Predigt Nr. 2 – Pr. 101 (DW IV,1) – BT 2vb–5va
[2vb]
Überschrift
Absatz 1
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Ein predig uff den nechsten sontag nach Wyhenachten, wie sich got in der sele gebyrt und wie sich der mensch zuͦ disem werck halten sol. [3ra] Item von dem grossen nutz des himelschen worts genommen uß dem buͦch der weißheit. xviii. capitel: "Dum medium silentium tenerent omnia et nox in suo etc."1
Eine Predigt zum Sonntag nach Weihnachten, wie sich Gott in der Seele gebiert, und wie sich der Mensch gegenüber diesem Wirken verhalten soll, ebenso über den großen Nutzen des himmlischen Wortes, welches genommen ist aus dem Buch der Weisheit, 18. Kapitel: "Dum medium silentium tenerent omnia et nox in suo etc."
Abschnitt 1
Absatz 2
FN-Anzahl: 0
Hie in der zeyt reden wir von der ewigen geburt, da got der vatter hat geborn und gebüret on underlaß in der ewigkeit daz ewig wort, das nuͦ ist geborenA in der zeit in menschlicher natur.2
Hier in der Zeit(lichkeit) reden wir von der ewigen Geburt, in der Gott der Vater ununterbrochen und in Ewigkeit das ewige Wort geboren hat und gebiert, das jetzt in der Endlichkeit der Zeit menschlicher Natur geboren wurde.
Abschnitt 2
Absatz 3
FN-Anzahl: 1
Nuͦ gebüret uns zuͦ reden von der geburt, die in uns solle geschehen und volbracht werden in der guͦten seel, wann gott der vatter sin ewigs wort sprech in der volkommen sele. Wann das ich hie sage, das sol man verston von einem volkommen menschen, der in den wegen gots gewandert hat und noch wandert,3 und nit von einem natürlichen ungeuͤbten menschen, wann der ist zuͦmal ferr und unwissent von dyser geburt.
Jetzt müssen wir von dieser Geburt sprechen, die in uns geschehen und vollbracht werden soll, und zwar in der guten Seele, denn Gott der Vater sprach sein ewiges Wort in der vollkommenen Seele. Denn was ich hier sage, das soll man bezüglich eines vollkommenen Menschen verstehen, der auf den Wegen Gottes gewandert ist und noch wandert, und nicht bezogen auf einen natürlichen, ungeübten Menschen, denn der steht dieser Geburt auf jeden Fall fern und weiß nichts von ihr.
Abschnitt 3
Absatz 4
FN-Anzahl: 1
Eyn wort spricht der weiß man Salomon libro sapiencia decimo octavo: "Dum medium silentium tenerent omnia et nox in suo cursu medium iter haberet etc." "Do alle ding waren mitten im eim schweygen, do kam von oben herab von dem künigklichen stuͦle in mich eyn verborgen wort."4 Von dysem wort sol sein die predig.
Der weise Salomon spricht Folgendes im Buch der Weisheit, im 18. Kapitel: "Dum medium silentium tenerent omnia et nox in suo cursu medium iter haberet etc." "Als alle Dinge mitten in einem Schweigen waren, da kam von oben herab, von dem königlichen Stuhl, in mich ein verborgenes Wort." Von diesem Wort soll die Predigt handeln.
Abschnitt 4
Absatz 5
FN-Anzahl: 0
Dry ding sind hie zuͦ mercken:
Drei Dinge sind hier zu beachten:
Abschnitt 5
Absatz 6
FN-Anzahl: 0
Das erst ist, wo gott der vatter sprech seyn wort in der sele unnd wo dyser geburt statt sey unnd wo sy des wercks entpfengklich sy. Wann das muͦß sein in dem aller lautersten und edelsten subtylisten, das die sele geleysten mag. In der warheit: Moͤcht got der vatter mit aller seiner almechtigkeit ichts edlers der sele geben haben in irer natur und moͤcht die sele ichts edlers genommen haben von im des selbem adels, muͤßt got der vatter beiten mitt der geburt. Davon muͦß sich die sele, in der die ge[b]burt soll geschehen, gar lauter haben und gar adelich leben und gar einig unnd gar inne: nit ußlauffen durch die fünff sinn in manigfaltigkeit der creaturen – mer: gantz inn sein und einig sein unnd in dem lautersten, da ist sein statt.
Das erste ist, wo Gott der Vater sein Wort in der Seele spricht , und wo die Stätte dieser Geburt ist, und wo sie [die Seele] für dieses Werk empfänglich ist. Denn das muss im Allerreinsten und Edelsten [und] Subtilsten sein, das die Seele bieten kann. Es ist wahr: Könnte Gott der Vater mit seiner ganzen Allmacht der Seele irgendetwas Edleres in ihrer Natur gegeben haben, und könnte die Seele etwas Edleres von ihm genommen haben, so müsste Gott der Vater mit der Geburt auf eben dieses Edle warten. Aus diesem Grund muss sich die Seele, in der diese Geburt geschehen soll, ganz (und gar) rein halten und ganz (und gar) edel leben, und ganz (und gar) als ein Eines und ganz (und gar) in sich selbst: [Sie darf] mit den fünf Sinnen nicht hinauslaufen in die Vielfalt der Kreaturen – vielmehr [muss] sie ganz in sich sein und ein Eines sein; und in dem Reinsten, da ist seine [= Gottes] Stätte.
Abschnitt 6
Absatz 7
FN-Anzahl: 2
Daz ander teyl diser predig ist, wie sich der mensch zuͦ disem werck oder zuͦ disem insprechen unnd geberen halten sol: ob im nützer sey, das er eyn mitwyrckenn hie mit habe, damitt er erwerbe unnd verdien, das dise geburt in im geschehe und geboren werde, also das der mensch in im schoͤpffe ein bild in seiner vernunfft und in seinen gedancken unnd sich daran uͤbe also gedencken: "Got ist weyß, almechtig und ewig."5 Unnd was er also erdencken mag von gott, ob das mer diene unnd forder dyse vaͤtterliche geburt oder das man sich entziehe und ledig mach von allen gedancken, worten und wercken und von allen bilden des verstands unnd das man sich gar zuͦmal halt in einem gotleiden und habe sich miessig und laß got in im wircken under denen welches dem menschen zuͦ diser geburte aller meist diene.
Der zweite Teil dieser Predigt beinhaltet, wie sich der Mensch im Hinblick auf dieses Werk oder hinsichtlich des Hineinsprechens und Gebärens verhalten soll: Ob es für ihn nützlicher ist, dass er hierbei mitwirkt, womit er erwerbe und verdiene, dass diese Geburt in ihm geschehen und so vollzogen werde, dass der Mensch in seinem Inneren ein Bild in seiner Vernunft und in seinen Gedanken erschaffe, und sich darin übe, indem er Folgendes bedenkt: "Gott ist weise, allmächtig und ewig." Und ob das, was er auf diese Weise von Gott denken kann, dieser Geburt des Vaters nützlicher und förderlicher sei; oder dass man sich zurückziehe und frei mache von allen Gedanken, Worten und Werken und von allen Bildern des Verstandes und dass man sich jederzeit Gott hingebe und leer mache und lasse Gott in sich wirken, welches von ihnen beiden [das ist, das] dem Menschen am aller meisten zu dieser Geburt diene.
Abschnitt 7
Absatz 8
FN-Anzahl: 0
Das drytt iſt der nutz, wie groß der sy, der an diser geburte leyt.
Das dritte ist, wie groß der Nutzen sei, der aus dieser Geburt gezogen wird.
Abschnitt 8
Absatz 9
FN-Anzahl: 0
Nun merck zuͦ dem ersten mal: Ich will üch dise red bewaͤren mit natürlicher red, daz ir es selber greiffen moͤgent, das es also seyn muͦß, wiewol ich doch der geschrifft mer gelaub dann mir selber. Aber es gat eüch mer yn und baß von bewerter red.
Jetzt merkt als erstes: Ich werde euch diese Lehre mit den Gesetzen der Natur beweisen, so dass ihr es selbst begreifen könnt, dass es genau so sein muss, obwohl ich doch der Heiligen Schrift mehr glaube als mir selbst. Aber es prägt sich euch mehr ein und ist besser verständlich aufgrund begründeter Lehre.
Abschnitt 9
Absatz 10
Absatz 11
Absatz 12
FN-Anzahl: 10
Nun nement wir des ersten das wort, das da spricht: "Dum medium silentium tenerent omnia etc." "Inmitten in dem schweigen ward mir ingesprochen eyn verborgen wort."6 Ach herre, wo ist das schwygen, unnd wo ist die stat, da diß wort ingesprochen wirt?B Wir sagen, als ich vor sprache:7 Es ist in dem lautersten, das die sele geleystenn mag, in dem edelsten, in dem grunde, ja, in dem wesen der sele, das ist in dem verborgesten der sel.8 Daz ist daz mittel schwy[3va]gen, wann dar in kame nie kein creatur noch bilde, noch die sele hatt da weder wircken noch verstentnuß noch wissen darumb, keyn bilde, weder von ir selber noch von keiner creatur. Alle werck, die die sele wirckt, die wircket sy mitt den krefften.9 Was sy verstet, das verstet sy mit der vernunfft. 10 So sy gedenckt, daz thuͦt sy mit der gedechtnuß. 11 Soll sy lieben, das thuͦt sy mit dem willenn. 12 Unnd also wirckt sy mit den krefften und nit mit dem wesen. 13 Alles ir ußwircken haftet allweg an etwas mittel. 14 Die krafft des sehens würckt nüt dann durch die augen. 15 Anders mag sy kein ding gesehen, würcken noch geben. 16 Unnd also ist es mit allen den andern sinnen: 17 Alles ir ußwürckenn würckt sy durch etwas mittels. 18 Aber in dem wesen ist kein werck. 19 Darvon hat die seel in dem wesen keyn wercke. 20 Wan die krefft damit sy wirckt, die fliessen uß dem grund des wesens. 21 Mer: in dem grund da ist das mittel schweigen. 22 Hie ist allein ruͦwe unnd ein wonunge. 23 Zuͦ diser geburt unnd zuͦ disem werck gott der vatter aldo spricht sein wort. 24 Wann dises ist vonn natur nicht enpfengklich dann allein des goͤtClichen wesens on alles mittel. 25 Got gat hie in die seel mit dem seinen allem, nit mit dem seinen teil. 26 Gott get hie in die seel in dem grund. 27 Niemant thuͦt den grund ruͤren in der sele dan got allein. 28 Die creatur mag nicht in den grundt der sele. 29 Sy muͦß hie aussen bleiben in den krefften. 30 Da sicht sy wol ir bild an, damitt sy ingezogen ist unnd herberg hat entpfangen. 31 Wann wenn die krefft der sele ruͤren die creaturen, so nemen sy und schoͤpffen bild unnd gleichnuß von der creatur und ziehen das in sich. 32 Von dem kennen sy die creaturen.10 33 Nit naͤher mag die creatur kommen in die seel, noch nimmer genahett die seel keiner creatur, sy hat dann des ersten willigklichen enpfangen in sich ein bilde. 34 Unnd von dem gegenwirtigen bilde, so nahet sy sich den cre[b]aturen. 35 Wann bild ist ein ding, das die sele schoͤpfft mitt den krefften von den dingen. 36 Es sy ein stein, ein roß, ein mensch oder was es sey, das sy bekennen will, so nimpt sy das bild herfür, das sy vor ingezogen hat, unnd also mag sy sich mit ir vereinigen. 37 Wenn aber ein mensch also ein bilde entpfacht, das muͦß von not kommen von aussen yn durch die sinne.11 38 Darumb ist der seel kein ding alsD unbekant als sy ir selber. 39 Also spricht ein meister, das die seel von ir kein bild geschoͤpffen mage noch geziehen.12 40 Darumb so mag sy sich selber mitnichten bekennen. 41 Wann bilde kommen alles yn durch die sinn, des mag sy kein bild von ir selber gehaben. 42 Von dannen weißt sy alle andere ding unnd sich selber nitt. 43 Keynes dings weißt sy als wenig als sich selber durch des mittels willenn. 44 Unnd das wisse ouch: 45 Das sy innen ist frey und ledig von allen mitteln und von allen dingen. 46 Das ist ouch die sach, das sich got ledigklich mag mit ir vereinen on bilde oder gleichnuß. 47 Du magst das nit gelassen: 48 was müglicheit du einem meister gibest, du muͦst die selbenn muglicheit gott geben on alle maß. 49 Als nun ye ein meister weißer und maͤchtiger ist, also auch sin werck unmittelicher geschicht unnd einfaltiger ist. 50 Der mensch hat vil mittels in seinen ußwendigen wercken: 51 Ee er die verbringet, als er sie in im gebildet hat, da gehoͤret vil bereitschafft zuͦ. 52 Der mon und die sonne in ir meisterschafft und in irem werck – das ist erleüchtenn –, das thuͦnd sie gar schnelligklich: 53 Alsbald sie iren schein außgiessen, in dem selben augenblick so ist die welt vol liechtes an allen enden. 54 Aber darüber ist der engel: 55 Der bedarff noch minder mittels an seinen wercken und hat auch minder bilde. 56 Der aller oberst seraphin hat nit mer dann ein bild. 57 Alle die under im sind, waz sie nemen in manigfeltigkeit, das nimpt er alles im eim.13 58 Aber got bedarff keines bildes, [4ra] noch er hat kein bilde.14 59 Gott würcket in der sele on alles mittel, bilde oder gleichnuß, ja, in dem grunde, da nie bilde yn kam dann er selber mit seinem eigen wesen. 60 Daz mag kein creatur gethuͦn. 61 Got der vatter gebüret seinen sun in der sele, nit als die creature thuͦnd in bilden und in gleichniß, sunder mer in aller weiß, als er in gebirt in der ewigkeit, noch minder noch mer. 62 Eya, wie gebürt er da? 63 Das merck: 64 Sehet, got der vatter hat ein volkommen insehen in sich selber und abgründiges durchkennen sich selbs mit im selber, nit mit keinem bilde. 65 Und also gebirt got der vatter seinen sun in warer einung goͤtlicher natur. 66 Sehent, in der selben wyse und in keiner andern gebirt gott der vatter seinen sun in der sele grund und in irem wesen und vereinigt sich also mit ir. 67 Wann were da icht bilde, so were da nicht ware einunge. 68 Und an der waren einunge ligt alle ir seligkeit.
Nun wenden wir uns zuerst dem Wort zu, das da lautet: "Dum medium silentium tenerent omnia etc." "Inmitten im Schweigen wurde in mich ein verborgenes Wort hineingesprochen." Ach, Herr, wo ist dieses Schweigen, und wo ist der Ort, in welchen dieses Wort hineingesprochen wird? Wir antworten, wie ich vorher schon sagte: Es ist im Reinsten, das die Seele bieten kann, im Edelsten, im Grunde, ja, im Sein der Seele, welches sich im verborgensten Ort der Seele befindet. Das ist das tiefe (mittel? vermittelte?) Schweigen, denn dorthin kam niemals irgendeine Kreatur noch bildhafte Vorstellung, noch verfügt die Seele dort über Wirken oder Verstehen, noch Erkenntnis darüber, noch [hat sie] eine bildhafte Vorstellung, weder von sich selbst noch von irgendeiner Kreatur. Alle Werke, welche die Seele wirkt, wirkt sie mit folgenden Kräften: Was sie versteht, das versteht sie mit der Vernunft. 10 Wenn sie an etwas denkt, tut sie das mit dem Gedächtnis. 11 Soll sie lieben, tut sie das mit dem Willen. 12 Und auf diese Weise wirkt sie mit diesen Kräften und nicht mit ihrem Sein. 13 All ihr Wirken nach außen ist an ein Medium gebunden. 14 Die Kraft des Sehens wirkt durch nichts Anderes als durch die Augen. 15 Anders kann sie keine Sache sehen, bewirken oder geben. 16 Und genauso verhält es sich mit allen anderen Sinnen: 17 All ihr Wirken nach außen wirken sie über ein Medium. 18 Aber im Sein gibt es kein Werk. 19 Aus diesem Grund hat die Seele in dem Sein kein Werk. 20 Denn die Kräfte, mit denen sie wirkt, fließen aus dem Grund des Seins. 21 Vielmehr ist dort im Grund das tiefe Schweigen. 22 Hier ist einzig Ruhe und Verweilen. 23 Gott der Vater spricht dort sein Wort zu dieser Geburt und zu diesem Werk. 24 Denn dieses ist von seiner Natur her für nichts empfänglich als allein für das unvermittelte göttliche Sein. 25 Gott geht hier in die Seele ein mit allem, was ihn ausmacht, nicht mit einem Teil von sich. 26 Gott geht hier in der Seele in deren Grund. 27 Niemand berührt den Grund in der Seele als allein Gott. 28 Die Kreatur kann nicht in den Grund der Seele kommen, 29 sie muss draußen bleiben in deren Kräften. 30 Dort schaut sie wohl ihre Abbilder an, mit denen sie hineingezogen wurde und Herberge empfangen hat. 31 Denn wenn die Kräfte der Seele die Kreaturen berühren, dann greifen sie zu Abbildungen und Gleichnisbildern und denken sie sich aus und eigenen sich das an. 32 Dadurch erkennen sie die Kreaturen. 33 Die Kreatur kann nicht näher in die Seele kommen, noch nähert sich jemals die Seele irgendeiner Kreatur, es sei denn, sie hat zuvor in sich willentlich ein Bild davon empfangen. 34 Und ausgehend von dem betreffenden Bild nähert sie sich den Kreaturen. 35 Denn ein Bild ist ein Ding, das die Seele mittels ihrer Kräfte von den Dingen erzeugt – 36 es sei ein Stein, eine Rose, ein Mensch oder was es auch sei, das sie erkennen will –, dazu nimmt sie das Bild hervor, das sie vorher in sich hineingezogen hat, und in der Weise vermag sie sich mit ihr [der Kreatur] zu vereinigen. 37 Wenn aber ein Mensch in der Weise ein Bild empfängt, muss dieses notwendigerweise von außen mittels der Sinne hineinkommen. 38 Aus diesem Grund ist der Seele kein Ding so gänzlich unbekannt wie sie sich selbst. 39 Deswegen sagt ein Meister, dass die Seele von sich selbst weder ein Bild erzeugen noch [aus sich] herausziehen kann. 40 Darum kann sie sich nicht selbst erkennen. 41 Denn Bilder gelangen allein durch die Sinne hinein, deshalb kann sie kein Bild von sich selbst haben. 42 Deswegen kennt sie alle anderen Dinge und [jedoch] nicht sich selbst. 43 Kein Ding kennt sie so wenig wie sich selbst wegen des [fehlenden] Mediums. 44 Und wisse auch Folgendes: 45 Dass sie innen frei und ledig ist von jedem Medium und von allen Dingen. 46 Das ist auch der Grund dafür, dass sich Gott frei mit ihr vereinen kann, ohne Bilder oder Vergleiche. 47 Du kannst das nicht [unbeachtet] lassen: 48 Welche Fähigkeit du einem Meister zugestehst, die selbe Fähigkeit musst du Gott jenseits von jedem Maß zugestehen. 49 Je weiser und mächtiger ein Meister ist, je unvermittelter entsteht sein Werk und je schlichter ist es. 50 Der Mensch benötigt viele Medien/Hilfsmittel für seine äußeren Werke: 51 Es bedarf vieler Vorbereitungen, bevor er sie so ausführt, wie er sie sich vorgestellt hat. 52 Der Mond und die Sonne vollbringen ihre hohes können und ihr Werk – das ist das Erleuchten – sehr schnell: 53 In dem selben Augenblick, in dem sie ihren Schein ausgießen, ist die Welt überall voller Licht. 54 Aber über ihnen steht der Engel: 55 Der braucht noch weniger Hilfsmittel/Medien für seine Werke und besitzt auch weniger Bilder. 56 Der aller höchste Seraphim hat nicht mehr als [nur] ein einziges Bild. 57 Alles das, was die, die ihm unterstehen, in vielfältiger Weise wahrnehmen, das nimmt er alles in einem [Bild] wahr. 58 Aber Gott braucht kein Bild, noch hat er irgendein Bild. 59 Gott wirkt in der Seele ohne jedes Medium, ohne Bilder oder Vergleiche, ja, in dem Grund [der Seele], wohin nie ein Bild hineinkam außer ihm selber mit seinem eigenen Sein. 60 Das kann kein Geschöpf. 61 Gott der Vater gebiert seinen Sohn in der Seele, nicht wie die Geschöpfe es tun durch Bilder und Vergleiche, sondern eher ganz in der Art, wie er ihn gebiert in der Ewigkeit, weder geringer noch mehr. 62 Ach ja, wie gebiert er dort? 63 Folgendes merke: 64 Seht, Gott der Vatter hat eine vollkommene Einsicht in sich selbst und durchschaut sich in der Tiefe (seines Abgrunds) selbst durch sich selbst, nicht mit Hilfe irgendeines Bildes. 65 Und auf solche Weise gebiert Gott der Vater seinen Sohn in einer echten Vereinigung göttlicher Natur. 66 Seht, in genau dieser Weise und in keiner anderen gebiert Gott der Vater seinen Sohn im Grund der Seele und in ihrem Sein und vereinigt sich auf diese Weise mit ihr. 67 Denn gäbe es da ein wie auch immer geartetes Bild, so gäbe es da keine echte Vereinigung. 68 Und in dieser echten Vereinigung liegt all ihre Seligkeit begründet.
Abschnitt 10
Absatz 13
FN-Anzahl: 7
Nun moͤchten ir sprechen: "In der sele seind nüt dann bilde von natur."15 Nein! Wann were daz war, so wurde die sele nimmer selig. Wann got moͤcht kein creatur machen, in der du volkommen seligkeyt nemest. Anders were gott nit die hoͤchste seligkeit und daz letst end, daz doch sein natur ist und wille, daz er sey ein anbeginn und anfang und ende aller ding.16 Es mag kein creatur die seligkeit sein, so mag sy ouch hie nit die volkommenheit sin. Wann der volkommenheit des lebens, daz ist aller tugend, volget nach volkommenheit eins lebens. Und da von muͦst du von not sein undE wonen in dem wesen und in dem grund. 10 Da muͦß dich got ruͤren mit seinem einfeltigen wesen on mittel irn keynes bildes. 11 Wann daz ist zuͦ wissen, daz ein ieglich bild bezeichnet noch weiset sich selber nit: 12 Es zeicht und weißt alles dahin, des bilde es ist. 13 Und so es also aist ina der warheit, das man kein bild hat dann von dem, daz ußwendig dir ist und durch die sinn ingezogen wirt von den creaturen, und es auch alles weyset da hin, des bilde es ist, so wer es unmüglich, das du ymmer moͤchtest selig [b] werdenn von ira keinem bilde.17
Nun könntet ihr sagen: "In der Seele sind von Natur aus ausschließlich Bilder." Nein! Denn wäre das wahr, so würde die Seele niemals selig. Denn Gott könnte kein Geschöpf machen, in dem du vollkommene Seligkeit erhieltest. Sonst wäre Gott nicht die höchste Seligkeit und das letzte Ziel, was doch seine Natur und sein Wille ist, dass er ein Beginn und Anfang und Ende aller Dinge sei. Kein Geschöpf kann die Seligkeit sein, und so kann es hier auch nicht die Vollkommenheit sein. Denn der Vollkommenheit dieses Lebens, die die [Vollkommenheit] aller Tugenden ist, folgt Vollkommenheit eines (weiteren) Lebens nach. Und aus diesem Grund musst du notwendigerweise im Sein und im Grund sein und wohnen. 10 Dort muss dich Gott mit seinem ungeteilten Sein ohne das Medium irgendeines Bildes berühren. 11 Denn das muss man wissen, dass ein jegliches Bild weder sich selbst versinnbildlicht noch auf sich hinweist: 12 Es versinnbildlichet und weist einzig auf das hin, dessen Bild es ist. 13 Und weil es demgemäß wahr ist, dass man kein Bild hat außer von dem, das außerhalb von dir ist und das von den Geschöpfen durch die Sinne hineingezogen wird, und da es auch einzig auf das hinweist, dessen Bild es ist, so wäre es nicht möglich, dass du jemals selig werden könntest mit Hilfe irgendeines Bildes.
Abschnitt 11
Absatz 14
FN-Anzahl: 5
Das ander ist, was dem menschenn zuͦ gehoͤre seynes wercks hye zuͦ würckenn, da mit er erwürbe unnd verdiente das dyse geburt in im geschehe und volbracht werde: ob das nicht besser sey, das der mensch hier zuͦ sein werck thuͦ als eyn ynbilden unnd ein gedencken an gott oder das der mensch sich halt in einem schweigen oder in einer still und in einer ruͦwe und also gott in im sprech und wircke und wardt er allein gotes werck in im.18 Ich sprich aber, als ich vor sprach:19 Dyse rede und dise werck gehoͤren allein guͦten und volkommen menschen zuͦ, die do an sich unnd in sich gezogen hand aller tugent wesen, also das die tugent wesenlich auß in fliessen on ir zuͦthuͦn unnd vor allen dingen das daß wyrdig leben unnd die edel lere unsers Fherren in in lebe. Die sollen wissen, daz daß allerbeste ist unnd aller edelst, da man zuͦ kommen mag in disem leben, das du solt schweigenn unnd laß gott da wircken unnd sprechen.20 Aldo da alle krefft seind abzogen vonn allen iren wercken und bildenn, da wirt diß wort gesprochenn. Darumb sprach er: "Mitten in dem schwigen ward mir das heimlich wort zuͦ gesprochen."21 Und darumb: so du alle krefft allermeyst magst ziehen in ein unnd in ein vergessen aller ding und ir bilde, die du in dich ye gezogest, und ye mer du der creatur vergissest, ye neher du disem sprechen bist und ye entpfenglicher. 10 Moͤchtest du aller ding zuͦmal unwyssend werden, ja, moͤchtest du kommen in ein unwissen dines eigen lebens, und als sancto Paulo geschach, do er sprach: 11 "Ob ich were in dem leibe oder nit, das weiß ich nit: 12 Got weißt es."22 13 Do hat der geyst alle krefft so gar in sich gezogen, das im des lychnams was vergessen. 14 Do wirckten weder gedechtniß noch verstentnuß noch die synne noch die krefft, die irn influß in dem solten haben, das sy den leychnam fieren und zieren [4va] solten. 15 Der brand und diub hytze was auff enthalten. 16 Darumb nam der leichnam nicht ab, die weil er in den dreyen tagen nichts aß noch tranck.23 17 Also geschach Moysi, do er fastet viertzig tag auffG dem berge.24 18 Und er ward nie dester krencker. 19 Er was des lesten tags also starck als des ersten. 20 Und also solt der mensch entweichen allen sinnen unnd inkeren alle seine kreffte unnd kommen in eyn vergessen aller dingen unnd sein selbs. 21 Hie von sprach eyn meyster zuͦ der sele: 22 "Zeüch dich von der unruͦw außwendiger werck. 23 Darnach fleüch und verbirg dich vor dem gestürme außwendiger werck und inwendiger gedancken, wann sy unfryd machen. 24 Darumb soll gott sein wort sprechen in der sele, so muͦß sy in fryde unnd in ruͦwe sein."25 25 Unnd denn spricht er seine wort und sich selber in der sele unnd nicht ein bilde, sunder sich selber etc.26 26 Dionysius spricht: 27 "Got hat keinH bilde oder gleichnuß sein selbs, wann er ist wesenlich alles guͦt, warheit und wesen."27 28 Gott wirckt alle seine werck in im selber und auß im selber in einem blick. 29 Nicht wene da gott hymmel und erde machte und alle ding, das er heüt eins machte unnd morgen das ander, wiewol sollichs Moyses schrybet.28 30 Aber er thet es umb der lüt willenn, die es nitt anders kunden gemerckenn. 31 Gott thet nüt mer darzuͦ dann allein: 32 Er wolt unnd sy wurden. 33 Gott wircket on mittel unnd on bilde. 34 Unnd ye mer du von bilden bist, ye mer du seines ynwirckens entpfengklicher bist. 35 Unnd ye mer du inkerst und vergessen bist, ye naͤher du disem bist. 36 Hierzuͦ manet Dionysius seinen jünger Timotheum: 37 "Du solt mit unbegerten sinnen dich erschwingen über dich selber und über alle krefft, über red unnd über vernunfft, über werck unnd über weiß unnd über wesen in die verborgen stille finsternuß, auff das du kommest in ein bekantniß des unbekanten überguͦten gottes."29 38 Es [b] muͦß ein entziehen sein von allen dingen. 39 Es verschmehet gott zuͦ wirchen in bilden.30
Das zweite ist, was dem Menschen zueigen sein muss, um sein Werk hier so zu wirken, damit er erwerbe und verdiene, dass diese Geburt in ihm geschehe und vollbracht werde: Ob es nicht besser sei, dass der Mensch hierzu sein Tun beitrage wie eine Vorstellung von Gott und ein Denken an ihn, oder dass der Mensch in einem Schweigen oder in einer Stille und in einer Ruhe verharre und auf diese Weise Gott in ihm spreche und wirke und er einzig Gottes Wirken in sich erwarte. Ich sage erneut, wie ich zuvor sagte: Diese Lehre und diese Werke sind allein für gute und vollkommene Menschen bestimmt, die schon in der Weise das Wesen aller Tugenden an sich und in sich gezogen haben, dass die Tugenden ihrem Wesen gemäß ohne ihr Zutun aus ihnen fließen, und dass vor allen Dingen das würdige Leben und die edle Lehre unseres Herren in ihnen lebe. Diese [guten Menschen] sollen wissen, dass das allerbeste und alleredelste, welches man in diesem Leben erreichen kann, ist, dass du schweigen und Gott in dir wirken und sprechen lassen sollst. Sobald nun dort alle Kräfte von allen ihren Werken und Bildern abgezogen sind, so wird dieses Wort gesprochen. Darum sagte er (der Weise): "Mitten in einem Schweigen wurde mir das heimliche Wort zugesprochen." Und aus diesem Grund (gilt): Wenn du alle Kräfte im höchsten Maß in eines und in ein Vergessen aller Dinge und ihrer Bilder, die du in dich je gezogen hast, ziehen kannst, und je mehr du die Geschöpfe vergisst, umso näher bist du diesem Sprechen und umso empfangsbereiter. 10 Könntest du über alle Dinge gänzlich unwissend werden, ja, könntest du in Bezug auf dein eigenes Leben in Unwissenheit geraten, wie es auch dem heiligen Paulus widerfuhr, als er sagte: 11 "Ich weiß es nicht, ob ich in meinem Körper war oder nicht: 12 Gott weiß es." 13 Da hatte der Geist alle Kräfte so gänzlich in sich gezogen, dass ihm sein Körper in Vergessenheit geraten war. 14 Dementsprechend waren weder Gedächtnis noch Verstand tätig, noch die Sinne noch die Kräfte, die so auf den Körper einwirken sollen, dass sie ihn stärken und ihm zur Zierde gereichen sollten. 15  Dem Brand (Verbrennungsvorgänge) und der Hitze (Körpertemperatur) wurde Aufenthalt gewährt. 16 Darum wurde der Körper nicht schwächer, obwohl er (Paulus) drei Tage lang weder aß noch trank. 17 Genau so ging es Moses, als er vierzig Tage auf dem Berg fastete. 18 Auch er wurde keineswegs schwächer. 19 Er war am letzten Tag genauso stark wie am ersten. 20 Und genau so sollte der Mensch alle Sinneseindrücke hinter sich lassen und alle seine Kräfte nach innen kehren und in ein Vergessen aller Dinge und seiner selbst kommen. 21 Hierüber sprach ein Meister zu der Seele: 22 "Entzieh dich der Unruhe äußerlicher Werke. 23 Danach fliehe und verberge dich vor dem Sturm äußerlicher Werke und innerer Gedanken, denn sie verursachen Unfrieden." 24 Darum: Wenn Gott sein Wort in der Seele sprechen soll, dann muss sie sich in Frieden und in Ruhe befinden. 25 Und dann spricht er sein Wort und sich selbst in der Seele und nicht ein Bild, sondern sich selbst etc. 26 Dionysius sagt: 27 "Gott hat kein Bild oder einen Vergleich von sich selbst, denn er ist von seinem Wesen her ausschließlich das Gute, Wahrheit und Sein." 28 Gott tut alle seine Werke in sich selbst und aus ihm selbst in einem einzigen Augenblick. 29 Stelle dir nicht vor, dass Gott, als er Himmel und Erde und alle Dinge schuf, heute das eine machte und morgen das andere, auch wenn Moses es so schreibt. 30 Aber er schrieb es so wegen der Menschen, die es anders nicht erfassen könnten. 31 Gott tat nichts Anderes als nur: 32 Er wollte, und sie wurden. 33 Gott wirkt ohne Medium und ohne Bild. 34 Und je bildloser du bist, umso empfänglicher bist du für sein Einwirken. 35 Und je mehr du dich nach innen kehrst und je mehr du dich selbst vergisst, umso näher bist du diesem [Einwirken]. 36 Hieran erinnert Dionysius seinen Jünger Timotheus: 37 "Du sollst dich mit Sinnen, die nichts begehren , über dich selbst aufschwingen und über alle Kräfte, über Lehre und Vernunft, über Werke und über Weisung und über das Sein hinauf in die verborgene stille Finsternis, damit du zur einer Erkenntnis des unbekannten überguten Gottes kommst." 38 Es muss ein Rückzug von allen Dingen sein. 39 Gott verschmäht es, in Bildern zu wirken.
Abschnitt 12
FN-Anzahl: 2
Nun moͤchtest du sprechen: "Wo wircket got on bild? In dem grund und in dem wesen?"31 Das mag ich nit gewissen, wann die krefft nüt genemen künden dann in bilden. Wann sy alle ding muͤssen nemen und bekennen in irem eigen bilde. Sy mügen ein pfert nitt genemen und bekennen in eins menschen bilde. Und darumb wann all bilde in sy kommen von aussen, hierumb so ist es ir verborgen, unnd das ist ir aller nützeste. Das unwissen zeücht sy in Iein wunder. Darumb thuͦt sy dem nachjagende unnd sy empfindet wol, das es ist, und sy weißt doch nicht, wie und was es ist. Wenn der mensch weißt der dinge sach, zuͦhande ist er der ding muͤde unnd suͦcht eyn anders zuͦ erfarenn und zuͦ wissen unnd jamert in ymmer mer also nach wissen und hat doch kein beybleibenn. 10 Darumb das unbekant bekentnuß das enthelt sie by disem bleyben unnd thuͦt sy dem nachjagenn.
Nun könntest du sagen: "Wo wirkt Gott ohne Bilder? Im Grund und im Sein?" Das kann ich nicht wissen, denn die Kräfte können nichts wahrnehmen außer in Bildern. Denn sie können alle Dinge nur ihren eigenen Bildern entsprechend wahrnehmen und erkennen. Sie können ein Pferd nicht im Bild eines Menschen wahrnehmen und erkennen. Und weil alle Bilder von außen in sie kommen, bleibt es [das Wirken Gottes] ihr [der Seele] verborgen, und das ist für sie am aller nützlichsten. Das Nicht-Wissen führt sie in eine Verwunderung. Darum jagt sie dem nach und sie spürt richtig, dass es existiert, und sie weiß dennoch nicht, wie und was es ist. Wenn der Mensch [aber] die Ursache der Dinge erkennt, ist er der Dinge sogleich müde und strebt danach, ein anderes zu erforschen und kennen zu lernen, und sehnt sich auf diese Weise immer mehr nach Wissen und hat doch dabei keine Beständigkeit. 10 Dagegen ist das unbekannte Erkennen gesetzt, das die Seele anhält, bei diesem zu bleiben und veranlasst sie, ihm nachzujagen.
Abschnitt 13
Absatz 15
FN-Anzahl: 13
Hie von sprach der weiß man: "Mitten in der nacht, da alle ding waren in eim still schwygen, do ward mir zuͦgesprochen ein verborgenn wort, das kam in einer dieplichen weise verstolencklich."32 Wie meint er es? Ein wort, do es verborgen was? Des worts natur ist, das es offenbart, das da verborgen ist. Es offent sich unnd glantzet mir vor, das es etwas were offenbaren, unnd es was mir got kunde thuͦn. Davon heißt es ein wort. Mer: es was mir verborgen, was es waͤr. Da was sein verstentlich kommen en einem geheim und in einer stille, umb das es sich offenbarte. 10 Secht: 11 darumb muͦß man und sol im nachlauffen, die weil es verborgen ist. 12 Es schein und was verborgen. 13 Es meinet, das wir im nach solten jamern und seüfftzen. 14 Hier zuͦ mant uns sant Paulus, daz wir disem nachjagen, biß daz wir es erspüren und nimmer auffhoͤren, biß daz wir es begreiffen.33 15 Do er in den dritten hymel was gezuckt [5ra] in die kuntschafft gottes und gesehen hat alle ding34 und do er wider kame, do waz es im vergessen,35 also daz was im so fer in den grund, dahin sein vernunfft nit kommen mocht. 16 Es waz im bedeckt. 17 Darumb muͦst er im nachlouffen und es erfolgen in im und nüt uß im. 18 Es ist gantz inne, nit uß, sunder gantz. 19 Und do er daz wol inne wißt, da sprach er: 20 "Ich bin sicher, daz mich weder der todt noch kein arbeit darvon gescheiden mag, des ich in mir entpfunden hab."36 21 Davon sprach ein heidnischer meister ein schoͤn wort zuͦ einem andren meister: 22 "Ich wurdJ eins in mir gewar, das glantzet vor myner vernunfft. 23 Das entpfind ich wol, daz es etwas ist. 24 Aber was es sy, das kann ich nit versteen. 25 Dann allein dunckt mich das: 26 Künd ich es begreiffen, ich bekennete alle warheit." 27 Do sprach der ander meister: 28 "Eya, dem volg nach. 29 Wann kündest du das begreiffen, so hettest du ein samlung aller guͦter und hettest daz ewig leben."37 30 Von disem sinn spricht ouch sant Augustinus: 31 "Ich würd eins in mir gewar, das spilt und verwacht in meiner sele. 32 Würd das volbracht unnd bestaͤtiget in mir, das muͤst ewigs leben sein. 33 Es verbirget sich und zeiget sich doch."38 34 Es kumpt aber in einer dieplichen weyß und meint, es woͤl der sele alle ding benemen und verstelen. 35 Aber das es etwas weiset unnd offenbart, da mit will es die sele reitzen und nach im ziehen unnd ir selbs berauben und benemen. 36 Hie von spricht der prophet: 37 "Herre, nim dir disen geist und gib im wider deinen geist."39 38 Das meinet ouch die liebhabende sele, so sy spricht: 39 "Mein sele zerfloß, do der leib sein wort sprach."40 40 Da er ingieng, muͦst ich abnemen. 41 Das meint ouch Christus, do er sprach: 42 "Wer icht leihet durch mich, der soll es hundertfeltig wider nemen."41 43 "Der mich ouch will haben, der muͦß sich sein selbs verzeihen und alle ding."42 44 "Und wer mir will dienen, der muͦß mir volgen"43, er soll nit den sinnen volgen.44
Hiervon sagte der weise Mann: "Mitten in der Nacht, als alle Dinge in einem tiefen Schweigen waren, da wurde mir ein verborgenes Wort zugesprochen, das kam verstohlen wie ein Dieb." Wie meint er es? Ein Wort, als es verborgen war? Die Natur des Wortes ist [doch], dass es offenbart, was verborgen ist. Es öffnet sich und erstrahlte vor mir, dass es etwas offenbaren würde und es [= das Wort] wolle mir von Gott künden. Aus diesem Grund heißt es 'ein Wort'. Weiterhin: Mir war es verborgen, was es sei. Da war sein Einsicht bringendes Kommen im Geheimen und in einer Stille, womit es sich offenbarte. 10 Seht: 11 Darum muss und soll man ihm nachlaufen, solange es verborgen ist. 12 Es erstrahlte und war [doch] verborgen. 13 Es möchte, dass wir uns nach ihm sehnen und [vor Sehnsucht] seufzen sollten. 14 Hierzu ermahnt uns der heilige Paulus, dass wir diesem nachjagen, bis wir es aufspüren, und dass wir nicht aufhören, bis wir es erfassen. 15 Als er in den dritten Himmel in die Erkenntnis Gottes entrückt war und alle Dinge gesehen hatte und als er zurückkam, da hatte er es in der Weise vergessen, dass es so tief in seinem [innersten] Grunde war, dass seine Vernunft dahin nicht kommen konnte. 16 Es war für ihn verdeckt. 17 Darum musste er ihm nachlaufen und es in sich selbst verfolgen und nicht außerhalb seiner selbst. 18 Es ist ganz innen, nicht außerhalb, sondern ganz [innen]. 19 Und als er sich dessen ganz bewusst geworden war, da sagte er: 20 "Ich bin mir sicher, dass mich weder der Tod noch irgendeine Mühe von dem zu scheiden vermag, was ich in mir wahrgenommen habe." 21 Darüber sprach ein heidnischer Meister ein schönes Wort zu einem anderen Meister: 22 "Ich nahm eines in mir wahr, das überstrahlt meine Vernunft. 23 Ich empfinde genau, dass es etwas ist. 24 Aber was es ist, das kann ich nicht verstehen. 25 Doch wichtig scheint mir folgendes: 26 Könnte ich es erfassen, ich würde alle Wahrheit erkennen." 27 Darauf sagte der andere Meister: 28 "Ach ja, gehe dem nach. 29 Denn könntest du das begreifen, so hättest du die Gesamtheit alles Guten und du hättest das ewige Leben." 30 Über diesen Sinn sagt auch der Heilige Augustinus: 31 "Ich bemerkte eine [Sache] in mir, die sich in meiner Seele vergnügt und aufmerksam bleibt. 32 Würde diese in mir vollendet und gefestigt, das würde das ewige Leben sein. 33 Es verbirgt sich und zeigt sich dennoch." 34 Es kommt abermals wie ein Dieb und beabsichtigt, der Seele alle Dinge wegzunehmen und zu stehlen. 35 Aber [dadurch,] dass es etwas zeigt und offenbart, will es die Seele reizen und zu sich ziehen und sie ihrer selbst berauben und am ihre Stelle treten. 36 Hierüber sagt der Prophet: 37 "Herr, nimm dir diesen Geist und gib ihm dafür deinen Geist." 38 Das meint auch die liebende Seele, wenn sie sagt: 39 "Meine Seele zerfloss, als der Körper sein Wort sprach. 40 Wo er einging, da musste ich weniger werden." 41 Das meinte auch Christus, als er sagte: 42 "Wer irgendetwas verleiht um meinetwillen, der soll es hundertfältig zurück erhalten. 43 Wer auch mich haben will, der muss sich seiner selbst und aller Dinge entziehen. 44 Und wer mir dienen will, der muss mir folgen, er soll nicht den Sinnen folgen."
Abschnitt 14
Absatz 16
FN-Anzahl: 5
Nuͦ moͤchtest du sprechen: "Eya herr, ir wolt der sele iren na[b]türlichen lauff umbkeren unnd wider ir natur thon. Ir natur ist, daz sy durch die sinne thuͦ unnd loß.45 Wolt ir den ordenn umbkerenn?" Neyn! Was weyst du, was adels got gelegt hat in dise natur, die noch nitt alle geschriben seindK sunder verborgen? Wann die von dem adel der sele schreyben,46 waren noch nye naͤher kommen dann sy ir natürlich vernunffte truͦg. Sy waren noch nit in den grund kommen. Des muͦßt in vil verborgen sein und beleiben unbekant. 10 Davon sprach der prophet: 11 "Ich will sitzen und will schweygen unnd will hoͤrenn, was der herr in mir redt."47 12 Wann es so verborgen ist, darumb kam diß wort in der nacht in der finsternuß. 13 Davon schreibt sant Johannes: 14 "Das liecht lüchtet in der finsternuß."48 15 "Es kam in sein eigen unnd alle, die es entpfiengen, die wurden gewaltigklich gottes sune. 16 In ward gwalt gegeben gottes sun zuͦ werden."49
Nun könntest du sagen: "Ach ja, Herr, ihr wollt die natürlichen Abläufe in der Seele umkehren und gegen ihre Natur richten. Ihre Natur ist, dass sie mit Hilfe der Sinne Dinge tue und lasse. Wollt ihr diese Ordnung umkehren?" Nein! Was weißt du darüber, welche Erhabenheit Gott in diese Natur gelegt hat, worüber noch nicht alles geschrieben, sondern noch verborgen ist? Denn die, welche von der Erhabenheit der Seele schreiben, waren [ihr] noch nie näher gekommen, als sie ihre natürliche Vernunft brachte. Sie waren noch nie in den Grund [der Seele] gekommen. Deshalb musste ihnen vieles verborgen und unbekannt bleiben. 10 Darüber sagte der Prophet: 11 "Ich will sitzen und will schweigen und will hören, was der Herr in mir spricht." 12 Denn weil es so verborgen ist, kam dieses Wort in der Nacht, in der Finsternis. 13 Davon schreibt der heilige Johannes: 14 "Das Licht leuchtet in der Finsternis. 15 Es kam in sein Eigen und alle, die es empfingen, die wurden durch [seine] Vollmacht Gottes Söhne. 16 Ihnen wurde die Vollmacht verliehen, Gottes Söhne zu werden."
Abschnitt 15
Absatz 17
FN-Anzahl: 2
Zuͦm dritten mercken hie den nutz unnd frucht des hymmelischen worts und diser finsternußc, das sein eygen ist. Sunder du würst ouch geborn des selben hymelischen vatters kind noch keins anders, und er gibt den gewalt. Nun merck woͤlchen nutz: Alle warheit, die all meister ye gelerten mit irer vernunfft und verstentnuß oder immer mer werdenn biß an jüngstenn tag, die verstuͦnden nie das aller minste in disem wissen unnd in disem grund. Wiewol das es yedoch eyn unwyssyen und ein unbekantniß sey, so hat es doch mer innen dann alles wissen und bekennen diß außwendig. Wann diß unwissen reitzt unnd zycht dich vonn allen wissenden dingen unnd ouch von dir selber. Das meint Christus, do er sprach: "Wer sein selb nit verlougnet unnd verlaßt vatter unnd muͦter – unnd als das usserlich ist – der ist meyn nitt würdig."50 Als ob er sprechen wolt: "Der nit laßt alle ußwendigkeyt der creaturen, der mag in dise goͤtliche geburt nit werden entpfanggen noch geborenn werdenn." 10 Sunder [5va] das du dich dein selbs beraubst und alles, das da usserlich ist, das gybet es dir in der warheit. 11 Und in der warheit gloub ich und bin des sicher, das diser mensch, der hier inne recht stuͦnde, nitt mer von gott scheyden mag in keyner weyße. 12 Ich sprich: 13 Er mag in keiner weiß in todsünd fallenn. 14 Er lytte ee den schentlichsten tode, ee er die allerminsten todsünde thet. 15 Ich sprich, das soͤlch menschen mügen ein taͤgliche sünde nitt leidenn noch gestatten mit willen an in selber noch an anderen lüten, da sy es erweren mügen. 16 Sy werden so sere zuͦ im gereitzet und gezogen, das sie sich keinen anderen weg nimmer mügen keren. 17 Sy süfftzen und jamern alweg hernach.
Als drittes bemerke hier den Nutzen und die Frucht des himmlischen Wortes und dieser Finsternis, das sein Eigentum ist. Denn auch du wirst als Kind desselben himmlischen Vaters geboren, nicht als das eines andern, und er verleiht [dir] diese Vollmacht. Nun beachte, welchen Nutzen [das bringt]: Trotz aller Wahrheit, die alle Meister je lehrten mit ihrer Vernunft und ihrer Kenntnis oder noch weiter lehren werden bis zum Jüngsten Tag, verstanden sie nie das Allergeringste in Bezug auf dieses Wissen und diesen Grund. Und obgleich es ein Unwissen und eine Nicht-Erkenntnis sein soll, hat es dennoch mehr in sich als alles Wissen und Erkennen außerhalb dessen. Denn dieses Unwissen reizt und zieht dich weg von allen wissbaren Dingen und auch von dir selbst. Darauf verwies Christus, als er sagte: "Wer sich nicht selbst verleugnet und Vater und Mutter verlässt – und alles, das äußerlich ist –, der ist meiner nicht wert." Wie wenn er sagen wollte: "Wer nicht alles Äußerliche der Kreaturen lässt, der kann in diese göttliche Geburt weder empfangen noch geboren werden." 10 Insbesondere, dass du dich deiner selbst beraubst und alles, das da äußerlich ist, das gibt es dir wahrlich. 11 Und wahrlich glaube ich und bin dessen sicher, dass der Mensch, der sich hierin richtig verhalte, in keiner Weise mehr von Gott geschieden werden kann. 12 Ich sage: 13 Er kann in keiner Weise in Todsünde fallen. 14 Er würde eher den schändlichsten Tod erleiden, bevor er die aller geringste Todsünde beginge. 15 Ich sage, dass solche Menschen eine einfache Sünde weder bei sich selbst noch bei anderen Leuten willentlich erlauben oder gestatten, wenn sie es verhindern können. 16 Sie werden so sehr zu im gelockt und gezogen, dass sie nie mehr einen anderen Weg einschlagen können. 17 Sie seufzen und sehnen immerdar danach.
Abschnitt 16
FN-Anzahl: 0
In dise geburt helff uns got, der nüw geboren ist menschlich, das wir krancken menschen in im geborn wirden goͤtlich. Amen.
Zu dieser Geburt helfe uns Gott, der neu geboren ist als Mensch, damit wir schwache Menschen in ihm göttlich geboren werden. Amen.

Variantenapparat

a–ain ist BT1522
bin BT1522
cHomoioteleutonlücke, s. Pr. 101, DW IV,1, S. 366, Z. 203f.

Marginalien

A Von geburt, die in der sele geschehen sol.
B Stat diser geburt.
C Gott allein in der seel
D Die seel ist ir selbs unbekant
E Gott muͦß in uns würcken.
F Der hoͤchst gots dienst.
G Moysi fasten
H Gots wuͤrcken
I Guͦt ist uns nie wissendt.
J Etwas groͤssers ist in uns dann die vernunfft.
K Philosophi synd nie zuͦ der warheit kommen.

Glossar

i miessig = müezic
ii irn = irgend
iii ir = irgend

Stellenkommentar

1 Sap 18,14 in einer von der Vulgata abweichenden Textfassung, wie sie in der Liturgie als Introitus für den Sonntag der Weihnachtsoktav verwendet wurde (vgl. Ordinarium, S. 151, Nr. 581; zum Text des dort abgekürzt zitierten Introitus vgl. Missale (1484), Bl. 12va).
2 Vgl. Io 1,1f.14. - Das hier im Handschriftentext folgende Augustinus-Zitat fehlt im BT ebenso wie schon im AT. Bei der Quellenangabe kam es offenbar zu einer Verwechslung zwischen Augustinus und Origenes. Vgl. Origenes, Ieremiashomilie IX (Werke 3, S. 64,7f.): "τί γάρ μοι ὄφελοϛ, εἰ ἐπιδεδήμηκεν ὁ λόγοϛ τῷ κόσμῳ, ἐγὼ δὲ αὐτὸν οὐκ ἔχω;"; Lukashomilie XXII (Werke 9, S. 134,8-10): "Quid enim tibi prodest, si Christus quondam venit in carne, nisi ad tuam quoque animam venerit?" Zur Verwechslung mit Augustinus kam es wohl deshalb, weil dieser in seinen Predigten häufig über die Geburt Gottes in den Herzen der Gläubigen spricht (vgl. u. a. Augustinus, Sermo 189,3 [MA 1, S. 210,32-211,7]). Vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 336f., Anm. 4.
3 Vgl. Dt 8,6; 10,12; 19,9; 26,17; 28,9; 30,16.
4 Sap 18,14. Zur Textfassung vgl. oben S. #, Anm. #.
5 Ebenso wie die nur im Handschriftentext erwähnte bonitas sind sapientia, potentia und aeternitas nach der Sentenzensammlung des Petrus Lombardus Wesenseigenschaften Gottes (vgl. Petrus Lombardus, Sententiae I d. 22 c. 5 Nr. 94, d. 34 c. 3f. Nr. 147f. [SpicBon 4,2, S. 179,15-180,36; 251,21-253,15]).
6 Sap 18,14. Zur Textfassung vgl. oben S. #, Anm. #.
8 Zu Meister Eckharts neuplatonisch geprägter Vorstellung vom Seelengrund beziehungsweise Seelenfunken vgl. zusammenfassend Largier, Kommentar 1, S. 764-772.
9 Zu Eckharts Lehre von den Seelenkräften vgl. zusammenfassend Largier, Kommentar 1, S. 844-854. Die drei obersten Seelenkräfte sind Intellekt, Gedächtnis und Wille, auf die Eckhart im Folgenden kurz eingeht.
10 Wie bei Thomas von Aquin (vgl. zusammenfassend Leppin, Thomas, S. 61-64) sind die Bilder bei Eckhart intramentale Repräsentationen der extramentalen Wirklichkeit, die die Grundlage für die Gewinnung von Welterkenntnis bilden.
11 Eckhart rezipiert hier den aristotelischen Grundsatz, dass Erkenntnis auf sinnlicher Wahrnehmung beruht (vgl. oben S. #, Anm. # in Pr. 1). Zu Eckharts Rezeption dieses Grundsatzes vgl. besonders Eckhart, Expositio libri Exodi n. 57, LW II, S. 62,6: "omnis cognitio nostra ortum habet a sensibus [..]." Eine Zusammenstellung weiterer einschlägiger Stellen bietet Eckhart, DW IV,1, S. 348, Anm. 36. Vgl. ferner Albertus Magnus, De anima I,1,1 (Editio Coloniensis 7,1 , S. 2,52f.): "Licet ergo sic omnis nostra cognitio a sensibilibus incipiat [...]."; Mösch, Geburt, S. 81f. mit Anm. 29.
12 Vgl. Cicero, Tusculanae disputationes I,27,67 (Scripta omnia 44, S. 251,10-12): "Non valet tantum animus, ut se ipse videat, at ut oculus, sic animus se non videns alia cernit." Vgl. auch Pseudo-Augustinus, De cognitione verae vitae 33 (PL 40, Sp. 1024): "Haec [anima] in modum oculi caetera omnia videt, se ipsam videre non potest." Zu weiteren Parallelen vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 348, Anm. 37.
13 Vgl. Thomas, Summa theologiae I q. 55 a. 3 (Editio Leonina 5, S. 59): "Unde oportet quod ea quae Deus cognoscit per unum, inferiores intellectus cognoscant per multa: et tanto amplius per plura, quanto amplius intellectus inferior fuerit. Sic igitur quanto angelus fuerit superior, tanto per pauciores species universitatem intelligibilium apprehendere poterit."; vgl. auch Mösch, Geburt, S. 84.
14 Eckhart formuliert hier schärfer als Thomas von Aquin, der davon spricht, dass bei Gott intellectus und species intelligibilis identisch sind (vgl. Thomas, Summa theologiae I q. 14 a. 2 [Editio Leonina 4, S. 168]; Steer, Predigt 101, S. 275f.).
15 Gemeint ist offenbar die Position Avicennas, wie er sie in seiner Metaphysik IX,7 (Avicenna Latinus 4, S. 510,72-511,83) darlegt. Diese Stelle wird von Eckhart in Expositio Libri Genesis n. 115, LW I, S. 270,13-271,1 sowie in Sermo LV,4 n. 550, LW IV, S. 460,9-461,10 wörtlich zitiert. Vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 352f., Anm. 48.
16 Vgl. Apc 1,8; 21,6; 22,13.
17 Der im Handschriftentext anschließend folgende resümierende Satz fehlt im BT.
18 Dieser für den Argumentationszusammenhang entbehrliche Satz fehlt in Mz 1 (E), ist aber in allen anderen Handschriften überliefert (vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 354, textkrit. Anm. zu Z. 108).
20 Vgl. Pr. 1, 14,20, oben S. # mit Anm. #.
21 Sap 18,14. Zur Textfassung vgl. oben S. #, Anm. #.
22 II Cor 12,2f.
23 Vgl. Act 9,9.
24 Vgl. Ex 24,18; 34,28.
25 Vgl. Anselm von Canterbury, Proslogion 1 (Opera 1, S. 97,4-6): "Eia nunc, homuncio, fuge paululum occupationes tuas, absconde te modicum a tumultuosis cogitationibus tuis. Abice nunc onerosas curas, et postpone laboriosas distentiones tuas. Vaca aliquantulum deo, et requiesce aliquantulum in eo." Diese Stelle wird auch in zwei weiteren Predigten Eckharts (vgl. Eckhart, Pr. 60, DW III, S. 18,1-19,3; Pr. 102, Eckhart, DW IV,1, S. 419,119-123 sowie die entsprechende Passage in Pr. 6, #,#, unten S. #) und in einer Predigt Taulers (vgl. Vetter 53, S. 244,22-24) zitiert. Zur Ruhe als Voraussetzung dafür, dass Gott sein Wort in der Seele spricht, vgl. auch Pr. 1, 14,20, oben S. # mit Anm. #.
26 Vgl. Eckhart, Expositio libri Sapientiae n. 281, LW II, S. 613,6f.: "Adhuc autem quinto oportet quod quies et silentium contineat omnia ad hoc, ut deus verbum in mentem veniat per gratiam et filius nascatur in anima."
27 Vgl. Pseudo-Dionysius Areopagita, De divinis nominibus IX,6 (PG 3, Sp. 913 C-D; PTS 33, S. 211,15-212,4; Dionysiaca 1, S. 467-469; lateinische Übersetzung durch Johannes Sarracenus in: Albertus Magnus, Editio Coloniensis 37,1, S. 384,80-385,76: "Theologi autem existentem super omnia deum, secundum quod ipse est, nulli dicunt esse similem, ipsum autem similitudinem divinam dare iis qui ad ipsum existentem super omnem et diffinitionem et rationem convertuntur secundum virtutem imitatione. [...] Etenim in coordinatis quidem possibile est et similia ipsa sibi invicem esse et convertere ad alterutra similitudinem et esse ambo sibi invicem similia secundum praecedentem similis speciem. In causa autem et causatis non recipiemus conversionem."). Zu Gott als der allumfassenden Idee des Guten, des Seins und der Wahrheit vgl. Pseudo-Dionysius Areopagita, De divinis nominibus IV,1-4, V, VII,4 (PG 3, Sp. 693 B-700 C, 816 A-825 C, 872 C-873 A; PTS 33, S. 143,11-149,8, 180,8-190,2, 198,21-200,2; Dionysiaca 1, S. 145-172, 321-367, 408-414; lateinische Übersetzung durch Johannes Sarracenus in: Albertus Magnus, Editio Coloniensis 37,1, S. 113,70-165,74, 301,52-326,78, 360,77-362,67).
28 Vgl. Gn 1.
29 Vgl. Pseudo-Dionysius Areopagita, De mystica theologia I,1 (PG 3, Sp. 997 B-1000 A; PTS 67, S. 142,5-11; Dionysiaca 1, S. 567-569; lateinische Übersetzung durch Johannes Sarracenus in: Albertus Magnus, Editio Coloniensis 37,2, S. 457,66-70: "Tu autem, o amice Timothee, circa mysticas visiones forti contritione et sensus derelinque et intellectuales operationes et omnia sensibilia et intelligibilia et omnia non-existentia et existentia et, sicut est possibile, ignote consurge ad eius unitionem qui est super omnem substantiam et cognitionem; etenim excessu tui ipsius et omnium irrentibili et absoluto munde ad supersubstantialem divinarum tenebrarum radium, cuncta auferens et a cunctis absolutus, sursum ageris.").
30 Vgl. Eckhart, Expositio libri Sapientiae n. 284, LW II, S. 618,1f.: "Rursus tertio: videmus quod omnis forma substantialis spernit medium et sine medio afficit omne, quod informat et cui esse suum et operationem communicat."
31 An dieser Stelle hat der Text des BT einen deutlich vom Handschriftentext abweichenden Sinn. Während in diesem ein erkenntnistheoretischer Einwand formuliert wird, wird im BT eine Verständnisfrage gestellt, die schon zuvor beantwortet wurde (vgl. oben 9,59, S. #, Z. #; 10,9f., S. #, Z. #). Durch die Verknüpfung dieser Frage mit der folgenden Antwort ergeben sich im Text des BT inhaltliche Spannungen.
32 Sap 18,14. Zur Textfassung vgl. oben S. #, Anm. #.
33 Vgl. Phil 3,12-14.
34 Vgl. II Cor 12,2.
35 An dieser Stelle finden sich im Handschriftentext und im BT gegenteilige Aussagen.
36 Vgl. Rm 8,38f.
37 Das Zitat konnte bisher nicht nachgewiesen werden; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 363, Anm. 79.
38 Vgl. Augustinus, Confessiones X,40,65 (CChr.SL 27, S. 191,21-25): "Et aliquando intromittis me in affectum multum inusitatum introrsus ad nescio quam dulcedinem, quae si perficiatur in me, nescio quid erit, quod uita ista non erit. Sed recido in haec aerumnosis ponderibus et resorbeor solitis et teneor et multum fleo, sed multum teneor." Diese Stelle wird von Eckhart mehrmals zitiert; vgl. die Übersicht in Eckhart, DW IV,1, S. 363f., Anm. 80.
39 Vgl. Ps 103,29f.
40 Ct 5,6: "Anima mea liquefacta est, ut locutus est."
41 Vgl. Mt 19,29 par. Mc 10,29f.
42 Vgl. Mt 16,24 par. Mc 8,34, Lc 9,23; Mt 19,29 par. Mc 10,29f., Lc 18,29f.
43 Io 12,26.
44 Vgl. Lc 14,19 in der Auslegung Eckharts, der zufolge die fünf Ochsen die fünf Sinne symbolisieren (vgl. Eckhart, Pr. 20b, DW I, S. 350,7-10; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 364, Anm. 84).
45 Der BT enthält hier über den Handschriftentext hinausgehend die Aussage, dass die Sinneseindrücke die Grundlage für das äußere Handeln bilden.
46 Gemeint ist Aristoteles mit seiner Schrift "De anima" (ed. Ross) und die von ihm begründete philosophische Tradition (vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 365, Anm. 85; Mösch, Geburt, S. 90 mit Anm. 69). Zu Eckharts Kritik an Aristoteles vgl. auch Eckhart, Pr. 15, DW I, S. 249,1-251,15.
47 Ps 84,9: "Audiam, quid loquatur in me Dominus Deus". Zum ersten Teil des Zitats vgl. Lam 3,28: "Sedebit solitarius et tacebit, quia levavit super se." Zur Auslegung von Ps 84,9 vgl. auch Eckhart, Pr. 45, DW II, S. 367,8-368,3; Von abegescheidenheit, DW V, S. 409,3-6.
48 Io 1,5.
49 Io 1,11f.
50 Vgl. Mt 10,37f.; 16,24 par. Mc 8,34, Lc 9,23; Lc 14,26f.33.
Augustinus von Hippo
Anm.: Kirchenvater
weiterführende Informationen
Salomo
Anm.: biblische Person
weiterführende Informationen
Thomas von Aquin
Anm.: mittelalterlicher Theologe
weiterführende Informationen
Aristoteles
Anm.: antiker Philosoph
weiterführende Informationen
Paulus von Tarsus
Anm.: Apostel
weiterführende Informationen
Mose
Anm.: biblische Person
weiterführende Informationen
Anselm von Canterbury
Anm.: Erzbischof, mittelalterlicher Theologe
weiterführende Informationen
Dionysius Areopagita
Anm.: Pseudonym eines mystischen Schriftstellers
weiterführende Informationen
Timotheus
Anm.: biblische Person
Jesus Christus
Anm.: biblische Person
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Eckhart, Meister
Anm.: Dominikaner; Theologe, Philosoph und Mystiker
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Johannes
Anm.: Evangelist
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