz
[17r]kint toͤten.
Abschnitt 9
1 Dirre
bzIoseph, der
ca vorschet
cb vil
ccflissekliche, ob ieman me
cd were, der daz kint toͤten
wolte.
2 Als in der warheit also
ce dis úber
wunden ist, so wissest, daz dannoch
cf sint tusent
stricke, die du durchbrechen muͦst, die nieman
bekennet danne der zuͦ ime selben und
cg in sich sel-
ben ist gekert.
3 Der
Ioseph, daz ist ein flissig
chva-
ste stan
ch in deme
ci goͤtlichen leben und ein
cj einzig
ckzuͦnemen.
4 Druwen, daz
cl huͤtet des kindes gar
wol und oͧch der muͦter.
Abschnitt 10
1 Diser
Ioseph, der
cm wart
von dem engel gemanet und wider geladen
in daz lant von
cnIsrahel.
2 Israhelco sprichet al-
so vil also ein lant der schowunge.
3 Hie
cpver-
dirbet manig ewig
cpmensch, daz si sich e wellent
us disen manigvaltigen stricken
cq usbrechen, e
dan sú got usloͤse
crund e dan sú von dem
engel werdent usgefuͤret oder gemanet.
4 Und dan vallent sú in grúweliche
cs irrunge:
5 Sú wellent sich uslossen, edan sú got loͤse
ct,
von irre vernúnftigen behendikeit und
mit hohen worten
cudaz sú verstant
cuund von ho-
hen dingen von der drivaltikeit kúnnent
[17v]schowen und sprechen.
6 cvWelich iomer
cvund
irrunge danabe gewahsen
cwist und noch al-
le tage tuͦt
cw, daz ist ein
cx iamer
cy zuͦ wissen.
7 Wan
si wellent die stricke des gevengnisses dis
dunsternisses
cz nit liden von
Egypten, daz al-
so vil betútet
daals ein dunsterniss
edb.
8 Und
wissent doch:
9 Alle creaturen, die got ie ge-
schuͦf,
dcdie moͤgent
dc dich nút hinus
ddge-
lossen noch dir gehelfen dan got alleine.
10 Nu loͧffe, nu suͦche, nuͦ iage alle die welt
us, du envindest dise helfe an nieman dan
an got alleine.
11 Wil unser herre ein instru-
mente
de darzuͦ haben,
dfdurch den er daz wirket
df,
es si engel oder mensch, daz mag er tuͦn, aber
er muͦs es
dg tuͦn und nieman anders.
12 Und
darumbe suͦche es von innan in dem
grun-
de und la din ussuͦchen
dhund din uslouffen
sin und lit dich und la dich und blib do in dem
Egyptenlande in dem dúnsternisse, bitze du
von dem engel usgeladen wirst.
Abschnitt 11
1 Iosephdi wart
gemanet in dem slaffe.
2 Der do slaffet, der en-
súndet nút, obe ime ioch
djein zuͦmale
dj boͤse
ia[60ra]
dingdk inqueme,
iz inwere dan, dazdl der mensch
zuͦvuͦrens ursache darzuͦdm
dngegeben haitdn.
3 Also sal der
mensche in eime waren slafe
sin uzwendich zuͦ doalle dendo
lidungen oderdp bekorungen,
die uf in vallen muͦgent,
und sal sichdq dan in einer gelaz-
inre lidungedr demuͦdclichen
dsdrucken und bouge sich dar-
undends und dtlide sichdt in einre
slafendirdu wisendv und inkere
sich niet darabedw.
4 Dadx litdy dich
und dzlaze dichdz, eaobe duͦ izea niet
baz inkanzeb ledich werden,
und blif sunder sunde.
5 In dem
slafen wirdistuͦ uzgeladen
ecalleine, in dem wareneclazen
und liden, alse Iosep geschaged.
6 DisereeIosepef, daz suͦlden sin die
prelaten der heiligereg kirchen:
babesteh und buͦschof und ep-
te und prior und priorsen
und ouch ein ikliche bichter.
7 eiDie suldenei alle dise huͦden, die
wile der mensche iung is,
ejeinen iklichen iren underdanen
menschenej na alleek deme, dazel
ime noitem were.
8 Nuͦ han wir
vil huͦder, vil ubermeisteren.
9 eoIch haneo einen prior, soppriorep,
einen provincial, eqeinen meistereq,
einen babist, einen buschof,
die alle uber mirer sint.
10 Und
wolden diees uͦbil bit mir, daz
si alle etzuͦ wolfenet worden
und wolden mich bizen, dar-
unden soldeeu ich in wareevge-
lazinheit und underdenicheitew
mich legen und izex liden.
11 Wulden
si mir gutlicheey duͦin und gutez
sin, dat sulde ichfa nemen.
12 Aberfb
wuͦlden si mich bizen, obe
ir hundertdusentfc werbe als
vil weren, daz suldichfd liden
und mich dranfe lazen.
Abschnitt 12
1 ffNuͦ
vorchte sich Iosepff, noch-
danfg daz ime der engil sade,
si weren dot, die des kindes
sele suchten.
2 fhHe vorschtefh
vil nauwefi, wer da regnirtefj
in dem lande.
Abschnitt 13
1 Daran ierint
sulche luͦde und willent
[60va]
allizfk vorchte virlisen.
2 Und
duͦ salt nummer uber vorch-
te komen, die wile duͦ ummer
lebis in ertriche.
3 fl"Timor
sanctus permanet in seculum seculi."fl
4 "Die
vorchte, diefm sal bliben bis
an dat ende der werilde."
5 Nochdan daz dir idfn der engil
sagetfo, nochtanfp saltuͦ dich
vorchten und salt vlizliche
vorschenfq, waz in dir regniͤ-
re, obe Archelauͦzfr da riche.
Abschnitt 14
1 "DiserfsIosep nam ditft kint
undfu die muͦder."
2 Bi dem kindefv
sal man nemenfw eine puerfx
lutericheit.
3 Der mensche
sal zuͦmale fyluͦter sin, unvir-
mengetfy bit allen dingen.
4 He sal ouchfz klenega sin in gbeinre
underworfenregbdemuͦdich-
eit.
Abschnitt 15
1 Bi der muͦdergc nimet
man smakende ware min-
ne zuͦ gode.
2 Wan die minne
iz eine muͦder der luͦter
demuͦdicheit undgdvirklein-
unge des menschen selvir
in geeime underwuͦrfege under
[b]
godes willen ingfgggelazenre
demuͦdicheitgg.
3 Nochgh iz der
mensche iunk und insal noch
nit vrilichen varengi in daz
lant der beschauwngengj.
4 He
mach wol sinen applaz da ho-
len und wider invaren in Egip-
ten.
5 Trutz, daz he nochgkda-
blibe, diegl wile he noch iung
iz undgm niet zuͦ eime vollenko-
men manne worden isgn.
6 goUnse
herregoJhesus Christusgp degq hait uns
alle dink in sime leben wol
gelerit.
7 Alse wir daz gotz
wort niet haben mogen, so
vinden wir in sime leben alle
ding:
Abschnitt 16
1 He quam zuͦ Jherusalem, do
hegr zwelf iar alt waz.
2 He in-
blef da nit:
3 He vloch abergs
inwech.
4 He inwaz dogt noch
niet vollenwazen.
5 guHe vloch
inwechgu, biz he ein vollenkomen
man waz worden.
6 Do hgvxxx
iar alt waz gwund numme ein
kint inwaz und zuͦ wazen in-
hatte, do he vollenkomen
wazgw worden, do quam he
[61ra]
irlichengx zuͦ Jherusalemgyund scha-
ltgz und strafteha und satehb den
iuͦdenhc die warheit vil
herlichen und predigetehd und
lerte do und wantehe in dem
lande und waz da vrilichen
und herlichen, wa he wolde,
zuͦ Galilee und zuͦhfKapharnum
und zuͦ Nazereth und uber-
al in dem lande hgvan Iudeahg
alse ein here und deit do zeic-
hen undhh wunder.
Abschnitt 17
1 Rechte also
sal der mensche duin:
2 He
sal inhi den edelin landenhj, in
daz hkedil doinhk, sich niet legen
zuͦ wanenhl, machhm drin loufen
und wider vliehen, die wile
he niet vollenwazen iz undhn
unvollenkomen iz.
3 Aber so
wanho he volenkomen iz und
ein man izhp, so sal he dan komen
in dat lant van Iudeahq.
4 Iu-
da sprichet alse vil alse
eine beieunge godes.
5 Zuͦhr
Jherusalem in dem waren vreden
da hsmak hehs leren und strafen
und makht dan varen zuͦ Gali-
[b]
lee, dazhu ein ubervart meinithv.
6 Hie hwsint danhw alle ding uber-
komen und izhx ubergevaren.
7 Undhy kunt hiehz zuͦ Nazereth,
in die ware bluͦde.
8 Da springint
die bluͦmenia[18r]des ewigen lebendes, do ist der wore, sicher, ge-
wisse
ib vorsmag des ewigen lebens, do ist gant-
ze sicherheit, do ist unsprechenliche fride und
froͤude und raste.
Abschnitt 18
1 Dar
ic koment
id alleine die sich
lassent und lident und
ie underdruckent, bitze sie
got usfuͤret, und sich selber nút usbrechent.
2 Die koment in disen friden und in dise bluͤ-
te zuͦ
Nazareth und vindent do
if, des sú ewiklich
gebruchen soͤllent.
3 Daz uns dis
ig allen werde
ih,
des helfe uns der
ii minnenkliche got.
4 Amen
ij.